Zwischen Legitimation und Inspektion
Die Rheinlandreise Napoleon Bonapartes im Jahre 1804
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Napoleons ‚Thronsetzung‘ in Boulogne
- 1.1 Die Zeremonie vom 16. August 1804 in Boulogne
- 1.2 Napoleons synkretistische Herrschaftslegitimation
- 1.3 Der Verweis auf die nationale Legitimität
- 1.4 Der Verweis auf die dynastische Kontinuität
- 1.5 Fazit
- 2. Politischer Kontext und Zielsetzungen der Rheinlandreise
- 2.1 Die Rheinlandreise als Voyage officiel
- 2.2 Der Beschluss zur Reise
- 2.3 Der innenpolitische Kontext
- 2.4 Der Esprit public im Rheinland
- 2.5 Der außenpolitische Kontext
- 2.6 Fazit
- 3. Vorbereitungen und Planung der Reise in Paris
- 3.1 Sendungen, Berichte und Statistiken
- 3.2 Route
- 3.3 Der Hofstaat Napoleons im Rheinland
- 3.4 Regierungsmitglieder
- 3.5 Die Reise Joséphines
- 3.6 En route
- 3.7 Ausgaben der Krone
- 3.8 Fazit
- 4. Vorbereitungen in den rheinischen Departements
- 4.1 Die Zuständigkeiten der Präfekten und der Maires
- 4.2 Straßen- und Brückenbau
- 4.3 Vorbereitungen der Städte
- 4.4 Ferdinand Franz Wallraf und das Bildprogramm im Rheinland
- 4.5 Ausgaben der Städte
- 4.6 Fazit
- 5. Napoleons Einzug in die rheinischen Städte
- 5.1 Definition und Bedeutung des Herrschereinzugs
- 5.2 Zur Geschichte des Herrschereinzugs
- 5.3 Die Bedeutung des Herrschereinzugs für Napoleon
- 5.4 Der Ablauf des napoleonischen Einzugs in die rheinischen Städte
- 5.5 Traditionelle Elemente im napoleonischen Einzug
- 5.6 Bürokratisierung des Herrschereinzugs
- 5.7 Personalisierung
- 5.8 Die jubelnde Masse
- 5.9 Fazit
- 6. Napoleon als exemplum virtutis und Kaiser einer Republik
- 6.1 Die klassische Bildsprache der rheinischen Inschriften und Festdekoration
- 6.2 Napoleon als Triumphator
- 6.3 Der Friedensbringer und Tugendheld
- 6.4 Grand homme und gewählter Kaiser
- 6.5 Nützlichkeit und Wohlfahrt des neuen Regimes
- 6.6 Der bürgerliche Kaiser
- 6.7 Fazit
- 7. Napoleon als weltlicher ‚Heilsbringer‘
- 7.1 Zur Bildsprache und ihren Adressaten
- 7.2 Die Illuminationen und die Ankunft des ‚Heilsbringers‘
- 7.3 Napoleon als weltlicher ‚Heilsbringer‘ im Rheinland
- 7.4 Die Kirche im Dienste Napoleons
- 7.5 Die Rückführung von Reliquien im Zusammenhang mit der Rheinlandreise
- 7.6 Marienverehrung und Herrscherkult
- 7.7 Fazit
- 8. Napoleon als neuer Karl der Große in Aachen
- 8.1 Der Einzug Napoleons in den Aachener Dom
- 8.2 Zur Karlsrezeption
- 8.3 Karl der Große in der napoleonischen Propaganda
- 8.4 Die Rückführung der Karlsreliquien nach Aachen
- 8.5 Die Karlsverehrung durch Joséphine
- 8.6 Die Feier des 15. August in Aachen
- 8.7 Napoleon in Aachen
- 8.8 Die Anerkennung der Kaiserwürde Napoleons durch Franz II. in Aachen
- 8.9 Fazit
- 9. Integrationspolitik im Rahmen der Inspektionsreise
- 9.1 Das Camp de Juliers
- 9.2 Sprach- und Kulturpolitik
- 9.3 Rheinische Schulden und Biens nationaux
- 9.4 Maßnahmen zur Förderung des Handels
- 9.5 Maßnahmen zur Förderung des Gewerbes
- 9.6 Napoleon und die rheinischen Notabeln
- 9.7 Schulpolitik und Elitenbildung
- 9.8 Fazit
- 10. Die Rheinlandreise und die Neuausrichtung der napoleonischen Deutschlandpolitik
- 10.1 Hof und Theater in Mainz und Aachen
- 10.2 Die Rheinlandreise im Zusammenhang mit Napoleons Deutschlandpolitik
- 10.3 Die Frage der Rheinbefestigung
- 10.4 Die Kartierung des Rheinlandes durch Tranchot
- 10.5 Fazit
- Schlussbetrachtung und Ausblick
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- 1. Ungedruckte Quellen
- 2. Gedruckte Quellen
