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Acta Germanica

German Studies in Africa

von Cilliers van den Berg (Band-Herausgeber:in)
©2020 Dissertation 204 Seiten

Zusammenfassung

Drei Beiträge haben Klassiker der deutschen Literatur als Fokus: Brechts Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Kafkas Die Verwandlung und Koeppens Das Treibhaus. Sie werden unter Hinweis auf den spekulativen Kapitalismus, den Begriff „Ungeziefer" und die intertextuelle Rolle von E.E. Cummings untersucht. In zwei weiteren Beiträgen werden Reiseliteratur (von Geltinger und Müller) und einige Debütromane der Gegenwartsliteratur aus einer vergleichenden Perspektive analysiert. Zwei Beiträge haben den Unterricht von DaF als Fokus: einerseits aus einer postkolonialen Perspektive und andererseits in Bezug auf die Fortbildung von südafrikanischen Lehrer*innen. Herausforderungen in der Übersetzung von literarischer Mehrsprachigkeit werden mit Fokus auf Romane von Deon Meyer und den Film The Zookeeper’s Wife dargestellt. Die letzten Beiträge schließen eine Beschreibung von Junktionen im Deutschen und Yoruba, eine textlinguistische Perspektive auf Texte der Lade der Greiffenberger Kaufmannssozietät und eine Untersuchung nach der Auswirkung von deutschsprachigen Systemtheoretiker auf die afrikaanse Literaturwissenschaft ein.
Three contributions have classics of German literature as its focus: Brecht’s Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Kafka’s Die Verwandlung und Koeppen’s Das Treibhaus. These are examined with reference to speculative capitalism, the term "Ungeziefer" and the intertextual role of E.E. Cummings. In two further contributions travel literature (by Geltinger and Müller) and contemporary debut novels are analysed from a comparative perspective. Two articles focus on DaF-teaching: firstly from a postcolonial perspective and secondly with reference to the further development of South-African teachers. The challenges of translating literary multilingualism are explored with reference to novels by Deon Meyer and the film The Zookeeper’s Wife. The final contributions include a description of junctions in German and Yoruba, an examination of texts of the chest of the Greiffenberg Merchant Confraternity from the perspective of text linguistics, and an examination of the influence of German-speaking systems theorists on Afrikaans literary studies.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Inhalt / Contents
  • Editorial
  • Afrika schreiben / Writing Africa
  • Männerreisen in die SADC-Zone. Den Anderen Schreiben bei Gunther Geltinger und Olaf Müller
  • Literarische Mehrsprachigkeit als Problem der Übersetzung. Zur funktionalen Mehrsprachigkeit Afrikaans / Englisch in Deon Meyers Roman 13 Uur und seinen Übersetzungen ins Deutsche, Englische und Niederländische
  • Postkoloniale Perspektiven auf den DaF-Unterricht. Überlegungen am Beispiel von Deutsch als Fremdsprache im südafrikanischen Hochschulkontext
  • Professional development needs of teachers of German Second Additional Language in South Africa
  • Junktionen im Deutschen und Yoruba: Eine semantisch-funktionelle Beschreibung
  • The influence of German-speaking systems theorists (Von Bertalanffy, Luhmann and Schmidt) on Afrikaans literary studies: A citation analysis
  • Allgemeine Beiträge / General Contributions to German Studies
  • Passagen, Parallelwelten, Prekariat. Warteräume in Debütromanen der deutschen Gegenwartsliteratur
  • Arbeit und soziale Konflikte im spekulativen Kapitalismus: Bertolt Brechts Die heilige Johanna der Schlachthöfe
  • „Ungeziefer.“ Wort und Bedeutung bei Kafka
  • “a notalive undead too-nearishness”? Ein Kommentar zu E.E. Cummings in Wolfgang Koeppens Das Treibhaus
  • Texte der Lade der Greiffenberger Kaufmannssozietät (1748-1945) aus textlinguistischer Perspektive
  • A Polish-German story told in English? The Zookeeper’s Wife in the thicket of AVT. On language choices in movies
  • Buchbesprechungen / Book Reviews
  • Aus der Welt gefallen. Die Geographie der Verschollenen. Von Kristina Kuhn / Wolfgang Struck. Paderborn: Wilhelm Fink 2019 (Florian Krobb)
  • Ritual und Ritualität im Drama nach 1945. Brecht, Frisch, Dürrenmatt, Sachs, Weiss, Hochhuth, Handke. Von Saskia Fischer. Paderborn: Wilhelm Fink 2019 (Elena Giovannini)
  • Windhoek / Essen. Stadtwahrnehmung in Bild und Text. Von Julia Augart / Rolf Paar (Hgg.). Berlin: Ch. A. Bachmann Verlag 2020 (Eva-Maria Siegel)
  • Mission Afrika: Geschichtsschreibung über Grenzen hinweg. Festschrift für Ulrich van der Heyden. By Michael Eckardt (ed.). Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2019 (Lize Kriel)
  • Nachrufe / Obituaries
  • Dieter Welz 1939 – 2020
  • Notes on Contributors
  • Reihenübersicht

