Lade Inhalt...

Das neue börsengesetzliche Regulierungskonzept für den Rückzug aus reguliertem Markt und Freiverkehr de lege lata und de lege ferenda

von Samuel Frommelt (Autor:in)
©2019 Dissertation 306 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen der vorliegenden Publikation stellt der Autor die Neuregelung des § 39 BörsG ausführlich dar und geht insbesondere der Frage nach, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, einen sinnvollen Kompromiss zwischen den Interessen der Minderheitsaktionäre und der effektiven Durchführung des Delisting zu bewerkstelligen. Er überprüft dabei die gegenüber dem Gesetzgeber bisher geäußerte Kritik auf ihre Berechtigung, indem er zunächst jeweils die gesetzliche Anordnung detailliert darstellt und deren konkrete Anwendung überprüft. Dabei regt er – wo erforderlich – die Änderung bzw. Ergänzung einzelner Regelungskomplexe an, um anhand derer ein einheitliches und dogmatisch stringentes sowie praktisch sinnvoll handhabbares Gesamtgefüge zu konzipieren.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einführung
  • A. Einleitung
  • B. Ziel der Bearbeitung
  • C. Gang der Darstellung
  • 1 Das Delisting im Börsenumfeld
  • A. Die Börsenzulassung
  • I. Der Aufbau der Börse
  • 1. Rechtsform, Organe und Aufsicht
  • 2. Die verschiedenen Handelssegmente
  • a. Der regulierte Markt
  • b. Der Freiverkehr
  • II. Der Begriff der Börsenzulassung
  • III. Rechtsnatur der Zulassung und Voraussetzung ihrer Erteilung
  • IV. Zulassungsfähige Wertpapiere
  • V. Auf einzelne Aktiengattungen beschränkte Zulassung
  • B. Grundlagen des Delisting
  • I. Der Begriff des Delisting
  • II. Begriffsbestimmung Downlisting, Downgrading und partielles Delisting
  • III. Motivation zur Durchführung eines Delisting
  • 1. Motive und Abwägungskriterien des Vorstands
  • a. Mangelnde Effektivität des Listing
  • b. Personal- und Kostenaufwand
  • c. Zulassungs- und Einbeziehungsfolgepflichten
  • aa. Zulassungsfolgepflichten
  • (1). Aktienrechtliche Zulassungsfolgepflichten
  • (2). Kapitalmarktrechtliche Zulassungsfolgepflichten
  • bb. Einbeziehungsfolgepflichten
  • (1). Folgepflichten vor Inkrafttreten der MAR
  • (2). Folgepflichten nach Inkrafttreten der MAR
  • (a). Erstreckung auf den Freiverkehr
  • (b). Beschränkung auf antragsbedingte Einbeziehung
  • (3). Schlussfolgerung
  • cc. Wegfall des Pflichtenprogramms durch Widerruf der Zulassung
  • 2. Das grundsätzliche Spannungsfeld zwischen Emittent, Haupt- und Minderheitsaktionären
  • 2 Entwicklung, Erfordernis und Ausgestaltungsgrundlagen der Regulierung des Delisting
  • A. Regulierung des regulären Delisting vor der gesetzlichen Normierung im BörsG
  • I. Zeitraum der fehlenden einheitlichen Regulierung – Die börsenrechtlichen Vorgaben vor § 39 Abs. 2 bis 6 BörsG n. F.
  • II. Faktische Regulierung des Delisting durch die Rechtsprechung
  • 1. Diskussion vor Macrotron
  • 2. Das anfängliche Regelungsregime der Rechtsprechung – Das Macrotron-Urteil des BGH242
  • a. Erforderlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses mit einfacher Kapitalmehrheit
  • b. Pflichtangebot des Hauptaktionärs an die Minderheitsaktionäre
  • c. Überprüfbarkeit des Angebots im Spruchverfahren
  • d. Folgefragen
  • 3. Richtigstellung der eigentumsrechtlichen Implikationen – Das Urteil des BVerfG zum Delisting 265
  • a. Ablehnung der eigentumsrechtlichen Gebotenheit
  • b. Zulässige Rechtsfortbildung durch Richterrecht
  • 4. Aufgabe der judikativ-faktischen Regulierung – der Frosta-Beschluss des BGH
  • a. Ablehnung der einfach-rechtlichen Analogievoraussetzungen
  • b. Fehlende Schutzbedürftigkeit
  • c. Folgen
  • B. Erforderlichkeit regulatorischen Einschreitens
  • I. Das Meinungsspektrum der Reaktionen auf den Frosta-Beschluss
  • 1. Reaktionen der Wissenschaft
  • 2. Problem des Delisting als Vorbereitung einer Strukturmaßnahme
  • 3. Zwingende Erforderlichkeit des gesetzgeberischen Einschreitens im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG?
  • II. Verfassungsrechtliche Implikationen
  • III. Europarechtliche Maßgaben
