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Aufhebung Hegels «Wissenschaft der Logik» in Marx’ «Das Kapital»

Teil 3- Wissenschaft der subjektiven Logik oder die Lehre vom Begriff – - Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion sowohl in seinem objektiven wert- als kapitalbegrifflichen Fortgang als auch in seiner wert- und kapitalbegrifflichen Widersp

von Abbas Alidoust Azarbaijani (Autor:in)
©2015 Habilitationsschrift 582 Seiten

Zusammenfassung

Im dritten Buch von Wissenschaft und im dritten Band von Das Kapital wird ein Thema nach der seit Hegel ein- und von Marx fortgeführten Entwicklungs- wie Wissenschaftstheorie als negativer Einheit von Forschungs- und Darstellungsweise verhandelt. Marx entlarvt den formalen Wert als kapitalsbegriffliche Darstellung der objektiven Sphären des Kapitals.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorrede
  • Einführung: Der Begriff – Der Wert schlechthin und als das Kapital in seiner subjektiven Darstellung als Begriff sowohl wert- als auch kapitalbegrifflich
  • Erster Abschnitt: Die Subjektivität – Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion und seine Widerspiegelungen
  • Erstes Kapitel: Der Begriff – Das Kapital im allgemeinen
  • A. Der allgemeine Begriff – Das Kapital als Allgemeines
  • B. Der besondere Begriff – Das bestimmte Kapital
  • C. Das Einzelne – Das negative, in sich reflektierte, mit sich identische, einzelne Kapital
  • Zweites Kapitel: Das Urteil – Alles Wertdasein ist Kapital/Profit
  • A. Das Urteil des Daseins – Kostpreis und Profit
  • a) Das positive Urteil – Kostpreis der Ware als ihr Wert
  • b) Das negative Urteil – Die Profitrate (p')
  • c) Das unendliche Urteil – Das Verhältnis der Profitrate zur Mehrwertsrate
  • B. Das Urteil der Reflexion – Organische Zusammensetzung als das Negative zur Bildung von Profit und Profitrate
  • a) Das singuläre Urteil – Bestimmung des konstanten Kapitals in seiner Anwendung
  • b) Das partikuläre Urteil – Wirkung von Preiswechsel auf c und Profit
  • c) Das universelle Urteil – Verschiedenheit von Profit und Profitrate in verschiedenen Produktionssphären
  • C. Das Urteil der Notwendigkeit – Bildung einer allgemeinen Profitrate
  • a) Das kategorische Urteil – Verwandlung der Warenwerte in Produktionspreise
  • b) Das hypothetische Urteil – Ausgleichung der allgemeinen Profitrate durch die Konkurrenz (Marktpreise und Marktwerte als Akzidenzen; Surplusprofit)
  • c) Das disjunktive Urteil – Wirkungen allgemeiner Schwankungen des Arbeitslohns auf die Produktionspreise
  • D. Das Urteil des Begriffs – Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
  • a) Das assertorische Urteil – Entgegenwirkende Ursachen
  • b) Das problematische Urteil – Entfaltung der inneren Widersprüche des Gesetzes
  • c) Das apodiktische Urteil – Überfluß an Kapital
  • Drittes Kapitel: Der Schluß – Gestaltung des Kapitals in seinem wert- als kapitalbegrifflichen Schließen
  • A. Der Schluß des Daseins – Verwandlung von Warenkapital und Geldkapital in Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital
  • a) [Die] Erste Figur des Schlusses E–B–A – Verwandlung von Warenkapital in Waren-handlungskapital
  • b) Die zweite Figur: B–E–A. – Der kommerzielle Profit
  • c) Die dritte Figur: E–A–B – Das Kaufmannskapital als abstrakter Vermittler in der W – G-und G – W-Metamorphose
  • d) Die vierte Figur: A–A–A/ mathematischer Schluß – Das Kaufmannkapital als allgemein-abstraktes Geldkapital
  • B. Der Schluß der Reflexion – Umschlag des Kaufmannskapitals/Die Preise
  • a) Der Schluß der Allheit [E–B–A] – Das Geldhandlungskapital als Allheit
  • b) Der Schluß der Induktion [B–E–A] – Geldhandlungskapital in vollständiger Einzelheit als Allgemeinheit
  • c) Der Schluß der Analogie [B–A–E] – Handelskapital als Analogon zum produktiven Kapital
  • C. Der Schluß der Notwendigkeit [E–A–B] – Spaltung des Profits in Zins und Unternehmergewinn
  • a) Der kategorische Schluß [E–B–A] – Das zinstragende Kapital/die Umschlagsbestimmung des Kapitals als Übergangsmoment des Geldes ins zinstragende Kapital
  • b) Der hypothetische Schluß [A–E–B] – Teilung des Profits/Zinsfußes
  • c) Der disjunktive Schluß [E–A–B] – Zins und Unternehmergewinn/Geldkapital und wirkliches Kapital
  • Literaturverzeichnis
  • Inhaltsverzeichnis des ersten Teils
  • Inhaltsverzeichnis des zweiten Teils

Vorrede

Wird von der Logik gesprochen, dann ist i. d. R. zugleich die Rede vom Denken und von dem, was das Denken ist, so steht die Geschichte der Philosophie unmittelbar im Zeugenstand. Jede philosophische Schule ist so positioniert, wie sie das Denken an sich in seiner Gestaltung auffasst und darstellt, sei es als auf sich selbst bezogene subjektive Auffassung, sei es auf sich als auf Äußeres bezogene fundierte Auffassung. Das Denken in seiner Reinheit als produktive fortwährend an sich subjektive Bestimmung wie Tätigkeit ist stets unverändert dem Menschen schlechthin inhärent. In seiner Gestaltung als Formbestimmung wie seine Verhältnisse zu sich wie zu seiner äußerlichen Umwelt, als Umgebung im Einklang mit seiner Natur, bildet das Terrain der Logik. Wie dies vonstatten geht, aufgefasst und dargelegt wird, vollfüllt auch das Thema der »Wissenschaft der Logik«, vor allem als die konkret-reale wie fundiert-gediegene als bewährte Entwicklung der Denkverhältnisse eingebettet in die realen Entwicklungsbedingungen des Menschen, deren jeweilige negative Einheit wie Identität als Allgemeines und als Totalität des Begriffs fingiert. Werden sie voneinander geschieden, dann werden sie sich entfremden. »Der Begriff« – als Formbestimmung des Denkens – als der Gegenstand von »Wissenschaft der subjektiven Logik« oder »die Lehre vom Begriff« ist die Subjektivität: »Der Begriff ist das in sich gegangene allgemeine Wesen einer Sache [als Denkens in seiner gediegenen Realität], ihre negative Einheit mit sich selbst; diese macht ihre Subjektivität aus«,1 die hier aber fundiert in ihren objektiven Momenten, im »Sein« und »Wesen« verwurzelt ist, was den Charakter Hegelschen objektiven Idealismus ausmacht, und ebenso Hegelschen Begriffs von der Geschichte.