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Editorial

Trotz aller Herausforderungen an Universitäten wegen der Corona-Pandemie hat sich die Forschung in diesem schwierigen akademischen Jahr nicht beeinträchtigen lassen. Aber die Umgestaltung des Unterrichts und der Vermittlung von Lehrmaterialien brachte Zeitdruck mit sich und deswegen ist die Vervollständigung der Beiträge für eine zeitliche Veröffentlichung eine Leistung für alle Mitarbeiter. Wie im vorigen Jahr deckt der Band eine Vielfalt an Themen ab, die aus den unterschiedlichsten Perspektiven untersucht werden. Sechs Beiträge nehmen Bezug auf Afrika – entweder als literarische Verarbeitung, oder als Hintergrund für die Erstellung von linguistischen und kontextuellen Vergleichen, mit besonderem Hinweis auf den pädagogischen Kontext für die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache. Sechs Beiträge untersuchen literarische oder linguistische Themen, die sich nicht unbedingt direkt auf „Afrika Schreiben“ beziehen.

Bruno Arich-Gerz vergleicht in seinem Beitrag die Romane Benzin und Tintenpalast miteinander, die Männerreisen von Europäern in der SADC-Zone thematisieren. Das (manchmal problematische) Reisen zwischen Sprachen ist der Fokus von Heinz Eickmans und Marianne Zappen-Thomson, die einen Roman (13 Uur) des afrikaansen Bestseller-Autors, Deon Meyer, unter Hinweis auf dessen Übersetzungen ins Deutsche, Englische und Niederländische untersuchen. Die Herausforderungen an den DaF-Unterricht in einem postkolonialen Kontext ist der Fokus von Renate Riedners Beitrag: es handelt sich hier um die begrifflichen Rahmenbedingungen, die den Unterricht von Deutsch prägen. Andererseits gibt es aber auch sehr konkrete Herausforderungen, denen die Lehrer*innen von „German Second Additional Language“ ausgesetzt sind – Aspekte, die von Gerda Wittmann und Jako Olivier erläutert werden. Der erste Teil des Bandes wird abgeschlossen mit zwei vergleichenden Perspektiven: Omotayo Fakayode und Ebube Olawore unternehmen einen linguistischen Vergleich von Junktionen im Deutschen und Yoruba; und Burgert Senekal deutet in einer Zitatenanalyse („citation analysis“) auf die Einflüsse deutschsprachiger Systemtheoretiker (Von Bertalanffy, Luhmann und Schmidt) auf die afrikaanse Literatur.

Auftakt der allgemeinen Beiträge ist Eva-Maria Siegels Wertung einiger Debütromanen nicht-deutscher Schriftsteller*innen, deren jeweilige Texte öfters prekäre Warteräume in der deutschen Gegenwartsliteratur zum Ausdruck bringen. Elena Giovannini analysiert Bertolt Brechts Die heilige Johanna der Schlachthöfe unter spezifischem Hinweis auf den spekulativen Kapitalismus von Marx, während Gunther Pakendorf den Wurzeln des Wortes „Ungeziefer“ nachgeht, um seine Bedeutung in Franz Kafkas Die Verwandlung zu untersuchen. Undine S. Weber stellt einen Klassiker der Nachkriegsliteratur im Mittelpunkt, Das Treibhaus von Wolfgang Koeppen, um die Hinweise des Erzählers auf den amerikanischen Dichter E.E. Cummings in diesem Roman zu deuten. Jaroslaw Bogacki bedient sich einer textlinguistische Perspektive, um den Fokus auf die Texte der Lade der Greiffenberger Kaufmannssozietät zu verdeutlichen. Im Anschluss an die oben erwähnte Problematisierung der jeweiligen Übersetzungen von Deon Meyers 13 Uur, ist Camilla Badstübner-Kiziks Untersuchung bezüglich der Mehrsprachigkeit im Film The Zookeeper’s Wife ebenfalls aufschlussreich: ob in einem Roman oder Film – Vielsprachigkeit ist und bleibt eine Herausforderung für Übersetzer.