  • IV. Quantitative Steigerung der Delistings
  • V. Gefahr des Wertverlusts für Minderheitsaktionäre?
  • 1. Die Ausführungen des BGH
  • 2. Wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage des Wertverlusts in Literatur und Forschung
  • 3. Die Empirie zur Frage des Wertverlusts
  • a. Empirische Methodik
  • b. Erste Studien unmittelbar nach Frosta
  • c. Die Studie von Karami/Schuster
  • d. Die Studie von Thomale/Walter
  • 4. Analyse der empirischen Befunde
  • VI. Stellungnahme zum grundsätzlichen Bestehen eines Regulierungserfordernisses
  • 1. Wertverluste (nur) als gewichtiges Indiz
  • 2. Faktische Nachteile der Minderheitsaktionäre
  • 3. Kollektiv-rechtliche Komponente
  • C. Grundsätze der gesetzlichen Ausgestaltung
  • I. Property rule oder liability rule als Regulierungsinstrument
  • 1. Mangelnde Effektivität eines Hauptversammlungsbeschlusserfordernisses
  • 2. Abwägung der Möglichkeiten des monetären Ausgleichs
  • II. Regulierungsebene
  • III. Überblick über die Forderungen bezüglich der gesetzlichen Ausgestaltung
  • 1. Initiative des Bundesrats
  • 2. Kapitalmarktrechtliche Lösung
  • 3. Aktienrechtliche Lösung
  • 4. Beschränkung der Regulierung auf eine Erweiterung des SpruchG
  • 5. Normative Verortung in den einzelnen BörsO
  • IV. Stellungnahme
  • 3 Grundkonzeption des neuen börsengesetzlichen Regulierungsregimes
  • A. Gesetzgebungsgeschichte
  • I. Der Änderungsentwurf vom 31.8.2015
  • II. Endgültige Fassung
  • B. Die Ausgestaltung der börsengesetzlichen Regulierung durch § 39 BörsG
  • I. Grundsätzliche Konzeption
  • II. Delisting-Angebot als eigene Angebotskategorie
  • III. § 31 WpÜG im Normgefüge der bei kalten Delistings in eine Abfindungspflicht resultierenden Normen des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts
  • 1. Sonderfall: Delisting vAw. nach § 39 Abs. 1 BörsG
  • 2. Formwechsel (§§ 191 ff. UmwG)
  • 3. Verschmelzung
  • 4. Eingliederung
  • 5. Squeeze out
  • 6. Gründung einer Holding-SE
  • 7. Die „angemessene Abfindung“ im Lichte der Rechtsprechungsentwicklung
  • a. Grundlagen
  • b. Berechnungsmethoden
  • c. Tendenz der Rechtsprechung hin zum Börsenkurs
  • 8. Die Besonderheit des § 31 WpÜG
  • IV. Die Höhe der Abfindung beim Delisting – die kontroverse Anordnung des Börsenkurses als Grundlage für die Berechnung der Abfindungshöhe
  • 1. Berechnung nach Börsenwert – die aktuelle gesetzliche Anordnung
  • a. Grundlagen der Berechnung
  • b. Kritik
  • 2. Stellungnahme
  • a. Differenzierung anhand des Schutzguts
  • b. Mangelnde Vergleichbarkeit zu Strukturmaßnahmen als weiteres Indiz
  • (1). Formale Betrachtung
  • (2). Börsenwert als Grundfall in Einklang mit der Rechtsprechung
  • c. Erleichterung des Delisting
  • V. Die Modifizierung der Berechnungsmethode
  • 1. Bestimmung der Berechnungsperiode
  • 2. Stellungnahme
  • 4 Konkrete Ausgestaltung des Angebots
  • A. Ausgestaltung des Angebots nach modifizierten übernahmerechtlichen Grundsätzen
  • I. Anwendungsbereich
  • 1. Sachlicher Anwendungsbereich
  • 2. Zeitlicher Anwendungsbereich
  • II. Adressat der Angebotspflicht
  • III. Angebot auf alle Aktien – der Grundsatz des Vollangebots
  • 1. Möglichkeit von Teilangeboten bei einfachen Angeboten des WpÜG
  • 2. Grundsätzliches Verbot von Teilangeboten bei Delisting-Angeboten
  • 3. Möglichkeit des beschränkten Angebots bei kombinierten Pflicht- oder Übernahmeangeboten?
  • a. Die Divergenz der börsengesetzlichen zur übernahmerechtlichen Anordnung als Auslegungsproblem
  • b. Stellungnahme
  • IV. Zeitlicher Zusammenhang
  • 1. Grundsatz der Aktualität des Angebots
  • 2. Stellungnahme
  • V. Bedingungsfeindlichkeit des Angebots
  • 1. Bedingung des erfolgreichen Delisting-Antrags
  • a. Meinungsbild
  • b. Stellungnahme
  • 2. Möglichkeit weiterer Bedingungen beim kombinierten Übernahmeangebot?
  • 3. Bedingung regulatorischer Freigaben
  • VI. Die Bedeutung des § 39 Abs. 4 BörsG im Normgefüge des neuen Delisting-Schutzes
  • 1. Diskussionswürdige Anwendbarkeitserklärung der WpÜG-Vorschriften auf ausländische Gesellschaften
