Die rechtliche Einordnung und der Umfang der Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A. Einführung
- B. Problemstellung
- 1. Teil: Dogmatische Grundlagen
- 1. Abschnitt: Dichotomisches Haftungssystem im Privatrecht
- A. Einführung
- B. Die Vertragshaftung und die Deliktshaftung als dichotomisches System
- I. Geschichtliche Entwicklung des dichotomischen Haftungssystems
- 1. Das dichotomische System im römischen Recht
- 2. Die weiteren Entwicklungen im deutschen Recht
- II. Die Dichotomie zwischen der Vertrags- und Deliktshaftung im BGB
- 1. Einführung
- 2. Die Vertragshaftung und die Deliktshaftung im BGB
- 3. Die unterschiedlichen Regelungsinhalte nach dem dichotomischen Gedanken
- a) Das Verhältnis zwischen der Vertrags- und Deliktshaftung
- b) Die unterschiedlichen Rechtsfolgen
- C. Resümee
- 2. Abschnitt: Die Vertragsfreiheit und ihre Schranken
- A. Einführung
- B. Die gesetzliche Bedeutung der Vertragsfreiheit
- C. Die Inhalte der Vertragsfreiheit
- I. Die Abschlussfreiheit
- II. Die Gestaltungs- und Formfreiheit
- D. Die Schranken der Vertragsfreiheit
- I. Einführung
- II. Die gesetzlichen Schranken der Vertragsfreiheit
- III. Der Kontrahierungszwang
- 1. Die Legitimationsgründe
- 2. Der unmittelbare und mittelbare Kontrahierungszwang
- a) Unmittelbarer Kontrahierungszwang
- b) Mittelbarer Kontrahierungszwang
- 3. Die Beschränkung der Vertragsfreiheit im BGB
- E. Resümee
- 2. Teil: Die rechtliche Einordnung der Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen
- Einleitung
- 1. Abschnitt: Die Anwendbarkeit des Deliktsrechts
- A. Einführung
- B. Die Grundlegung des Deliktsrechts
- I. Die Bedeutung des Deliktsrechts
- II. Die historische Entwicklung des Deliktsrechts
- 1. Die strafrechtliche Quelle des Deliktsrechts
- 2. Die lex Aquilia
- a) Die lex Aquilia im römischen Recht
- b) Die Rezeption der lex Aquilia und ihre Einflüsse
- C. Der Anwendungsbereich des Deliktsrechts
- I. Grundlegendes Konzept von §§ 823 ff. BGB
- II. Der Schutzbereich nach geltendem Deliktsrecht
- 1. Überblick
- a) §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
- b) § 826 BGB
- c) Zusammenfassung
- 2. Der mögliche Vermögensschutz durch die Verkehrspflichten
- a) Der Schutzbereich des § 823 BGB
- i) Die Entwicklung von Verkehrspflichten
- ii) Die Funktion von Verkehrspflichten im Deliktsrecht
- iii) Das Problem der Überbewertung von Verkehrspflichten
- 1) Die Überbewertung von Verkehrspflichten
- 2) Stellungnahme
- iv) Zusammenfassung
- b) Der Schutzbereich des § 826 BGB
- i) Das Verhältnis zwischen der Sittenwidrigkeit und dem Vorsatz
- ii) Die anwendbaren Fälle des § 826 BGB
- iii) Zusammenfassung
- D. Resümee
- 2. Abschnitt: Das rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnis im vorvertraglichen Stadium
- A. Einführung
- B. Die culpa in contrahendo als Rechtsinstitut
- I. Die Entwicklung der culpa in contrahendo
- 1. Die Lehre der culpa in contrahendo Jherings
- 2. Die Bedeutung der Theorie Jherings zur Kodifikation des BGB
- II. Fallgruppierung
- 1. Erste Fallgruppe
- 2. Zweite Fallgruppe
- III. Zusammenfassung
- C. Die Schutzpflichten und die Sonderverbindung
- I. Die Schutzpflichten
- 1. Geschichtliche Entwicklung
- 2. Die gesetzlichen Regelungen und Inhalte von Schutzpflichten
- II. Die Sonderverbindung
- 1. Geschichtliche Entwicklung
- 2. Der Begriffsinhalt der Sonderverbindung und ihr Bedürfnis
- a) Der Begriffsinhalt
- b) Das Erfordernis der Sonderverbindung
- III. Zusammenfassung
- D. Der Vertrauensgedanke und die Vertrauenshaftung
- I. Einführung
- II. Der Vertrauensgedanke
- 1. Die Begriffsbestimmung des Vertrauens
- a) Die verschiedenen Bedeutungen des Vertrauens
- i) Philosophische Begriffsbestimmung
- ii) Soziologische Begriffsbestimmung
- iii) Psychologische Begriffsbestimmung
- iv) Zusammenfassung
- b) Schutzwürdiges Vertrauen in der Rechtsordnung
