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Bild-Ton-Technologie als Intermediär im Strafverfahren

Ein Beitrag zur Anerkennung der Bild-Ton-Technologie als effizientes Übertragungsmodell traumatischer Erinnerungen in das Strafverfahren

von Nikolas Kopf (Autor:in)
©2020 Dissertation 298 Seiten

Zusammenfassung

Untersuchungsgegenstand des Buches ist die Frage, ob und inwieweit die Bild-Ton-Vorschriften der §§ 58a, 255a StPO de lege lata zugunsten (schwer) traumatisierter, erwachsener Opferzeugen reformbedürftig und verhältnismäßig reformfähig sind. Zahlreiche Fälle veranschaulichen die praktische Dimension dieser Fragestellung, wenn Zeugen, die Opfer von (vermeintlichen) Straftaten geworden sein sollen, sich von Beginn der Ermittlungen an konsequent als Zeugen bereithalten müssen. Nach Herleitung und Diskussion von Reformbegründungen und Abwägung mit den betroffenen Strafverfahrensregeln, wird abschließend eine abgeleitete Neufassung de lege ferenda zu den beiden Vorschriften vorgeschlagen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title Page
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Kapitel 1: Entstehungsgeschichte und bisherige Reformvorschläge der §§ 58a, 255a StPO im Überblick
  • A. Anfängliche opfer(zeugen)schutzbezogene Gesetzgebung und die §§ 58a, 255a StPO im Überblick
  • B. Jüngere opfer(zeugen)schutzbezogene Reformbestrebungen und Gesetzgebung im Überblick
  • I. Reformvorschläge der Expertenkommission 2014/2015 im Vorfeld des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens101
  • II. Zurückdrängung opferschutzsteigernder Reformbestrebungen unter besonderer Berücksichtigung des Gesetzgebungsverfahrens des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung vom 24. August 2017
  • Kapitel 2: Schutzgewähr der §§ 58a, 255a StPO de lege lata und STEO
  • A. Begriffsbedeutungen
  • I. Erläuterungen der Begriffsbedeutungen: „Opfer“, „Opferzeuge“ und „Opferschutz“
  • II. Viktimisierung
  • III. Mittelbare Anschlussviktimisierung durch Strafverfahren
  • B. § 58a StPO – Beweisgewinnung mittels Videotechnik
  • I. Begriffsbestimmung des Zeugen im Sinne des § 58a StPO
  • II. Die Aufzeichnungsmöglichkeit gemäß § 58a Abs. 1 S. 1 StPO
  • 1. Anwendungsbereichseröffnung
  • 2. Keine teleologische Reduktion des § 58a Abs. 1 S. 1 StPO
  • III. Das Aufzeichnungsgebot gemäß § 58a Abs. 1 S. 2 StPO
  • 1. § 58a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StPO
  • 2. § 58a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO
  • IV. Bestehende Nachteile zulasten erwachsener Opferzeugen im Hinblick auf die Anfertigung von Bild-Ton-Aufzeichnungen gemäß § 58a Abs. 1 StPO
  • V. Nichtbegründbarkeit einer Altersgrenze als bestimmendes Kriterium für die Schutzniveaubestimmungen in den §§ 58a, 255a StPO
  • VI. Zwischenergebnis
  • C. Bestehende Nachteile zulasten erwachsener Opferzeugen im Hinblick auf die Einführbarkeit von Bild-Ton-Aufzeichnungen in Hauptverhandlungen
  • I. Regelungsgehalt des § 255a StPO
  • II. Bild-Ton-Aufzeichnung statt Protokoll, § 255a Abs. 1 StPO
  • 1. Zeuge im Sinne des § 255a Abs. 1 StPO
  • 2. Die Verwendung der Bild-Ton-Aufzeichnung gemäß § 255a Abs. 1 i. V. m. § 251 StPO
  • a) Krankheit gemäß § 255a Abs. 1 i. V. m. 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO
  • b) Gebrechlichkeit gemäß § 255a Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO und ein anderes, nicht zu beseitigendes Hindernis gemäß § 255a Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 2 Nr. 1 StPO
  • 3. Zwischenergebnis
  • III. Zwischenergebnis
  • D. Ergebnis
  • Kapitel 3: Reformbedürftigkeit der §§ 58a, 255a StPO wegen zunehmender Erinnerungskontaminationsgefahr infolge Zeitablaufs
  • A. Einführung
  • B. Erinnerungsverblassung und -veränderung durch Zeitablauf
  • C. Mehrfachvernehmungen als Faktor für Erinnerungsinterferenzen
  • D. Videotechnologisch unterstützte zeitnahe Vernehmungen können das Ziel der (materiellen) Wahrheitsfindung in Fällen von Belastungsaussagen verbessern
  • I. Die Überzeugungs-Wahrheits-Beziehung bei Erstbekundungen von Wiedererkennungs- bzw. Identifizierungszeugen
  • II. Internationale empirische Forschungen zur Überzeugungsvertrauens-Wahrheits-Beziehung
  • 1. Ältere Forschungen
  • 2. Jüngere Forschungen
  • 3. Korrelation zwischen anfänglich großem Überzeugungsvertrauen und (materieller) Wahrheit in der Rechtswirklichkeit
  • III. Zur Formbarkeit des Gedächtnisses und erinnerungswahrenden Vernehmung
  • IV. Frühzeitige Aufzeichnung eines frühzeitig gezeigten Überzeugungsvertrauens
  • V. Zwischenergebnis
  • E. Ergebnis
  • F. Exkurs: Internationale Anerkennung der Videotechnologie im Strafverfahren
  • Kapitel 4: Reformbedürftigkeit der §§ 58a, 255a StPO aus psychotraumatologischen Gründen
  • A. Einleitung
  • B. Psychotraumata und Strafverfahren im Kontext theoretischer und empirischer Hintergründe
  • I. Allgemeines zu psychischen Opferbelastungen durch kriminelle Viktimisierungen
  • 1. Erläuterungen der Begriffsbedeutungen von „Psychotraumata“ und deren Typologie im Überblick
  • 2. Initialreaktionen
  • 3. Kurzfristige Reaktionen
  • 4. Langfristige Reaktionen
