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Graphisches Erzählen von Adoleszenz

Deutschsprachige Autorencomics nach 2000

by Felix Giesa (Author)
©2015 Thesis 412 Pages

Summary

Die vorliegende Studie befasst sich mit den sogenannten Adoleszenzcomics, eine in der deutschsprachigen Comiclandschaft neuartige Gattung. Seit Beginn des neuen Jahrtausends entwirft eine Generation junger deutschsprachiger ZeichnerInnen innovative Bild-Text-Narrative. Fast alle diese Arbeiten befassen sich mit dem Thema Adoleszenz und zeichnen sich durch avancierte visuelle Erzählstrukturen aus. Der Autor untersucht erstmals die historische Entwicklung des graphischen Erzählens von Adoleszenz. In grundlegenden Einzelanalysen unterzieht er außerdem bedeutende Vertreter dieser neuen Gattung einem close-reading. Dafür entwirft er ein bildnarratologisches Instrumentarium, mit welchem die erzählerischen Eigenheiten beschrieben und analysiert werden.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 2. Zur Theorie und Analyse von Comics
  • 2.1 Anstelle einer Definition: Diskussion des Comicbegriffs
  • 2.2 Forschungsstand und Ausgangsüberlegungen
  • 2.3 Das Narrative der Comics
  • 2.3.1 Die ‚Stimme‘ in den Comics – Wer ‚erzählt‘?
  • 2.3.2 Der ‚Modus‘ in den Comics
  • 2.3.3 Die Darstellung von Zeit in den Comics
  • 2.3.4 Die Raumdarstellung in den Comics
  • 2.3.5 Die Darstellung von Bewegung in den Comics
  • 3. Adoleszenz heute
  • 3.1 Zum Begriff ‚Adoleszenz‘
  • 3.2 Altersstrukturen der Adoleszenz
  • 3.3 Wege zum Erwachsenenstatus – Adoleszente zwischen Bildung und Freizeit
  • 3.4 Felder adoleszenten (Er-)Lebens
  • 3.5 Adoleszenz in den 1990er Jahren
  • 3.6 Adoleszenz zu Beginn des 21. Jahrhunderts
  • 3.7 Adoleszente Identitäten in den Comics
  • 4. Adoleszenz in den Comics: Von 1900 bis 2000
  • 4.1 Darstellung von Adoleszenz in den amerikanischen Comics: Von den Zeitungscomics bis zum Ende des ‚Golden Age‘ der Comics in den 1950er Jahren
  • Zwischenfazit Darstellung von Adoleszenz in den amerikanischen Comics
  • 4.2 Darstellung von Adoleszenz in den amerikanischen Comics: Von den Underground Comix der 1960er Jahre bis zu den ‚Alternative Comics‘ der 1990er Jahre
  • Zwischenfazit Darstellung von Adoleszenz in den amerikanischen Comics
  • 4.3 Darstellung von Adoleszenz in den frankobelgischen Comics
  • Zwischenfazit Darstellung von Adoleszenz in den frankobelgischen Comics
  • 4.4 Darstellung von Adoleszenz in den deutschsprachigen Comics