Ebenso sehr gestalt das Denken in der historisch-gesellschaftlichen Wertlehre: das Denken in Darstellung des Allgemeinen als Subjektivität wie Begriff dem Menschen schlechthin inhärente Bestimmung: Die Bienen bauen im Vergleich zu Menschen ein architektonisch besseres Haus, aber der Mensch denkt beim Bauen seines Hauses. Der Mensch legt gezielt denkend beim Bauen seines Hauses die Steine sehr verschieden und unterschiedlich übereinander, dementsprechend ← 9 | 10 → nach der Wertlehre, wie wir weiter unten erfahren werden, begleitet der Mensch ebenso denkend dem von ihm selbst produzierten Wert als Manifestation seiner Arbeit in seinen objektiven Entwicklungsfortgangsformen als Wertformen, worin die historisch-gesellschaftlichen Entwicklungsfortgangsformen dessen Produzenten und seine Auffassung von der Manifestation seiner Arbeit als ihre Widerspiegelungen eingebettet sind.

Diese Subjektivitätsvariationen als -formen in ihrer Begrifflichkeit – im Gegensatz zur Subjektivität im Sinne des subjektiven Idealismus – sind in ihren Denkgestalten ein und dieselbe, aber in ihrer jeweiligen Formbestimmung als Entwicklungsbestimmung veränderlich, im Gegensatz zum Naturbegriff, Gottesbegriff und alles Ähnliche, die unveränderlich als auch entwicklungsunfähig sind.

Denken wird neuerdings auch rein neurologisch darzustellen versucht, was letztendlich darüber hinaus läuft: alles Denken schlechthin zu disqualifizieren, wonach Denken als bloßer biologisch-neurologischer Naturprozess unveränderlich und ohne jegliche Bestimmung und Dynamik sein soll.

Das Denken stellt auch gemäß der traditionellen Betrachtungsweise immer ein Verhältnis dar, und zwar ein solches, das das Denken und seine äußerlichen Objekte als seinen Gegenstand wie seinen Inhalt miteinander in Beziehung bringt oder das Denken sich auf seine Objekte als einen Inhalt bezieht. Die gewöhnliche Logik beansprucht in dieser Hinsicht nichts als das Denken und ein Äußerliches In-Beziehung-Setzen, sei es als Urteil, sei es als Schluss.

Denken und Logik haben traditionell als logisches Denken, wenn auch auf unterschiedlicher Darstellungsweise, ein weiteres Gemeinschaftliches, Wahrheit nämlich, und zwar mit dem Anspruch auf Verlässlichkeit, Unumstößlichkeit wie Absolutheit, das logisches Denken zugleich als Organon der bewiesenen bzw. zu beweisenden Wahrheit beansprucht. Aber jedes davon bedient sich bei der Wahrheitsermittlung der Dienste des anderen.

Das sogenannte logische Denken wie die durchdachte Logik per Urteilstafel und mittels syllogistischen Schließens ist traditionell so auf die Spitze getrieben, dass die Logik destotrotz dem Denken gegenüber ihre Priorität institutionalisiert hat, und zwar als »Gesetze des Denkens«, weil aufs Denken – im traditionellen Sinne – wegen seiner notwendig groß- bis freizügigen Beziehung auf seine Objekte mittels unentbehrlicher, vieldeutiger und zugleich vergänglicher Sinnlichkeit kein Verlass ist. So soll das Denken in seinem Umgang mit Sinnlichkeit logisch gezähmt bis geleitet wie begleitet werden. Kant versucht es auf seine Weise, was aber in »Skandal der Vernunft«, als die ewige Aporie der traditionellen Denkweise, mündet, dennoch findet seine berühmte Aufklärungsaufforderung »Bediene dich deines Verstandes!«, viel Aufmerksamkeit, wohingegen nach Hegel und ← 10 | 11 → Marx sich der Mensch immer seines Verstandes bedient hat und es auch weiterhin tun wird, und zwar ohne Aufforderung. Die Geschichte steht stets im Zeugenstand, dass allein mit dem bloßen Gedanken und Willen keine Befreiung von Unsachlichkeiten, Ungereimtheiten, Ausbeutung, Herrschaft – mittels Aneignung des Willens anderer Menschen –, Unterdrückung, Benachteiligung, Segregation und dergleichen erfolgt, damit der Mensch nicht zu Kanonenfuttern etc. für die Interessen der Herrschenden wird, – wie es in Phänomenologie des Geistes steht: man pisst mit demselben Organ und man zeugt mit demselben Organ, was absolut nicht wörtlich genommen werden darf. Die Arbeit produziert Werte in der und zur Gestaltung des menschlichen gesellschaftlich-materiellen Lebensprozesses, sie produziert auch das Umgekehrte: Waffen. Sie produziert Reichtümer und zugleich Armut und Elend. Um dies umzugestalten, dazu gehört noch Einiges, vor allem andere sozial-materielle Rahmenbedingungen: eine andere Gesellschaftsformation als alle bisherigen.