- 2. Die Vertrauenshaftung in der Rechtsprechung
- a) Die Vertrauenshaftung in der Rechtsprechung des Reichsgerichts
- b) Die Vertrauenshaftung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
- 3. Zusammenfassung
- III. Dogmatische Grundlagen der Vertrauenshaftung
- 1. Die Lehre von sozialem Kontakt
- a) Die Lehre von Dölle
- b) Die Lehre von Ballerstedt
- c) Zusammenfassung
- 2. Die Lehre von geschäftlichem Kontakt
- a) Die Lehre von Larenz
- b) Zusammenfassung
- 3. Die Lehre vom einheitlichem gesetzlichen Schutzverhältnis
- a) Die Vertrauenshaftung in der Lehre von Canaris
- b) Das einheitliche gesetzliche Schutzverhältnis in der Vertrauenshaftung von Canaris
- c) Der Legitimationsgrund der Vertrauenshaftung im einheitlichen gesetzlichen Schutzverhältnis von Canaris
- d) Zusammenfassung
- 4. Die Lehren von einseitigem Handeln
- a) Die Lehre vom einseitigen Leistungsversprechen Hans Stolls
- b) Die Lehre vom einseitigen Rechtsgeschäft Heinrich Stolls
- c) Zusammenfassung
- 5. Die Lehre der Selbstbindung ohne Vertrag
- a) Die Begriffsbestimmung der Selbstbindung
- b) Die Vertrauenshaftung in der Lehre von Köndgen
- c) Zusammenfassung
- IV. Zusammenfassung
- E. Resümee
- 3. Teil: Der Umfang der Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen de lege lata
- 1. Abschnitt: Tatbestandliche Voraussetzungen der Schadensersatzhaftung
- A. Die geltende Rechtsstruktur und die anwendbaren Vorschriften für den Fall des „Abbruchs von Vertragsverhandlungen“
- I. Die Verankerung von §§ 311 Abs. 2 und Abs. 3 BGB
- II. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB
- 1. Einführung
- 2. Das Schuldverhältnis und die Pflichten in § 241 Abs. 2 BGB
- a) Das Schuldverhältnis im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB
- i) Die Begriffsbestimmung
- ii) Die Bedeutung des Wortlauts „kann“
- iii) Die Sonderverbindung als schuldverhältnisbegründetes Merkmal
- b) Die Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB
- i) Das Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses
- ii) Die Schutzpflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB
- c) Zusammenfassung
- 3. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB
- a) Die Struktur des § 311 BGB
- b) § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB
- i) Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen
- ii) Das Verhältnis der Nr. 1 zur Nr. 2 in § 311 Abs. 2 BGB
- III. Zusammenfassung
- B. Tatbestandliche Voraussetzungen der Haftung
- I. Einführung
- II. Tatbestandliche Voraussetzungen der Haftung
- 1. Das Vertrauensschuldverhältnis aus Vertragsverhandlungen
- a) Das Erwecken eines Vertrauens
- b) Das Erwecken des Vertrauenstatbestandes „in zurechenbarer Weise“
- c) Die Voraussetzungen aufseiten des Vertrauenden und des Vertrauenswerbers
- 2. Der Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund
- a) Die Funktion des triftigen Grundes
- b) Das Fehlen eines triftigen Grundes
- i) Die Aufklärungspflicht zum triftigen Grund
- ii) Das Bestehen des triftigen Grundes
- 1) Objektive Betrachtung des triftigen Grundes
- 2) Einzelsituationsbedingte Bestimmung des triftigen Grundes
- c) Zusammenfassung
- 3. Verschulden
- C. Resümee
- 2. Abschnitt: Der Umfang der Schadensersatzhaftung
- A. Die Erscheinungsformen des Verhandlungsabbruchs
- B. Der Umfang des Schadensersatzes
- I. Die Arten und Begriffsbestimmungen des Schadens
- II. Der Ersatz des negativen und positiven Interesses
- 1. Einführung
- 2. Der Ersatz des negativen Interesses
- a) Schuldhaftes Erwecken des Vertrauens
- b) Das Bestehen eines Grundes vom Verhandlungsabbruch
- 3. Der Ersatz des positiven Interesses
- a) Exzeptionelle Anerkennung des Anspruchs auf Vertragsschluss
- b) Die Aushandlung der wesentlichen Vertragspunkte
- i) Die Bedeutung „aller Punkte“ im Sinne des § 154 Abs. 1 BGB
- ii) Die Entscheidung aller wesentlichen Vertragspunkte
