Das Kontrollverfahren beim Export von Kriegswaffen aus Deutschland
Eine Untersuchung der Restriktionen aus Art. 26 Abs. 2 GG, § 6 KWKG und den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autoren-/Herausgeberangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- Einleitung
- Erster Teil
- Das Rechtsregime der Exportkontrolle von Kriegswaffen
- A. Geschichtliche Entwicklung
- B. Restriktion des Kriegswaffenexports als verfassungsrechtliches Postulat
- I. Sedes materiae
- 1. Der verfassungsrechtliche Ausfuhrtatbestand
- a) Befördern
- b) Inverkehrbringen
- c) Zwischenergebnis
- 2. Einfachgesetzliche Umsetzung
- a) Beförderungsgenehmigung (§ 3 Abs. 3 KWKG)
- b) Inverkehrbringungsgenehmigung (§ 2 Abs. 2 KWKG)
- c) Zwischenergebnis
- II. Das KWKG als Ausführungsgesetz zu Art. 26 Abs. 2 GG
- 1. Parlamentarischer Werdegang und spätere Gesetzesänderungen
- 2. Begriffsbestimmung „Kriegswaffe“
- a) Formeller oder materieller Kriegswaffenbegriff
- b) Bestimmung zur Kriegsführung
- aa) Der Kriegsbegriff
- aaa) Der Kriegsbegriff im Sinne der verfassungsrechtlichen Vorgabe
- bbb) Verfassungskonforme Konkretisierung durch § 1 Abs. 2 KWKG?
- ccc) Zwischenergebnis
- bb) Objektive Eignung oder subjektiver Verwendungsvorbehalt?
- c) Zwischenergebnis
- III. Eingriff in die Außenwirtschaftsfreiheit
- 1. Der freie Warenverkehr und die Exportkontrolle von Kriegswaffen
- 2. Die rechtliche Qualität des Eingriffs
- a) Der verfassungsrechtliche Genehmigungsvorbehalt
- aa) Wortlautauslegung
- bb) Historische Auslegung
- cc) Objektiv-teleologische Auslegung
- dd) Systematische Auslegung
- ee) Zwischenergebnis
- b) Der einfachgesetzliche Genehmigungsvorbehalt
- c) Zwischenergebnis
- 3. Betroffene Grundrechte und Eingriffsrechtfertigung
- a) Art. 12 Abs. 1 GG
- aa) Friedenssicherung
- bb) Schutz des deutschen Ansehens im Ausland
- cc) Schutz der inneren Sicherheit
- dd) Rüstungskontrolle und Wirtschaftslenkung
- b) Art. 14 Abs. 1 GG
- c) Art. 2 Abs. 1 GG
- d) Zwischenergebnis
- Zweiter Teil
- Die Ausfuhrgenehmigung
- A. Die Genehmigungsentscheidung
- I. Fakultative Versagungsgründe
- 1. Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu anderen Ländern (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 KWKG)
- a) Unbestimmter Rechtsbegriff und verfassungsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz
- b) Kriegswaffenexport als taugliche Gefährdungshandlung
- aa) Das „CoCom“-System und Wassenaar-Arrangement
- bb) Gemeinsamer Standpunkt der Europäischen Union (2008/944 GASP des Rates)
- aaa) Rechtsnatur und Inhalt
- bbb) Notifizierungs- und Konsultationsverfahren
- ccc) Bewertung
- cc) Arms Trade Treaty (ATT)
- 2. Fehlende Staatsbürgerschaft oder Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 KWKG)
- a) Relevanter Personenkreis
- aa) § 6 Abs. 2 Nr. 2a KWKG
- bb) § 6 Abs. 2 Nr. 2b KWKG
- cc) § 6 Abs. 2 Nr. 2c KWKG
- b) Bezug zum Bundesgebiet
- 3. Nachweis anderer Genehmigungen (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 KWKG)
- II. Ermessenslenkung: Die Politischen Grundsätze der Bundesregierung
- 1. Entstehungsgeschichte
- 2. Rechtsnatur
- 3. Die Grundsätze
- a) Restriktive Zielvorgabe
- b) Kriegswaffenexporte in EU-Mitgliedstaaten, NATO-Staaten und NATO-gleichgestellte Staaten
- aa) Sicherheitsinteressen im Rahmen des NATO-Bündnisses und der EU
- bb) Restriktionen aufgrund besonderer politischer Gründe
- cc) Zwischenergebnis
- c) Kriegswaffenexporte in „sonstige Länder“
- aa) Motive
- aaa) Außen- oder sicherheitspolitische Interessen
- bbb) Selbstverteidigungsrecht nach UN-Charta
