Tysk(a) – saksa – vācu – vokiečių – þýska 2020. Teil 1: Deutsche Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik
Ausgewählte Beiträge zum «XI. Nordisch-Baltischen Germanistentreffen» in Kopenhagen vom 26.–29. Juni 2018
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Title
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Deutsch als Fremdsprache, Germanistikstudium und Deutsch im Bildungswesen
- Teacher Cognition und Motivation – Empirische Untersuchungen zu Lehrerauffassungen von Motivation (Mette Skovgaard Andersen)
- Das Spiel mit der Sprache – Sprachwandel im Kleinen Variation und Kreativität im Redewendungenspiel (Katrin Ankenbrand)
- Zur Vermittlung akademisch-wissenschaftlicher und fremdsprachlicher Kompetenzen bei angehenden ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen (Agnese Dubova)
- Mehrsprachige Praktiken in metalinguistischen Sequenzen in Tandemgesprächen (Sabine Grasz)
- Schriftliches Feedback zu Schreibaufgaben in Seminaren der Auslandsgermanistik – sinnvolle Liebesmüh? (Veronika Hamann)
- Frühes Fremdsprachenlernen im Kontext der Sprachen- und Bildungspolitik in Estland (Merle Jung)
- Fachsprachen(kompetenzen) und Germanistikstudium: Versuch einer Positionsbestimmung für die Auslandsgermanistik (Eglė Kontutytė)
- Von deutschen Spuren und der Lage der deutschen Sprache in Island (Oddný G. Sverrisdóttir)
- Translationswissenschaft
- Sieben wilde Schweine von Helme Heine – eine empirische Studie der schwedischen Übersetzung (Britt-Marie Ek)
- Zur Übersetzung von humoristischen Elementen in der Kinderliteratur – die Bücher über den Meisterdetektiv Blomquist von Astrid Lindgren als Fallbeispiele (Ulf Norberg)
- Sprachwissenschaft
- Sprachliche Grenzöffnungen – Morphosyntaktische Innovationen in der deutsch-dänischen Kontaktzone am Beispiel des Petuh (Lars Behnke)
- Zu Mehrsprachigkeit und Deutsch auf Corporate Websites am Beispiel finnischer Kleinstunternehmen (Margit Breckle)
- Von Transpersonen und intersexuellen Kläger/inne/n (?): Gute Gründe für das geschlechtsübergreifende („generische“) Femininum (Klaus Geyer)
- Mit Nachhaltigkeit in den Wahlkampf? Die Ausdrücke Nachhaltigkeit und nachhaltig in den Bundestagswahlprogrammen 2017 von LINKE und GRÜNEN (Anke Heier)
- Pragmatik der Personennamen im Pressebericht. Der Gebrauch von Namensformen und Pronominalisierungen in Zeitungsberichten zum Tod Jassir Arafats 2004 (Hartmut E. H. Lenk)
- Über die Antwortpartikel nein in monologischer Verwendung (Bjarne Ørsnes)
- Metaphern im wissenschaftlichen Sprachgebrauch im deutsch-dänischen Vergleich (Irene Simonsen)
- Beeinflusst Phraseologieforschung phraseologische Wörterbücher? (Mariann Skog-Södersved)
- Historische Sprachwissenschaft
- Formulierungsroutinen: Expliziter DANK in deutschsprachigen Gelehrtenbriefen im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (Maria Bonner)
- Die Bedeutung des Kompositionstyps für die Binnenmajuskelschreibung bei Substantivkomposita im Deutschen zwischen 1550 und 1710 (Daniel Solling)
- Überlegungen zur Gattung Textgeschenk am Beispiel von Christian Geists Gelegenheitskomposition Auff! Auff o Norden auf und küsse diese Strahlen (1680) (Dessislava Stoeva-Holm)
- Tabellenverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Autorinnen und Autoren
- Reihenübersicht
Die deutsche Sprache genießt traditionell eine starke Stellung in den nordischen und baltischen Ländern, was nicht nur der geographischen Nähe, sondern vor allem den zwar nicht immer unproblematischen, aber doch stets engen kulturellen, historischen und wirtschaftlichen Verbindungen geschuldet ist. Allerdings ist diese starke Stellung in den letzten Jahrzehnten schwächer geworden und die deutsche Sprache hat an Attraktivität und institutionellem Rückhalt verloren, wie sich leicht an beispielsweise der Anzahl der Deutsch-Studierenden, der Position des Deutschen als Fremdsprache in den Bildungssystemen oder der medialen Präsenz der deutschsprachigen Länder ablesen lässt.