- 3. Literaturverzeichnis
Die Rheinreise Napoleon Bonapartes vom 2. September bis 9. Oktober 1804 steht am unmittelbaren Anfang der neuen Ära der Kaiserzeit Napoleons I. Zeitlich zwischen der Kaiserproklamation am 18. Mai 1804 und dem Sacre in Notre-Dame am 2. Dezember 1804 und somit in der „entscheidenden Phase“1 seiner beginnenden Kaiserherrschaft angesetzt, ist sie im Spannungsfeld zwischen dem Legitimationsdruck als kaiserlicher Monarch gegenüber dem französischen Volk sowie den alten Monarchien Europas, der Stabilisierung seiner Kaiserherrschaft sowie der Integration des Rheinlandes als relativ neues französisches Territorium zu sehen.
Verschiedene Aspekte der Reise, die den Kaiser durch die vier rheinischen Departements Roer, Rhin-et-Moselle, Mont-Tonnerre und Sarre2 führte, waren bereits Gegenstand von Untersuchungen. Die älteren Studien, etwa von Alfred Karll, Alois Niessner oder Rudolf Richter, legten dabei den Schwerpunkt auf die Untersuchung des Reiseverlaufs und der mit der Reise verbundenen Ereignisse in den rheinischen Städten.3 In den letzten Jahrzehnten, auch im Kontext des Jubiläumsjahres 2004, erschien eine Reihe von neuen Untersuchungen zur der Reise. Diese konzentrierten sich unter lokalhistorisch geprägter Perspektive, aber auch unter Einbezug symbolpolitischer Erörterungen, auf den Verlauf der Reise und die konkreten lokalen Begebenheiten rund um den Einzug und den Aufenthalt Napoleons in der jeweiligen rheinischen Stadt. So untersuchte etwa Viktor Gielen den Aufenthalt Napoleons in Aachen, Klaus Müller analysierte den Besuch des Kaisers in Köln, Mario Kramp den in Koblenz, Dieter Degreif den in Mainz und Guido Groß den in Trier.4 Weitere Studien analysieren politische und ← 11 | 12 → symbolpolitische Einzelelemente der Reise. So bezeichnet Heinz Duchhardt die Reise Napoleons als einen „Arbeitsbesuch“5 im Rheinland und fokussiert seine Untersuchung auf das Treffen zwischen dem Kaiser und dem Kurerzkanzler Dalberg in Mainz. Andere Untersuchungen, z. B. die von Christopher Buchholz und Thomas Kraus, betonen den während der Rheinlandreise besonders in Aachen in auffälliger Weise praktizierten Karlskult und erörtern, welchen Stellenwert die Demonstration der napoleonischen „Herrscherlegende“6 für die Legitimation des Kaisers hatte. Alain Ruiz hebt ebenfalls die Bedeutung des vor allem in Aachen praktizierten Karlskultes hervor, aber auch die des Mainzer Hoftages und stellt zudem fest, dass es sich bei Rheinlandreise nicht nur um eine „Krönungsreise“7, sondern auch um eine „Inspektionsreise“8 durch die neuen Departements handelte, die völkerrechtlich erst seit dem Frieden von Lunéville im Jahre 1801 zu Frankreich gehörten. Veit Veltzke und Martin Knauer wiederum ordnen die Rheinreise und ihre Bedeutung als „Huldigungsreise“9 während der „plebiszitären Phase“10 des gerade erst proklamierten Kaisers ein. Veltzke weist darauf hin, dass die Symbolsprache, die während der Reise und besonders beim Einzug des Herrschers in die Städte entfaltet wurde, dem „Doppelcharakter der napoleonischen Herrschaft mit seinen vorrevolutionären, plebiszitären und konstitutionellen Elementen“11 entsprach. Insofern wurde einerseits der Karlskult praktiziert, andererseits wurde intendiert, Napoleon als bürgerlichen Kaiser erscheinen zu lassen, um die bürgerliche Elite an ihn zu binden. Die Reise, so Veltzke, stehe somit „im Zeichen der Demonstration seiner Kaiserwürde und der damit verbundenen neuen [politischen] Prinzipien“12 der napoleonischen Herrschaft.