  • 2. Stellungnahme
  • a. Sinnhaftigkeit der Regelung
  • b. Konkreter Anwendungsbereich
  • VII. Exkurs: Möglichkeit des Verzichts auf die Börsenzulassung
  • B. Verfahrensrechtliche Anforderungen an das Angebot
  • I. Antrag des Emittenten
  • II. Delisting-Agreement zwischen Bieter und Vorstand des Emittenten
  • 1. Abwägung des Vorstands
  • 2. Zulässigkeitsgrenzen
  • III. Kostentragung
  • IV. Verfahren bei Ankündigung der Entscheidung zur Angebotsabgabe
  • V. Fehlende Pflicht zur konkreten Deklarierung des Angebots bei Entscheidung zur Angebotsabgabe
  • VI. Veröffentlichung des Angebots
  • 1. Grundsätzliches
  • 2. Anforderungen an die Angebotsunterlage
  • a. Allgemeine Anforderungen
  • b. Die Angaben im Einzelnen
  • aa. Allgemeine Angaben
  • bb. § 2 Nr. 7a WpÜG-AngebotVo
  • cc. Kritik am umfassenden Verweis des § 39 Abs. 3 S. 2 BörsG
  • VII. Sicherstellung der Finanzierung
  • VIII. Übermittlung und Veröffentlichung der Angebotsunterlage gem. § 14 WpÜG
  • IX. Pflicht zur Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats des Emittenten
  • X. Prüfungsumfang von BaFin und Börse
  • XI. Folge bei fehlerhafter oder fehlender Angebotsunterlage
  • 5 Die Abfindungspflicht beim Downlisting, Downgrading und dem Rückzug aus dem Freiverkehr de lege lata und de lege ferenda
  • A. Kontroverse Anordnung des Gesetzgebers
  • B. Downgrading
  • C. Downlisting und Rückzug aus dem Freiverkehr de lege lata
  • D. Kritik
  • E. Lösungsvorschlag
  • I. Konzeptionelle Änderung des Zeitpunkts für die Angebotspflicht
  • 1. Grundlegend unzutreffender Ansatz der Abfindungspflicht
  • 2. Problem des gestuften Delisting
  • II. Normative Umsetzung
  • 1. Grundsätzliche Erwägungen
  • a. Abfindungsfreiheit beim Downlisting
  • b. Abfindungspflicht bei Rückzug aus dem Freiverkehr
  • 2. Konkrete Normierung
  • F. Exkurs: Änderungsbedürftigkeit des § 29 UmwG?
  • 6 Ausnahmen vom Börsenwert als Abfindungsgrundlage
  • A. Grundsatz der Unternehmensbewertung bei nicht repräsentativem Börsenkurs
  • B. Kapitalmarktrechtliche Verstöße als Anordnungsgrund für eine Unternehmensbewertung – § 39 Abs. 3 S. 3 BörsG
  • I. Nichtbeachtung einer Veröffentlichungspflicht
  • 1. Grundlagen
  • 2. Konkreter Umfang der Regelung
  • II. Marktmanipulation
  • III. Die problematische Anordnung eines Zahlungsanspruchs bei Verstößen durch vom Bieter personenverschiedene Stellen de lege lata
  • 1. Verstoß des Bieters gegen Art. 15 MAR
  • 2. Verstoß des Emittenten oder eines Dritten gegen Artt. 15 und 17 MAR
  • a. Zurechnungskriterien bei Marktmanipulation eines Dritten de lege lata
  • b. Zurechnung des Verhaltens natürlicher Personen
  • c. Zurechnungskriterien im Konzern nach Vorbild der übernahmerechtlichen Kriterien zur Angebotshöhe
  • 3. Stellungnahme
  • a. Rechtspolitisch zustimmungswürdige Anordnung
  • b. Wünschenswerte Aufhebung des Zurechnungskonzepts
  • IV. Fragwürdige Vorstellung des Gesetzgebers: Erfordernis der rechtskräftigen Feststellung des Verstoßes?
  • V. Rechtsfolge bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 S. 3 BörsG
  • VI. Rückausnahme: keine wesentliche Kursbeeinflussung
  • 1. Gesetzliche Anordnung
  • 2. Anforderungen an die Unwesentlichkeit
  • 3. Stellungnahme
  • a. Bestimmung der Unwesentlichkeit
  • b. Heranziehung des konkreten Börsenkurses
  • VII. Prüfungsumfang und Sanktionsmöglichkeiten der BaFin
  • VIII. Kein Regulierungsbedarf zum Schutz der Aktionäre, die das Angebot nicht angenommen haben
  • 1. Meinungsbild
  • 2. Bestehen eines ausreichenden Schutzmechanismus nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften
  • C. Abfindung nach Unternehmenswert bei Marktenge – § 39 Abs. 3 S. 4 BörsG
  • I. Grundsätzliches
  • II. Besonderheiten bei KMU
  • III. Kritik an der Existenz der Norm und deren Effektivität
  • 1. Grundsätzliche Sinnhaftigkeit der Regelung
  • 2. Wertungswiderspruch bei höherem Kurs aufgrund außerbörslicher Erwerbe?
  • IV. Stellungnahme
  • 1. „Ob“ der Regelung
  • 2. Sachgemäße Festsetzung der Grenzwerte
  • 3. Ausnahme bei höherem marktbasierten Kurs
