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«Der da sein Practic auß Teutschen Tractaten will lernen»

Rechtspraktiker in deutschsprachiger Praktikerliteratur des 16. Jahrhunderts

von Piotr Wittmann (Autor:in)
©2015 Dissertation 302 Seiten
Reihe: Rechtshistorische Reihe, Band 458

Zusammenfassung

In einem Zeitalter der Rechtsvielfalt und Professionalisierung waren die Träger der weltlichen Rechtspflege an den niedrigeren und mittleren Zivilgerichten im Alten Reich des 16. Jahrhunderts überwiegend Praktiker, die die Kenntnisse zur Ausübung ihrer Tätigkeit vornehmlich aus der gerichtlichen Praxis und aus volkssprachlichen Rechtsquellen bezogen. Der auflagenstarken deutschsprachigen Praktikerliteratur kommt für die Rezeption des römisch-kanonischen Rechts in der weltlichen Rechtspflege eine bedeutende Rolle zu. In diesem Buch werden die bislang von der Forschung wenig beachteten fachlichen und ethischen Anforderungen an die Rechtspraktiker untersucht und Ämter von Richtern und Rechtsbeiständen anhand von Praktikerliteratur nachgezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Erster Teil: Untersuchungsgegenstand
  • I. Einleitung
  • II. Rechtspraktiker der weltlichen Gerichtsbarkeit
  • III. Forschungsstand zu den Rechtspraktikern
  • 1. Richter und Rechtsbeistände in der rechtshistorischen Forschung
  • 2. Weltliche Rechtspraktiker im 16. Jahrhundert – ein „blinder Fleck“
  • Zweiter Teil: Forschungsansatz und Quellenauswahl
  • I. Forschungsansatz
  • 1. Professionalisierung als Erklärungsmodell in der historischen Forschung
  • 2. Beruf oder Amt
  • 3. Zwischenergebnis
  • 4. Fragestellung dieser Untersuchung
  • II. Quellenauswahl – Rechtsvielfalt und Praktikerliteratur
  • 1. Rechtsvielfalt – Römisch-kanonisches Recht und Partikularrecht
  • 2. Vielfalt der Rechtsquellen – Rechtsliteratur, Praktikerliteratur und ihr Verhältnis zu legislativen Rechtstexten
  • 3. Forschungsstand – deutschsprachige Praktikerliteratur im Urteil Stintzings und der heutigen Rechtsgeschichte
  • 4. Praktikerliteratur als Quellencorpus – Ausgewählte Werke der Praktikerliteratur
  • a. Conrad Heydens Klagspiegel (um 1470)
  • b. Ulrich Tennglers Laienspiegel (1509)
  • c. Georg von Rotschitz’ Processus Juris (1529)
  • d. Justin Goblers Gerichtlicher Process (1536)
  • e. Kilian Königs Processus und Practica der gerichtsleuffte (1541)
  • f. Andreas Perneders Gerichtlicher Process (1544)
  • g. Heinrich Knausts Fewerzeugk Gerichtlicher Ordnunge Process und Läuffe (1558)
  • h. Joos de Damhouders Practica Gerichtlicher Handlunge in Bürgerliche Sachen (1575)
  • 5. Merkmale, Bewertung und Erkenntnismöglichkeiten von Praktikerliteratur
  • Dritter Teil: Die Rechtspraktiker an den Gerichten der weltlichen Gerichtsbarkeit
  • I. Einleitung
  • 1. Zur Gerichtsverfassung
  • 2. Bezeichnungen und Funktionen von Richtern und Rechtsbeiständen in der Praktikerliteratur
  • a. Richter im schöffengerichtlichen Verfahren
  • b. Rechtsbeistände
  • II. Universelle persönliche Anforderungen an Richter und Rechtsbeistände
  • 1. Einzelne Anforderungen
  • 2. Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Anforderungen
  • 3. Zusammenfassung
  • III. Die römisch-kanonischen Rechtskenntnisse von Rechtspraktikern
  • 1. Einordnung des Rezeptionsbegriffs
  • 2. Die Rechtswissenschaft und das römisch-kanonische Recht seit dem Mittelalter
  • 3. Die Rechtskenntnisse in der weltlichen Rechtspflege
  • 4. Die Reaktionen in der Praktikerliteratur und die Folgen für die Rechtspraktiker
  • 5. Außeruniversitäre literarische Vermittlung des prozessualen römisch-kanonischen Rechts
  • 6. In der Praktikerliteratur vermitteltes Rechtswissen
  • a. Ladung
  • b. Litis contestatio
  • c. Beweislehre
  • d. Urteil
  • 7. Zusammenfassung
  • IV. Die Amtsethik der Rechtspraktiker
  • 1. Richter
  • a. Gerechtigkeit, Gottesfurcht und Jüngstes Gericht
  • b. Befangenheit und Bestechlichkeit
  • c. Rechtliches Gehör und Anhörungspflicht beider Parteien
  • 2. Rechtsbeistände
  • a. Die Vorstellung von Rechtsbeiständen als „Ritter der Gerichte“
  • b. Die Pflicht des Rechtsbeistands zur Wahrung der Interessen seiner Partei
  • c. Pflicht zur redlichen Prozessführung
  • 3. Zusammenfassung
  • V. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
  • Quellen- und Literaturverzeichnis
  • I. Quellen
  • II. Forschungsliteratur
  • 1. Einträge in Nachschlagewerken
  • 2. Monographien, Aufsätze und Beiträge in Sammelbänden
  • Stichwort- und Personenverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Erster Teil: Untersuchungsgegenstand