Diese verschiedenen Thesen, die es bereits zu dem Thema gibt, weisen somit auf die Komplexität der Rheinreise hin, sowohl was ihre Motivation als auch ihre Deutung anbelangt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, ← 12 | 13 → in einem integralen Ansatz herauszuarbeiten, in welchem gesamtpolitischen Zusammenhang die Reise einzuordnen und zu verstehen ist. Es soll untersucht werden, welche Notwendigkeit und Motivation es für den Kaiser gab, sie gerade zu jenem Zeitpunkt stattfinden zu lassen, auf welche Weise sie durchgeführt wurde, welche Bildsprache dabei verwendet wurde und welche gesellschafts-, innen- und außenpolitischen Bedeutung der Reise insgesamt für die Herrschaft Napoleons beizumessen ist. Dabei wird der übergeordneten Frage nachgegangen, welchen real- und symbolpolitischen Stellenwert diese Reise für die Repräsentation und die Legitimation des gerade erst proklamierten Kaisers sowie für die Konsolidierung des neuen Kaisertums hatte. Welche konkreten innenpolitischen Handlungen nahm der Kaiser im Rahmen der so genannten Inspektionsreise vor und welche unmittelbare Auswirkung hatten sie auf die französische Rheinlandpolitik? Welche außenpolitischen Erwägungen und Entscheidungen bezüglich der weiteren Deutschland- und Europapolitik Frankreichs wurden im Rahmen der Reise getroffen? Es wird aber auch die Frage gestellt, ob diese realpolitischen Handlungen kongruent mit den symbolpolitischen Absichten Napoleons waren, ob also auch sie im Zusammenhang mit den Legitimations- und Konsolidierungszielen des Kaisers zu sehen sind.
Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit bildet daher die Symbolsprache, die während der Reise in auffälliger Weise entfaltet wurde. Durch ihre umfassende Untersuchung soll deutlich werden, wie unverzichtbar die symbolische Inszenierung des Kaisers im Rheinland in Bezug auf Herrschaftsverständnis und Herrschaftslegitimation war. Grundlegend für diese Analyse ist die wegweisende Studie von Hans-Ulrich Thamer zur Konstruktion der napoleonischen Herrschaftslegitimation, in der nachgewiesen wird, dass es sich hierbei um eine synkretistische Kompilation von verschiedenen Legitimations- und Traditionsebenen handelte.13 Darüber hinaus nimmt die vorliegende Studie auch Bezug auf die Thesen von Werner Telesko, der anhand der multifunktionalen Ikonographie Napoleons verschiedene Herrschaftstypen ermittelte, die der Kaiser gleichzeitig verkörperte und die er je nach Adressat und politischer Zielsetzung für seine Zwecke einsetzte.14 ← 13 | 14 →
Für die Analyse der Inszenierung Napoleons im Rheinland wurden zunächst die Quellen herangezogen, die von Regierung und Hof herausgegeben wurden und die die Reise zu einem medialen Ereignis machten. Dabei handelt es sich zum einen um die vom Kaiser kontrollierte und gleichgeschaltete Presse. Für die Arbeit wurden unter anderem die großen überregionalen Zeitungen wie der Moniteur und das Journal des débats, aber auch regionale Zeitungen wie die Mainzer Zeitung und das Journal de la Sarre herangezogen. Aufschluss über das Herrscherbild, das mittels der Reise konstruiert und verbreitet werden sollte, gibt auch die im staatlichen Auftrag entworfene Festdekoration in Form von Inschriften, Gemälden und Festbauten, für deren Entwurf im Rheinland vor allem Ferdinand Franz Wallraf zuständig war.15 Die Inschriften und Gemälde dieser Festdekoration wurden mit den lateinischen Originaltexten sowie dem Ausstellungskatalog des zeitgleich stattfindenden Pariser Salons abgeglichen, um so auf ihre übergeordnete symbolpolitische Funktion zu schließen. Auch Reden, Predigten, Gedichte und Lieder, die von offizieller Seite gehalten bzw. angeordnet wurden, vermitteln das angestrebte Herrscherbild, ebenso wie die Auswahl der Theaterstücke, die in Aachen und Mainz zur Feier der Anwesenheit Napoleons aufgeführt wurden.
