Lade Inhalt...

Streitlösungsmodell für die Bauprojektabwicklung

Konfliktmanagement mithilfe bedarfsoptimierter Adjudikation

von Jenny Patzig (Autor:in)
©2017 Dissertation XXII, 200 Seiten

Zusammenfassung

Defizite bei der Beilegung von Baustreitigkeiten fordern Auftragnehmer und Auftraggeber auf, über alternative Verfahren der Konfliktbewältigung nachzudenken. Mit Adjudikationsverfahren lösen die Parteien Streitigkeiten außergerichtlich und zeitnah. Durch sachbezogenes Verhandeln und ein partnerschaftliches Miteinander wird zudem eine nachhaltige und kooperative Streitkultur etabliert. Die Autorin stellt die genannten Methoden vor und zeigt deren Anwendung auf. Sie gibt praxisnahe Handlungsempfehlungen für die Erstellung einer bedarfsoptimierten Adjudikationsordnung und die Entwicklung eines Konfliktmanagementsystems. Die an der Vergabe und Abwicklung von Bauprojekten Beteiligten erhalten ein Modell für eine einvernehmliche Lösung von Streitigkeiten mithilfe verschiedener Methoden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Kurzfassung
  • Abstract
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • I. Problemstellung Streitigkeiten im Bauwesen
  • II. Zielgruppen und Vorbemerkungen
  • B. Streitigkeiten: Entstehung und Lösungsmöglichkeiten
  • I. Konfliktpotential des Bauvertrags
  • 1. Wesen des Bauvertrags
  • 2. Vergabe- und Baurecht der VOB
  • 3. Hauptursachen für Baustreitigkeiten
  • a. Unklare Leistungsbeschreibungen
  • b. Behinderungen und Ablaufstörungen
  • c. Leistungsänderungen
  • 4. Streitgegenstände
  • a. Bauzeit
  • b. Vergütung
  • c. Qualitäten
  • d. Multikausale Auswirkung der Streitigkeiten
  • II. Aktuelle Defizite bei staatlichen Bauprozessen
  • 1. Verfahrensdauer
  • 2. Kosten der Bauprozesse
  • 3. Fachkunde für Baustreitigkeiten
  • III. Zweckmäßigkeit der Adjudikation
  • 1. Adjudikation ist keine Rechtsdienstleistung
  • 2. Potential für Adjudikationsverfahren
  • 3. Adjudikation als Streitbeilegungsmethode
  • a. Grundzüge des Verfahrens
  • b. Einzeladjudikator oder Gremium
  • c. Projektbegleitend oder ad-hoc
  • d. Kosten der Verfahren
  • IV. Weitere außergerichtliche Alternativen zur Streitbeilegung
  • 1. Schiedsgerichtsverfahren
  • 2. Schiedsgutachtenverfahren
  • 3. Schlichtung
  • 4. Mediation
  • 5. Entwicklung weiterer Verfahrensformen
  • 6. Lösung durch sachbezogenes Verhandeln
  • C. Anwendung außergerichtlicher Streitbeilegung
  • I. Internationale Etablierung der Adjudikation
  • 1. Adjudikation in Standardverträgen
  • 2. Dispute Boards in den Vereinigten Staaten von Amerika
  • 3. Gesetzliche Adjudikation im Vereinigten Königreich
  • 4. FIDIC-Vertragsmuster
  • II. Europäische Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung
  • III. Auswirkungen der internationalen Entwicklungen auf Deutschland
  • 1. Kooperation und Partnerschaften
  • 2. Streitbeilegung gemäß § 18 VOB/B
  • 3. Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung
  • 4. Mediationsgesetz
  • 5. Partnerschaftliche Zusammenarbeit gemäß Reformbericht
  • 6. Empfehlungen des Deutschen Baugerichtstags e.V.
  • 7. Entwicklung eines Bauvertragsrechts
  • D. Vergleich existierender Verfahrensordnungen für Adjudikation
  • I. AO-Bau: Adjudikations-Ordnung für Baustreitigkeiten
  • 1. Allgemeine Grundsätze
  • 2. Verfahrenseinleitung
  • 3. Einzeladjudikator
  • 4. Ablauf des Verfahrens
  • 5. Beendigung des Verfahrens und Rechtsfolgen
  • 6. Wesentliche Merkmale AO-Bau