  • D. Weitere Fälle der Berechnung nach Unternehmenswert?
  • I. Situation im Übernahmerecht
  • II. Stellungnahme
  • E. Verjährung der Ansprüche
  • 7 Ausnahmen von der Angebotspflicht
  • A. Fortbestehen anderweitiger Listung – § 39 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BörsG
  • I. Teil-Delisting – § 39 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 lit. a BörsG
  • II. Der Versuch der Verhinderung einer Börsenrechtsarbitrage – § 39 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 lit. b BörsG
  • 1. Anforderungen an die Voraussetzung des vergleichbaren Standards
  • 2. Rechtsvergleichende Darstellung der Regelungen an ausländischen Börsenplätzen
  • 3. Stellungnahme
  • a. Erfordernis der beschränkten Erstreckung auf Drittstaaten
  • b. Normative Umsetzung
  • B. Prüfungsumfang der Börsengeschäftsführung
  • C. Erforderlichkeit weiterer Ausnahmetatbestände?
  • I. Ausnahme bei allseitigem Einverständnis?
  • II. Ausnahmen für bestimmte Aktionärsgruppen?
  • 8 Regelungsmöglichkeiten in § 39 Abs. 5 BörsG und in der Satzung des Emittenten
  • A. Weitere Regelungen in § 39 Abs. 5 BörsG
  • I. Nachfrist – § 39 Abs. 5 S. 2 BörsG
  • II. Weitere Bestimmungen durch die BörsO – § 39 Abs. 5 S. 3 BörsG
  • 1. Schranken der börsenordnungsrechtlichen Rechtssetzungsbefugnis
  • 2. Mögliche Regelungskomplexe und Umsetzung in der Praxis
  • B. Möglichkeit einer Satzungsregelung
  • I. Ausschluss durch § 39 BörsG
  • II. Fixierung der Börsennotierung in der Satzung
  • III. Stellungnahme
  • IV. Weitere Ansätze
  • 9 Rechtsschutz
  • A. Kontroverse Diskussion über die Rechtsschutzmöglichkeiten
  • B. Rechtsschutzmöglichkeiten der Aktionäre
  • I. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz
  • 1. Rechtsschutzbedürfnis einer Anfechtungsklage (Drittschutz)
  • a. Diskussion vor der Neuregelung
  • b. Neubewertung des Drittschutzes aufgrund § 39 BörsG
  • 2. Beschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs durch § 39 Abs. 6 BörsG
  • 3. Fehlende Möglichkeit des Vorgehens gegen Freigabe der Angebotsunterlage
  • II. Zivilgerichtlicher Rechtsschutz
  • 1. Geltendmachung von Individualansprüchen bei Abfindung nach Unternehmenswert
  • 2. Die Erweiterung des KapMuG als Instrument zur umfassenden Streitbeilegung
  • 3. Kritik
  • a. Kostenrechtliche Aspekte
  • b. Rechtssicherheit und Verfahrensdauer
  • 4. Stellungnahme
  • a. Kostenrechtliche Aspekte – § 92 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 ZPO
  • b. Keine Bedenken wegen fehlender inter omnes-Wirkung
  • c. Möglichkeit der umfassenden Klärung der feststellungsbedürftigen Fragen
  • d. Zeitliche Beschränkung zur Geltendmachung
  • e. Verfahrensdauer
  • 5. Exkurs: Anpassung bei Feststellung systemischer Verfahrensverzögerung in der Zukunft
  • III. Amtshaftungsansprüche
  • C. Rechtsschutz des Emittenten
  • I. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz
  • 1. Gebundene Entscheidung
  • 2. Gerichtliche Durchsetzungsmöglichkeit
  • II. Schadensersatzklage gegen den Vorstand
  • 10 Ausnahmen bei notleidenden Gesellschaften de lege lata und de lege ferenda
  • A. Besonderheiten des Delisting in der Insolvenz – die fehlende Anordnung einer Bereichsausnahme für insolvente Gesellschaften
  • I. Organkompetenz
  • II. Pflicht zum Angebot in der Insolvenz
  • 1. Verstoß gegen insolvenzrechtliche Grundsätze?
  • 2. Erforderlichkeit eines Angebots
  • a. Erwägungen bei Auflösung des Emittenten
  • b. Erwägungen bei Weiterführung des Unternehmens
  • c. Schlussfolgerung
  • III. Stellungnahme
  • 1. Grundsätzliche Erwägungen
  • 2. Normative Umsetzung
  • B. Einführung eines Sanierungsprivilegs
  • I. Bestehen eines Sanierungsprivilegs im Übernahmerecht und beim Delisting de lege lata und de lege ferenda
  • II. Übertragung der übernahmerechtlichen Grundsätze auf das Delisting – Normative Umsetzung des Sanierungsprivilegs
  • 11 Abschließende Erwägungen
  • A. Gesamtzusammenfassung
  • B. Fazit und Ausblick
  • Anhang
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Literaturverzeichnis