Wie aber lässt sich der spürbare Attraktivitätsverlust erklären? Vielleicht ist es gerade die traditionell starke Stellung beziehungsweise das Traditionelle an der starken Stellung, das nicht nur von Vorteil ist. Vielleicht haben wir es mit einer Auslandsgermanistik – oder, besser: mit Auslandsgermanistiken (oder: Internationalen Germanistiken) – zu tun, die sich konturieren wie eine Inlandsgermanistik und damit nicht nur an den Bedürfnissen der und Erfordernissen an die Studierenden vorbeizielen, sondern auch ihre spezifischen Qualitäten vertändeln oder zumindest, gerade in Zeiten, in denen Berufsorientierung, generische Kompetenzen und praktische Erfahrungen stärker denn je betont werden, nicht voll zur Geltung bringen. Gemeint sind die sprach- und kulturmittelnde Qualität und die Fähigkeit zum fundierten Vergleichen (vgl. Scientia non est de singularibus, Thomas von Aquin). Dass eine Auslandsgermanistik oder Internationale Germanistik anders profiliert sein muss als die Inlandsgermanistik, ohne sich dabei als eine „Germanistik zweiter Wahl“ (Dalmas 2017: 160) zu verstehen, ist immer wieder Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen gewesen; erhellend ist die Kontroverse der Jahre 2005 und 2006 in der Folge um einen Beitrag von Sitta (2004) in der Zeitschrift Deutsch als Fremdsprache. Mag sich die Begrifflichkeit seitdem hin zu Interkultureller Germanistik weiterentwickelt haben, die Problemstellungen sind im Wesentlichen dieselben geblieben: Ein Fach, das in den deutschsprachigen Ländern von Hause aus relevant ist, muss andernorts erst seine Relevanz vermitteln (vgl. Grucza 2006).
Was zumindest für die nordischen Länder zutrifft, ist, dass in den Deutschabteilungen außergewöhnlich viele Lehrende tätig sind (ähnlich wohl nur in Italien und dem Vereinigten Königreich), die wesentliche Teile ihres Deutschstudiums, oft auch das gesamte Studium an Universitäten im deutschsprachigen Raum absolviert und dort auch ihr – inlandsgermanistisches – wissenschaftliches Profil ←13 | 14→ herausgebildet haben. Die engen Verbindungen in die deutschsprachige Universitätslandschaft sind forschungsseitig sicherlich von Vorteil, die Umstellung auf die Gegebenheiten eines Deutschstudiums im Ausland kann allerdings erhebliche Probleme bereiten, sowohl was das fachliche Selbstverständnis (plötzlich ist man „nur noch“ FremdsprachenlehrerIn oder FremdsprachenphilologIn, oft bei den „kleineren“ Sprachen angesiedelt) als auch was die didaktische Berücksichtigung der vorhandenen und der erreichbaren Sprachkenntnisse und der kulturellen Horizonte angeht; man denke nur an den Bedarf einer – dem Inhaltlichen vorgängigen – sprachlichen Erschließung von Fachtexten oder an die Notwendigkeit der Explizitierung von – in einem inlandsgermanistischen Kontext – Selbstverständlichem. Forschung und Lehre, vor allem im Bachelorstudium, müssen wohl stärker denn je für sich konturiert und eben nicht so sehr zusammengedacht werden, was die bevorzugten Forschungsgebiete mancher Lehrender betrifft. Eine „Inlandsgermanistik im Ausland“ (Zint-Dyhr / Colliander 2006: 12) zu betreiben wird kaum gelingen und kann auch nicht das Ziel sein. Dies soll aber nicht heißen, dass es in den Auslandsgermanistiken nicht Platz für hoch spezialisierte Forschungsthemen gäbe, im Gegenteil, denn gerade durch ihre spezifischen, per se internationalen und oft auch zumindest implizit vergleichenden Zugänge eröffnen sie Perspektiven, die der Inlandsgermanistik vielfach gar nicht möglich sind.