- III. Das Verhältnis des negativen Interesses zum positiven Interesse
- IV. Die Beschränkungsmöglichkeit der Haftung nach § 276 BGB
- V. Mitverschulden
- C. Resümee
- Ergebnis
- Literaturverzeichnis
Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit entscheiden die potenziellen Parteien eines Vertrags selbstständig darüber, ob es zu einem Vertragsabschluss kommt oder nicht. Wenn aufgrund der Einigung derjenigen Parteien ein Vertrag zustande kommt, so ergeben sich die durch die Vertragsverhandlungen inhaltlich bestimmten Rechte und Pflichten erst aus dem Vertrag. Dementsprechend können die Parteien von Vertragsverhandlungen grundsätzlich vor dem Zustandekommen eines Vertrags jederzeit die Verhandlungen abbrechen und müssen nur selbst für den Schaden, der vor dem Zustandekommen des angestrebten Vertrags verursacht wurde, aufkommen.1 Dies bedeutet erstens, dass die Parteien von Vertragsverhandlungen auf jede eigene Gefahr für den Schaden aus Vertragsverhandlungen aufkommen.2 Zweitens hat die Vertragsfreiheit folglich nicht nur die Freiwilligkeit des Nichtabschlusses eines Vertrags zum Inhalt, sondern auch die Präsupposition, dass jede Partei selbst bei Nichtzustandekommen eines Vertrags für die eigenen, entstandenen Kosten haftet. Dennoch kann insbesondere die Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen ausnahmsweise in Betracht kommen: Wenn eine Partei bei den Vertragsverhandlungen aufseiten der anderen Partei die glaubwürdige Erwartung, sprich das Vertrauen darauf erweckt, dass es wirksam zu dem Abschluss eines Vertrags kommen wird, und dieselbe Partei gleichwohl ohne triftigen Grund die Vertragsverhandlungen abbricht, so haftet sie „unter bestimmten ← 1 | 2 → Voraussetzungen“3 für den Schaden, den die andere Partei im Vertrauen auf den Abschluss des Vertrags erlitten hat.
Der gerade hergestellte Fall des „Abbruchs von Vertragsverhandlungen“ bezeichnet im Allgemeinen vom Rechtsinstitut der culpa in contrahendo (= Verschulden bei Vertragsschluss)4, die wiederum ein vorvertragliches Stadium voraussetzt: Im Fall des vorvertraglichen Stadiums kommt herkömmlich vor allem die Ersatzhaftung von sog. reinen, bloßen oder primären Vermögensschäden infrage (im Folgenden einheitlich bezeichnet als „reine“ Vermögensschäden), und in heutigen unterschiedlichen Gesetzen5 ist diese Ersatzhaftung tatsächlich anzuerkennen; solche Schadensersatzhaftung kann aber auch aus verschiedenen Unterfällen im vorvertraglichen Stadium entstehen, wobei die Schadensersatzhaftung aus culpa ← 2 | 3 → in contrahendo berechtigterweise zu diesen Fällen gehört. Dabei stellen sich die folgenden Fragen:
a)Nach welchem Rechtsgrund kann eine Schadensersatzhaftung im Rahmen des vorvertraglichen Stadiums anerkannt werden?
b)Wie viel Schadensersatz kann dabei vom Schädiger verlangt werden?
Anzuknüpfen ist hier „die Frage a)“ an die rechtliche Einordnung der Schadensersatzhaftung und „die Frage b)“ an ihren Umfang.
Bemerkenswert ist hierbei, dass die obigen zwei Fragen in unterschiedlichen Gesetzen als ungleich behandelt werden. Eine Schadensersatzhaftung aus vorvertraglichem Stadium ist in Deutschland heute gemäß § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB (und damit auch § 242 BGB) endgültig in Vertragshaftung6 einzuordnen, indem bei den Vertragsverhandlungen die Vorschriften des Schuldverhältnisses bereits angewendet werden. Dort ergibt sich die Schadensersatzhaftung richtig aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo. Der Umfang dieser Schadensersatzhaftung geht in der Regel nicht über den Betrag desjenigen Interesses hinaus, welches der andere Teil am wirksamen Zustandekommen eines Vertrags hat7, d. h., das sog. negative Interesse (= Vertrauensinteresse = Vertrauensschaden) beschränkt sich auf das sog. positive Interesse (= Erfüllungsinteresse = Nichterfüllungsschaden)8.