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Ich bedanke mich bei den Autoren, Gutachtern und Mitherausgebern dafür, dass der 48. Band der Acta Germanica rechtzeitig erscheinen kann. In den Zeiten der Ausgangssperre war der akademische Austausch ein Mittel, weit jenseits der Grenzen des Heimbüros in Bloemfontein zu reisen.

Cilliers van den Berg

Bloemfontein im Oktober 2020

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Editorial

Despite all the challenges that the Corona-pandemic posed to universities, this difficult academic year has not stopped research from being undertaken. The reorganisation of both teaching and the ways in which teaching materials are presented and communicated have, however, resulted in many colleagues finding themselves pressed for time. The timely completion of the contributions for this volume can therefore be regarded as an achievement for everyone involved. As in the previous year, this volume covers a variety of topics, which are also examined from diverse perspectives. In six of the contributions Africa is a point of reference - either in terms of its fictional representation or as a background for the establishment of linguistic and contextual comparisons, with special reference to the pedagogic context when teaching German as a foreign language. Six contributions examine literary or linguistic topics that are in effect not directly related to “Writing Africa.”

In his contribution, Bruno Arich-Gerz compares the novels Benzin and Tintenpalast, both of which present the travels of European male characters in the SADC-zone as its theme. The (sometimes problematic) travels between languages is the focus of Heinz Eickmans and Marianne Zappen-Thomson, who examine a novel (13 Uur) by Afrikaans bestselling author, Deon Meyer, with reference to its translations into German, English and Dutch. Renate Riedner’s contribution focuses on the challenges of teaching DaF in a post-colonial context: it considers the conceptual frameworks that shape the teaching of German. There are, however, also very specific challenges that teachers of “German Second Additional Language” have to contend with - aspects that Gerda Wittmann and Jako Olivier explore in their contribution. The first part of the volume concludes with two comparative perspectives: Omotayo Fakayode and Ebube Olawore undertake a linguistic comparison of junctions in German and Yoruba; and Burgert Senekal uses a citation analysis to point to the influences of German-speaking systems theorists (Von Bertalanffy, Luhmann and Schmidt) on Afrikaans literature.

The first of the general contributions is Eva-Maria Siegel’s consideration of a number of debut novels by non-German writers, whose respective texts often bring to expression the precarious waiting rooms in and of contemporary German literature. Elena Giovannini analyses Bertolt Brecht’s Die Heilige Johanna der Schlachthöfe, with specific reference to the speculative capitalism of Marx, whilst Gunther Pakendorf investigates the roots of the word “vermin” in order to examine its meaning in Franz Kafka’s The Metamorphosis. Undine S. Weber focuses on a classic of post-war German literature, Das Treibhaus by Wolfgang Koeppen, in order to elucidate the references that the narrator of the novel makes to the American poet, E.E. Cummings. Jaroslaw Bogacki applies a text-linguistic perspective to shift the focus to an analysis of texts from the chest of the Greiffenberg Merchant Confraternity. Following the above-mentioned problematisation of the respecttive translations of Deon Meyers 13 Uur, Camilla Badstübner-Kizik’s investigation of multilingualism in the film The Zookeeper’s Wife is as revealing: whether in novel or film, multilingualism remains a challenge for translators in both media.

I would like to thank all the authors, reviewers and co-editors for ensuring that the 48th edition of Acta Germanica can appear on time. During the period of lockdown, the ←9 | 10→academic exchanges were a means of traveling far beyond the confines of the home office in Bloemfontein.