Die traditionellen wie gewöhnlichen Logiken samt ihrer Urteilstafel und Schlusslehre wie auch die des Semantischen, Epistemologischen, Hermeneutischen haben sich zu einem über das Denken erhabenen Fach für sich, zu einem esoterischen Anliegen als Domäne der Fachleute als Eingeweihten etabliert, wohingegen Hegel dezisiv seine Einwendungen vorträgt: »Ganz so schlimm als der Metaphysik ist es der Logik nicht ergangen. Daß man durch sie denken lerne, was sonst für ihren Nutzen und damit für den Zweck derselben galt, – gleichsam als ob man durch das Studium der Anatomie und Physiologie erst verdauen und sich bewegen lernen sollte.«2 Und Weiter: »Bekanntlich wurde diese Lehre [der Syllogismus wie Formallogik] so ins Genaue ausgebildet, bis ihre sogenannten Spitzfindigkeiten zum allgemeinen Verdrusse und Ekel geworden sind. Indem der natürliche Verstand sich gegen die substanzlosen [als abstrakt-formalen] Reflexionsformen nach allen Seiten der Geistesbildung [als Wissenschaftsbereiche] geltend machte, kehrte er sich auch gegen jene künstliche Kenntnis der Vernunftformen, und meinte solche Wissenschaft aus dem Grunde entbehren zu können, weil er die darin verzeichneten [festgeschriebenen] einzelnen Denkoperationen von Natur [aus als inhärentes] ohne besonderes Erlernen schon von selbst verrichte. Der Mensch wäre in der Tat in Ansehung des vernünftigen Denkens ebenso übel daran, wenn die Bedingung desselben das mühselige Studium der Schlußformeln wäre, als er […] übel daran sein würde, wenn er nicht gehen und verdauen könnte, ohne Anatomie und Physiologie studiert zu haben. Wie auch das Studium dieser Wissenschaften für das diätetische Verhalten nicht ← 11 | 12 → ohne Nutzen sein mag, so wird auch dem Studium der Vernunftformen [als in Schlußformen] ohne Zweifel ein noch wichtigerer Einfluß auf die Richtigkeit des Denkens zuzuschreiben sein; aber ohne in diese Seite, welche die Bildung des subjektiven Denkens, daher eigentlich die Pädagogik* angeht [jedoch nicht das Denken als Exoterisches im Sinne von »die Lehre vom Begriff«], hier einzugehen, so wird zugegeben werden müssen, daß das Studium, welches die Operationsweisen und -gesetze der Vernunft zu Gegenstand habe, an und für sich vom größten Interesse sein müsse, – von einem wenigstens nicht geringeren als die Kenntnis der Gesetze der Natur und der besonderen Gestaltungen derselben.«3 Demnach trägt Hegel diametral eine andere Auffassung von Logik vor. Sie ist das Denken selbst in seinen jeweils gänzlich geschichtlichen Umfangsformen, und zwar als Formen der Entwicklungsbedingungen des Menschen, also ist das Denken als exoterisches Anliegen jedem Mensch inhärent. Das Denken – nach ihm an sich nur ein Denken – ist eine Bestimmung, und zwar: »Sein, reines Sein, – ohne weitere Bestimmung. In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit* ist es nur sich selbst gleich und auch nicht ungleich gegen Anderes, hat keine Verschiedenheit innerhalb seiner, noch nach außen [als solches bekannt als das Apriorische]. Durch irgendeine Bestimmung oder Inhalt, der in ihm unterschieden, oder wodurch es als unterschiedenen von einem Andern gesetzt würde, würde es nicht in seiner Reinheit [unbestimmten Unmittelbarkeit als a priori] festgehalten. Es [das Sein] ist die reine Unbestimmtheit und Leere. Es ist nichts in ihm [in reiner Unbestimmtheit] anzuschauen, wenn von Anschauen hier gesprochen werden kann; oder es ist nur dies reiche, leere Anschauen selbst [als das Unumgängliches in ein äußerliches Anderes]. […], oder es ist ebenso nur dies leere Denken. Das Sein, das unbestimmte Unmittelbare [als nicht weiter analysierbarer und voraussetzungsloser Anfang], ist in der Tat Nichts, und nicht mehr noch weniger als Nichts«,4 als das bekannte ewige hoch gepriesene a priori, das vielmehr als Negatives in seinem Werden, dargestellt in Wissenschaft der Logik, über sich in seinem Entwicklungsfortgang hinausgeht und sich in seiner anderen Unmittelbarkeit als seiner höchsten Synthesis von »die Lehre vom Begriff« wiederfindet.

Das Denken ist als bloße negative Einheit wie Identität mit sich selbst, Negation der Negation innerhalb seiner selbst, dasselbe auch als Schöpfer in seiner genetischen Realität. Wenn hier ein Vergleich erlaubt wäre, ist das erstere ← 12 | 13 → Denken als formal-subjektives Verhältnis esoterisch und oligarchisch, das letztere hegelisch – argumentativ-umgestülpt – wie das Marx’sche ist exoterisch wie plebiszitär; bei Marx: das Sein nicht als das Denken, sondern als die abstrakt, allgemein unterscheidlose lebendige menschliche Arbeit in ihrer vergegenständlicht werdenden Bestätigung durch die Arbeitskraft in Wert als stete Grundvoraussetzung für Entstehung, Bestand und Fortbestand des Menschen als Demiurgs und Sozialwesens manifestiert wird, dessen weitere Formbestimmungen als -änderungen die Strukturen von Gesellschaftsformationen als Gesichtsdimensionen bilden.

Hegel bemerkt, schon als Teenager habe er Schlusslehre und Syllogismus beherrscht, dennoch schreitet er einen anderen Weg fort. Trotz seiner Skepsis zu »Logik« verfasst er sein kompliziertes, sehr oft missverstandenes und fehl interpretiertes Hauptwerk »Wissenschaft der Logik«, wobei die Aufmerksamkeit eher der »Wissenschaft« zu widmen ist.

Die Wissenschaft konnotiert ein Moment, das der Logik unmittelbar inhärent ist, Verhältnis nämlich: »Die Logik hört da auf, wo das Verhältnis aufhört und seine Glieder als Fürsichseiende auseinander fallen.«5 Anders ausgedrückt: Wo kein Verhältnis, da ist auch keine Wissenschaft möglich. Logik besteht in und aus Verhältnis – worauf es hierbei ankommt – also hat sie eine Wissenschaft – und so ein Verhältnis als Schibboleth in meinem Wissenschaftsbegriff, wie viel früher erwähnt.

Wissenschaft! Heutzutage fügt man beliebig und großzügig jeder Kontemplation, Erwägung irgendwelchen Problems, um das Anliegen wichtig und scheinbar komplex zu bewerten, je nach dem das Adjektiv oder Adverb wissenschaftlich hinzu. Man hat wissenschaftlich analysiert, weil man Fakten, positive Kenntnisse, Informationen zusammengetragen hat; wenn man auch dabei irgendwelchen kausalen Zusammenhang festgestellt hat, hat man längst keine Wissenschaft betrieben. Das Verhältnis oder die Beziehung ist das Entscheidende für Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit und erfolgt in wie über Bestimmungen, die Prozesse, Entwicklungen, die in ihrer entsprechenden genetischen Gesetzlichkeit ihr Wesen begrifflich wie in ihrem Begriff dargestellt werden können. Mathematik ist nichts als Zahlenverhältnis, aber jedes Zahlenverhältnis ist absolut-bestimmt, entwicklungsunfähig: 2 + 2 = 4, 5 – 2 = 3, 6 × 7 = 42, 2/3 = 0,6666 usw., es bleibt ewig so feststehend, und zum Glück, sonst stünden keine zwei Ziegeln übereinander und auf der Landkarte keine Assistenz von A nach B! Das Gleiche gilt auch für sog. höhere Mathematik, ← 13 | 14 → was nichts anderes ist, als ein sehr kompliziertes und vielschichtiges Zahlenverhältnis, das stets als ein Quantitatives in Beziehung mit einem anderen ebenso Quantitativen gebracht wird, und zwar als Gesetztes, höchstpersönlich-individuell durch den jeweiligen Mathematiker – und in dieser Hinsicht sollten manche Mathematiker wie Isaac Asimov und John J. Xenakis per mathematische Formeln die Zukunft der Menschheit vorausberechnen – das wäre der Gipfel der bisherigen menschlichen Gesellschaftsformationen; eine Gesellschaftsformation, in der ihre Glieder als Zahlenfiguren nach ihren Zahlenverhältnissen handeln!? Nach Galileo ist das Universum mathematisch strukturiert wie geschrieben, was eine Selbstverständlichkeit ist: das Universum besteht aus bestimmten unendlichen Planeten und Sternen mit bestimmten Massen, Abständen, Geschwindigkeiten usw. Den objektiven Zahlenverhältnissen im Universum selbst ist es völlig gleichgültig, wie sie betrachtet und berechnet werden. Nur der Mathematiker selbst entwickelt sich in seiner individuellen Sphäre, wenn auch mit objektiver und breiter Verwertung. (vgl. L. II, S. 251) Sein Wissen ist so ein erweitertes positives Wissen geworden und kann auch als Solches weitere Erweiterung erfahren, und derselbe Mathematiker als ein besonderer Eingeweihter kann auch – unter bestimmten Bedingungen als Möglichkeiten – sein neu gewonnenes positives Wissen den anderen gratis oder per Patentgebühren oder gegen Honorar zur Verfügung stellen, da es um ein esoterisches Unikat geht.