  • II. Besonderes zu psychischen Störungen
  • 1. Akute Belastungsstörungen
  • 2. Posttraumatische Belastungsstörung
  • a) Begriffsbedeutung und Symptome
  • b) Prävalenz
  • c) Mittelbare Anschlussviktimisierungen und Posttraumatische Belastungsstörung
  • III. Psychische Opferbelastungen im Besonderen: Infolge des Ermittlungsverfahrens
  • 1. Überblick über empirische Untersuchungen zu psychischen Opferbelastungen im Ermittlungsverfahren
  • a) Dölling und andere
  • b) Hartmann und andere
  • c) Barton/Flotho
  • d) Dieckerhoff
  • e) Vogel
  • f) Scheumer
  • g) Kilchling
  • h) Kaiser
  • i) Baurmann und Schädler
  • j) Fehrmann und andere
  • k) Weis und Baurmann
  • l) Banscherus
  • 2. Zwischenergebnis
  • IV. Im Besonderen: Psychische Belastungen durch das Hauptverfahren
  • 1. Psychische Opferbelastungen durch das strafrechtliche Hauptverfahren nach Orth
  • 2. Psychische Opferbelastungen durch das strafrechtliche Hauptverfahren nach älteren Studien
  • V. Kein positiver Einfluss des Strafverfahrens auf STEO a priori
  • VI. Zwischenergebnis
  • C. Ergebnis
  • Kapitel 5: Reformbedürftigkeit der §§ 58a, 255a StPO wegen psychotraumatherapiebedingten Erinnerungsveränderungen und Erinnerungsveränderungen psychotraumabezogener Erlebnisse infolge Zeitablaufs
  • A. Psychotraumabezogene Erinnerungen im Kontext von konfrontativer Psychotraumatherapie und Strafverfahren
  • I. Allgemeines zu psychotraumatischen Erinnerungen
  • II. Konfrontative Psychotraumatherapien als unabdingbare Notwendigkeit zur Heilung schwerer Psychotraumata
  • III. Zwischenergebnis
  • B. Psychotraumabezogene Erinnerungsveränderungen im Kontext von konfrontativer Psychotraumatherapie, dem Faktor „Zeit“ und Strafverfahren
  • I. Psychotraumatherapien als Faktor einer Erinnerungsinterferenz im Kontext von Strafverfahren und aussagepsychologischen Gutachten655
  • II. Zu potentiellen Erinnerungsveränderungen infolge konfrontativer Psychotraumatherapien
  • III. Zur Erinnerungsveränderung durch bloßen Zeitablauf im Kontext traumatischer (ggf. strafrechtlich relevanter) Erlebnisse
  • IV. Zwischenergebnis
  • C. Zur Unmöglichkeit nachhaltiger konfrontativer Psychotraumatherapien während eines laufenden Strafverfahrens
  • D. Befragung zweier Expertengruppen
  • E. Die Opferbewältigung möglicher psychischer Folgen aus Straftaten bei gleichzeitiger strafrechtlicher Aufarbeitung
  • F. Ergebnis
  • Kapitel 6: Verhältnismäßige Begrenzungen der Zeugnispflicht de lege ferenda zugunsten STEO im Strafverfahren
  • A. Kein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht de lege ferenda in Fällen von STEO
  • B. Regelmäßigere Anwendung der vernehmungsersetzenden Bild-Ton-Technologie bei Betroffenheit von STEO
  • I. Betroffenheit strafrechtlicher Verfahrensregeln
  • 1. Keine Betroffenheit der Unschuldsvermutung
  • 2. Keine Betroffenheit des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)
  • 3. Keine Betroffenheit des Fairnessgrundsatzes wegen des Tatbestandsmerkmals der „Mitwirkungsgelegenheit“
  • a) Die „Mitwirkungsgelegenheit“ und das Frage- und Konfrontationsrecht
  • b) Die „Mitwirkungsgelegenheit“ und das Akteneinsichtsrecht
  • c) Die „Mitwirkungsgelegenheit“ als Legitimation einer Benachrichtigungspflicht und eines Anspruchs auf Terminsverlegung?
  • d) Die „Mitwirkungsgelegenheit“ als Legitimation einer Pflichtverteidigung
  • e) Zwischenergebnis
  • 4. Keine Betroffenheit des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 244 Abs. 2 StPO)
  • a) Die überwiegenden Vorteile von Bild-Ton-Aufzeichnungen bei zeitnaher Opferzeugenvernehmung
  • b) Die ergänzende Opferzeugenbefragung als Modalität des § 244 Abs. 2 StPO
  • 5. Teilbetroffenheit des Unmittelbarkeitsgrundsatzes
  • a) Bild-Ton-Aufzeichnungen sind keine unmittelbaren Beweismittel
  • b) Die gesetzliche Vermutung des § 250 StPO
  • c) Widerlegung der Vermutung des § 250 StPO durch eine Vorschrift de lege ferenda als ausnahmsweise Einschränkung des materiellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes
  • d) Zwischenergebnis: Die Vorschrift de lege ferenda als Einschränkung des materiellen Unmittelbarkeitsgrundsatzes
  • 6. Keine Betroffenheit des Grundsatzes der Mündlichkeit
  • 7. Keine Betroffenheit des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung
  • 8. Zwischenergebnis
  • II. Betroffenheit von Opferzeugenschutzinteressen zugeordneter Grundrechtsnormen
  • 1. Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)
  • 2. Grundrechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG (i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)
  • a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)
  • b) Die umfassende Freiheitsgarantie (Art. 2 Abs. 1 GG)
  • 3. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG)
  • 4. Das Rechts- und Sozialstaatsprinzip
  • 5. Zwischenergebnis
  • III. Rechtfertigung von Bild-Ton-Vorschriften de lege ferenda zugunsten STEO
  • C. Ergebnis und Formulierungsinhalte
  • Kapitel 7: Zusammenfassendes Gesamtergebnis und Vorschläge
  • Anhang: Fragebogen über Erfahrungen mit traumatisierten Personen in justiziellen Verfahren
  • Literaturverzeichnis