In Korea sind diese Probleme dagegen nach wie vor umstritten. Eine Schadensersatzhaftung aus vorvertraglichem Stadium ist z. B. nach dem koreanischen obersten Gericht (im Folgenden bezeichnet als „KoGH“) entweder gemäß § 535 Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch (im Folgenden bezeichnet als „KBGB“)9 oder gemäß § 750 KBGB10 anzuerkennen: Eine Schadensersatzhaftung kann ← 3 | 4 → sich gemäß § 535 KBGB erst aus „anfänglicher Unmöglichkeit“ als Unterfall der culpa in contrahendo ergeben11; die hier erwähnte Schadensersatzhaftung wird im Ergebnis in Vertragshaftung12 eingeordnet; der Umfang der Schadensersatzhaftung beschränkt sich ebenso wie z. B. bei § 307 Abs. 1 BGB a. F. auf das negative Interesse, welches nicht über positives Interesse hinausgeht. Die übrige, etwaige Schadensersatzhaftung aus vorvertraglichem Stadium ist hingegen nur gemäß § 750 KBGB in Deliktshaftung einzuordnen; hierbei wird der Umfang der Schadensersatzhaftung im Allgemeinen, unabhängig vom Begriff des negativen und positiven Interesses, nach prinzipieller Kausalitätsbetrachtung13 entschieden.
Aus diesen Gründen richten sich die zwei oben hergestellten Fragen endgültig danach, was unter „rechtlicher Einordnung“ der Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen als problematischer Unterfall des vorvertraglichen Stadiums verstanden wird und danach, wie weit ihr Umfang vor allem unter Betrachtung des Begriffs von dem negativen und positiven Interesse anzuerkennen ist: Der vorliegende Fall ist einerseits gemäß § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB (und damit auch § 242 BGB) im Regulierungsbereich der Vertragshaftung einzuordnen; dabei beschränkt sich der Umfang der Schadensersatzhaftung überhaupt auf negatives Interesse, welches nicht über positives Interesse hinausgeht. Andererseits wird dieser jedoch gemäß § 750 KBGB in Deliktshaftung eingeordnet; hierbei kommt die Vertragshaftung nicht in Betracht, es sei denn, zwischen den Parteien von Vertragsverhandlungen ist bereits ein Schuldverhältnis anzuerkennen; dort ist der Umfang der Schadensersatzhaftung nach prinzipieller Kausalitätsbetrachtung zu entscheiden. Vor diesem ← 4 | 5 → Hintergrund sind die zwei Schwerpunkte dieser Arbeit schließlich im Rahmen des deutschen Privatrechts darauf zu fokussieren, dass die rechtliche Einordnung der Schadensersatzhaftung aus dem Abbruch von Vertragsverhandlungen unter dem scharfen Gesichtspunkt der Rechtsdogmatik klar festgestellt wird, und dass danach unter Betrachtung des Begriffs vom negativen und positiven Interesse der Umfang der Schadensersatzhaftung entsprechend festgesetzt wird. ← 5 | 6 →
1 Siehe beispielsweise BGH NJW 1996, 1885; Palandt-Grüneberg, § 311 Rn. 30. Bei einer Vertragsverhandlung fehlt es daher z. B. gemäß § 154 Abs. 1 BGB grundsätzlich an einer Bindung zum Vertragsabschluss zwischen den Parteien. In diesem Sinne lässt sich nach einigen Ansichten beim „Abbruch von Vertragsverhandlungen“ prinzipiell kein Anspruch auf Abschluss des angestrebten Vertrags anerkennen, sondern ausnahmsweise ein Anspruch auf Schadensersatz, dazu siehe Flume, S. 617; Grunewald, JZ 1984, S. 708, 711; Kaiser, JZ 1997, S. 448, 449; HK-BGB/Schulze, § 311 Rn. 32. Bei einem bestimmten Fall kann jedoch ausnahmsweise und einschränkend ein Anspruch auf Abschluss des angestrebten Vertrags unter dem Gesichtspunkt der Schranken der Vertragsfreiheit, der reinen Auslegung des § 249 BGB und der Abwägung von Interessen anzuerkennen sein, dazu siehe 1. Teil 2. Abschnitt D und 3. Teil 2. Abschnitt B II 3.
2 BeckOK/Gehrlein/Sutschet BGB § 311 Rn. 57.
3 Siehe z. B. BeckOK/Gehrlein/Sutschet BGB § 311 Rn. 58; und zu konkreten tatbestandlichen Voraussetzungen siehe 3. Teil 1. Abschnitt B.