- ccc) Militärische Versorgungssicherheit und volkswirtschaftliche Interessen
- bb) Restriktionen
- aaa) Die Menschenrechtslage im Empfängerland
- (1) Begriffsbestimmung und Eingrenzung
- (2) Wahrscheinlichkeitsgrad und Kausalität
- bbb) Innere Lage im Empfängerland
- ccc) Spannungsgebiete
- ddd) Nachhaltige Entwicklung
- eee) Sonstige Restriktionen
- d) Sicherstellung des Endverbleibs
- aa) Auslandswirkung des Reexportvorbehalts
- aaa) Völkerrechtliche Anknüpfungspunkte
- bbb) Rechtsgeschäftlicher Anknüpfungspunkt
- bb) Zwischenergebnis
- 4. Rüstungsexportbericht
- 5. Exkurs: Informationsrecht des Bundestages über Rüstungsexportentscheidungen
- a) Anspruchsgrundlage
- b) Grenzen der Parlamentskontrolle
- aa) Entstehung des Informationsrechts
- bb) Umfang des Informationsrechts
- c) Zwischenergebnis
- 6. Zusammenfassung und Bewertung der Politischen Grundsätze
- III. Obligatorische Versagungsgründe
- 1. Verwendung bei einer friedensstörenden Handlung
- a) Friedensstörende Handlung
- b) Völkerrechtliche Rechtfertigung
- c) Gefahrbegriff und Prognoseentscheidung
- 2. Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen (§ 6 Abs. 3 Nr. 2 KWKG)
- a) Der Atomwaffensperrvertrag
- b) Das Biowaffenübereinkommen
- c) Das Chemiewaffenübereinkommen
- d) Die Australische Gruppe
- e) Das Trägertechnologiekontrollsystem
- f) Die „Proliferation Security Initiative“
- g) Die Resolution 1540 des UN-Sicherheitsrates
- 3. Fehlende Zuverlässigkeit beteiligter Personen (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 KWKG)
- a) Relevanter Personenkreis
- b) Der Zuverlässigkeitsbegriff im Sinne des KWKG
- c) Die „Grundsätze der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern“
- aa) Entstehungsgeschichte und Rechtsnatur
- bb) Die Grundsätze
- aaa) Der Ausfuhrverantwortliche
- bbb) Aufgaben des Ausfuhrverantwortlichen
- ccc) Genehmigungsversagung wegen Unzuverlässigkeit
- ddd) Maßnahmen zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit
- B. Die Genehmigungsbehörde
- I. Die Zuständigkeitszuweisung nach Art. 26 Abs. 2 S. 1 GG
- II. Aufgabenzuweisung an den Bundessicherheitsrat als Koordinationselement in der Kriegswaffenexportpraxis
- III. Konsequenzen der verfassungswidrigen Genehmigungspraxis
- IV. Zwischenergebnis
- Resümee
- Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
- Anlage A: Das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG)
- Anlage B: Kriegswaffenliste
- Anlage C: Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern
- Anlage D: GEMEINSAMER STANDPUNKT 2008/944/GASP DES RATES
- Anlage E: Grundsätze der Bundesregierung zur Prüfung der Zuverlässigkeit von Exporteuren von Kriegswaffen und rüstungsrelevanten Gütern
- Literaturverzeichnis
a.A. anderer Ansicht
a.a.O. am angegebenen Ort
a.E. am Ende
a.F. alte Fassung
Abs. Absatz
AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
AKUF Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung
Amtsbl. Amtsblatt
Anm. Anmerkung
APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte
Art. Artikel
ATT Arms Trade Treaty
AW-Prax Außenwirtschaftliche Praxis
AWG Außenwirtschaftsgesetz
AWV Außenwirtschaftsverordnung
BAFA Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
BAnz. Bundesanzeiger
BauO Bauordnung
BB Betriebs-Berater
BFernStrG Bundesfernstraßengesetz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt
BGH Bundesgerichtshof
BGHSt Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
BMVg Bundesministerium der Verteidigung
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
BVerfGG Bundesverfassungsgerichtsgesetz
bzw. beziehungsweise