Eines aber soll in jedem Falle als ein Charakteristikum der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Deutschen in Forschung und Lehre in den nordischen und baltischen Ländern herausgehoben werden: Die Sprache, die Sprachbeherrschung spielt nach wie vor eine große Rolle in der Region. Solide funktionale Sprachkenntnisse werden als Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium angesehen – und für ernstzunehmende Forschung sowieso. Diejenige Spielart von German Studies, die auf Übersetzungen und medial gefiltertem, landessprachlichem Diskurs beruht, stellt in der Region keine Option dar. Die Rezeption und das Verständnis der auf Deutsch geführten Diskurse ist eine conditio sine qua non.
Diese Überlegungen bilden den Hintergrund, vor dem die Beiträge des vorliegenden Teilbandes gelesen werden können. Die Beiträge sind thematisch in vier Sektionen eingeteilt, innerhalb der Sektionen erfolgt die Anordnung der Beiträge alphabetisch nach dem Namen der AutorInnen. Die Sektionen sind: Deutsch als Fremdsprache, Germanistikstudium, Deutsch im Bildungswesen – Translationswissenschaft – Sprachwissenschaft – Historische Sprachwissenschaft. Es wurden keine Vorgaben zur geschlechtergerechten Formulierung gemacht, weshalb eine breite, fast ist man geneigt zu sagen: die ganze Palette an sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten zu sehen ist.
←14 | 15→Die Sektion Deutsch als Fremdsprache, Germanistikstudium und Deutsch im Bildungswesen mit sieben Beiträgen leiten den Band ein:
Mette Skovgaard Andersen kombiniert die Motivationsforschung mit der Forschung zu Teacher Cognition und untersucht den möglichen Zusammenhang zwischen der eigenen Motivation dänischer DeutschlehrerInnen, Deutsch zu lernen, und den Begründungen, die diese an die DeutschlernerInnen weiterleiten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass ein Ungleichgewicht zwischen der eigenen Motivation und den extern gegebenen Begründungen für das Deutschlernen besteht, und es wird gezeigt, dass die subjektiven Lehrerauffassungen von dem Begriff ‚Motivation‘ nicht dem aktuellen Forschungsstand entsprechen.
Katrin Ankenbrand stellt in ihrem Beitrag ein Redewendungenspiel für weit fortgeschrittene Lernende (C2) des Deutschen als Fremdsprache vor, das über die willkommene Beschäftigung mit konkreten Redewendungen hinaus den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Spiel- und temporäre Sprachgemeinschaft vor allem Möglichkeiten eröffnet, Aspekte der Bedeutungskonstitution, Etymologisierungen und sogar Mechanismen des Sprachwandels zu erfahren und exemplarisch im Metasprachdiskurs zu reflektieren. Wie und an welcher Stelle im Spiel dies geschehen kann, wird anhand der einzelnen Spielelemente mit Praxisbeispielen illustriert.
Agnese Dubova stellt ein ausgearbeitetes und erprobtes Konzept zur Vermittlung wissenschaftlicher Kompetenz für angehende lettische ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen vor und diskutiert in ihrem Beitrag das Konzept und die Bedeutung der wissenschaftlichen Kompetenz. Die wissenschaftliche Kompetenz muss im Zusammenhang mit den anderen Kompetenzbereichen der ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen gesehen werden, und die Autorin argumentiert dafür, dass die wissenschaftliche Kompetenz als überfachlich aufgefasst werden kann.