Die ganze gängige Pädagogik besteht in Übertragung wie Aneignung positiven Wissens, dabei wird weder das Denken gelehrt noch gelernt – wie oben erwähnt! Ein kurzer Querhinweis: Patentrechte auf technische Geräte, Lebensmittel und Weiterentwicklungen der patentierten Kenntnisse reklamieren zugleich Vermittlungsverweigerung solcher Kenntnisse für sich. Die Inhaber der Patentrechte wissen Manches und gelten als moderner Weise. Im Gegensatz zu den Stoiker-Weisen als Maßstab für die zuverlässigen allgemeinen Wahrheiten für jeden, dürfen aber alle anderen die neuen Wahrheiten nicht erfahren, wenn schon, dann nur per gebührenpflichtige Nachfrage!

Massenmedien jeglicher Art – Print, Funk, Bild und Digital – überfallen ihre Kunden und Interessenten mit allen möglichen konkreten positiven Informationen – ihre Authentizität mag dahingestellt. Der heutige Mensch weiß zweifelsohne deutlich mehr als der frühere. Ob er sich hierdurch ein qualitativ anderes, mehr gewordenes Denken angeeignet hat? Das positive Wissen und die Kenntnisse sind quantitativ-unendlicher Natur mit beliebig kontinuierlicher Größenveränderung, und zwar per Lust und Laune nach Bedarf jeden Einzelnen. Vergleichbare Änderungen als Neuheiten erfährt und erlebt jeder Einzelne in ← 14 | 15 → seinem täglichen Leben, was als veränderte Lebensqualität heißt: Wohnsituation, Ernährung, Kleidung, Technik, Medizin usw. im Verhältnis mit einer früheren Etappe, sprich, vor zehn bis zwanzig Jahren, geschweige denn von einem längeren Zeitalter! Hierzu ist eine Antwort auf die Frage erforderlich: Erfolgt bei dem eben beschriebenen positiven Wissen und den Kenntnissen eine gesellschaftlich-historische Entwicklung oder nur formal-abstrakte Änderung?

Nach Hegel wie auch Marx gilt Entwicklung nur als solche, wenn sie in eine bestimmte historische Dimension eingebettet ist, nach dem ersteren bestimmte Momente des Denkens als seine Bestimmtheitsformen wie in der Wissenschaft der Logik und in Die Geschichte der Philosophie wie der Religion und Kunst; nach dem letzteren – gemäß der Wertlehre als Entwicklung des Wertes in seinen weiteren Formen, gestaltend in seinen Verhältnissen, nachvollziehbar und plausibel: Naturalwirtschaft, Tauschgesellschaft, Geldwirtschaft und Kapitalwirtschaft – als der Kapitalismus. Die Entwicklungsformen als -etappen des Wertes sind stets in historisch-gesellschaftlichen Dimensionen als Zeitalter kristallisiert, innerhalb derer immer allerlei Änderungen vonstatten gehen – die bloßen quantitativen Änderungen werden nie einen qualitativen Umschlag hervorrufen wie der Kreislauf von Same-Wurzel-Pflanze-Same, wenn auch aus einer Pflanze unzählig weiterer Pflanzen derselben Gattung werden?

Der Mensch – nach Hegel – hat immer gedacht, und er tut es noch immer und wird noch weiter denken; der Mensch – nach Marx – hat immer denkend gelebt, seine Lebensbedingungen bewusst produziert und seinen Stoffwechsel mit der Natur geregelt und aufrechterhalten: sowohl per Produktion von Lebensmitteln als auch von Produktionsmitteln, worin primär sein Naturrecht begründet wie verwurzelt ist, aus dem im Einklang mit der Entwicklung derselben notwendigen Lebensbedingungen – in qualitativ höherer Stufe – ständig neue gesellschaftliche Verhältnisse und somit weitere Rechtsformen und ein neues Antlitz des Menschen hervorwachsen, wenn auch manches als Blendwerk. Er tut es noch immer und wird es weiter so handhaben, und zwar auf unserem einzigartigen hoch zu schätzenden, zu beschützenden blauen Planeten: der Erde, wenn auch die gleichen jedoch weit entwickelteren Lebensbedingungen ihn zurück in sein bloßes Naturrecht zu verdrängen und zu degradieren versuchen, und zwar als Verbannung in seinen reinen biologischen Stoffwechsel mit der Natur wie Ausschluss von dem sozial-historischen Stoffwechsel, wenn es auch zur selben Zeit in mancher Gegend auf dem blauen Planeten schwierig ist, sogar diesen Stoffwechsel vonstatten gehen zu lassen.

Worin stecken denn real die Entwicklungsetappen? Man hat allen Entwicklungsprozess teleologisch beschrieben – alles Technologische rührt von einem Vorherigen. Das Neue selbst wird alsbald zum vorherigen Alten, wonach ← 15 | 16 → eingestanden wird, dass dabei kein Entwicklungsprozess vonstatten geht, eher ein Wiederholungs- wie Wiederkehr- und Erweiterungsprozess, vornehmlich nach dem Vorbild der Natur, die sogar auch eine Entwicklung durchläuft, aber in Abständen von unvorstellbaren Jahrtausenden!