COARM Working Group on Conventional Arms Exports
ders. derselbe
DÖV Die Öffentliche Verwaltung
DVBl Deutsches Verwaltungsblatt
DVO Durchführungsverordnung
DZWIR Deutsche Zeitschrift für Wirtschaft- und Insolvenzrecht
ebd. ebenda
ehem. ehemalige/r
engl. englisch
EU Europäische Union
EuGH Europäischer Gerichtshof
EUV Vertrag über die Europäische Union
f. folgende
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
ff. fortfolgende
Fn. Fußnote
FS Festschrift
GASP Gemeinsame Außen- und Scherheitspolitik
GewArch Gewerbearchiv
GG Grundgesetz
GKKE Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung
grdl. grundlegend
GS Gedächtnisschrift
h.M. herrschende Meinung
Herv. Hervorhebung
Hrsg. Herausgeber
HSFK Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
i.d.R. in der Regel
i.S.d. im Sinne des
i.S.v. im Sinne von
i.V.m. in Verbindung mit
ICRC International Committee of the Red Cross
IGH Internationaler Gerichtshof
IP Internationale Politik
JA Juristische Arbeitsblätter
JöR Jahrbuch des öffentlichen Rechts
JuS Juristische Schulung
JZ Juristen Zeitung
Kap. Kapitel
KontrollratsG Kontrollratsgesetz
KWKG / KrWaffKontrG Kriegswaffenkontrollgesetz
KWL Kriegswaffenliste
lat. lateinisch
LG Landgericht
MMR Multimedia und Recht
Mrd. Milliarden
MüKo Münchener Kommentar
n.v. nicht veröffentlicht
NATO North Atlantic Treaty Organization ← 14 | 15 →
NJW Neue Juristische Wochenschrift
Nr. Nummer
NRW Nordrhein Westfalen
NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht
NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NZWehrr Neue Zeitschrift für Wehrrecht
OLG Oberlandesgericht
PCIJ Permanent Court of International Justice
RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
Rep. Report
RG Reichsgericht
RGBl. Reichsgesetzblatt
RGSt Entscheidung des Reichsgerichts in Strafsachen
RGZ Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen
RIW Recht der internationalen Wirtschaft
RR Rechtsprechungsreport
SIPRI Stockholm International Peace Research Institute
sog. sogenannt
SprengG Sprengstoffgesetz
StAG Staatsangehörigkeitsgesetz
Sten.Prot. Stenographisches Protokoll
StGB Strafgesetzbuch
StIGH Ständiger Internationaler Gerichtshof
taz Die Tageszeitung
u.a. unter anderem
UN United Nations
Verf. Verfasser
VersFV Friedensvertrag von Versailles
VerwArch Verwaltungsarchiv
vgl. vergleiche
VO Verordnung
VwGO Verwaltungsgerichtsordung
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz
WaffG Waffengesetz
WEU Westeuropäische Union
wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht
z.B. zum Beispiel
ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
ZfZ Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern
ZParl Zeitschrift für Parlamentsfragen
ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ← 15 | 16 →
ZVglRWiss Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft
D.C.A.M. Direccion de Comercializacion de Armamento y Municiones
NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
IntBestG Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung
Tabelle 1: Ausfuhrgenehmigungen in den Jahren 1999–2013
Tabelle 2: Hauptempfänger der EU-, NATO- und NATO-gleichgestellten Ländern (2011–2013)
Tabelle 3: Rüstungsexporte in die Türkei in den Jahren 2010–2013
Tabelle 4: Rüstungsexporte in Drittländer in den Jahren 2008–2013 (alle Angaben in Mio. €)
Tabelle 5: Kriegswaffenausfuhren Naher/Mittlerer Osten 2007–2013 (Werte in Tsd. €)
Tabelle 6: Absatzmärkte Rheinmetall Defence 2006–2012 (Angaben in Prozent)
Tabelle 7: Abhängigkeit deutscher Arbeitsplätze von Rüstungsproduktionen im Jahr 2011
„Der beste Kaufmann ist der Krieg.