I. Einleitung

Wenn ich aber von den Juristen sage / meine ich nicht allein die Doctores / sondern das gantze handwerck / als Cantzeler / Schreiber / Richter / Fursprechen / Notarius vnd was zum rechte des regiments geho[e]ret […] Denn sie vben auch das werck der rechten odder das ampt der Juristen.

Martin Luther1

Der Grund, eine derart exponierte Person zu Beginn dieser Untersuchung zu zitieren, liegt im Kern der eigentlichen Aussage: Luther erweiterte den Juristenbegriff in einer Predigt vom juristischen Gelehrten auf das komplette juristische „Handwerk“; er hob Kanzler, Schreiber, Richter, Fürsprecher und Notare hervor, die in der Rachtspraxis tätig waren oder das Amt der Juristen ausübten. Die vorliegende Untersuchung wird sich daher weder mit den konfessionellen Konflikten des 16. Jahrhunderts, noch mit Martin Luthers prinzipieller Haltung gegenüber Juristen befassen. Stattdessen ist es das Anliegen dieser Arbeit, die Träger des juristischen Handwerks unter spezieller Betrachtung der gerichtlichen Rechtspflege im 16. Jahrhundert zu untersuchen.

Analog dazu, wie Luther in seiner Schrift von 1530 die Aufmerksamkeit auf die jeweiligen praktischen Tätigkeitsfelder lenkte, werden im Folgenden nicht die ‚Doktoren‘ und die ‚gelehrten Räte‘ im Fokus der Untersuchung stehen. Vielmehr wird – in einer Zeit, in der ein juristisches Studium keine Voraussetzung für die Tätigkeit in der Rechtspraxis war, andererseits aber universitäre juristische Gelehrsamkeit bereits durchaus ihren Einfluss auf die Rechtswirklichkeit ausübte – anhand einer Auswertung von praxisnahen Quellen dargelegt, wie und durch wen die praktische Umsetzung des Rechts in der deutschsprachigen weltlichen Rechtspflege erfolgen konnte, um derart Aufschluss über die Tätigkeitsfelder der gerichtlichen Praxis zu gewinnen.2 ← 15 | 16 →

II. Rechtspraktiker der weltlichen Gerichtsbarkeit

Die Untersuchung ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil (Untersuchungsgegenstand) erläutert den Forschungsstand zu Rechtspraktikern. Der zweite Teil (Forschungsansatz und Quellenauswahl) legt zunächst die Vorgehensweise dar, auf deren Basis der Untersuchungsgegenstand erfasst wird, bevor das zu Grunde liegende Quellencorpus erläutert wird. Im dritten Teil (Die Rechtspraktiker an den Gerichten der weltlichen Gerichtsbarkeit) werden schließlich die Quellen dem entwickelten Forschungsansatz entsprechend ausgewertet.