Einführung

A. Einleitung

Das Delisting hat in der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte eine sehr wechselhafte und kontroverse Stellung eingenommen und sich damit durchaus den Beinamen der „unendlichen Geschichte“ verdient.1 Es war Gegenstand mehrerer Regulierungsvorhaben auf unterschiedlichen Regulierungsebenen, von einer Nichtregelung über die Regelung in den verschiedenen BörsO bis hin zur (zunächst rudimentären) Behandlung im BörsG. Prägend war jedoch die Entwicklung innerhalb der Rechtsprechung, in der nicht nur der BGH, sondern mittelbar auch das BVerfG entscheidende Rollen spielten.

Zeitweilig wurde die Diskussion um das Für und Wider einer gesetzlichen Regelung des Delisting und dessen konkrete Ausformung zu einem regelrechten Kampf um die Attraktivität des deutschen Aktienmarkts und damit einhergehend des Wirtschaftsstandorts Deutschland generell stilisiert.2 In der Blütezeit der Echauffiertheit wurde „Delisting“ von manchen im Zusammenhang mit vermeintlichen Verlusten von Kleinanlegern sogar als Unwort des Jahres bezeichnet.3 Auch der Gebrauch martialischer Rhetorik („Dolchstoß für den treuen langfristigen Anleger“) war anscheinend probates Mittel, seiner Meinung Gehör zu verschaffen.4

Die Diskussion ist nach wie vor – wenn auch nicht immer ausdrücklich – von grundsätzlichen politisch-ökonomischen Gedanken geprägt, was an manchen Stellen eine „saubere“ juristische Auseinandersetzung mit den sich stellenden Problemen in den Hintergrund rücken lässt.

Dieser scheinbar nicht enden wollenden Diskussion über die rechtlich korrekte Handhabung des Delisting hat nun der Gesetzgeber einen regulatorischen Riegel vorgeschoben. Er hat durch den von ihm neu geschaffenen Regelungskomplex in § 39 BörsG versucht, eine einheitliche und allen Interessen gerecht ←23 | 24→werdende Regelung zu schaffen. Hierbei war er sich aber bewusst, dass die Praxis ein anderes Bild zeichnen könnte, sodass die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD der Bundesregierung aufgaben, bis zum Ende des Jahres 2017 über die Erfahrungen mit der Neuregelung – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsschutzmöglichkeiten – zu berichten,5 was den Nährboden für die Befassung in Wissenschaft und Praxis mit der Frage nach Verbesserungsmöglichkeiten bereitete. In seiner Bestrebung, die unterschiedlichen Interessen im Wege eines Kompromisses miteinander zu vereinen,6 hat der Gesetzgeber mit § 39 BörsG eine in ihrer Komplexität und Vielschichtigkeit allen voran im Hinblick auf die Anzahl an letztlich tangierten Gesetzen bemerkenswerte Regelung geschaffen. Bereits hieran zeigt sich, dass die Diskussion über die richtige Handhabung des Delisting keinesfalls am Ende angekommen ist, sondern sich die Streitpunkte lediglich verlagern werden.7

Realpolitisch sind in naher Zukunft – betrachtet man die Reaktionen aufseiten der Anlegervertreter – keine grundsätzlichen Änderungen etwa in Form einer gänzlichen Deregulierung zu erwarten, sodass eine detaillierte Beschäftigung mit dem neuen Regulierungskomplex unumgänglich sein wird und in der folgenden Arbeit angestrengt werden soll.

B. Ziel der Bearbeitung

Die verfassungsrechtliche Behandlung des Delisting und seiner grundrechtlichen, insbesondere eigentumsrechtlichen Implikationen ist bereits an so vielen unterschiedlichen Stellen in einer so umfassenden Tiefe erfolgt, dass eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen anderen Werken vorbehalten bleiben soll.8 Selbiges gilt für die einzelnen, sich stetig im Wandel befindlichen Regelungen in den verschiedenen BörsO.9

Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, das neue Regulationsregime des Delisting ausführlich darzustellen sowie die Handhabung für den ←24 | 25→Rechtsanwender zu erleichtern und verständlich zu machen. Es stellt sich dabei vornehmlich die Frage, ob es dem Gesetzgeber gelungen ist, einen sinnvollen Kompromiss zwischen den Interessen der Minderheitsaktionäre und der effektiven Durchführung des Delisting zu bewerkstelligen, die an den richtigen Stellen ansetzt und die angemessene Art und Weise des Anlegerschutzes konstituiert. Anhand dieser Fragen ist die Neuregelung zu bewerten. Dabei soll die dem Gesetzgeber gegenüber geäußerte Kritik an den entsprechenden Stellen auf ihre Berechtigung überprüft werden, indem zunächst jeweils die gesetzliche Anordnung detailliert dargestellt und deren konkrete Anwendung erarbeitet werden und – wenn erforderlich – die Änderung bzw. Ergänzung einzelner Regelungskomplex angeregt wird, um anhand dessen ein einheitliches und dogmatisch stringentes sowie praktisch sinnvoll handhabbares Gesamtgefüge zu konzipieren.