Das mehrsprachige Repertoire von TeilnehmerInnen an einem Tandemkurs Deutsch-Finnisch in Finnland steht im Fokus der Untersuchung von Sabine Grasz. Die Analyse unterschiedlicher Tandemsequenzen zeigt, dass die TeilnehmerInnen in den verwendeten metalinguistischen Sequenzen häufig auf ihr (gemeinsames) mehrsprachiges Repertoire zurückgreifen und dass dies sowohl die Sensibilisierung für Sprachkontraste und Sprachreflexion als auch die Kooperationsfähigkeit der TeilnehmerInnen fördert.
Im Rahmen der Forschung zur Feedbackkultur im Fremdsprachenunterricht fragt Veronika Hamann nach Einstellungen und Präferenzen, aber auch nach dem Umgang von Studierenden der Auslandsgermanistik mit schriftlichem, auf Sprache fokussierendem Feedback. Die explorative Fragebogenuntersuchung stellt unter anderem fest, dass ein – ausführliches – Feedback durchaus ←15 | 16→ gewünscht, jedoch nicht immer be- bzw. verarbeitet wird. Daraus leitet die Autorin die Diskussions- und Forschungsfrage ab, wie der Nutzen schriftlichen Feedbacks erhöht werden kann, unter anderem wie man die Studierenden zum Verarbeiten des Feedbacks bewegen kann. Ein Vorschlag ist, die Reflexion über den Nutzen von Feedback bei den Studierenden zu fördern.
Im Zentrum des Beitrags von Merle Jung steht das frühe Fremdsprachenlernen in Estland. Es wird gezeigt, wie der frühe Fremdsprachenerwerb in den letzten Jahren zu einem sprachpolitischen Thema geworden ist, mit der Konsequenz, dass die Rahmenbedingungen des Sprachunterrichts außerhalb der eigentlichen Lernorte festgesetzt werden. Die Auswirkungen lassen sich in den herangezogenen Curricula und Rahmendokumenten feststellen und die Autorin diskutiert im Beitrag, wie in Zukunft die Chancengleichheit in Bezug auf das Fremdsprachenlernen gewährleistet werden kann.
Eglė Kontutytė befasst sich mit der Frage, welche fachsprachlichen Kompetenzen vor dem Hintergrund stärkerer Berufsorientierung (Stichwort Bologna-Prozess) für GermanistInnen wünschenswert und erforderlich sind. Aufbauend auf einer Diskussion zentraler fachsprachlicher Begrifflichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Fachsprache Übersetzung wird ein Modell des Fachsprachenunterrichts in einem auslandsgermanistischen Deutschstudium erarbeitet und es wird die Rolle der Fachsprachenkompetenz hinsichtlich anderer Kompetenzen von GermanistInnen dargestellt, wobei auch die konkrete curriculare und unterrichtliche Umsetzung thematisiert wird.
Der Beitrag von Oddný Sverrisdóttir schließt die erste Sektion ab. Er zeichnet zunächst die vielfältigen deutsch-isländischen Beziehungen sowohl in ihren kulturellen und historischen Bezügen als auch mit Blick auf die aktuelle Situation des Lehrens und Lernens der deutschen Sprache nach. Diese Erkenntnisse werden mit den Resultaten einer aktuellen Umfrage zu Fremdsprachenbedarfen, -kenntnissen und -lernmotivationen unter den Studierenden der Universität Island in Verbindung gesetzt. Dabei wird deutlich, dass die Studierenden gerade auch der nichtlinguistischen Fakultäten nicht nur generelles Interesse an Fremdsprachen, sondern auch konkrete Vorstellungen von den zu erwerbenden Fertigkeiten und Fähigkeiten haben, eine Einsicht, die bereits zu entsprechenden Kursangeboten für Deutsch geführt hat.