Einen weiteren Aspekt der Analyse von Motivation, Zielsetzung und Durchführung der Reise bilden die Planungen und die Organisation auf der Ebene des Kaiserhofs sowie auf Regierungs-, Departements- und Kommunalebene, die anhand des Schriftverkehrs zwischen den Städten, den Präfekten und der Regierung sowie dem Hof nachvollzogen werden können. Was die innenpolitische Zielsetzung der Reise anbelangt, so wurden u. a. die Berichte und Dossiers, die im Vorfeld der Reise im Auftrag der Regierung angefertigt wurden, aber auch die Statistiken, die ebenfalls im Auftrag der Regierung zu den Departements erschienen sind, analysiert. Aufschluss über die Art der Gestaltung des Herrschereinzugs und des Empfangs vor Ort vermitteln die Festprogramme der Städte sowie Berichte über die Anwesenheit des Kaisers im Rheinland, wie etwa der von Johann Anton Schröll aus Trier16, während Namenslisten darüber Auskunft geben, welche Personen aus dem Kaiserhof, den rheinischen Departements oder dem europäischen Ausland sich anlässlich der Reise im Rheinland aufhielten. Anhand der Rechnungen ← 14 | 15 → der Städte und des Hofes über die Ausgaben, die für die Vorbereitung und Durchführung der Reise und des Empfangs des Kaisers getätigt wurden, ist nicht nur der Aufwand, der für die Reise betrieben wurde, abzulesen, sondern auch der politische Wert, der ihr beigemessen wurde.
Und schließlich ergeben sich auch aus dem Briefwechsel Napoleons mit seinen Ministern, mit ausländischen Fürsten oder mit der Kaiserin sowie aus den im Kontext der Reise erlassenen Dekreten direkte Hinweise auf die politischen und symbolpolitischen Intentionen, die mit dem Aufenthalt Napoleons im Rheinland verbunden waren.17 Auch lassen sich aus diesen Quellen die unmittelbaren Konsequenzen für sein politisches Agieren ablesen, die sein Kontakt mit den Rheinländern und den deutschen Fürsten hatte. Aus der Korrespondenz der rheinischen Franzosen wie Georg Friedrich Rebmann aus Mainz oder der Delegierten der deutschen Fürsten geht zudem hervor, welche Wirkung die Inszenierung des Kaisers im Rheinland auf die unterschiedlichen Betrachter hatte.18 Auch der Bericht der Dorothea Schlegel über den Aufenthalt des Kaisers in Köln ist in diesem Kontext von Interesse.19 Nicht zuletzt geben die Memoiren der Augenzeugen ein Bild über die Zielsetzung, den Ablauf, die Ereignisse sowie die politische und gesellschaftliche Wirkung der Rheinlandreise, wie etwa die des Ministers Fouché, aber auch die aus dem unmittelbaren höfischen Umfeld des Kaisers, wie die Memoiren der Hofdamen Vaudey, Rémusat und Avrillion, des Sekretärs Méneval oder des Kammerdieners Constant.20
Als Ausgangspunkt der Rheinreise Napoleons wird in der vorliegenden Arbeit die aufwendig inszenierte Verleihung des Sterns der Ehrenlegion im Lager von Boulogne gesehen, die am 16. August stattfand und die als „sacre militaire“21, als eine Art Thronsetzung des Kaisers durch seine Soldaten und die Ehrenlegion verstanden wird. Durch die Analyse der Symbolsprache dieser Inszenierung werden die Charakteristika der napoleonischen ← 15 | 16 → Herrscherlegitimation herausgearbeitet, die in einem engen symbolpolitischen Zusammenhang mit der Rheinreise zu sehen sind. Daran anschließend werden der innen- und außenpolitische Kontext erläutert, in dem die Reise steht, sowie der Esprit public im Rheinland, woraus sich die politische Notwendigkeit der Reise ablesen lässt. In der Folge wird auf die konkreten Planungen in Paris und in den rheinischen Departements eingegangen. Daraufhin