C. Gang der Darstellung

Im ersten Teil der vorzulegenden Arbeit sollen – nach einer kursorischen Skizzierung des Aufbaus einer Börse samt ihrer Marktsegmente und den Grundlagen der Zulassung und Einbeziehung – die im Fortgang der Arbeit zugrunde gelegten Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem Komplex des Delisting, die Grundlagen des Delisting sowie dessen Implikationen, insbesondere die Gründe für ein solches und die tangierten Interessen der Beteiligten unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der MAR auf die Regulierung des Freiverkehrs beschrieben werden.

Daran anknüpfend wird die Entwicklung der Regulierung des Delisting, beginnend mit einer dezentralisierten Regulierung durch die BörsO über die sich im Wandel der Zeit geänderte Ausgestaltung des Anlegerschutzes bis zu dessen Aufgabe durch die Rechtsprechung weitergeführt durch die Literatur und schließlich mündend in die Neuregelung des § 39 BörsG illustriert.

Letztere soll im Folgenden detailliert beleuchtet werden. Hierzu wird zunächst die Notwendigkeit einer Regulierung anhand empirischer Befunde und einer auf den zuvor dargestellten tangierten Interessen basierenden Analyse der Marktgegebenheiten bestimmt. Hieran schließen sich Überlegungen nach dem grundsätzlichen Aufbau einer Schutznorm und Ausführungen zu der Frage an, nach welchen grundlegenden Prinzipien sich eine gesetzliche Ausgestaltung (wie etwa Regulierungsebene und -umfang) zu richten hat.

Gleichsam Weiterführung dieses Gedankens und Einführung in die detaillierte Darstellung des § 39 BörsG soll die sich anschließende Beschäftigung mit ←25 | 26→der (durchaus bewegten) Gesetzgebungsgeschichte und den im Rahmen dieser präsentierten divergierenden Regelungskonzepte sein.

Schließlich sollen die einzelnen Tatbestandsmerkmale sowie die Rechtsfolgen und der sich ergebende Rechtsschutz des § 39 BörsG im Detail dargestellt und bewertet werden, wobei jeweils die Effektivität der einzelnen Regelungskomplexe und ihre dogmatische und praktische Tauglichkeit Gegenstand der Untersuchung sein werden. Deren Anfang bildet eine Darstellung der grundlegend gewählten Konzeption der Angebotspflicht nach Vorbild des Übernahmerechts in perspektivischem Vergleich zu anderen Abfindungsregelungen.

Nach der Skizzierung des Anwendungsbereichs der Norm wird ein erster Schwerpunkt auf den Grundlagen der konkreten Ausgestaltung der Angebotspflicht, insbesondere der Abfindungshöhe nach Börsenwert, sowie u. a. deren Bedingungsfeindlichkeit und dem Grundsatz des Vollangebots liegen. Hieran schließt sich die Darstellung der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Angebots an.

Der kontroversen Frage der Anwendbarkeit der Neuregelung auf Downlistings soll daraufhin ein eigener Abschnitt gewidmet werden, in denen die momentane gesetzliche Regelung dargestellt und Änderungen angeregt werden. Danach werden die Ausnahmen von der Abfindung nach Börsenwert im Einzelnen mitsamt all ihren Facetten und den sich stellenden Fragen skizziert, um danach wiederum die Ausnahmen von der Angebotspflicht bei Zweitlistungen zu beleuchten.

Daraufhin werden die Regelungsmöglichkeiten der Börsen gem. § 39 Abs. 5 BörsG und eben jene in der Satzung des Emittenten dargestellt.

Dem Tatbestand folgend werden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Beteiligten aufgezeigt, wobei der Fokus hier auf dem der Anleger liegen wird, insbesondere auf der Evaluierung der Geltungsanordnung des KapMuG.

Zuletzt sollen Folgefragen wie die Behandlung notleidender Gesellschaften, respektive der in Bezug auf sanierungsbedürftige und insolvente Emittenten bestehende Regelungsbedarf geschildert werden.


1 Casper, FS Köndgen, 117.

2 Man betrachte nur den Beitrag von Seibt zur Diskussion im Bundestag vor Erlass des § 39 BörsG n. F. (Protokoll der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses vom 7.9.2015, S. 25).