  • Zwischenfazit Darstellung von Adoleszenz in den deutschsprachigen Comics
  • 5. Analysen
  • Teil I: Autobiographische Adoleszenzcomics
  • 5.1 Mawil Wir können ja Freunde bleiben (2003)
  • 5.1.1 Einleitung und Thema
  • 5.1.2 Inhalt
  • 5.1.3 Paratext
  • 5.1.4 Erzähltextanalyse
  • 5.1.5 Freundschaft und Peergroup
  • 5.1.6 Coming-of-Age/ (Sexuelle) Identität
  • 5.1.7 Die Darstellung des anderen Geschlechts
  • 5.1.8 (Post-)Adoleszente Freizeit und Mediennutzung
  • 5.1.9 Musik/ Subkultur
  • 5.1.10 Intermedialität/ -textualität
  • 5.2 Flixens sag was (2004)
  • 5.2.1 Einleitung und Thema
  • 5.2.2 Inhalt
  • 5.2.3 Paratexte
  • 5.2.4 Erzähltextanalyse
  • 5.2.5 Freundschaft und Peergroup
  • 5.2.6 (Sexuelle) Identität
  • 5.2.7 Die Darstellung des anderen Geschlechts
  • 5.2.8 (Post-)Adoleszente Freizeit und Mediennutzung
  • 5.2.9 Musik
  • 5.2.10 Intermedialität/ -textualität
  • 5.2.11 Zeichnen im Kontext der Ich-Findung
  • 5.3 Kati Rickenbachs Jetzt kommt später (2011)
  • 5.3.1 Einleitung und Thema
  • 5.3.2 Inhalt
  • 5.3.3 Autobiographie
  • 5.3.4 Paratexte
  • 5.3.5 Erzähltextanalyse
  • 5.3.6 Intra- und Intertextualität
  • 5.3.7 Freundschaft und Peergroup
  • 5.3.8 Coming-of-Age/ (Sexuelle) Identität
  • 5.3.9 (Post-)Adoleszente Freizeit und Mediennutzung
  • 5.3.10 Musik/ Subkultur
  • 5.3.11 Zeichnen im Prozess der Ich-Findung
  • Teil II: ‚Freie‘ Adoleszenzcomics
  • 5.4 Naomi Fearn Dirt Girl (2004)
  • 5.4.1 Einleitung und Thema
  • 5.4.2 Inhalt
  • 5.4.3 Paratext
  • 5.4.4 Erzähltextanalyse
  • 5.4.5 Freundschaft und Peergroup
  • 5.4.6 Coming-of-Age/ (Sexuelle) Identität
  • 5.4.7 Die Darstellung des anderen Geschlechts
  • 5.4.8 (Post-)Adoleszente Freizeit und Mediennutzung
  • 5.4.9 Musik/ Subkultur
  • 5.4.10 Intermedialität/ -textualität
  • 5.5 Arne Bellstorf acht, neun, zehn (2005)
  • 5.5.1 Einleitung und Thema
  • 5.5.2 Inhalt
  • 5.5.3 Paratext
  • 5.5.4 Erzähltextanalyse
  • 5.5.5 Freundschaft und Peergroup
  • 5.5.6 Coming-of-Age/ (Sexuelle) Identität
  • 5.5.7 Die Darstellung des anderen Geschlechts
  • 5.5.8 (Post-)Adoleszente Freizeit und Mediennutzung
  • 5.5.9 Musik/ Subkultur
  • 5.5.10 Intermedialität/ -textualität
  • 5.6 Aisha Franz Alien (2011)
  • 5.6.1 Einleitung und Thema
  • 5.6.2 Paratext
  • 5.6.3 Inhalt
  • 5.6.4 Die Protagonistinnen
  • 5.6.5 Erzähltextanalyse
  • 5.6.6 Musik/ Subkultur
  • 5.6.7 Intertextualität
  • 6. Schlussbetrachtungen
  • Literaturverzeichnis
  • Primärliteratur
  • Sekundärliteratur
  • Abbildungsverzeichnis