←14 | 15→

Einleitung

Die Bedürfnisse von Opferzeugen1 in Strafverfahren hatten im Gegensatz zu den rechtlichen Interessen der beschuldigten Personen2 lange Zeit geringfügige Bedeutung.3 So hatten sich Opferzeugen in ihrer tradierten Eigenschaft als „bloße Beweismittel“ für die Zwecke der Ermittlung der (materiellen) Wahrheit4 ←15 | 16→zur Verfügung zu stellen.5 Trotz der Statusanerkennung als eigenes Verfahrenssubjekt besteht nach wie vor eine grundsätzliche „allgemeine staatsbürgerliche Pflicht“6, vor Gericht als Zeuge zu erscheinen, wahrheitsgemäß auszusagen und die Bekundung im Ausnahmefall zu beeiden.7 Da sich „im Opfer der soziale Schaden der Straftat konzentriert“,8 ist die Anerkennung des Opferschutzes wesentlich für den Zeugenschutz durch das Strafrecht, wie auch für das moderne Strafverfahren.9 Der Opferschutzgedanke prägt die Funktionen des Strafrechts tatbestandlicherseits durch personalen Rechtsgüterschutz10 und auf Rechtsfolgenseite durch soziale Befriedung.11 Das BVerfG leitet auch daher eine staatliche Schutzpflicht für (potenzielle) Opfer von Straftaten unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 ←16 | 17→i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ab.12 Eine solche erwächst ebenfalls aus einem Kehrseitengedanken des staatlichen Gewaltmonopols. Der Staat verbietet Selbstjustiz. Umgekehrt unterliegt er der Pflicht zur Schutzvorsorge der Bevölkerung, auch durch die Schaffung angemessener Vorschriften.13 Mittlerweile ist so „der Opferschutz“ als ein eigener Zweck des Strafverfahrens grundsätzlich anerkannt.14 Ob dabei, wie von Beulke/Ignor postuliert, tatsächlich von einer „bedeutenden Zunahme des Opferschutzes im Strafprozess“15 ausgegangen werden kann, mag insbesondere von Opferzeugen angesichts der erfahrenen Rechtswirklichkeit bezweifelt werden. Ob zugunsten erwachsener16 Opferzeugen eine praktische Annäherung an einen gleichberechtigteren Statuszweck stärkere gesetzliche Berücksichtigung finden kann oder muss, soll in der Arbeit in Bezug auf eine intermediäre Verwendung der Bild-Ton-Technologie im Strafverfahren kritisch untersucht werden.

Zentrales Ziel aller rechtsstaatlichen Strafverfahren ist es, die (materielle) Wahrheit festzustellen oder dieser möglichst nahe zu kommen.17 Dieses Streben muss sich stets durch das Recht einhegen lassen. Die Realisierung einer absoluten ←17 | 18→(materiellen) Wahrheit im Sinne einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung rüttelte an rechtsstaatlichen Grundsätzen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und nach Auffassung des BVerfG, wäre es gerade „kein Grundsatz der StPO, dass die Wahrheit um jeden Preis erforscht werden müsste“.18 Die juristische Annäherung an die (materielle) Wahrheit ist kein Selbstzweck und kann auch nicht als eine „historische Wahrheitssuche“19 verstanden werden. Sie ist Grundlage für ein späteres Urteil oder für eine vom Angeklagten erstrebte „Beseitigung der Folgen einer Verdachtssituation“20. Durch bestmögliche Ermittlung dieser Wahrheit auf der Grundlage einer prozessordnungsgemäß21 zustande gekommenen, rechtsbeständigen Entscheidung, soll der Strafprozess unter anderem Rechtsfrieden herstellen.22 Die größtmögliche Annäherung an dieses Ziel bedingt eine möglichst genaue Aufklärung des zugrundeliegenden Sachverhalts. Eine solche verlangt wiederum eine exakte Befragung von Auskunftspersonen sowie nicht selten – insbesondere in Fällen von Belastungsaussagen – die optimale Erinnerungsfähigkeit der relevanten Zeugen. Notwendig ←18 | 19→sind weiter die bestmögliche Dokumentation und Speicherung dieser gesammelten Informationen.