3 So augenscheinlich die DSW in persona ihres Geschäftsführers Tüngler, vgl. Bayer/Hofmann, AG 2015, R55.

4 Auf diesen Ausdruck weisen Apfelbacher/Decher/Hoffmann-Becking, Börsen-Zeitung v. 26.9.2015 hin.

5 Vgl. BT-Drucks. 18/6220, S. 79.

6 Die fehlende Konsequenz dieses Ansatzes kritisiert Goetz, BB 2015, 2691, 2693.

7 Diese Einschätzung teilt auch Casper, FS Köndgen, 117, 146.

8 S. hierzu beispielhaft die monographische Aufbereitung dieses Komplexes von Kastl, Rückzug von der Börse, S. 206 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen.

9 Vgl. bzgl. der Delisting-Regelungen Kastl, Rückzug von der Börse, S. 122 ff.; bzgl. der früher geltenden Offenbarungspflichten Rutz, Delisting und Downgrading, S. 201 ff. Nach Einführung der MAR haben diese für die hier relevanten Zusammenhänge auch weitgehend an Bedeutung eingebüßt, s. hierzu ausführlich u.: Kapitel 1 B.III.1.c.bb.

←26 | 27→

1 Das Delisting im Börsenumfeld

A. Die Börsenzulassung

Da ein Delisting die Beendigung der Zulassung bedeutet,10 ist eine genauere Auseinandersetzung mit dem Begriff der Börsenzulassung an dieser Stelle unumgänglich. Hierfür muss jedoch wiederum zunächst der Aufbau einer Börse einschließlich ihrer unterschiedlichen Marktsegmente dargestellt werden.

I. Der Aufbau der Börse

Es soll zunächst skizziert werden, wie eine Börse aufgebaut und strukturiert ist.11

1. Rechtsform, Organe und Aufsicht

Nach der erst 2007 durch das FRUG eingeführten12 Definition von „Börse“ in § 2 Abs. 1 BörsG sind Börsen zunächst „teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, die nach Maßgabe dieses Gesetzes multilaterale Systeme regeln und überwachen“. Die Börse ist damit mangels Vollrechtsfähigkeit zwar keine juristische Person des öffentlichen Rechts iSd. § 89 BGB,13 sie kann jedoch trotzdem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter ihrem Namen klagen und verklagt werden, § 2 Abs. 5 BörsG. Sie ist als Anstalt des öffentlichen Rechts auch „faktischer Marktveranstalter14 und somit Betreiber des Börsenhandels15 und als solcher autonom dafür verantwortlich, für einen ordnungsgemäß durchgeführten Börsenhandel zu sorgen.16 Dieses der Börse verliehene Selbstverwaltungsrecht führt ←27 | 28→zu einem selbstständigen und ohne Direktive wahrzunehmenden Handlungsspielraum im Rahmen der auf die Börse übertragenen Aufgaben17 und umfasst gleichzeitig die Befugnis der Börse, Regelungen für diesen Handel zu treffen, was durch Erlass der entsprechenden BörsO in Form von Satzungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 BörsG) erfolgt.18 Als Anstalt des öffentlichen Rechts besteht zugunsten der Börse auch eine Rechtssetzungsbefugnis zum Erlass von Verwaltungsakten.19 Die Börse handelt nach der börsenrechtlichen Konzeption durch ihre Organe, namentlich die Börsengeschäftsführung (§ 15 BörsG), den Börsenrat (§ 12 BörsG), den Sanktionsausschuss (§ 22 BörsG) und die Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG),20 wobei für die vorliegende Arbeit lediglich die Geschäftsführung von erhöhter Relevanz sein wird. Die Geschäftsführung ist nämlich gem. § 15 Abs. 1 S. 1 BörsG für die laufenden Geschäfte der Börse zuständig, mithin für alle Aufgaben, die nicht explizit einem anderen Organ zugewiesen sind, vgl. § 7 Abs. 2 BörsO FWB. Hiervon erfasst sind insbesondere die Erteilung der Zulassung als auch deren Widerruf.21

Von der Börse als Veranstalterin des Marktes ist indes der Träger der Börse zu differenzieren.22 Der Träger ist grundsätzlich gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BörsG dazu berechtigt und verpflichtet, für die Errichtung und den Betrieb der Börse zu sorgen. Er fungiert nach Erteilung der Erlaubnis iSd. § 4 Abs. 1 S. 1 BörsG als Beliehener23 und ist als solcher bei der Erfüllung der ihm obliegenden öffentlichen Pflichten stets der staatlichen Überwachung unterstellt.24 Dabei ist ihm die Einflussnahme auf die interne Organisation des Börsenhandels und -aufbaus verwehrt; sein Aufgaben- und Pflichtenprogramm erstreckt sich lediglich auf die ←28 | 29→Bereitstellung und Gewährleistung der erforderlichen Mittel zum Betrieb der Börse (sog. „Wirtschaftliches Management“).25