Einleitend werden Forschungstendenzen dargelegt, die einer ersten Eingrenzung des Themas dienen mögen. Das Untersuchungsinteresse der rechtsgeschichtlichen Forschung hat sich seit einiger Zeit von der Analyse einzelner Rechtsinstitute anhand normativer Quellen auf den Bereich erweitert, der „Rechtswirklichkeit“ genannt wird.3 Dieser Entwicklung liegt ein Wandel im Verständnis von dem, was in den historischen Wissenschaften als „Recht“ verstanden wird, zugrunde: Ursprünglich am „law in the books“ und somit an der reinen Norm und der aufgeschriebenen Regelung interessiert, verschob sich der Schwerpunkt des Diskurses. Recht wurde vermehrt als „law in action“ interpretiert und entsprechend wurden der Vollzug und die Realisierung des Rechts in all ihren Facetten in die rechtshistorischen Untersuchungen einbezogen.4 Da den Praktikern an den Gerichten die Realisierung des Rechts obliegt, haben Teile der rechtshistorischen Forschung ihr Blickfeld dementsprechend über die Norm hinaus auf die Träger des Rechts ausgeweitet.5 In der Geschichtsschreibung der letzten Jahre prägten prosopographische ← 16 | 17 → Zugänge die Erforschung gelehrter Juristen.6 Solche auf einer quantifizierenden Methode beruhenden Untersuchungen, wie etwa von Schmutz und Gramsch durchgeführt, verfügen dank einer breiten empirischen Basis über eine hohe Aussagekraft und skizzieren ein kollektives Bild von den gelehrten Juristen im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit.7 Eine sinnvolle Ergänzung derartiger Forschungen gelingt Einzelfallstudien, welche unter Anwendung anderer hermeneutischer Methoden die inhaltliche Ebene der juristischen Tätigkeit detaillierter betrachten.8 Über einen Zugriff auf diesen Ebenen ermöglichen es die genannten Arbeiten, die Geschichte der gelehrten Juristen zu erfassen.

Demgegenüber lassen sich durch eine Perspektiverweiterung von den gelehrten Juristen auf die gesamte Rechtspflege spezielle Einblicke in die Rechtspraxis gewinnen.9 Im 16. Jahrhundert war die deutschsprachige Rechtspraxis durch unterschiedliche Rechtsmassen (römisch-kanonisches Recht und partikulares Recht) sowie überdies durch unterschiedliche Bildungsstufen der Träger der Rechtspflege gekennzeichnet.10 In diesem Kontext skizziert etwa Hagemann die gerichtlichen Konflikte im frühneuzeitlichen Basel, die in der weltlichen Rechtspflege aus dem Zusammentreffen von gelehrtem Recht und ‚Laiengericht‘ auftraten.11 Diese konträren Tendenzen generierten ein Spannungsfeld in der Praxis ← 17 | 18 → der Rechtspflege, welches mit der alleinigen Fokussierung auf gelehrte Juristen nicht voll erfasst werden kann. In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll und notwendig, das Forschungsfeld – über die bisherigen Untersuchungen zu gelehrten Juristen hinaus – um den Bereich der von ungelehrten Rechtspraktikern ausgeübten Rechtspflege zu erweitern und so Recht als Teil einer Kultur zu verstehen, innerhalb derer auch gerade die ungelehrte Rechtspflege eine Schlüsselposition für die Rechtssuchenden einnahm.

An diesem Punkt setzt die vorliegende Untersuchung an, deren Anliegen es folglich ist, sich den Trägern der deutschsprachigen weltlichen Rechtspflege anzunähern. Im Vorfeld bedarf es der Klärung, wie diese Träger im 16. Jahrhundert zu bezeichnen sind und ob für sie – vor dem Hintergrund unterschiedlicher Bildungsstufen – der Begriff des Juristen verwendet werden kann.