In der Sektion zur Translationswissenschaft finden sich zwei Beiträge:
Der Beitrag von Britt-Marie Ek beschäftigt sich mit den Herausforderungen bei der Übersetzungsarbeit, wenn zum Inhalt, zur Textform und zu den Illustrationen des Originals Stellung genommen werden muss. Anhand eines Vergleichs zwischen dem Original und der Übersetzung von Helme Heines Sieben wilde Schweine. 11 Bilderbuchgeschichten von der Phantasie (1986) wird danach ←16 | 17→ gefragt, welche Strategien die Übersetzerin bei der Übertragung vom Deutschen ins Schwedische verwendet hat, um dem Originaltext in seiner Form, seinem Inhalt, aber auch der Bebilderung gerecht zu werden, und ob und wenn ja: weshalb bestimmten Parametern der Vorzug gegeben wurde.
Ulf Norberg beleuchtet ebenfalls schwedisch-deutsche Übersetzungspraxis. In seinem Beitrag stehen die Herausforderungen, die humoristische Elemente beim Übertragen in eine andere Sprache bereiten, im Vordergrund der Untersuchung. Anhand der Übersetzungen von Astrid Lindgrens Büchern über den Meisterdetektiv Blomquist werden Stilkontraste und Stilparodien in den Fokus gerückt und es wird untersucht, ob und wie es den Übersetzern gelingt, diese Stilelemente so wiederzugeben, dass sie eine ähnliche Wirkung beim Leser hinterlassen wie das Original, denn die Elemente müssen erkannt, stilistisch beurteilt und dann sprachlich übertragen werden.
Die Sektion zur Sprachwissenschaft umfasst acht Beiträge:
Anhand eines kleinen Korpus literarischer Texte untersucht Lars Behnke das Petuh, eine wenig bekannte (nieder-)deutsch-dänisch-südjütische Mischvarietät in Flensburg im Hinblick auf die ungewöhnliche Verwendung der Konjunktion und als Infinitivmarker in Konkurrenz zu zu. Die Analyse der Petuh-Daten einschließlich des Vergleichs entsprechender syntaktischer Umgebungen in den Kontaktsprachen fördert ein differenziertes, funktional-syntaktisches Spektrum der Vorkommensregularitäten zutage.
Die Mehrsprachigkeit im Sinne der Verwendung mehrerer Sprachen auf Corporate Websites finnischer Kleinstunternehmen wird im Beitrag von Margit Breckle unter die Lupe genommen. Die Frage ist, ob die Unternehmen ihre Websites lokalisieren, also eine lokale Sprachversion des Webauftrittes anbieten. Insgesamt werden 74 Corporate Websites untersucht und es stellt sich heraus, dass die meisten Websites in zwei oder mehr Sprachen vorhanden sind, oft Finnisch und Englisch, und dass die Inhalte und die thematische Gliederung weitgehend denen der Originalversion entsprechen.
Die Möglichkeiten und Begrenzungen des Deutschen bei der geschlechtergerechten Formulierung, dem „Gendern“, sind das Thema des Beitrages von Klaus Geyer. Das nur vermeintlich generische Maskulinum hat sich, wie viele Studien zeigen, als untauglich erwiesen, während etablierte Strategien zur Unterstützung der gedanklichen Einbeziehung von Frauen, wie Beidnennungen und Binnen-I, an ihre Grenzen stoßen, sobald die Vorstellung strikter Zweigeschlechtlichkeit verlassen und ein diverses Genderkonzept aufgerufen wird. Da das Genus der kongruierenden Wortarten (Artikel, Pronomina usw.) an dieser Stelle Probleme bereitet, steht am Ende ein Plädoyer für ein geschlechtsübergreifendes („generisches“) Femininum, das keine neuen Zeichen oder Flexionsendungen erfinden ←17 | 18→ muss, sondern die syntagmatische wie paradigmatisch ohnehin häufigsten Formen als geschlechtsübergreifende Option nutzt.