1.  Einleitung

Abb. I:   Flix: held, 21:1

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Abb. II:  Markuss Golschinski: Die zweite Hälfte des Himmels. Krmkrm 4, 2:3f.

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Der Blick auf die eigene Vergangenheit, das Sich-in-Erinnerung-Rufen von Bildern des bisherigen Lebens, wie es in zeitgenössischen deutschsprachigen Comicerzählungen geschieht, stellt einen neuen erzählerischen und thematischen Ansatz in dieser graphischen Erzählform dar. Flixens (d. i. Felix Görmanns) Sorge um das ‚Vergessen‘ der eigenen Erinnerungen wird zu einem Zeitpunkt geäußert, an dem die eigene Biographie zum erzählerischen Ausgangspunkt wird. Dass ← 11 | 12 → hierbei insbesondere die Phase der Adoleszenz als Zeitraum der Identitätsbildung von erzählerischem Interesse ist, wird in den Zeilen Markuss Golschinskis deutlich: „Alles dreht sich um Identität.“ In diesen Beispielen wird eine neue Sicht auf Comics ermöglicht, welche eine gänzlich neue Perspektive eröffnet.

Galten Comics noch bis in das späte 20. Jahrhundert als ‚minderwertige‘ Lektüre hauptsächlich von Kindern, hat sich diese Wahrnehmung seither grundlegend geändert. Im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung wurde ab 2002 mit Volker Reiches Strizz ein erfolgreicher Comicstrip veröffentlicht. Seit etwa demselben Zeitpunkt bietet das Internet einfache und schnelle Publikationsmöglichkeiten für junge Zeichnerinnen und Zeichner, die teils große Fangemeinden um sich scharen. Weiterhin werden deutschsprachige Comics mittlerweile auch in ‚traditionellen‘ Comicnationen wie Frankreich und den USA publiziert. Der damit einhergehende Wandel in der kulturellen Wahrnehmung von Comics hierzulande bedingt darüber hinaus ein verändertes Selbstbild der Comicschaffenden sowie eine veränderte Erzählhaltung in den Bilderzählungen.

Die seit der Jahrtausendwende vermehrt erscheinenden Adoleszenzcomics sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit, in welcher folgende Arbeitshypothese erkenntnisleitend sein soll: Im Vergleich zu den historischen und transnationalen Adoleszenzerzählungen präsentieren sich die Adoleszenzcomics der zeitgenössischen deutschsprachigen Comiczeichnerinnen und -zeichner als eigenständige Bilderzählungen. Diese Art der Darstellung geht einher mit einem differenzierten (Selbst-)Bild der adoleszenten Figuren, das sich deutlich von dem in soziologischen und publizistischen Diskursen gezeichneten Bild von Jugend und Adoleszenz unterscheidet.

In der bisherigen Forschung sind diese Aspekte der Adoleszenzdarstellung in den internationalen Comics bisher kaum, in den deutschsprachigen Comics noch gar nicht untersucht worden. Zwar ist ‚Adoleszenz‘ beziehungsweise ihre Darstellung in der Vergangenheit als (allgemeines) Thema der Jugendsoziologie, der Jugendliteraturforschung, der bildenden Kunst, eher selten auch des Films behandelt worden, in der Comicforschung ist ‚Adoleszenz‘ als eigener Untersuchungspunkt jedoch bisher weitestgehend vernachlässigt worden. Als Ergänzung zur bisherigen Adoleszenzforschung kann eine Analyse von Comics aufgrund der Verschränkung von textueller und visueller Ebene zusätzliche Erkenntnisse liefern: In den Adoleszenzcomics wird den medial zirkulierenden Jugendbildern ein differenzierteres Bild hinzugefügt.

Bevor ich mich im Zentrum meiner Arbeit der Analyse von Comics mit Adoleszenzthematik widme, ist es aus verschiedenen Gründen nötig, sich dem Gegenstand der Untersuchung von unterschiedlichen Seiten zu nähern: ← 12 | 13 →

Für ein formal-analytisches Beschreibungsinstrumentarium von Comics werde ich mich in dieser Arbeit erzähltheoretischer Parameter bedienen. Jedoch besteht in der derzeitigen Diskussion comicnarratologischer Aspekte kein Konsens in Grundfragen der Narrativität von Comics und ihren Parametern. Entsprechend ist es notwendig, zunächst die vorhandenen Ansätze zu sichten und für die Untersuchung geeignete Analyseverfahren und Parameter auszuwählen beziehungsweise aufzustellen. In der Auseinandersetzung mit der bisherigen Comicforschung wird sich zeigen, dass sich solch grundlegende Konzepte wie ein ‚Erzähler‘ oder die ‚Fokalisierung‘ nicht ohne Weiteres auf Comics übertragen lassen. Ausgehend von der strukturalistischen Erzähltheorie und in Verbindung mit Befunden der kunsthistorischen Bildwissenschaft sowie der transmedialen Narratologie wird so in Kapitel 2 ein Untersuchungsinstrumentarium für die vorliegende Arbeit erarbeitet.