In der historischen Dimension trat der Begriff des Juristen im Alten Reich das erste Mal um 1300 in dem Moralgedicht Der Renner von Hugo von Trimberg in Erscheinung.12 Auch wenn in diesem die Bezeichnung nicht explizit auf solche Juristen zurückgeht, die römisches oder kanonisches Recht studiert hatten, so ist diese Annahme naheliegend. Die Bezeichnung lehnt sich an die mittellateinische Form „iurista“ an und fällt in den Zeitraum, in dem sich gelehrte Juristen seit dem 12. Jahrhundert von Norditalien ausgehend verbreiteten.13 Spätere Quellenbelege stützen diese Vermutung. In einer Reformschrift von 1439 drückte der Autor über den ‚weltlichen‘ Studieneifer von Klerikern seinen Unmut aus: Diese „studirent yetz der welt mer dann got; ainer will ain jurist sein, der ander ain artzt“.14 So sah sich Martin Luther in der eingangs zitierten Predigt von 1530 dazu veranlasst, explizit klarzustellen, dass er mit Juristen nicht nur die Gelehrten meinte.15 Ferner wurden 1574 die Schöffen des ← 18 | 19 → Leipziger Schöffenstuhls, überwiegend doctores, in einer Fundationsurkunde als „gelerte und erfarne juristen16 bezeichnet.

Wenngleich diese Quellenauswahl eine begriffsgeschichtliche Untersuchung nicht ersetzt, deutet sie doch auf eine starke Korrelation zwischen dem Juristenbegriff und juristischer Gelehrsamkeit hin.17 Dieser Begriffsinhalt deckt sich mit der Verwendung des Juristenbegriffs in heutiger historischer Forschungsliteratur, die mit dem Begriff des Juristen Personen bezeichnet, die Recht studiert haben.18 Insofern ist also die juristische Ausbildung an einer Rechtsschule oder an einer Universität der Bedeutung von ‚Jurist‘ immanent.19

Für die vorliegende Untersuchung ergibt sich daraus eine entscheidende terminologische Konsequenz. Die Bezeichnung als ‚Jurist‘ ist für die Träger der weltlichen Rechtspflege im 16. Jahrhundert inadäquat. An der weltlichen Rechtspflege waren im deutschsprachigen Raum in hohem Maß Personen beteiligt, die ← 19 | 20 → nur wenig oder gar keine universitären Rechtskenntnisse aufweisen konnten.20 Aufgrund dessen vermag der Begriff des ‚Juristen‘ die Praxis der Rechtspflege nicht in ihrer gesamten Bandbreite abzudecken und birgt überdies die Gefahr ein begriffliches Vorverständnis in verfälschender Weise auf den Untersuchungszeitraum zu projizieren.21 Um dieser Gefahr zu begegnen, empfiehlt es sich, einen historisch neutralen Begriff für die Träger der Rechtspflege zu verwenden.

Die neuere rechtshistorische Forschung hat das skizzierte Bedeutungsdefizit des Juristenbegriffs erkannt und mit dem Begriff des Rechtspraktikers unlängst eine sprachlich präzise Alternative erarbeitet.22 Als Rechtspraktiker sind alle Personen zu verstehen, die Funktionen in der Rechtspflege übernahmen, unabhängig davon, woher sie ihre Rechtskenntnisse erworben hatten.23 Mit dieser Definition werden die Träger der weltlichen Gerichtsbarkeit unter einem Sammelbegriff zusammengefasst, der betont, wie heterogen die Wissensbestände der jeweiligen Personen in der Rechtspflege waren, ohne auf die von der älteren Forschung verwendete, teils abschätzige Terminologie (etwa „juristisches Proletariat“) zurückzugreifen.24 Unter ← 20 | 21 → den Begriff des Rechtspraktikers fallen gelehrte Juristen zunächst genauso wie ungelehrte Praktiker der Rechtspflege.25

Es handelt sich hierbei um einen Begriff, den die Quellen des 16. Jahrhunderts in dieser Form nicht aufweisen. Allerdings wurde der Begriff „Practici“ in unterschiedlichen Quellen wiederholt in einem Kontext verwendet, der aufzeigt, dass es den Zeitgenossen nicht fernlag, von der praktischen justiziellen Tätigkeit auf eine Personengruppe zu schließen.26