Um das zentrale Ziel des Strafverfahrens zu erreichen, versuchen Strafverfolgungsbehörden, Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zu gewinnen.23 Den Stellenwert von Informationen verdeutlichend, können diese plakativ als „Währung des Rechtssystems“ verstanden werden.24 Ziel eines Informationsgewinns (auch durch Befragungen) ist freilich wiederum, die bestmögliche Informationsqualität und -quantität zu erhalten. Es liegt auf der Hand, dass die Wahrscheinlichkeit der Aufklärung eines ggf. strafrechtlich relevanten Sachverhalts mit der Menge und Qualität der verfügbaren Informationen steigt.

So kann ein „Spannungsfeld25 erkannt werden, zwischen dem Schutzbedürfnis von Opferzeugen, der rechtsstaatlichen Wahrung von Verteidigungsrechten und der Pflicht der Strafverfolgungsbehörden zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung.26 In einem solchen „[müssten] gegenläufige Interessen ausbalanciert werden“27. Dieses Bild impliziert antagonistische Interessenskollisionen, in denen mindestens ein Interesse zugunsten anderer zurücktreten muss. Diesen Zielen sind die bestmögliche Informationssammlung und die optimale Informationsspeicherung gemein. Ohne verfügbare Informationen könnte keines jener Interessen wirkungsvoll verfolgt oder gar verwirklicht werden. Um jene idealen Zielverwirklichungen bestmöglich nahbar zu machen, könnte ein Verständnis einer gegenseitigen Ergänzung und Förderung von Opferschutzinteressen und (staatlichen) Strafaufklärungsinteressen – letztere oftmals zu dem verfassungsrechtlichen Topos „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“28 aufgewertet – zur jeweiligen Verbesserung der dann nur scheinbaren absoluten Interessenpole beitragen. Dann stünden sich die Ziele der (materiellen) Wahrheitsfindung und Opferschutzgesichtspunkte nicht stets antagonistisch29 gegenüber.30 Vielmehr ←19 | 20→könnten sie einander bedingen31 und tatsächlich als eine Harmonie der (scheinbaren) Gegensätze erscheinen.

Knapp 90 % aller Strafverfahren nehmen nur deshalb ihren Anfang, weil sie durch private Strafanzeigen bei den Strafverfolgungsbehörden zur Anzeige gebracht werden.32 Die Strafverfolgungsbehörden sind daher im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung in besonders hohem Maße auf eine gewinnbringende Zusammenarbeit mit Opfern und Zeugen angewiesen. Dies war nicht immer so: Jahrhundertelang33 wurde in kontinentaleuropäischen Rechtssystemen das (oftmals folterbedingte) Geständnis des Beschuldigten für das einzig maßgebliche Beweismittel gehalten – es war regina probationum.34 Eine solch simpel konzipierte „Strafaufklärung“ ist Geschichte. Als Zeugen sind Opfer von Straftaten in auf Ermittlungsverfahren ggf. folgenden Strafprozessen nicht selten das zentrale Beweismittel. Wiedererkennungs- und Identifizierungszeugen sind in „Aussage gegen Aussage-Konstellationen“35 fallentscheidende Beweismittel.

Die Qualität ihrer Bekundungen könnte direkt abhängig sein von dem Zeitpunkt des Erinnerungsabrufes36, ihrer psychischen Stabilität37 sowie des ←20 | 21→kontextbezogenen Erinnerungsvermögens38 und der Behandlung, die diese Zeugen durch Vertreter der Strafverfolgungsbehörden erfahren haben. Ohne die Beteiligung dieser Personen als künftige Zeugen in einem Strafverfahren39 wäre eine effektive strafrechtliche Verfolgung in weiten Bereichen des Rechtssystems undenkbar. Als Grund für eine Nichtanzeige wird nicht selten die Befürchtung geäußert, in einem bevorstehenden Verfahren unverhältnismäßig stark belastet zu werden.40 Es darf davon ausgegangen werden, dass sich frühere Erfahrungen bzw. Erlebnisse von (Opfer-)Zeugen im Zusammenhang mit Strafverfahren auf ihre künftige Mitwirkungsbereitschaft41 und Aussagenqualität42 auswirken können. Auch dies verdeutlicht ein gewisses konnexes Verhältnis zwischen den Zwecken des Opferschutzes und denen der (materiellen) Wahrheitsfindung.

Optimierungen in jenen Bereichen könnten bestenfalls sowohl zu einer Verbesserung opferschutzbezogener Belange führen als auch mit Effizienzgewinnen für das Ziel der (materiellen) Wahrheitsfindung im Strafverfahren verbunden sein. In diesem Sinne ist die (materielle) Wahrheitsfindung unabdingbar mit der Erinnerungsbereitschaft und der Erinnerungsfähigkeit von Zeugen verknüpft. Sind Strafverfolgungsbehörden und Gerichte als Hüter des Rechtsstaates an bestmöglichen Zeugenbekundungen interessiert, dann müssen sie auch die psychischen Bedürfnisse von Zeugen und Opfern im Kontext ihrer Belastungen ernst nehmen. Hieran anschließend stellt sich also die Frage, inwieweit jene Interessen ←21 | 22→etwa mittels technologischer Fortschritte gleichsam besser berücksichtigt werden können, ohne dass eines unverhältnismäßig zurückstehen müsste. Folgender Auszug aus der Tagespresse veranschaulicht verheerende mögliche Folgen zulasten Opferzeugen durch (mehrfache) Aussagen im Strafverfahren und Strafprozess:

„Im Gegenzug sprach vieles gegen ihn. ‚Trotz der erdrückenden Beweislage’ habe der Angeklagte ‚es verstanden, jeden Versuch der Kammer, eine goldene Brücke zu bauen, zu ignorieren’, sagt[e]; Richter Eumann. Man habe ‚sehr lange versucht, die goldene Brücke aufrechtzuerhalten’ und die Geschädigte vor einer umfassenden Aussage vor Gericht zu schützen. Doch X. stritt die Tat ab, stellte die Überführung per DNA-Analyse infrage und bezeichnete das Opfer am ersten Verhandlungstag als ‚Prostituierte’. Die beiden Opfer mussten umfassend aussagen, immerhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um ihre Intimsphäre zu wahren. Die Folgen des Verbrechens seien ‚verheerend’, [so] Richter Eumann [weiter]. Sie könnten immer noch nicht ihr Studium fortsetzen und seien in therapeutischer Behandlung. ‚Die ersten Tage waren die Hölle’, erklärt[e] der Richter. Die beiden hätten unter Panikattacken, Angstzuständen gelitten. Der gesamte Lebensplan, die gesamte Entwicklung ist in einen Abbruch geraten. Man könne ‚nicht sagen, dass die Tat aufgearbeitet’ ist. Die Opfer litten immer noch unter ‚starken Beeinträchtigungen’. Man habe hier ‚verheerende Tatfolgen, die sich bis heute sowohl in privaten als auch in beruflicher Hinsicht auswirken’, sagt[e] der Richter. Eine erste Stabilisierung sei zwischenzeitlich eingetreten, doch der Prozess hat die schlimmen Erinnerungen wieder hervorgerufen.“43

Sowohl aus einer ethischen, als auch rechtsdogmatischen Betrachtungsweise heraus, mutet es unerträglich an, wenn durch Straftaten psychisch geschädigte Opfer einer realistischen Folgegefahr ausgesetzt sind, im Rahmen der Strafverfolgung und durch den Strafprozess – infolge der gegenwärtigen praktischen Umsetzung bestehender Gesetze – noch einmal zusätzlich geschädigt zu werden.44 Der moderne Rechtsstaat beansprucht das Gewaltmonopol in der Gesellschaft für sich und soll gewissermaßen im Sinne eines gesamtgesellschaftsvertraglichen do ut des-Gedankens den Schutz der Bevölkerung garantieren.45 Nach moderner Rechtsauffassung bedeutet dies dann aber, dass in jenen Fällen, in denen Personen dennoch Opfer einer Straftat wurden – der Staat also die Schutzgewähr im Einzelfall verpasste – dieser dann zumindest dazu verpflichtet sein müsste, zusätzliche Opferschäden, die im Rahmen der ←22 | 23→staatlichen Strafverfolgung geschehen können, geringstmöglich zu halten sowie Opferzeugen bei ihrer Heilung bestmöglich zu unterstützen, mindestens aber nicht unverhältnismäßig zu stören. Neben diesen allgemeinen rechtsprinzipiellen Erwägungen, könnten grundrechtliche Mindeststandards für eine stärkere Berücksichtigung opferschutzbezogener Belange erwachsener Opferzeugen in den §§ 58a, 255a StPO sprechen: Ebenso wie beschuldigte Personen sind auch Opferzeugen Träger von Grundrechten als Abwehrrechte und staatliche Schutzrechte.46 Außerdem könnten sich Opferschutzrechte aus dem Rechts- und dem Sozialstaatsprinzip herleiten lassen.47 Für Opferzeugen im Strafverfahren könnten sich hieraus Ansprüche gegenüber dem Staat auf (Rechts-)Sicherheit durch effektive Schutzmechanismen ergeben – auch darauf bezogen, durch Strafverfahren nicht noch weiter unverhältnismäßig geschädigt bzw. in ihrem Heilungsprozess behindert zu werden.48

Neben anderen postuliert demgegenüber Hassemer, das Strafrecht sei täterorientiert und bestehe auf einer Neutralisation des Opfers, ohne die das Strafrecht seine Aufgaben, den Schutz von Rechtsgütern durch Garantie der Normgeltung49, nicht erfüllen könne.50 Es sei „daher unwahrscheinlich, dass die verletzte Person je ihre randständige Position je aufgeben und neben dem Täter zu einem echten Prozessbeteiligten werden könne“51. Schon hier sei vorangestellt, dass die durch das moderne Strafverfahrensrecht eingeräumte Position des Opferzeugen schon nicht (mehr) grundsätzlich als „neutral“ verstanden werden kann. Die kontrovers behandelten Fragen rund um Inhalt und Umfang konkreter ←23 | 24→Einzel- und Abwehrrechte von Zeugen ändert freilich nichts an der Tatsache, dass die StPO den Zeugen dem Grunde nach im Rahmen der „bipolaren Auseinandersetzung zwischen öffentlicher Gewalt und Beschuldigten“52 zunächst als Mittel zum Zweck der Beweisführung, als Beweismittel, ansieht53 und ansehen muss. Dabei gilt der Zeugenbeweis als unzuverlässig.54 Er gilt als das problematischste,55 zugleich aber auch als das gebräuchlichste,56 als zentrales,57 gar als unverzichtbares58 Beweismittel – schon aus dem profanen Grunde, dass oftmals keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen.59 Dies gilt ganz ungeachtet der in der strafprozessrechtlichen Literatur bereits seit Einführung des Opferschutzgesetzes vom 18. Dezember 1986 verstärkt geführten Diskussion um die geltende bzw. wünschenswerte strafverfahrensrechtliche Position von (Opfer-)Zeugen in Strafverfahren.60 Gleichzeitig ist einem modernen Grundrechtsverständnis immanent, dass das hinter dem Zeugen stehende Individuum beachtet werden muss und demzufolge der Zeuge nicht (mehr) zum bloßen Objekt des Verfahrens gemacht werden darf.61