  • II. DIS-AVO und DIS-SchGO: DIS-Verfahrensordnungen für Adjudikation
  • 1. Allgemeine Grundsätze
  • 2. Verfahrenseinleitung
  • 3. Adjudikator oder Adjudikationsgremium
  • 4. Ablauf des Verfahrens
  • 5. Beendigung des Verfahrens und Rechtsfolgen
  • 6. Wesentliche Merkmale DIS-AVO/-SchGO
  • III. SL Bau: Streitlösungsordnung für das Bauwesen
  • 1. Allgemeine Grundsätze
  • 2. Verfahrenseinleitung
  • 3. Adjudikator oder Adjudikationsgremium
  • 4. Ablauf des Verfahrens
  • 5. Beendigung des Verfahrens und Rechtsfolgen
  • 6. Wesentliche Merkmale SL Bau
  • IV. ICC DB: standard dispute board clauses
  • 1. Allgemeine Grundsätze
  • 2. Verfahrenseinleitung
  • 3. Adjudikator oder Adjudikationsgremium
  • 4. Ablauf des Verfahrens
  • 5. Beendigung des Verfahrens und Rechtsfolgen
  • 6. Wesentliche Merkmale ICC DB
  • V. Bestrebungen der DGA-Bau
  • VI. Zusammenfassung der vergleichenden Untersuchung
  • 1. Rechtliche Einordnung des Adjudikationsverfahrens
  • 2. Bewertung der einzelnen Untersuchungspunkte
  • a. Allgemeine Grundsätze
  • b. Verfahrenseinleitung
  • c. Adjudikator oder Adjudikationsgremium
  • d. Ablauf des Verfahrens
  • e. Beendigung des Verfahrens und Rechtsfolgen
  • 3. Ergebnis des Vergleichs
  • E. Eignung der Adjudikation für Baustreitigkeiten
  • I. Nachteile und Kritik
  • 1. Nur vorläufige Bindungswirkung
  • 2. Mehrparteienvereinbarung
  • 3. Qualität der summarischen Prüfung
  • 4. Vertraulichkeit erzeugt Paralleljustiz
  • 5. Ungeeignet für komplexe Themen
  • II. Vorteile und Mehrwert
  • 1. Schnell und zeitnah
  • 2. Lösung für faktische Baustreitigkeiten
  • 3. Fokussierung baubetrieblicher Themen
  • 4. Förderung der Kooperation
  • 5. Auswahl eines fachkundigen Dritten
  • III. Abwägung der Vor- und Nachteile
  • F. Entwicklung einer bedarfsoptimierten Adjudikationsordnung
  • I. Wahl des Adjudikationsverfahrens
  • 1. Einsatzzeitpunkt und -dauer
  • 2. Auswahl der Verfahrensordnung
  • II. Individuelle Anpassung der Verfahrensordnung
  • 1. Auswahl des Adjudikators
  • 2. Rechte und Pflichten des Adjudikators
  • 3. Wirksamkeit und Verbindlichkeit der Entscheidung
  • 4. Prüfungskriterien und Nachweisführung
  • 5. Dauer und Fristen
  • 6. Einbeziehung Dritter
  • 7. Kommunikationsregeln
  • III. Übersicht zur Auswahl und Anpassung des Verfahrens
  • G. Aufbau eines Konfliktmanagementsystems
  • I. Entwicklung eines Streitlösungsmodells
  • 1. Überblick und Verfahrensauswahl
  • 2. Eskalationssystem zur Streitbeilegung
  • 3. Anrufung eines ordentlichen Gerichts
  • II. Präventive Vertragsgestaltung
  • 1. Klare Leistungsbeschreibung
  • 2. Behinderungen und Ablaufstörungen
  • 3. Leistungsänderungen
  • III. Baukooperation und Risikoverteilung
  • 1. Partnerschaftliche Vertragsmodelle
  • 2. Chancen- und Risikomanagement
  • H. Checklisten zur Anwendung der Handlungsempfehlungen
  • I. Eignung der Adjudikation für Baustreitigkeiten
  • II. Entwicklung einer bedarfsoptimierten Adjudikationsordnung
  • III. Aufbau eines Konfliktmanagementsystems
  • 1. Entwicklung eines Streitlösungsmodells
  • 2. Präventive Vertragsgestaltung
  • 3. Baukooperation und Risikoverteilung
  • I. Zusammenfassung und Ausblick
  • I. Ergebnisse der Untersuchung
  • II. Aussichten für Adjudikation in Deutschland
  • III. Persönliche Stellungnahme
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

| xvii →

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Der störungsmodifizierte Bauablauf