wird das Herrscherbild, das im Rheinland intendiert und inszeniert wurde, anhand von vier komplexen und zueinander in Beziehung stehenden Schlüsselaspekten analysiert. Zum einen offenbart sich das napoleonische Herrscherbild in seinem Einzug in die rheinischen Städte. Zum anderen ist an der Inszenierung des Kaisers etwa mittels der Festdekoration, der Reden oder der politischen Handlungen im Rheinland die „dreifache Konstruktion der napoleonischen Legitimität“22 abzulesen: So liegt der zweite Schlüsselaspekt in der überhöhten Darstellung Napoleons als exemplum virtutis und grand homme. Als dritter Schlüsselaspekt folgt die an sakrale Traditionen des antiken und abendländischen König- und Kaisertums anknüpfende Darstellung als neuer bzw. weltlicher „Heilsbringer“23. Den vierten Schlüsselaspekt seiner Darstellung bildet die historisch-dynastische Legitimation als Erbe Karls des Großen. Schließlich werden die innen- und insbesondere die integrationspolitischen Handlungen und Entscheidungen des Kaisers im Rheinland, seine höfische Inszenierung beim Mainzer Fürstentag sowie seine Entscheidungen bezüglich der weiteren Deutschland- und Europapolitik Frankreichs erläutert und in Bezug zu seiner Präsentation als legitimer Kaiser gesetzt.
1 Kramp (2004), 21.
2 Zur Vereinfachung der Lesbarkeit werden im Folgenden das Département de la Rœr, das Département de Rhin-et-Moselle, das Département du Mont-Tonnerre und das Département de la Sarre in der oben aufgeführten Schreibweise notiert. Die französischen Fachbegriffe werden grundsätzlich groß und kursiv notiert.
3 Vgl. Karll (1907), 92f., der dabei auch die Bedeutung des Karlskultes hervor hebt. Vgl. Niessner (1907); Richter (1921). Siehe auch Börckel (1904).
4 Vgl. Gielen (1977), 82ff., 89ff.; Müller (2005), 67ff.; Kramp (2004); Degreif (1986); Groß (2004), (2004a), (1998), (1998a).
5 Duchhardt (2004), 11.
6 Buchholz (1997), 219. Vgl. Kraus (2000) und (1994), 142ff.
7 Ruiz (2009), 34. Vgl. ders. (2004), 658ff.
8 Ebd.
9 Veltzke (2007), 41.
10 Knauer (2010), 83.
11 Veltzke (2007), 43.
12 Ebd., 42.
13 Vgl. Thamer (2006), hier bes. 42ff.
14 Vgl. Telesko (1998), hier bes. 112, 218ff.
15 Vgl. [Wallraf] [1804], [1804a], (an XII).
16 Vgl. Schröll (2004).
17 Vgl. Napoléon Bonaparte (2007).
18 Vgl. u. a. Rebmann (1990); Erdmannsdörfer (1901); Degreif (1986); Obser (1899); Weil (1920).
19 Vgl. den Brief Schlegels an Helmina v. Chézy vom 19. September 1804 aus Köln, in: Wineke (1914), 370f.; Karll (1907), 100ff.
20 Vgl. [Vaudey] (1830); [Rémusat] (1880); Méneval (1894); [Fouché] (1992); Constant (1830).
21 Chochois/Poultier (2004), 247.
22 Miersch/Reichardt (2010), 89. Siehe auch Dwyer (2013), 151.
23 Telesko (1998), 174.
1. Napoleons ‚Thronsetzung‘ in Boulogne
1.1 Die Zeremonie vom 16. August 1804 in Boulogne
Den Ausgangspunkt der Rheinlandreise Napoleons bildet das Feldlager der Armee in Boulogne, wo sich Napoleon vom 17. Juli bis zum 27. August 1804 befand, um die Vorbereitungen für die Invasion Englands zu inspizieren und zu beschleunigen.24 Der Höhepunkt dieses Aufenthaltes war der 16. August, an dem Napoleon in einer der aufwendigsten militärischen Zeremonien seiner Zeit Soldaten und Zivilisten den Stern25 der Ehrenlegion verlieh und dabei Militär und Ehrenlegion auf sich vereidigte.26 Die Symbolsprache, die dabei entfaltet wurde, ließ die Zeremonie als Thronsetzung erscheinen, an deren unmittelbarem Anschluss Napoleon als ein von Militär und Ehrenlegion akklamierter Kaiser feierlich in die rheinischen Städte einzog.