So können mehrdimensionale Zusammenhänge im Hinblick auf diesbezügliche Verbesserungsvorschläge und Effizienzgewinne eröffnet sein: Sowohl in ←24 | 25→Bezug auf eine (opfer-)zeugenspezifische Dimension i.e.S., als auch im Kontext einer Dimension i.w.S., verstanden als Effizienzsteigerungen zugunsten Opferschutzbelangen und den Zwecken der (materiellen) Wahrheitsfindung in Strafverfahren, könnte die Bild-Ton-Technik in den Vorschriften der §§ 58a, 255a StPO de lege ferenda als Intermediär62 im Strafverfahren fungieren.63 Diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, Probleme rund um den etwaig zu geringen gesetzlichen Schutz durch die §§ 58a, 255a StPO de lege lata für schwer traumatisierten erwachsenen Opferzeugen (im Folgenden: STEO) aufzuzeigen. Im Falle eines Reformbedürfnisses und einer reformfähigen, verhältnismäßigen Vereinbarkeit mit strafrechtlichen Verfahrensregeln64 sollen entsprechende Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes dieser Opferzeugen im Strafverfahren unterbreitet werden.

Der Gang der Darstellung orientiert sich zunächst an der bestehenden Gesetzeslage und an deren Entstehungsgeschichte, um dann einen faktischen Leerlauf der §§ 58a, 255a StPO zulasten der hier zentral stehenden Gruppe der STEO aufzuzeigen. Hieran schließt sich dann die Begründung der Reformbedürftigkeit und der Reformfähigkeit dieser Normen an, um abschließend einen Entwurf der §§ 58a, 255a StPO als Ergebnis vorzuschlagen.

Zunächst soll die Historie der §§ 58a, 255a StPO und deren aktuelle Fassung in den Blick genommen werden. Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte bietet sich eine Grobunterteilung einer älteren und einer jüngeren Entwicklungs- und Reformhistorie an. Insbesondere die Diskussionen während und nach den durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung vom 24. August 2017 nicht gesetzgewordenen Reformvorschlägen der strafrechtlichen Expertenkommission der Jahre 2014 und 2015 geben hierbei eine Übersicht über den aktuellen Stand von Reformbestrebungen. Nach den historischen Darstellungen sollen die aktuellen §§ 58a, 255a StPO dezidiert in den Blick genommen werden. Hierbei werden zunächst – nicht kritiklos – die maßgeblichen Begriffsbedeutungen der Tatbestände herausgearbeitet und dann ←25 | 26→die Regelungen dieser Normen und ihr Wechselspiel zueinander im Einzelnen untersucht. Stets wird Bezug genommen auf die hier zentral stehende Gruppe der STEO. Nachdem ein praktischer Leerlauf der Normen zulasten dieser Opferzeugengruppe hinterfragt wird, schließt sich in den nächsten Abschnitten die Veranschaulichung verschiedener Gründe für eine Reformbedürftigkeit und die Untersuchung nach der Reformfähigkeit der §§ 58a, 255a StPO an.

Die Begründungsstruktur einer Reformbedürftigkeit der §§ 58a, 255a StPO erfolgt dreiteilig. Orientiert an den drei Begründungssträngen werden in jenen einzelnen Kapiteln die grundlegenden Begrifflichkeiten beschrieben, auf die dann die normbezogenen Themenausführungen folgen. Die Vorschriften können als reformbedürftig identifiziert werden, erstens, weil die menschliche Erinnerungsfähigkeit infolge Zeitablaufs einer zunehmenden Gefahr von Beeinträchtigungen unterliegt. Zweitens können die §§ 58a, 255a StPO aus psychotraumatologischen Gründen reformbedürftig sein. Schließlich drängt sich auch eine Reformbedürftigkeit aus einer Kumulation dieser Gründe auf: Die §§ 58a, 255a StPO können auch wegen psychotraumatherapiebedingter Erinnerungsveränderungen und Erinnerungsveränderungen psychotraumatabezogener Erlebnisse infolge Zeitablaufs als reformbedürftig erkannt werden.

In einem letzten Teil wird auf die verhältnismäßige Reformfähigkeit der §§ 58a, 255a StPO eingegangen. Im Kern geht es hier um Fragen von Optimierungen der Zeugnispflichten durch die Bild-Ton-Technologie, jedenfalls zugunsten der hier im Mittelpunkt stehenden Gruppe der erwachsenen Opferzeugen. Nachdem die durch einen gesetzlichen Neuvorschlag der §§ 58a, 255a StPO möglicherweise betroffenen strafverfahrensrechtlichen Verfahrensregeln dargestellt werden, sollen die Opferinteressen und Opfer schützende Grundrechtsnormen gegenübergestellt werden. Hierauf folgt eine Rechtfertigung von Bild-Ton-Vorschriften de lege ferenda als Vernehmungsersatz zugunsten STEO, die mit einem Neufassungsentwurf der §§ 58a, 255a StPO schließt.