Abb. 2: Verfahrensdauer vor den ordentlichen Gerichten

Abb. 3: Art der Erledigung gerichtlicher Verfahren

Abb. 4: Kostenvergleich verschiedener Streitbeilegungsverfahren

Abb. 5: Zufriedenheit der Baubeteiligten mit dem staatlichen Rechtsschutz

Abb. 6: Nomogramm zur Verfahrensauswahl in Abhängigkeit von der Eskalationsstufe und dem Konfliktthema

Abb. 7: Entscheidungs- und konsensorientierte ADR-Verfahren

Abb. 8: Streitlösungsmodell für Baustreitigkeiten

| xix →

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Maßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung möglicher Nachteile einer Adjudikation

Tab. 2: Individualvertragliche Anpassungen in Ergänzung zu der gewählten Verfahrensordnung

Tab. 3: Entwicklung eines Streitlösungsmodells

Tab. 4: Präventive Vertragsgestaltung zur Reduzierung der Hauptursachen von Streitigkeiten

Tab. 5: Baukooperation und Risikoverteilung

| xxi →

Abkürzungsverzeichnis

Fachliche Abkürzungen

ADR alternative dispute resolution
(deutsch: ASB für „außergerichtliche Streitbeilegung“)

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

ARGE Baurecht Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsverein

ASB außergerichtliche Streitbeilegung

AO-Bau Adjudikations-Ordnung für Baustreitigkeiten des Deutschen Baugerichtstags e.V. (Kurzform für AO-Bau/DBGT)

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGH Bundesgerichtshof

DAB dispute adjudication board
(deutsch: (projektbegleitender) Adjudikationsausschuss)

DBGT Deutscher Baugerichtstag

DBV Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V.

DGA-Bau Deutsche Gesellschaft für Außergerichtliche Streitbeilegung im Bauwesen e.V.

DGfB Deutsche Gesellschaft für Baurecht e.V.

DIS Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V.

DIS-AVO Adjudikationsverfahrensordnung der DIS

DIS-SchGO Schiedsgutachtensordnung der DIS

DRB dispute review/resolution board
(deutsch: Streitbeilegungs-/Untersuchungsausschuss)

EGZPO Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung

EuGH Europäischer Gerichtshof

FIDIC Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils
(deutsch: Internationale Vereinigung Beratender Ingenieure)

GU Generalunternehmer

HGCRA Housing Grants, Construction and Regeneration Act 1996
(deutsch: Gesetz für Eigenheimzulage, Neubau und Sanierung)

HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
(Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen) ← xxi | xxii →

ICC International Chamber of Commerce
(deutsch: Internationale Handelskammer)

ICC DB ICC Dispute Board Rules
(deutsch: Verfahrensordnung für Streitbeilegung der Internationalen Handelskammer)

LG Landgericht

LPH Leistungsphase (der HOAI)

MediationsG Mediationsgesetz

OLG Oberlandesgericht

RDG Rechtsdienstleistungsgesetz

SL Bau Streitlösungsordnung für das Bauwesen

VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen

VOB/A VOB Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen

VOB/B VOB Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen

ZPO Zivilprozessordnung

Literaturabkürzungen

Bauingenieur Die richtungweisende Zeitschrift im Bauingenieurwesen

BauR Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht

DS Der Sachverständige

IBR Immobilien- & Baurecht

NJW Neue Juristische Wochenschrift

NZBau Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht

SchiedsVZ Zeitschrift für Schiedsverfahren

ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik

| 1 →

A. Einleitung

„Die Streitkultur in Bausachen ist ein intensiv erörtertes und beklagtes Phänomen. Eigentlich besteht Einigkeit, dass in Bausachen zu viel und zu lange gestritten wird und zu viele der Streitigkeiten vor Gericht landen.