Im Rahmen der politolinguistischen Schlagwortforschung beschäftigt sich der Beitrag von Anke Heier innersprachlich vergleichend mit dem Gebrauch der Ausdrücke Nachhaltigkeit und nachhaltig in der politischen Textsorte Wahlprogramm. Gefragt wird, welchen Status die Ausdrücke für die verschiedenen Parteien im letzten Bundeswahlkampf 2017 hatten, welches Konzept bzw. welche Konzepte den Ausdrücken von den Parteien zugewiesen worden sind und ob bzw. wie mit ihnen Wahlkampf geführt worden ist. Als Beispieltexte dienen Bundeswahlprogramme der LINKEN und der GRÜNEN.
Hartmut Lenk untersucht in seinem medienlinguistischen Beitrag zur Pragmatik der Personennamen, wie in Presseberichten über international relevante Ereignisse auf Personen Bezug genommen wird. Er entwirft ein detailliertes, über den Beitrag hinausweisendes Kodierungssystem zur Erfassung der Verwendungsformen von individuellen Personennamen im Text und exemplifiziert es anhand der Formen in Berichten zum Tod Jassir Arafats aus fünf überregionalen konventionellen Abonnement- und fünf Straßenverkaufs-Tageszeitungen. Neben Variation entlang von Dimensionen wie Zeitungstyp und Textlänge zeigt sich als recht konstantes Muster, dass die Ersterwähnung von Personen in der untersuchten Textsorte mittels der Nennung des Namens einschließlich, je nach vermutetem Bekanntheitsgrad der Person, bestimmter Attribute (wie Amtsbezeichnung) geschieht.
Die Antwortpartikel nein in monologischer Verwendung ist Gegenstand des Beitrags von Bjarne Ørsnes. Gestützt auf ein umfangreiches Korpus wird eine Typologie der Vorkommenskontexte erstellt, aus der deutlich wird, dass nein als zentrales Element einer dialogischen grammatischen Konstruktion auftritt. Im Selbstdialog beziehungsweise im Dialog mit einer fiktiven Leserin / einem fiktiven Leser wird nein auch bei monologischer Verwendung als Antwort analysiert, ohne den Bezug auf einen anderen Redebeitrag wird nein, wie gezeigt wird, rhetorisch-stilistisch zur Informationskonturierung genutzt.
Irene Simonsen widmet sich dem Metapherngebrauch in schriftlicher Wissenschaftssprache im Vergleich Deutsch-Dänisch anhand eines Korpus‘ von Dissertationsabstracts. Der Fokus liegt dabei auf Metaphern der räumlich-haptischen (vgl. aufbauen auf) und der optisch-visuellen (vgl. beleuchten) Quelldomäne. Es zeigt sich, dass die dänischen Texte, was Tokens betrifft, insgesamt mehr metaphorische Lexeme enthalten als die deutschen, bei gleichzeitig größerer Variation metaphorischer Ausdrücke im Deutschen. Gleichzeitig zeigt sich, dass die deutschen Texte in ihrer Metaphorik eher räumlich haptische und die dänischen Texte optisch-visuelle Metaphern bevorzugen. Überlegungen zur Wissenschaftssprachdidaktik schließen den Beitrag ab.
←18 | 19→Mariann Skog-Södersved beschäftigt sich metalexikografisch mit der Frage nach der Berücksichtigung lexikologischer Forschung bei der Erarbeitung neuer phraseologischer Wörterbücher. Untersucht werden drei ein- und zweisprachige Wörterbücher zu deutschen, finnischen und schwedischen Phraseologismen in Bezug auf die Beschreibung und Differenzierung ihres Wörterbuchgegenstandes sowie die Offenlegung ihrer Quellen. Skog-Södersved konstatiert deutliche Unterschiede im Umgang mit der lexikologischen Forschung in den ausgewählten Werken und fordert dazu auf, an der Erarbeitung von Wörterbüchern regelmäßig einschlägige ForscherInnen zu beteiligen, um die Qualität zu erhöhen.