1 Die Bedeutung des Begriffs des Opferzeugen (vgl. hierzu vertiefend Kap.2.A.I.) soll synonym für die der verletzten oder schutzbedürftigen Person gelten, ohne dass damit eine inhaltliche Wertung verbunden ist. In der erforderlichen Kürze benennt dieser Begriff die hier betreffenden Personen, auch wenn der Begriff „Opfer“ emotional aufgeladen sein mag und nicht selten für entsprechende Lobbyarbeit genutzt wird (vgl. hierzu Rieß Jura 1987, 281, „politische Vermarktung“; Jung ZStW 93 (1981), 1147, 1156.). Der Begriff des „Verletzten“ in der StPO bleibt hinter den hier diskutierten besonderen Problematiken des Opferzeugenschutzes im Kontext der (materiellen) Wahrheitsfindung zurück und soll daher ebenso wenig gebraucht werden wie der der „Verletzten Person“. Unabhängig davon kennzeichnete der Gesetzgeber selbst mit den Begriffen „Opfer“ bzw. Opferzeuge(n)“ zahlreiche formelle Gesetze, so etwa das sog. „Opferschutzgesetz“ oder die sog. „Opferzeugenreformgesetze“, vgl. hierzu noch Kap.2.A. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet. Die Bezeichnungen schließen Frauen jeweils mit ein.

2 Vgl. hierzu etwa Pfeiffer, in: KK-StPO (2003) Einleitung Rn. 22b, der die Strafprozessordnung auch als „Magna Charta der beschuldigten Person“ bezeichnet; vgl. auch Hassemer/Reemtsma (2002), S. 55; vgl. auch Fischer verweist in: KK-StPO (2013) Einleitung Rn. 86 auf die von Liszt geprägte Bezeichnung der StPO als „Magna Charta des Verbrechers“, welche heute auf Skepsis stoße.

3 Vgl. Weigend (1989), S. 13, der den „Verletzten“ nicht mehr als „forgotten man“ begreift, „als den man ihn noch vor wenigen Jahren mit Recht bezeichnen konnte“ (die Begriffskreation „forgotten man“ dürfte zurückgehen auf McDonald (1976), S. 19, „Victim as Forgotten Man“) [Hervorhebungen durch den Verfasser]; zu historischen Aspekten der Verletztenbeteiligung vgl. ders., S. 24 ff.; vgl. auch Güler (2005), S. 166 ff., 169, der im Rahmen der Schaffung der RStPO Kontroversen rund um das Verhältnis von Opferzeugen und Strafverfahren diskutiert, wobei teilweise „das kriminelle Unrecht der Straftat in den Vordergrund [rückte] und das einzelne Opfer nur das Objekt der Manifestation der Verletzung der öffentlichen Rechtsgemeinschaft darstellte“; vgl. ferner Ostendorf (2015) § 3, Rn. 26 „Opfer (…) lange vergessen“.

4 Siehe hierzu sogleich; zur Ermittlung der materiellen Wahrheit als zentraler Zweck des Strafverfahrens vgl. vertiefend bei Weigend (1989), S. 177 ff.; vgl. ferner bei Kühne (2015) § 1, Rn. 1 ff., siehe insbesondere dessen Kritik an Luhmanns Begriffsverständnis, dem Strafverfahren die Wirkung zuzuerkennen, die Realität (neu) zu konstruieren (vgl. Luhmann [1978], S. 40 ff.). Dies sei nicht Ziel, sondern Schwäche des Strafverfahrens (a.a.O. Rn. 1); vgl. auch Beulke (2016) § 1, Rn. 3; Kindhäuser (2016) § 1, Rn. 8, 9; Rüping/Dornseifer (JZ) 1977, 417; Rieß (JR) 2006, 269, 273; vgl. ferner BVerfG v. 19.3.2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 = NJW 2013, 1058, 1060 ff. (Rn. 55 ff.) m.w.N.; vgl. auch BGH v. 4.4.1951 – 1 StR 54/51 = BGHSt 1, 94 (96) = BeckRS 1951, 31399770, „[d];ie Handhabung aller Verfahrensvorschriften steht unter dem beherrschenden Grundsatz des § 244 Abs. 2 StPO, der das Gericht verpflichtet, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind“; vgl. auch BGH v. 19.11.1956 – 2 StR 493/56 = BGHSt 10, 116, 118 = NJW 1957, 598 f.; Eisenberg (2017), Rn. 1; Becker, in: LR § 244 Rn. 39 m.w.N.; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt (2018) § 244 Rn. 11; Sättele, in: SSW § 244 Rn. 24; Trüg/Habetha, in: MüKoStPO (2016) Band 2 § 244 Rn. 47.

5 Vgl. etwa BGH NJW 1960, 2156, 2157 „(…) dürfe die [Zeugin] wegen ihrer Aussageverweigerung nicht in anderer Weise zur Ermittlung der Wahrheit benutzen“.