Die Entwicklungsmomente des Denkens werden von Hegel erst in ihrer »Reinheit« in der Wissenschaft der LogikPhänomenologie des Geistes als ihre natürliche Entwicklungsvoraussetzung, wo der Begriff, die Subjektivität nur noch als blinder und nicht sich selbst denkender Begriff ist (L. II, S. 223, f.) – dargestellt, aber real in ihrer jeweils historischen Dimensionen: Philosophie, Religion und Ästhetik; in der Philosophie als erstes exoterisches Terrain des Denkens seit dem eleatischen Dreier-Kreis: Parmenides-Zenon-Heraklit; in der Religion: Meditation, Sternengöttergestalten, Tier-Göttergestalten, Götter in Menschengestalten; sozial-politische Bestimmungen in römischen Göttergestalten bis Gott als Absolutes; in der Ästhetik: Naturschöne, Bildhauerei bis Poesie als höchste Form der Ästhetik, indem die Geistigkeit mit sich identisch ist.

Nach Marx stellen vorherrschend funktionale Wertbestimmung und Wertform die jeweils spezifisch-historische Dimension als ihre entsprechende Gesellschaftsformation, als die negative Einheit der ersteren dar, als Einheit der entsprechenden Verhältnisse, als Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse, als das Sein und der Reichtum ihrer Glieder. Zudem ist jede Gesellschaftsformation in ihrem jeweils spezifischen Begriff als ihrer Idealitätsdarstellung als -auffassung ihrer Charakteristik, ihrer Natur, ihres Bedarfs und ihrer Erfordernisse ausgedrückt, und zwar in Darstellung ihrer wertbegrifflichen Allgemeinheit, zugleich eingebettet in die jeweils spezifische Form der Produktivkraft der Arbeit ihrer Glieder, der Arbeit als Wertbestimmung und Schöpferin allen Wertes, als der materiellen Basis allen gesellschaftlichen Lebens. Die Arbeit weist seit Entstehung des Menschen dieselbe produktive Bestimmung auf, dieselbe wie heute als Produktion von Wert. Der Wert als der bestehende, stets wachsende, nicht verschwindende, also sich kontinuierende wie perpetuierende Inhalt in seinen wechselnden Formen und Formbestimmungen, diese gestalteten jeweilige Gesellschaftsform als -dimension, und diese gemäß ihrem Bedarf an Wert bestimmt die Bedingungen der Betätigung der Arbeit durch die Arbeitskraft und zugleich die Form der Betätigung der Arbeit in ihrer reziprok-negativen Beziehung auf den von ihr selbst produzierten Wert als ihre adäquate Wertreflexionsbestimmung im Einklang mit der Produktivitätsbestimmung der Arbeit, sei es in der Naturalwirtschaft*, sei es in der Tauschgesellschaft, sei es in der Geldwirtschaft, sei es im Kapitalismus – ← 16 | 17 → in diesem aber erfolgt die Wertreflexionsbestimmung als spezifisches Wertgesetzliches, worin die Form der Arbeit in ihrer Betätigung Lohnarbeit ist, die aber nicht wertbestimmend sein sollte –, gemäß ihrer wertproduktiven Bestimmung wie des Wertbegrifflichen, durch weitere Entwicklung bis zur kapitalistischen Produktionsweise dahingehend entwickelt: gesellschaftliche Arbeitszeit überhaupt, nämlich durch »das Quantum Arbeit, worüber die Gesellschaft überhaupt zu verfügen hat und dessen relative Absorption durch die verschiednen Produkte gewissermaßen deren respektives gesellschaftliches Gewicht bestimmt.«6 Daher gilt in diesem Sinn in Das Kapital: die Produktivkraft der Arbeit stets gemäß der durchschnittlich-gesellschaftlichen Wertbestimmung zu betrachten.

Der Mensch als soziales Wesen – kein Herdenverhalten, kein Instinktivverhalten, keine biologisch-physiologisch hierarchische Rangordnung – regelt seine Entwicklungsgeschichte gemäß der Entwicklungsgeschichte der Produktivkraft seiner Arbeit. Er selbst rein naturell-biologisch-physiologisch ist jetzt so wie in seinen Anfängen. Seine Entwicklung ist eingebettet in die der Wertform als seine sozial-historische Entwicklung. Dies ist im Ganzen heutzutage nicht strittig. Umstritten sind seine Entwicklungsbestimmungen als -formen, nämlich – europäisch betrachtet – wie ein Mensch ägyptisch-griechisch-römischer Prägung in feudalen Menschen: in Feudalherrn, in Leibeigenen und Fröner oder in einen Kapitalisten, in Lohnarbeiter, in Bankier, in Börsenmanager übergegangen, verwandelt worden ist? Und: Wie das Netz der sozialen Beziehungen des Menschen in seiner jeweiligen historischen Dimension von den jeweiligen Agenten dargestellt wie aufgefasst wird? Darüber tragen Marx und Engels in Solo wie in Chor ihre Klagen vor, wie es in ihrem Gesamtwerk vorzufinden ist; und wir werden es auch teilweise weiter unten kennenlernen.

In der realen Entwicklungsgeschichte der Menschheit sind folgende entscheidende Zäsuren erfolgt: Übergang der Naturalwirtschaft in Tauschwirtschaft, diese in Geldwirtschaft, Verwandlung der Arbeit in Lohnarbeit auf der Basis »Umschlag der Eigentumsgesetze der Warenproduktion in Gesetze der kapitalistischen Aneignung« und Übergang von Geld in Form von Kapital als Auslage zu Ware zum Verleihen, wodurch eine quantitative Teilung im Vorschuss in eine qualitative im Rückfluss umschlägt, und dies innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise, die eine Auseinandersetzung während der Behandlung des Stoffes durch Marx unumgänglich macht und einen gehörigen Umfang für sich in Anspruch nimmt. ← 17 | 18 →

Das Gleiche findet man auch bei Hegel, vornämlich in seinen zahlreichen Anmerkungen in der Wissenschaft der Logik, auch in der »Geschichte der Philosophie«, in der »Geschichte der Religion«. In der »Philosophie der Weltgeschichte« wird er deutlich, wo er die Übergänge aus einer philosophischen Etappe in eine höhere darstellt, in eine höhere Begriffsform als Realisation des Allgemeinen, die die anderen in ihrer Darstellung verfehlten. Diesbezüglich sind die Kant’sche Transzendentalphilosophie, deren Vorgänger – Locke und Hume – und die Nachfolger von Kant – Fichte und Schelling – , zu erwähnen.

Die zu behandelnde Frage: Logik, sei es bei Hegel, sei es bei Marx, steht im direkten Zusammenhang mit den oben gestreiften Aspekten, also mit der Art und Weise, wie der Mensch seinen sozial-historischen Status als seine historische Dimension, Bestimmtheit als seine Allgemeinheit begrifflich auffasst, darstellt und begründet in seinem Bewusstsein als seiner Subjektivität?