Auch ist man sich weitgehend einig, dass Gerichtsverfahren in Bausachen zu lange dauern, zu teuer sind und zu häufig vor unerfahrenen Richtern landen, sodass die Ergebnisse auch nicht befriedigen.“1

I. Problemstellung Streitigkeiten im Bauwesen

Diese zusammenfassende Aussage von KNIFFKA beschreibt bereits umfassend die Ausgangssituation. Die Gegebenheit, dass die Gerichte überlastet und die Parteien unzufrieden mit den staatlichen Bauprozessen sind, ist keine neue Entwicklung. Bereits 1979 hat der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts BENDA auf dem Deutschen Richtertag erklärt: „Die Rechtsgewährung ist ein knappes Gut.“2 Demnach seien schon in den 1980er Jahren die Gerichte stark überlastet gewesen. Die außergerichtliche Streitschlichtung sollte Abhilfe schaffen und wurde bereits in der ersten Regierungserklärung von Bundeskanzler Kohl 1983 erwähnt.3

Das Problem lässt sich in zwei unterschiedliche Aspekte unterteilen. Zum einen ist festzustellen, dass die Gerichte mit Bauprozessen überfordert sind, weil die vorgetragenen Streitigkeiten regelmäßig sehr komplex und multikausal geprägt sind. Die Vermischung der Fachrichtungen Bautechnik, Baubetriebswirtschaft und Recht führt oft dazu, dass die Prozesse „nicht mehr wirklich justiziabel sind“.4 Deshalb wäre eine Justizentlastung erforderlich. Zum anderen sind die Beteiligten der Bauwirtschaft wegen langer Prozessdauern vor den ordentlichen Gerichten stark belastet.5 Dies gilt vor allem für die vorleistungspflichtigen Auftragnehmer. Diese erbringen die vertraglich geschuldeten ← 1 | 2 → Leistungen und haben erst danach Anspruch auf Abnahme und Vergütung. Die Auftraggeber, die das Geld einbehalten, können die langen Dauern der Gerichtsverfahren abwarten und in den Vorteil des sogenannten „Justizkredits6 gelangen. Obwohl ein Gerichtsverfahren die Ressourcen beider Parteien bindet, ist es besonders für die Auftragnehmer wichtig, schnellere Entscheidungen zu erhalten, um frühzeitig die notwendige Liquidität zu sichern und die Gefahr einer Insolvenz zu vermeiden.

Die Lösung ist jedoch nicht in der vollkommenen Streitvermeidung zu suchen. Konflikte können auch positive Auswirkungen auf die Parteien und das Bauprojekt haben. Streit kann eine Beziehung natürlich belasten, jedoch auch zu neuen Sichtweisen verhelfen, „klären, zu einer Optimierung beitragen und einen Neuanfang bewirken“.7

Deshalb ist es wichtig, dass die Parteien bei verschiedenen Sichtweisen Verhandlungen führen und mit Auseinandersetzungen konstruktiv umgehen. Die Baubeteiligten sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, wie mit Streitigkeiten am besten umgegangen werden kann. Neben den gerichtlichen Verfahren gelangen (deshalb?) außergerichtliche Verfahren immer mehr in den Fokus von Juristen und Baubetrieblern, die sich mit Baustreitigkeiten befassen. Vor diesem Hintergrund werden die aktuelle Situation der Baustreitigkeiten in Deutschland dargestellt und mögliche alternative Lösungsansätze aufgezeigt.

II. Zielgruppen und Vorbemerkungen

Details

Seiten
XXII, 200
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (PDF)
9783631737095
ISBN (ePUB)
9783631737101
ISBN (MOBI)
9783631737118
ISBN (Hardcover)
9783631733608
DOI
10.3726/b12116
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Oktober)
Schlagworte
ASB (außergerichtliche Streitbeilegung) ADR (alternative dispute resolution) Baustreitigkeiten Mediation Eskalationssystem Verhandeln
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XXII, 200 S., 8 Abb., 5 Tab.

Biographische Angaben

Jenny Patzig (Autor:in)

Jenny Patzig studierte Baubetrieb, Baumanagement und Baurecht an der Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft sowie der Professional School der Leuphana Universität Lüneburg. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt ist das Vertragsmanagement internationaler Großprojekte. An dieser Schnittstelle zwischen Recht und Technik ist sie regelmäßig mit Themen der Streitbewältigung betraut.

Zurück

Titel: Streitlösungsmodell für die Bauprojektabwicklung