Erstmals werden in dieser Arbeit adoleszenzthematisierende Comics junger Comiczeichnerinnen und -zeichnern analysiert, die teils von ihrer eigenen Adoleszenz in den 1990er Jahren erzählen. In Kapitel 3 sollen daher ausgewählte Studien zu den Lebensumständen von Jugendlichen während dieser Dekade ausgewertet werden, um einen entsprechenden Referenzrahmen zu schaffen.

Um etwaige Entwicklungslinien im Erzählen von Adoleszenz in den Comics seit deren Aufkommen in den amerikanischen Zeitungscomics aufzeigen zu können, ist es zudem nötig, themenrelevante Aspekte der historischen und transnationalen Entwicklungen von Comics nachzuzeichnen. Daher werden in Kapitel 4 vorhandene nationale diachrone Comicstudien ausgewertet. In Hinblick auf den vorliegenden Forschungsgegenstand ist dabei zu berücksichtigen, dass die bisherigen Untersuchungen teilweise stark überblicksartig angelegt sind. Lediglich wenige, thematisch enger gefasste Untersuchungen gelangen zu konkreteren Ergebnissen. Aus diesem Grund werden für das weitere Vorgehen die vorliegenden Erkenntnisse durch eigene Quellenforschung ergänzt und kontextualisiert. Der transnationale, wenn auch auf Länder der westlichen Welt beschränkte, Ansatz dieser Untersuchung nimmt dabei einen länderübergreifenden Blick für eine thematische Untersuchung von Comics ein und soll etwaige Traditionslinien herausarbeiten.

Im Anschluss an diese ‚Vorarbeit‘, folgt in Kapitel 5 der thematische Schwerpunkt der Arbeit: die Detailanalysen von sechs einschlägigen Comics. Ausgewählt wurden drei autobiographische und drei ‚freie‘ Adoleszenzcomics, wobei jeweils ein Titel dieser Auswahl exemplarisch den Beginn beziehungsweise die Mitte oder die Gegenwart der Erzählung von Adoleszenz in den deutschsprachigen Comics seit der Jahrtausendwende markiert. Ausgehend von den erarbeiteten ← 13 | 14 → Analyseparametern und historischen Erkenntnissen zum Erzählen von Adoleszenz sollen die narratologische Analysen offenlegen, mit welchen Verfahren in den Werken von Adoleszenz erzählt, diese dargestellt und inszeniert wird; gleichzeitig soll das adoleszente Leben und Erleben mit den Befunden der jugendsoziologischen Studien abgeglichen werden, und es sollen schließlich auch die unterschiedlichen Ausprägungen etwaiger historischer Entwicklungslinien und intertextueller Verweise herausgearbeitet werden. Mit der vorliegenden Untersuchung lassen sich somit Aussagen über die medialen Besonderheiten des Erzählens von Adoleszenz in den Comics treffen.

Details

Pages
412
Publication Year
2015
ISBN (PDF)
9783653056341
ISBN (MOBI)
9783653964677
ISBN (ePUB)
9783653964684
ISBN (Hardcover)
9783631664544
DOI
10.3726/978-3-653-05634-1
Language
German
Publication date
2015 (May)
Keywords
Comics Adoleszenz Bildwissenschaft Narratologie Graphic Novels
Published
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 412 S., 24 farb. Abb., 103 s/w Abb., 2 Tab.
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Biographical notes

Felix Giesa (Author)

Felix Giesa studierte Lehramt für die Grund- und Hauptschule. Er promovierte an der Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendmedienforschung (ALEKI) der Universität zu Köln, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist.

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