4 Die Lehre der „culpa in contrahendo“ wurde eigentlich von der Lehre des „Verschuldens bei Vertragsschluss“ abgegrenzt. Bei der Lehre des „Verschuldens bei Vertragsschluss“ Leonhards waren die vorvertraglichen Pflichten allein als vorwirkende Folge des später zustande gekommenen Vertrags anzuerkennen: Da bei Leonhard die vorvertraglichen Pflichten davon ausgingen, dass die Vertragsverhandlungen und der dadurch entstehende Vertrag als „einheitliches Ganzes“ ausgestaltet werden, war seiner Auffassung nach endgültig die Entstehung von vorvertraglichen Pflichten abhängig davon, ob der angestrebte Vertrag später zustande gekommen war. Dazu siehe Leonhard, S. 544 ff. und insbesondere S. 553; aber auch siehe RG JW 1912, S. 743 ff.; RGZ 88, 103, 105. Bei der Lehre der culpa in contrahendo, die auf dem Gedanken Jherings beruht, bedarf es hingegen zur Anerkennung von vorvertraglichen Pflichten, mit Ausnahme von einigen Fällen aus z. B. §§ 122 und 179 BGB sowie §§ 307 und 309 BGB a. F., keines Abschlusses eines Vertrags. Der Unterschied zwischen „Verschulden bei Vertragsschluss“ und „culpa in contrahendo“ wurde jedoch in späterer Rechtsprechung klar aufgehoben, und somit werden die Haftung aus „Verschulden bei Vertragsschluss“ und solche aus „culpa in contrahendo“ in heutiger Dogmatik als gleichbedeutend verstanden. Dazu siehe RGZ 95, 58, 60; 98, 325, 327 und 336, 339; 104, 265, 267 f.
5 Siehe z. B. § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB; Art. 2:301 Europäisches Vertragsrecht; § 535 Koreanisches Bürgerliches Gesetzbuch etc. Im Europäischen Vertragsrecht ist der Fall des „ungerechtfertigten Abbruchs von Vertragsverhandlungen“ unmittelbar geregelt: Jede Vertragsverhandlungspartei kann sich gemäß Artikel 2:301 Abs. 2 Europäisches Vertragsrecht zum Schadensersatz dann verpflichten, wenn eine Verhandlungspartei entgegen den Geboten von Treu und Glauben die Vertragshandlungen abgebrochen hat. Zum Artikel 2:301 Europäisches Vertragsrecht eingehend siehe v. Bar/Zimmermann, Europäisches Vertragsrecht, S. 215 ff.
6 Darauf eingehend unter 1. Teil 1. Abschnitt A und 2. Teil 2. Abschnitt.
7 Siehe z. B. §§ 122 Abs. 1, 179 Abs. 2 BGB; §§ 307, 306, 611a BGB a. F. etc.
8 Zum konkreten Umfang der Schadensersatzhaftung im Zusammenhang mit jedem Begriff siehe 3. Teil 2. Abschnitt.
9 Die Vorschrift des § 535 KBGB ist wie folgt geregelt: § 535 KBGB (Verschulden bei Vertragsschluss) (1) Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kannte oder hätte kennen können, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Gültigkeit des Vertrags hat. (2) Abs. 1 tritt nicht ein, wenn der andere Teil die Unmöglichkeit kannte oder hätte kennen können.
10 Die Vorschrift des § 750 KBGB ist wie folgt geregelt: § 750 (Inhalt der Deliktshaftung) Wer vorsätzlich oder fahrlässig einen anderen rechtswidrig in seinen Rechtsgütern verletzt, ist den anderen zum Ersatz des sich daraus ergebenden Schadens verpflichtet. Im Gegensatz zu § 750 KBGB als sog. deliktische Generalklausel beschränkt sich der in §§ 823 ff. BGB geregelte Anwendungsbereich des deutschen Deliktsrechts bekanntermaßen auf die absoluten Rechte, die den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetze und den in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich verursachten Schaden. Dazu siehe 2. Teil 1. Abschnitt C.
11 Somit kann die Vorschrift des § 535 KBGB unter dem gleichen rechtsdogmatischen Gesichtspunkt des § 307 Abs. 1 BGB a. F. verstanden werden.
Details
- Seiten
- XIII, 201
- Erscheinungsjahr
- 2017
- ISBN (PDF)
- 9783631730089
- ISBN (ePUB)
- 9783631730096
- ISBN (MOBI)
- 9783631730102
- ISBN (Paperback)
- 9783631729816
- DOI
- 10.3726/b12093
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (September)
- Schlagworte
- Dichotomisches Haftungssystem Vertragsfreiheit Verhandlungsabbruch Deliktshaftung Rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis Negatives Interesse Positives Interesse
- Erschienen
- Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XIII, 201 S.