Ging es nach der Auffassung: Logik als Gesetze des Denkens, dann darf die Klage erhoben werden, wie kommt es, dass die Logisch-Richtig-Denker in der Geschichte – in der Vergangenheit wie in der Gegenwart – Schlüsse vorgelegt oder hingenommen haben, deren Folgen Töten, Morden, Zerfleischen, Verhungern-Lassen, Verödung und Zerstörung der natürlichen Grundlagen der Menschen usw. waren oder sind? Politökonomisch ist in dieser Richtung zu sagen: solche Logik ist rational-formal und nicht neutral-sachlich, sie ist klasseninteressenbedingt, gerade dort, wo der Sachverhalt objektiv unumstößlich andere Begründungen und Konklusionen anfordert – darüber weiter unter »Schluß«.

Hegel verfährt ähnlich wie Marx, er geht indirekt ins Gericht mit anderen Argumentationen bei »Begriff«, »Urteil« und »Schluß«, da das Denken exoterisch und somit »das Vernünftige immer ein Schluß ist«, indem er indirekt sagt, die gewöhnliche Logik als Fach ist überflüssig, da der Mensch stets gemäß seiner historisch fundiert-gediegenen Dimension denkt, wodurch er, im Gegensatz zu formalen Logiken, sich das jeweils Objektiv-Allgemeine in seinem Gestaltungsprozess als in seinem vermittelt. Denn »in der Vernunft aber sind die bestimmten [sphärenbezogenen] Begriffe in ihrer Totalität [als umfassende] und Einheit gesetzt. Der Schluß [als Darstellung des Allgemeinen] ist daher nicht nur vernünftig, sondern alles Vernünftige [als Darstellung des wahrhaften Allgemeinen] ist ein Schluß7 Um dies nachzuvollziehen wäre nicht abwegig, »den Schluß der Notwendigkeit« vorab heranzuziehen, in dem der Begriff gestaltend durch seine Bestimmungen: Einzelnes und Allgemeines, vollständig die Dreh- und Bewegungsachse ausmacht, wie oben kurz im Zusammenhang mit dem Sein, das Denken und der Inhalt angerissen wurde. ← 18 | 19 →

Wenn es anders sein sollte, wie hatte der Mensch in dem Zeitalter vor der Entstehung der Logik gedacht und begrifflich sich und seine Umwelt dargelegt? Die konsequente Antwort wäre: logikfrei! Setzen wir noch eins drauf und sprechen wir mit Hegel: Alles ist entwicklungsbedingt, (vgl. L. II, S. 246 f.) und zwar verankert in bestimmten historischen Vorgaben, daher Parmenides nach Zenon oder Kant vor Descartes ist untubar. Also demnach auch: erst Urteil, dann Schluß, weil Hegel den letzteren aus dem ersteren herleitet, – der Darstellungsweise nach in bestimmter Reihenfolge in Richtung der Forschungsweise. Ebenso bei Marx: Ein Mensch in der Naturalwirtschaft konnte freilich in seinem täglichen Leben bestimmt durch das naturwüchsige Wertgesetz als Beziehung zwischen seiner notwendigen Arbeit und seiner Mehrarbeit mit dem Wertgesetz im Zeitalter des Kapitalismus als negativer Beziehung der notwendigen Arbeit auf die Mehrarbeit, als äquivalentlose unbezahlte Arbeit als Mehrwert weder vertraut sein noch irgendeine Vorstellung davon haben, daher hätte er nur in unterer Ebene der Logik denken müssen. Dies ist aber dem Menschen und Denken eine entwürdigende Zumutung! Wenn es so sein sollte, hatten freilich die großen Denker der Antike, die die Grundsteine – wenn auch mit gewisser geographischer Einschränkung, obwohl Begriff als Denkform überall gleich vonstatten geht – der modernen europäischen Kulturen vorgelegt haben, keinen Begriff von Feudalherren, Leibeigenen, Kapitalisten und Lohnarbeitern, müssten sie im Denken und in Gedanken beschränkt gewesen sein!

Hegels Wissenschaft der Logik ist wiederholt von verschiedenen Seiten – auch zu seiner Lebzeit – mit unterschiedlichen Sichtweisen anvisiert worden, zuletzt unter dem Titel »Hegels Lehre vom Begriff, Urteil und Schluss«8. Das Sammelwerk von 13 Verfassern entstand im Rahmen eines Seminars mit voller Unterstützung der katholischen Kirche, besonderes von Kardinal Lehmanns. Die Betitelung der Beiträge verfolgen systematisch die wichtigsten Rubriken und Themen des dritten Buches der Wissenschaft der Logik.

Aus Zeit- und Umfangsgründen des vorliegenden Vorhabens wird hier nicht auf die Beiträge eingegangen; zudem sind auch die zu bewältigenden Aufgaben der vorliegenden Arbeit anderer Natur, und sie soll jedoch nicht nur als Alternative zu den genannten Beiträgen im Sammelband, sondern auch zu übrigen Auseinandersetzung mit Hegels Wissenschaft der Logik und Marx’ Das Kapital gelten. Allerdings noch soviel: Der Titel des ersten Beitrags lautet Die Subjektivität des Begriffs, was nichts als weißes Schimmel ist. Solche Betitelung käme ← 19 | 20 → bei Marx infrage: das Kapital in seiner objektiv kapitalbegrifflichen Vermittlung und in seiner subjektiv begrifflichen Widerspiegelung als Bewusstsein wie Subjektivität seiner Agenten. Aber in dem genannten Beitrag geht es nicht um Marx, sondern um Begriff nach Hegel. Des Weiteren »die Lehre vom Begriff, Urteil und Schluss wird als ganzes in ihrem [Wissenschaft der Logik] dritten Teil auch als die Lehre vom Begriff bezeichnet. Die Lehre vom Begriff ist also selbst nicht nur ein Segment [!?] des dritten Teils von Hegels Wissenschaft der Logik, sondern ein Name [?] für diesen gesamten Abschnitt.«9 Die Begriffslehre als ein Segment im Dritten Buch der Wissenschaft Logik, worin er erstens kein Segment darstellt, sondern das Ganze ist. »Vom Begriff im allgemeinen« dient als Erläuterung, Beschreibung des Begriffs, dezisiv unterschieden vom herkömmlichen Begriff als Name, was dem typischen abstrakten »Begriff des Begriffs« gleichkommt. (vgl. L. II, S. 219) Der Begriff ist stets die Subjektivität schlechthin nichts als Denken, bei Hegel aber ist sie in ihren objektiven Momenten Sein und Wesen, fundiert als ihre negative Identität. Somit vermittelt sie andere Charakteristik, obwohl im Sammelband Hegel richtig zitiert wird: Der Begriff ist Einheit von Urteil und Schluß! Die Verfasser haben schlichtweg den Stellenwert des Dritten Buchs hinsichtlich der negativen Beziehung zwischen der Darstellungsweise und Forschungsweise außer Acht gelassen.