Er macht aus Eisen Gold.“
Friedrich von Schiller
(Demetrius, 1804/1805)
Als Konjunkturmotor der heimischen Industrie ist der Export Garant für hohe Unternehmensgewinne, niedrige Arbeitslosenzahlen und das Wunschkind der politischen Entscheidungsträger. Deutschland erzielte im Jahr 2014 einen Exportumsatz von 1114 Mrd. Euro, was einen Anteil von 46 Prozent an der Gesamtwirtschaftsleistung ausmacht.1 Anlass für kontroverse Debatten gibt in aller Regelmäßigkeit ein Bereich der Außenwirtschaft – die Rüstungsexporte. Gemessen am Wert der gesamten deutschen Ausfuhren haben Rüstungsexporte eine untergeordnete Bedeutung. Sie machen lediglich rund ein Prozent der deutschen Gesamtausfuhren aus.2 Gleichwohl sind es Einzelfallentscheidungen über den Transfer von Mitteln der Gewalt, die die Grundaussagen einer verantwortungsvollen Politik in Frage stellen. So ebnete unter anderem die Enthüllung des Spiegels im Jahr 2011 über eine mögliche Ausfuhr von bis zu 200 Kampfpanzern des Typs Leopard 2 nach Saudi-Arabien3 den Weg für eine nachhaltige gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit einem höchst sensitiven Bereich deutscher Wirtschafts- und Außenpolitik. Der Diskurs über das Für und Wider von Waffenexporten dokumentiert routinemäßig den Austausch der folgenden Argumente:
Argumente der Befürworter von Waffenexporten
Als Argument für Rüstungsexporte wird zumeist das außen- und sicherheitspolitische Interesse am konkreten Empfängerstaat dargetan. Strategische Partnerschaften im Ausland sollen durch Waffenlieferungen gestärkt werden. Dabei wird zunehmend auch die sicherheitspolitische Bedeutung des Ausbaus politisch-militärischer Positionen in konfliktgeladenen Regionen außerhalb der EU und des NATO-Gebietes hervorgehoben. So etwa beim Panzergeschäft mit Saudi-Arabien.4 Bekräftigt wird diese Perspektive unter Verweis auf das Recht eines jeden Staates ← 19 | 20 → zur Selbstverteidigung und einer entsprechenden Unterhaltung von Streitkräften.5 Daneben argumentieren Befürworter einer liberalen Exportpolitik mit der Bedeutung der hiesigen Rüstungsindustrie für die nationale Sicherheit und den geschuldeten wehrtechnischen Beitrag Deutschlands innerhalb des NATO-Bündnisses und der EU. Um ein erforderliches Maß an Rüstungskapazität gewährleisten zu können, sei die Industrie aus produktionstechnischer Sicht exportabhängig.6 Der Ruf nach Exportförderung und einer weiteren Öffnung der Rüstungsmärkte auch für Drittländer7 verschärfte sich zuletzt, da als Folge der Finanz- und Eurokrise die Ausgaben in das Militär, insbesondere im europäischen Raum, zurückgingen. Die „Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“ und der „Erhalt des High-Tech-Standortes Deutschland“ stünden auf dem Spiel, so die Stimmen aus Industrie und Politik.8 Schließlich findet auch das „Arbeitsplatzargument“ turnusmäßig Resonanz in der Exportdebatte. Gerade in strukturschwachen Regionen oder gefährdeten Branchen (etwa im Schiffsbau) sichere die Rüstungsindustrie Arbeitsplätze, die es durch eine „industriefreundliche Politik“ zu erhalten gelte.9
Argumente der Gegner von Waffenexporten
Konträr stehen sich die Vertreter beider Lager bei der Beurteilung des Ausbaus strategischer Partnerstaaten im Ausland durch Rüstungsexporte gegenüber. Die Exportgegner positionieren sich gegen den Einsatz von Waffenlieferungen als Instrument der Außenpolitik.10 Insbesondere in fragilen Regionen wirke eine Aufrüstung ← 20 | 21 → einzelner Staaten destabilisierend. Zudem spreche oftmals die Menschenrechtssituation in den anfragenden Staaten gegen den Transfer von Kriegsmaterial. Es sei ethisch nicht vertretbar, Ländern eine militärische Aufrüstung zu ermöglichen, obwohl rechtsstaatliche Standards nicht eingehalten werden.11 Weiteres Risiko bei wirtschaftlich schwach aufgestellten Ländern sei es, dass durch Investitionen im Rüstungsbereich wichtige Ressourcen gebunden werden, die für zivile Zwecke (etwa im