6 RGSt 18, 350; BVerfG v. 8. 10. 1974 - 2 BvR 747/73 u.a. = BVerfGE 38, 105, 118 = NJW 1975, 103, 105.

7 So die h.M., vgl. Roxin/Schünemann (2017) § 26, Rn. 39; Kramer (2014), S. 117 ff.;

8 Kubink (ZRP) 2017, S. 237.

9 Vgl. zur Entwicklung der Opferschutzrechte vertiefend bei Schroth (2011), S. 1 ff.

10 Weigend, in: Festschrift für Otto Triffterer (1996), S. 695 ff., 699 f. m.w.N. und Beispielen, zeigt, dass die bestmögliche Annäherung an dieses Ziel im steten Fluss begriffen liegt und schlägt zur weiteren Zielannäherung an einen bestmöglich-personellen Rechtsgüterschutz, ohne Beweisschwierigkeiten u.a. vor, „die Definition des relevanten Rechtsguts zu verändern. An die Stelle des herkömmlichen, individuellen Rechtsguts wie Gesundheit oder Vermögen [trete] ein luftiges, universelles, schwer greifbares, aber um so leichter angreifbares Rechtsgut, zu dessen Schutz sich neue Tatbestände mit geringen Anforderungen an die manifeste Gefährlichkeit des Täterverhaltens leicht konstruieren [ließen]“; vgl. auch Kubink (ZRP) 2017, S. 237.

11 Kubink (ZRP) 2017, S. 237.

12 BVerfG v. 5. 2. 2004 - 2 BvR 2029/01 = BVerfGE 109, 133 ff. = NJW 2004, 739, 741 ff.; siehe hierzu vertiefend noch Kap.6.II.

13 Fischer, in: KK StPO (2013) Einleitung Rn. 1; Rieß (JR) 2006, 270, 271; Roxin/Schünemann (2017) Einleitung § 1, Rn. 2.

14 Wollmann (2008), S. 17 ff., 33 ff. m.w.N.

15 So am Anfang des Vorwortes der Herausgeber Beulke/Ignor zu Schroth (2011), S. VII.

16 Siehe zu den Unterschieden in den §§ 58a, 255a StPO im Hinblick auf die Altersgrenze von 18 Jahren noch Kap.2.

17 Sofern moderne Kulturstaaten notwendig auch Rechtsstaaten sind, scheint vertretbar, „allen neuzeitlichen strafprozessualen Verfahrensordnungen aller Kulturstaaten“ auch das Ziel zuzusprechen, „mittels des Strafverfahrens eine möglichst wahre, also mit der Wirklichkeit möglichst übereinstimmende Sachverhaltsfeststellung für eine Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten“, so Nack/Park/Brauneisen NStZ (2011), 311; zur Ermittlung der materiellen Wahrheit als zentraler Zweck des Strafverfahrens vgl. vertiefend bei Weigend (1989), S. 177 ff.; Belker, in: Verhandlungen (2004), O 57; Rüping/Dornseifer (JZ) 1977, 417; Rieß (JR) 2006, 269, 273; vgl. ferner BVerfG v. 19.3.2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 = NJW 2013, 1058, 1060 ff. (Rn. 55 ff.) m.w.N.; vgl. auch BGH v. 4.4.1951 – 1 StR 54/51 = BGHSt 1, 94 (96) = BeckRS 1951, 31399770, „[d];ie Handhabung aller Verfahrensvorschriften steht unter dem beherrschenden Grundsatz des § 244 Abs. 2 StPO, der das Gericht verpflichtet, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind“; vgl. auch BGH v. 19.11.1956 – 2 StR 493/56 = BGHSt 10, 116, 118 = NJW 1957, 598 f.; Eisenberg (2017), Rn. 1; Becker, in: LR § 244 Rn. 39 m.w.N.; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt (2018) § 244 Rn. 11; Sättele, in: SSW § 244 Rn. 24; Trüg/Habetha, in: MüKoStPO (2016) Band 2 § 244 Rn. 47.

18 Vgl. nur BGH v. 14.6.1960 – 1 StR 683/59 = BGHSt 14, 358, 365 = NJW 1960, 1580, 1582; weiterentwickelt in BGH v. 9.4.1986 - 3 StR 551/85 = BGHSt 34, 39 = NJW 1986, 2261 ff.; vgl. zuletzt etwa BVerfG v. 20. 5. 2011 − 2 BvR 2072/10 = NJW 2011, 2783, 2784; BVerfG v. 2. 7. 2009 - 2 BvR 2225/08 = NJW 2009, 3225.

Details

Seiten
298
Jahr
2020
ISBN (PDF)
9783631811870
ISBN (ePUB)
9783631811887
ISBN (MOBI)
9783631811894
ISBN (Paperback)
9783631805404
DOI
10.3726/b16539
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Dezember)
Schlagworte
Bild-Ton-Aufzeichnung §§ 58a, 255a StPO Vernehmungssurrogat Opferschutz Trauma Erinnerungsveränderungen
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 298 S.

Biographische Angaben

Nikolas Kopf (Autor:in)

Nikolas Kopf studierte Rechtswissenschaften in Schleswig-Holstein und Hamburg. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg im Rahmen des Forschungsvorhabens „Recht und Ethik der Erinnerungen" im Projekt „A duty to remember, a right to forget? Behavioral modulations of emotional memory traces". Nikolas Kopf ist Richter in Schleswig-Holstein.

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Titel: Bild-Ton-Technologie als Intermediär im Strafverfahren
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