»Was die Subjektivität der subjektiven Logik oder des Begriffs meint, ist gleichwohl nicht eindeutig.«10 Ganz im Gegenteil: »Im Begriffe hat sich das Reich der Freiheit eröffnet. Er ist das freie, weil die an und für sich seiende Identität, welche die Notwendigkeit der Substanz ausmacht, zugleich als aufgehoben oder als Gesetztsein [vermittelt] ist, und dies Gesetztsein, als sich auf sich selbst beziehend, eben jene Identität [des Begriffs in sich und mit sich] ist. Die Dunkelheit der im Kausalitätsverhältnisse [eine sehr schwere Kritik an Kants Transzendentale Philosophie, vor allem an ursprünglich-synthetischer Einheit der Apperzeption] stehenden Substanzen füreinander ist verschwunden, denn die Ursprünglichkeit ihres Selbstbestehens ist in Gesetztsein übergegangen und dadurch zu sich selbst durchsichtigen Klarheit; die ursprüngliche Sache ist dies, indem sie nur die Ursache ihrer selbst ist, und dies ist die zum Begriffe befreite Substanz11

Die Subjektivität ist der Begriff! In Begriffslogik, in Logik jeder Art überhaupt, geht es um Urteilen und Schließen per Denken, was nichts als Subjektives und ← 20 | 21 → Subjektivität ist. Der Begriff als Name, Bezeichnung, Abbreviation usw. ist klassische Auffassung in gewöhnlichen Logiken, gegen die Hegel stets vehement argumentiert. Der Begriff als Subjektivität fungiert als Denken in Beziehungsform, als die negative Einheit von Sein und Wesen und geht durch seine Bestimmungen – Einzelnes, Besonderes und Allgemeines – vonstatten in ihrer begriffslogischen Darstellung, die klassisch-formal im Syllogismus als Vehikel angewandt wird. Der Begriff ist schon beim anfänglichen Sein entsprechend funktional! Das Sammelwerk beansprucht Kritik an Hegel unter Einbeziehung der Moderne – in Sache Logik und in Darstellung Hegels Ansatz erfolgt es zugleich ein Typisches über Hegel und wegen seiner Abstraktheit weit über Hegel hinweg, und zwar im Einklang mit der traditionellen Denkweise, indem der Manifestationsweise des Begriffs durch seine Verallgemeinerungsbestimmung keine Beachtung gewidmet wird, der leere Begriff als Rein-Subjektives: »Das Allgemeine ist […] die Totalität des Begriffes; es ist Konkretes, ist nicht ein Leeres, sondern hat durch seinen Begriff Inhalt12

Nach gängigem Spruch könnte alter Wein in neuen Schläuchen mit Erfolg angeboten werden. Aber umgekehrt neuen Wein in alten Schläuchen anzubieten, entstellt den Wein. Bearbeitung wie Studie von die Lehre vom Begriff mittels der klassischen Denkweise ist bisher daran vorbeigegangen.

Beschäftigung mit Hegels Hauptwerk erfordert daher Abschied von der klassischen Denkweise, die bestenfalls schon einfache Negation in Betracht zieht, wenn auch hin und wieder Negation der Negation, aber ohne Konsequenzen. Die dialektische Denkweise verfolgt konsequent Spinozas Denkansatz: omnis determinatio est negatio. Dies eröffnet den Horizont für die dialektische Denkweise, wenn Spinoza selbst jedoch diesen Weg nicht einschlug.

Was Hegel und Marx betrifft, gilt der Zweizeiler des persischen Dichters Farrokhi, Ende 4. bis- Anfang 5. Hedjrat-Jh./Ende 8. bis Anfang 9. Jh. europäischer Zeitrechnung.

Legende geworden, was Alexander tat,
wir hörten’s oft, ja bis zum Überdruss
Trage neues Wort vor,
denn ein Neues, verschafft uns mal andere Natur von Genuss.
(Auf der Basis der Übersetzung von Kurt Scharf am 20.07.2012 um 10:56 Uhr Berlin.*) ← 21 | 22 →

Negation der Negation als Richtschnur ist ein Aspekt der Dialektik, die allein nach dem Motto »Alles fließt, alles bewegt sich« eher Denkhindernisse hervorruft als Auswege. Dazu gehört eben, dass das, was negiert, auch selbst negiert wird, also ist Negation der Negation immer ein Verhältnis, eine negative wie reziproke Beziehung, eine negative Einheit, negative Identität. Von was? Von Bestimmung, Determination, die nicht nur determiniert, negiert, bestimmt, gestaltet, affiziert, sondern sie selbst ebenso sehr negiert, determiniert, bestimmt usw. wird. Es ist ein und dieselbe Bestimmung, die negiert wie negiert wird. Dies ist der Gehalt des berühmten Satzes von Spinoza, nach Marx' Zusammenfassung: Bestimmtheit ist Negation, wie umgekehrt. Jede Bestimmung ist daher nicht nur Negation als ein Negatives, sondern zugleich auch eine Unmittelbarkeit, Position als Positives. Das Negative wie die Negation sind allerdings im täglichen Sprachgebrauch anders belastet: schlecht, nichtig, ablehnend, minus. Wohingegen das Positive gut, plus, angenehm usw. ist. So hat es nicht nur Proudhon (vgl. Teil 1 der vorliegenden Arbeit, S. 9), sondern auch viele andere, die sich mit Hegel und Marx befasst haben, verstanden.

Die Negation der Negation wird auch erläuternd per Beispiele analogisiert: Ein Meter entfernt von A ist genauso viel wie ein Meter näher zu B; eine halbleere Flasche ist wie eine halbvolle Flasche usw. Halbvoll und halbleer veranschaulichen eine Bestimmtheit als doppelte Negation und zugleich eine doppelte Position. Aber der Flasche ist bezüglich ihrer Bestimmtheit völlig gleichgültig, ob sie halbvoll oder halbleer ist. Sie ist ein bloßes Ding – verschieden von Ware oder Arbeitsprodukt – und kann und darf keine Bestimmung haben. Die Aussage halbvoll wie halbleer ist ein abstrakt-subjektiv Gesetztes, zwar nach Lust und Laune eine sich beliebig ändernde Wasserhöhe in einer Flasche seitens des Betrachtenden. So gesehen, ist sie eine Flasche und bleibt als Flasche leer. Ebenso geht es auch beim Beispiel Ausgangspunk A und Zielpunkt B. Der jeweilige Standort ist auch immer eine Bestimmtheit mit doppelter Negation und Position – dazu das Prinzip des Negativen bei Zenon und sein Beispiel von Schildkröte und Hase. Die Bestimmung: Bewegung, Tätigkeit, Handlung liegt auf der Seite des sich Bewegung Betrachtenden. Die Bewegung als solche bleibt immer bloße Bewegung.