Bildungsbereich) dringender benötigt werden.12 Im Übrigen bestehe fortwährend die Gefahr, durch Waffenlieferungen regionale Rüstungswettläufe zu entfachen.13 Dem Argument „Rüstungsexporte sichern Arbeitsplätze“ halten die Kritiker entgegen, dass ökonomische Interessen niemals den Export von Kriegsmaterial zu rechtfertigen vermögen. Überdies sei eine Bestandssicherung der Rüstungsindustrie nur zu erreichen, wenn zum einen eine Produktdiversifizierung stattfinde, um sich nicht einseitig von Rüstungsaufträgen abhängig zu machen. Zum anderen müsse zum Abbau von Überkapazitäten eine grundsätzliche (europäische) Konsolidierung der produzierenden Unternehmen erfolgen.14
Die Entwicklung der hiesigen Rüstungsexportpolitik – Deutschland ist nunmehr mit einem Weltmarktanteil von sieben Prozent drittgrößter Exporteur konventioneller Waffen15 – wird von zunehmender öffentlicher Kritik flankiert. Konkrete Exportgeschäfte sowie die jährliche Veröffentlichung der Rüstungsexportberichte der Bundesregierung rufen regelmäßig ein breites mediales Echo hervor. Ferner befindet sich die parlamentarische Debatte über die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung auf einem Höhepunkt.16 Im juristischen Schrifttum findet die Auseinandersetzung mit dem Verfahren zur Genehmigung von Waffenexporten indes keine entsprechende Reflexion. Allenfalls wird eine „stiefmütterliche“ Behandlung des Rechtsgebiets dokumentiert.17 Die umfangreichste Ausarbeitung zum Kriegswaffenkontrollrecht liefert Klaus Pottmeyer in seinem Kommentar zum ← 21 | 22 → Kriegswaffenkontrollgesetz. Die aktuelle Auflage gibt den Stand der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur bis 1994 wieder. Beachtung fand zudem die fundierte Untersuchung Volker Eppings („Grundgesetz und Kriegswaffenkontrolle“, Dissertation 1993) zur Umsetzung des Verfassungsauftrags aus Art. 26 Abs. 2 GG durch den einfachen Gesetzgeber. Schließlich veröffentlichte Hubertus von Poser und Groß Naedlitz mit seiner Dissertation „Die Genehmigungsentscheidung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz“ im Jahr 1998 eine letzte größere Studie zur Kriegswaffenkontrolle. Ferner findet sich zu diesem sehr speziellen Bereich des Außenwirtschaftsrechts wenig Rechtsprechung. Konkretisierende Judikate zu zentralen verwaltungsrechtlichen Normen (etwa § 6 KWKG) bestehen praktisch nicht. Antragstellende Rüstungsunternehmen haben in der Regel kein Interesse an einer Rechtsdurchsetzung auf gerichtlichem Weg. Zum einen bestehen nur geringe Erfolgsaussichten, eine Exportbewilligung klageweise zu erreichen, da die Verwaltung bei der Einschätzung außen- und sicherheitspolitischer Sachverhalte eine weite Einschätzungsprärogative hat. Zum anderen haben die Unternehmen kein Interesse daran, in einem öffentlichen Gerichtsverfahren Einblicke in sensitive Geschäftspraktiken zu gewähren.18 Der politischen Opposition mangelt es hingegen bereits an der Klagebefugnis, um gegen Ausfuhrgenehmigungen der Bundesregierung bzw. des BMWi vorzugehen. Das Entscheidungsrecht fällt in den der Exekutive zugewiesenen Aufgabenbereich (Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung).19 Hiervon zu unterscheiden ist die nachträgliche Unterrichtung des Parlaments über abgeschlossene Rüstungsexportentscheidungen. Einen diesbezüglichen Informationsanspruch der Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bestätigte das BVerfG jüngst in einer viel beachteten Entscheidung.20
Details
- Seiten
- 283
- Erscheinungsjahr
- 2017
- ISBN (PDF)
- 9783631726921
- ISBN (ePUB)
- 9783631726938
- ISBN (MOBI)
- 9783631726945
- ISBN (Paperback)
- 9783631722176
- DOI
- 10.3726/b11393
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (Juni)
- Schlagworte
- Kriegswaffenexporte Kriegswaffenkontrolle Kriegswaffenkontrollgesetz Politische Grundsätze Rüstung
- Erschienen
- Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 283 S.
- Produktsicherheit
- Peter Lang Group AG