Die abschließende Sektion Historische Sprachwissenschaft besteht aus drei Beiträgen:
In der Historischen Pragmatik ist der Beitrag von Maria Bonner zu verorten. Sie untersucht anhand eines Korpus aus Briefen von fünf germanistischen und nordistischen Wissenschaftlern des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, welche Routineformeln für die Handlung des Dankens verwendet werden und wie diese Ausdrücke variieren. Dass die gefundenen Formeln im Großen und Ganzen auch heute noch geläufig sind, überrascht vielleicht nicht allzu sehr, allerdings finden sich Formulierungen (ergebensten Dank), die aus heutiger Perspektive wenig adäquat erscheinen. In jedem Falle zeichnen sich auch individualstilistische Vorlieben ab.
Daniel Solling will zur Schließung der Forschungslücke zur Binnenmajuskelschreibung im Deutschen im 16. und 17. Jahrhundert beitragen. Er widmet sich darum dem Auftreten der Binnenmajuskel in verschiedenen Substantivkompositatypen und fragt nach deren Verhältnis zueinander. Als Untersuchungsgrundlage dienen Predigttexte aus dem Zeitraum 1550 bis 1710. Fokussiert wird auf Komposita mit substantivischem Erstglied. Solling kann für den gesamten Untersuchungszeitraum eine Dominanz im Gebrauch der Binnenmajuskel bei sogenannten uneigentlichen Substantivkomposita im Vergleich zu eigentlichen nachweisen.
Der Beitrag von Dessislava Stoeva Holm versteht sich als erste Annäherung an eine Theorie der Musikgaben oder Textgeschenke, die anhand einer deutschsprachigen Gelegenheitskomposition von Christian Geist zum Geburtstag des Schwedenkönigs Karl XI. im Jahr 1680 entwickelt wird. Konstitutive Merkmale der Gattung Textgeschenk werden anhand der Interdependenz der verwendeten und künstlerisch gestalteten sprachlichen Strukturen und Muster und der zeremoniellen situativen Einbettung entwickelt und analysiert. Gratulation und Huldigung mittels Textgeschenken nach den jeweils zeitgebundenen Regeln des „guten Geschmacks“ sind dabei kein rein historisches Phänomen, sondern auch heute eine gängige kulturelle Praxis.
←19 | 20→Literatur
Dalmas, Martine. 2017. Deutsche Sprache und Germanistik in Frankreich – Gründe der Krise, Engpässe, Auswege. In: Goltschnigg, Dietmar (Hrsg.). Wege des Deutschen. Deutsche Sprache und Germanistik-Studium aus internationaler Sicht. Tübingen: Stauffenburg, 159–165.
Grucza, Franciszek. 2006. Zur Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Inlandsgermanistik und Auslandsgermanistik. In: Deutsch als Fremdsprache, 43 / 4, 195–207.
Sitta, Horst. 2004. Inlandsgermanistik – Auslandsgermanistik. Was für einen Sinn hat eine solche Unterscheidung? In: Deutsch als Fremdsprache, 41 / 4, 195–198.
Zint-Dyhr, Ingeborg / Colliander, Peter. 2006. Auslandsgermanistik – Inlandsgermanistik. Interferenz – Disjunktivität – Komplementarität. In: Deutsch als Fremdsprache, 43 / 1, 7–13.
Mette Skovgaard Andersen
NCFF – Das Dänische Nationale Zentrum für Fremdsprachen, Kopenhagen
Teacher Cognition und Motivation – Empirische Untersuchungen zu Lehrerauffassungen von Motivation
Details
- Seiten
- 416
- Erscheinungsjahr
- 2021
- ISBN (PDF)
- 9783631836484
- ISBN (ePUB)
- 9783631836491
- ISBN (MOBI)
- 9783631836507
- ISBN (Hardcover)
- 9783631798928
- DOI
- 10.3726/b17659
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2021 (Mai)
- Schlagworte
- Germanistik Auslandsgermanistik Internationale Germanistik Deutsch als Fremdsprache Pragmalinguistik Historiolinguistik Translationswissenschaft Sprachdidaktik
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 416 S., 27 s/w Abb., 35 Tab.
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