Welchen Gehalt die Bewegung in sich birgt, ist von Bedeutung. Kapitalbestimmung als Mehrwertbestimmung schlechthin ist auch Bewegung, Negation, Anderswerden zwischen seinem Vorschuss und Rückfluss, seinem Produktionsprozess und Zirkulationsprozess. Das Kapital kehrt zwar immer in seinem Umschlag zu sich selbst zurück, aber mit einem Inkrement von Mehrwert, das sein Anderswerden ausdrückt. Dennoch erfolgt jede Wiederkehr zu sich selbst über seine ← 22 | 23 → Allgemeinheit, durch Verallgemeinerung seiner Momente in seinem Produktions- wie Zirkulationsprozess. Die Globalisierung ist eine Erscheinungsform dieser seiner Bewegungsbestimmung.

Des Weiteren ist das Kapital als negativ-reflexive Beziehung des Mehrwerts zu sich selbst und zugleich als negative Einheit seines Vorschusses als seines Ausgangspunktes und Rückflusses, als seines Rückkehrpunktes inkl. seines realisierten Mehrwerts als seines Inhalts, in seiner gesetzten Einheit als seinem Begriff, indem das Kapital stets während des Prozesses zwischen seinen beiden Bestimmtheiten, also während seines Produktions- und Zirkulationsprozesses in seinen diversen Bestimmtheitsformen als -bestimmungen fungierend präsent bleibt. Der Kapitalbegriff als Profitbestimmung ist während des Gesamtprozesses als solche affizierend, sich ausdrückend, sich setzend wie gesetzt werden, und das Ganze ist zugleich vornehmlich eine Wertbewegung als -vermittlung nach der Wertlehre wie Werttheorie, die gemäß der kapitalistischen Produktionsweise als Manifestation des Mehrwertbegriffs, als bestimmter Gesellschaftsformation, werts- als kapitalbegrifflich dargestellt werden muss.

Diesbezüglich sind bei der Beschäftigung mit der Begriffslogik vom Standpunkt des Betrachtenden als Bearbeiters manche entscheidende Formbestimmtheiten, Bestimmungen, Übergänge und vor allem den von Hegel – auch dementsprechend bei Marx’ Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion – darzustellenden neuen Ausgangspunkt strengst und präzise zu beachten, und zwar nicht nur im schablonenhaften Sinn, gegen welchen Hegel wie Marx Sturm laufen, der schlichtweg gegen die dialektische Denkweise ist, sondern als objektiv im Entwicklungsprozess des Sachverhaltes entscheidend als Richtschnur, roten Faden – nach Herders Heilige Kette der Geschichte – , aber im Sinne der objektiven Gesetzmäßigkeit der historischen Entwicklung.

Hegel verhandelt die Lehre vom Begriff im Dritten Buch des zweiten Bandes der Wissenschaft der Logik und darin die Abhandlung des »Begriffs« selbst vor dem Urteil und Schluß. Der Begriff – keine Definition, keine Abbreviation, kein Sammelbecken von Beschreibungen, keine Bezeichnung, Nennung, Schild usw. wie Begriffe von Türen und Fenstern, Metallen und Steinen, Straßen und Himmel, Menschenwürde, Menschenrecht usw., solcher Begriff in seiner Totalität als Allgemeinheit seines konkreten Inhalts durchläuft sein Anderswerden, aber als Anders-gemacht-Worden durch eine ihm äußerliche, objektive und produktive Bestimmung, da solcher Begriff keine Eigenentwicklungsgeschichte haben, daher auch keine begriffliche Reflexion-in-sich wie auf sich selbst – ist die negativ-begriffliche Einheit von Sein und Wesen als seine objektive Momente, als ihre ideell-darstellende Beziehungsform als Reflexion (vgl. L. II, S. 213, 223 ← 23 | 24 → und 229), hat somit losgelöst von Sein und Wesen keine eigene Selbständigkeit, Bestimmtheit im Sinne der Begriffslogik, sondern fungierend in seinem Fortgang von Allgemeinheit über Besonderheit zu Einzelheit als Formbestimmung, Formbestimmtheit, Bestimmtheitsform, Bestimmtheitsverhältnis; so ein Begriff ist daher anderer Natur, Charakteristik als der Begriff in klassischer Auffassung in Formallogik. Der Begriff als ideelle Formbeziehung des Seins und Wesens und als ihre negative Einheit ist an Bestimmtheiten und Bestimmungen seiner Momente als seinem Inhalt orientiert und dementsprechend ist auch das dritte Buch aufgebaut.

Der Begriff in dieser Verfassung als Darstellungsformbestimmung seiner objektiv-genetischen Momente wird entäußert und entäußert sich über seine spezifischen Bestimmungen: Einzelnes, Besonderes und Allgemeines, als spezifisches Darstellendes der Entwicklungsform seiner genannten Momente in ihrer jeweiligen objektiven Allgemeinheit, die in der Begriffslogik dezisiv vordringt, und zwar als objektive Gesetzlichkeit der Logik historischer Manier. Die Urteile und Schlüsse sind immer »Entäußerung des Begriffs«, seine Manifestation als Urteil ist immer eine Aussage eines Prädikates von einem Subjekt, zunächst beide als Selbstständigkeiten, in seinem Fortgang als seiner Entwicklung von einem Urteil zu einem anderen als Fortentäußerung des Begriffs.

Details

Seiten
582
Erscheinungsjahr
2015
ISBN (PDF)
9783653047776
ISBN (MOBI)
9783653980370
ISBN (ePUB)
9783653980387
ISBN (Paperback)
9783631654941
DOI
10.3726/978-3-653-04777-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Entwicklungstheorie Wissenschaftstheorie Reich der Freiheit Subjektivität
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 581 S.
Produktsicherheit
Peter Lang Group AG

Biographische Angaben

Abbas Alidoust Azarbaijani (Autor:in)

Abbas Alidoust Azarbaijani wurde 1939 in Teheran geboren. 1966 begann er an der Universität zu Köln mit dem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und setzte dies 1968/1969 am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin fort. Hier wurde sein Interesse an Wissenschafts- und Entwicklungstheorien geweckt, dessen Entwicklung und Vertiefung in seinen wissenschaftlichen Abschnitten dokumentiert ist: Der Diplomprüfung 1972 über «Die Begriffe ‘Staat’ und ‘Freiheit’ bei Hegel» sowie der Promotion 1976 über «Materialisierung Hegels, Logik, in Marx’ Kapital». 1976 kehrte er nach Teheran zurück und nahm an der dortigen Universität eine Lehrtätigkeit auf. Begleitet von zweimaligen Berufsverboten durch das dortige verhängte Lehrverbot kehrte er 1984 mit seiner Familie nach Berlin ins Exil zurück.

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Titel: Aufhebung Hegels «Wissenschaft der Logik» in Marx’ «Das Kapital»