Das Programm der Zeremonie in Boulogne wurde von Kriegsminister Berthier festgelegt und von Admiral Bruix per Ordre du jour veröffentlicht.27 ← 17 | 18 → Napoleon selbst hatte „quelque pompe“28 angeordnet und zeigte sich über die Ausführung seiner Weisung beeindruckt: „Le coup d’œil était nouveau et imposant. On a trouvé rarement autant de baïonnettes réunies.“29 Der Moniteur berichtete: „Jamais on ne vit cérémonie plus martiale ni plus auguste.“30 Das siebenstündige „spectacle guerrier le plus magnifique“31 fand in dem zum Meer hin offenen Tal von Terlincthum vor etwa 20.000 Zuschauern aus Paris und dem Pas-de-Calais statt. An der Feier waren 100.000 Soldaten der in den Lagern an der Kanalküste stationierten Armée des Côtes de l’Océan beteiligt. Während der Feierlichkeiten zeigte sich auch die Flottille in der Bucht.32 Die Infanterie, aufgereiht in 20 Kolonnen, an deren Ende jeweils die Kavallerie Aufstellung nahm, formte einen strahlenförmigen Halbkreis um ein Podium, um welches die 2.000 auszuzeichnenden Legionäre, unter denen nur 13 Zivilisten waren, einen kleineren Halbkreis bildeten.33 Den großen Halbkreis schlossen zu beiden Seiten der Empore, auf einer Länge von 300 Metern, die kaiserliche Garde, Musikkorps und etwa 2.000 Trommler. Auf dem 2,60 m hohen Podium, zu dem auf drei ← 18 | 19 → Seiten Treppen à 16 Stufen führten, stand für Napoleon der „trône de Dagobert“34 bereit, den ein blaues, mit goldenen Sternen verziertes Tuch schmückte. Über dem Thron bildeten Waffen, Standarten und etwa 200 Fahnen mit den Namen der Schlachten Bonapartes eine Art Baldachin, der von einem großen vergoldeten Lorbeerkranz gekrönt wurde.35 Neben dem Thron lagen auf Dreifüßen Helme und Schilde des Ritters Bayard und des Konnetabels Du Guesclin, in denen die zu verteilenden Ordenssterne lagen. Außerdem wurde auf dem Podium die vollständige Ritterrüstung des Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg ausgestellt. Hinter und neben dem Thron sowie auf den Stufen standen, ihrem Rang nach geordnet, Prince Joseph Bonaparte, zivile Großoffiziere der Krone, Minister, Marschälle, Generaloberste, Senatoren, Staatsräte, kaiserliche Adjutanten sowie zivile und geistliche Beamte.36
Der Kaiser erschien um 12 Uhr mittags unter Trommelwirbel und Artilleriesalven im Tal und bestieg den Thron. Nach einer Rede von Lacépède, dem Großkanzler der Ehrenlegion, und einem erneuten Trommelwirbel sprach Napoleon den Legionären sowie der Armee die Eidesformel vor. Dann, nach der Eidesleistung, verlieh der Kaiser jedem Legionär persönlich den Stern der Ehrenlegion. Die Zeremonie wurde musikalisch von einer „simphonie guerrière“37 und einem Te Deum untermalt. Zudem erklang eine „marche héroïque“38, komponiert von dem kaiserlichen Kapellmeister Le Sueur, die auch während des Sacre in Notre-Dame gespielt wurde. Zum Abschluss defilierten die Truppen, Kolonne für Kolonne, unter dem Jubel der Menge und dem „retentissement […] du bruit de mille tambours et de trois mille pièces de canon“39 vor dem kaiserlichen Thron. ← 19 | 20 →
Details
- Seiten
- 332
- Erscheinungsjahr
- 2016
- ISBN (ePUB)
- 9783631695074
- ISBN (MOBI)
- 9783631695081
- ISBN (PDF)
- 9783653061635
- ISBN (Hardcover)
- 9783631670132
- DOI
- 10.3726/978-3-653-06163-5
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2016 (August)