Cilliers van den Berg

Bloemfontein, October 2020

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Männerreisen in die SADC-Zone

Den Anderen Schreiben bei Gunther Geltinger und Olaf Müller

BRUNO ARICH-GERZ

Bergische Universität Wuppertal

Abstract

The article juxtaposes Gunther Geltinger’s 2019 novel Benzin and Olaf Müller’s Tintenpalast of 2000 by focusing on their formal-aesthetic and content-related similarities. Apart from generic similarities (road novel) and congruencies of the main characters – white German males traveling present-day Southern African sceneries and settings –, a prime focus will be on the self-reflexive writing mode that characterises both narratives. Intertextual references to popular U.S. narrative literature will be analysed, and the creation, or writing, of the figure of the Other will be highlighted. Benzin personifies the Other in the character of Unami, a Zimbabwean who gradually retreats to an increasingly ungraspable figure that effectively sharpens the conflict between the two German main characters. In Tintenpalast, the Other appears to be more ambivalent, and distinctly white, when the novel drapes fictional figures from contemporary Namibia around a conflict resulting from the collapse of the GDR in 1989. Müller fuses the German-colonial past and the Namibian characters of the present in a narrative that strives to present the personal story of the key figure, Henry Magdaleni, as the tale of a dissociative personality that stages an alleged opponent named Simon Sanges.

Title: Traveling Males in the SADC Zone. Writing the Other in Gunther Geltinger’s and Olaf Müller’s Prose

Keywords: Gunther Geltinger, Olaf Müller, Intertextualität, Simbabwe, Namibia.

Mit Gunther Geltingers 2019 erschienenem und von der Kritik wohlwollend aufgenommenen Roman Benzin1 gesellt sich ein weiterer deutschsprachiger Text zu den Erzählungen, in und mit denen das gegenwärtige südliche Afrika angemessen bereist werden. „Angemessen“ und „ein weiterer deutschsprachiger Text“ – das will genauer erläutert sein.

„Angemessen“ heißt, dass es Geltinger gelingt, die avancierten Standards einer écriture über (hier) das zeitgenössische Simbabwe und die Figur eines simbabwischen Co-Protagonisten zu bedienen. Diese Standards wurden insbesondere durch Uwe Timms Roman Morenga (1978) gesetzt und sind von der poetologischen Position untermauert worden, nach der „Einfühlungsästhetik ein kolonialer Akt“ sei, genauer eine weniger post- als neokolonial-literarische Schreibweise, die es über den Einsatz entsprechender ←11 | 12→Erzähltechniken zu vermeiden gilt (Hamann / Timm 2003). Auch Geltingers Schreiben über Unami, der als vermeintliches Unfallopfer die deutschen Selbstfahrer-Reisenden Vinz und Alexander von ihren ursprünglichen Plänen und ihrer Route abbringt, verzichtet auf eine Fokalisierung des Handlungsverlaufs durch die simbabwische Figur. Erlebt und erzählt wird Benzin beinahe ausschließlich aus der Warte seiner deutschen Hauptfiguren, die „zwischen exotischem Staunen und kultureller Überforderung“ (Kurianowicz 2019) changieren und „eine fragile Dynamik zwischen touristischem Schuldbewusstsein und dem hässlichen Verdacht des Ausgenutztwerdens durch den Einheimischen – und andersherum durch die Fremden“ (Dieckmann 2019) empfinden.

Und die Rede vom „weiteren deutschsprachigen Text“ weist darauf hin, dass es mit Olaf Müllers enigmatischem und von der Kritik verrissenen2 Roman Tintenpalast (2000) einen Zwilling zu Benzin gibt, was die Figurenkonstellation und das Erzählen im und über das südliche Afrika betrifft. Beide Texte handeln vom – dies muss so heißen – den Anderen Schreiben, das sich aufzieht an Reisen von jeweils zwei Männern aus Deutschland in zwei Staaten der SADC (für Southern African Development Community, einen 1992 gegründeten Verbund unabhängiger südlich-afrikanischer Länder, der sich auch als literarisches Setting fortentwickelt haben sollte von kolonialen und anderen unzeitgemäßen Zuschreibungen). Bei Olaf Müller ist dies nicht Simbabwe, sondern Namibia.

Details

Seiten
204
Erscheinungsjahr
2020
ISBN (PDF)
9783631842997
ISBN (ePUB)
9783631843000
ISBN (MOBI)
9783631843017
ISBN (Paperback)
9783631842874
DOI
10.3726/b17901
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Dezember)
Schlagworte
DaF-Unterricht Übersetzung Reiseliteratur Junktionen Systemtheorie Debütromane Audiovisual translation Greiffenberger Kaufmannssozietät Bertolt Brecht Franz Kafka Walter Koeppen
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 204 S., 5 s/w Abb., 3 Tab.
Produktsicherheit
Peter Lang Group AG

Biographische Angaben

Cilliers van den Berg (Band-Herausgeber:in)

Cilliers van den Berg ist Associate Professor für Deutsch an der University of the Free State, Südafrika.

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Titel: Acta Germanica