An den niedrigeren Gerichtsinstanzen in den Territorien des Alten Reichs waren die ungelehrten Rechtspraktiker tätig27 – eine Tatsache, die es erschwert, sie als Gruppe in ihrer Gesamtheit zu fassen, was sich auch in der geringen Anzahl dazu erschienener Forschungsarbeiten widerspiegelt.28 Im Hinblick auf die Träger der Rechtspflege im deutschsprachigen Bereich sind zwar die Forschungen ← 21 | 22 → zu den höchsten Reichsgerichten weit gediehen29 – allerdings lag der Schwerpunkt der Rechtspflege unter dem „sozialgeschichtlichen Gesichtspunkt des Betroffenseins der Bevölkerung“ an den kleineren Gerichten der Territorien,30 weshalb speziell die dortigen Rechtspraktiker einer genaueren Betrachtung unterzogen werden sollten. Zusammenfassend widmet sich die vorliegende Arbeit den zentralen Tätigkeitsfeldern von Rechtspraktikern, namentlich Richtern und Rechtsbeiständen31 im 16. Jahrhundert, wobei insbesondere die ungelehrten Rechtspraktiker an den niedrigeren Instanzen der weltlichen Rechtspflege32 in den Fokus genommen werden sollen.

III. Forschungsstand zu den Rechtspraktikern

Die Rechtsprechung in den Instanzen der weltlichen Rechtspflege hatte die gesellschaftsstabilisierende Funktion, per Streitentscheidung anhand eines ­rechtlichen Verfahrens zu gerechten Urteilen zu kommen. Insofern waren die rechtsprechenden Institutionen und die daran mitwirkenden Personen maßgeblich an der Verwirklichung des Rechts beteiligt – eine Tatsache, die es nahelegt, ihnen einen hohen Stellenwert innerhalb der rechtshistorischen Forschung einzuräumen. Wie es realiter um den Forschungsstand zu Rechtspraktikern bestellt ist, wird im Folgenden zunächst überblickartig nachgezeichnet (1.), bevor kurz auf die ← 22 | 23 → bestehenden Schwächen der bisherigen Forschungen zu Richtern und Rechtsbeiständen eingegangen wird (2).

1. Richter und Rechtsbeistände in der rechtshistorischen Forschung

Dem großen Einfluss auf die Verwirklichung des Rechts entsprechend ist der mittelalterliche Richter zum Gegenstand neuerer deutscher Forschungsarbeiten geworden. Lepsius untersuchte anhand der Zeugenabhandlung von Bartolus de Sassoferrato das Richterleitbild und den richterlichen Spielraum bei der Wertung der Fakten im Zusammenhang mit dem Prinzip der freien richterlichen Beweiswürdigung,33 während Drüppel eine eingehende Untersuchung des Stadtrichteramtes im Mittelalter durchgeführt hat.34 Zuletzt wurde durch Kannowski ein Richterbild des 14. Jahrhunderts anhand der Buch’schen Glosse zum Sachsenspiegel herausgearbeitet.35 Besonders erwähnenswert sind die bei Johann von Buch zu beobachtenden Einflüsse des römisch-kanonischen Rechts in Auseinandersetzung mit dem Sachsenspiegelrecht. Die Buch’sche Glosse „schwankt zwischen diesen beiden Modellen [mittelalterliches dinggenossenschaftliches Verfahren und gelehrter, römisch-kanonischer Prozess, PW] zwanglos hin und her, ohne den Verdacht aufkommen zu lassen, das eine könne das andere ausschließen“.36

Für den hiesigen Untersuchungszeitraum sind die Träger der weltlichen Rechtsprechung hingegen nur von der älteren Forschung betrachtet worden.37 Eine auch in den späteren Arbeiten wiederkehrende Sichtweise stellte vor allem auf den Status der Richter als Beamte ab.38 Exemplarisch dafür steht die Studie Rosenthals aus dem späten 19. Jahrhundert über das Gerichtswesen Bayerns, in der die Umwandlung von Richtervasallen zu Richterbeamten beschrieben wurde.39 ← 23 | 24 →

Details

Seiten
302
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653054460
ISBN (ePUB)
9783653967463
ISBN (MOBI)
9783653967456
ISBN (Hardcover)
9783631662809
DOI
10.3726/978-3-653-05446-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Juli)
Schlagworte
Rechtsgeschichte Rechtspflege Amtsethik Professionalisierung Römisch-kanonisches Recht
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 302 S.

Biographische Angaben

Piotr Wittmann (Autor:in)

Piotr Wittmann studierte Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen mit dem Schwerpunkt Historische und Philosophische Grundlagen des Rechts. Er war Stipendiat des DFG-Graduiertenkollegs «Expertenkulturen des 12. bis 16. Jahrhunderts».

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