Die Aufsicht über die Börse obliegt gem. § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG der obersten Landesbehörde. Dies ist der jeweils zuständige Fachminister, meist also der Wirtschaftsminister des Bundeslands, in welchem die Börse ihren Sitz hat.26 Die Befugnisse der Börsenaufsicht bestehen grundsätzlich darin, das Handeln der Börsenorgane im Rahmen der Rechtsaufsicht auf dessen Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.27 Diese Aufgaben sind von jenen der BaFin zu unterscheiden, die gem. § 4 Abs. 1 S. 1 WpHG vornehmlich die – im hier vorliegenden Zusammenhang relevante –Überwachung der Handelsteilnehmer in Bezug auf Insiderhandel und Veröffentlichungspflichten im Rahmen der Marktaufsicht wahrnimmt.28

2. Die verschiedenen Handelssegmente

Die grundsätzliche Konzeption der Handelssegmente der Börse definiert sich durch eine Zwei-Segmente-Teilung in den regulierten Markt gem. §§ 32 ff. BörsG und den Freiverkehr gem. § 48 BörsG.29

a. Der regulierte Markt

Den bei äußerlicher Betrachtung des tatsächlichen Handelsgeschehens nicht bemerkbaren Differenzen stehen bedeutende Unterschiede in der rechtlichen Ausgestaltung und den hieraus resultierenden Konsequenzen gegenüber:30 Bei dem regulierten Markt handelt es sich um einen Handelsplatz öffentlich-rechtlicher Prägung.31 Dies führt zu grundsätzlich hohen Anforderungen an die von ←29 | 30→den Emittenten für den Handel ihrer Papiere zu erfüllenden Kriterien.32 Dies beginnt bereits mit den ihrerseits an strenge Voraussetzungen geknüpften Zulassungsvoraussetzungen gem. § 32 BörsG.33 Hinzu kommt grundsätzlich die obligatorische Erfüllung erhöhter Zulassungsfolgepflichten.34

Innerhalb des regulierten Markts gibt es gem. § 42 Abs. 1 BörsG für die Börsen die Möglichkeit, eine weitere Diversifizierung des Handelssegments vorzunehmen. An der FWB35 ist dies in Form einer Zweiteilung geschehen, indem bereits zum 1.1.2003 mit Schaffung des Prime Standard ein Teilbereich mit – im Gegensatz zum Teilbereich des General Standard – erhöhten Zulassungsfolgepflichten eingerichtet wurde.36 Es bestehen zwischen den beiden Teilsegmenten auch faktische Unterschiede: So ist die Listung im Prime Standard z. B. Voraussetzung für eine Aufnahme in den DAX oder den MDAX37 und richtet sich im Allgemeinen an Gesellschaften, deren Ziel die Aufmerksamkeit von und der Zugang zu internationalen Märkten ist,38 während der General Standard eher für kleine und mittelständische AG mit einem Fokus auf nationale Investoren konzipiert ist und auch von diesen genutzt wird.39

←30 | 31→
b. Der Freiverkehr

Beim Freiverkehr hingegen handelt es sich nach h. M. nicht um ein öffentlich-rechtlich, sondern vielmehr um ein privatrechtlich organisiertes Segment.40 Dies gilt bzw. galt zumindest für die Bedingungen, denen die Handelsteilnehmer unterworfen sind, insbesondere im Hinblick auf die Teilnahme am und die Einbeziehung in den Handel,41 da die am Freiverkehr einbezogenen Wertpapiere bisher grundsätzlich lediglich den regulatorischen Vorgaben der AGB für den Freiverkehr der jeweiligen Börse unterlagen.42 Der Freiverkehr ist somit auch kein organisierter Markt iSd. § 2 Abs. 5 WpHG.43 Eine erhebliche Erweiterung der Pflichten eines Emittenten auch im Freiverkehr – unabhängig von den Regelungen der einzelnen Börsen – ist jedoch durch die MAR normiert worden.44

Aufgrund der Ermächtigung hierzu in § 48 Abs. 1 S. 3 BörsG haben die Börsen ferner auch das Segment des Freiverkehrs (an der FWB der sog. Open Market, vgl. § 1 Abs. 1 AGB FV FWB) in ihren AGB normativ ausgestaltet.45 An der FWB erfolgte zunächst im Segment des Freiverkehrs eine weitere Unterteilung in ein Premiumsegment (Entry Standard46) und den übrigen Open Market (Quotation Board), die sich erheblich im Hinblick auf die unterschiedlichen ←31 | 32→Einbeziehungsvoraussetzungen,47 aber auch bezogen auf die Einbeziehungsfolgepflichten unterschieden.48

Der Entry Standard ist zum 1.3.2017 jedoch durch das Segment Scale ersetzt worden, das sich insbesondere an KMU richtet49 und dessen Einbeziehungsvoraussetzungen in §§ 16 ff. AGB FV FWB geregelt sind. Die zuvor im Entry Standard gelisteten Gesellschaften, welche die Einbeziehungsvoraussetzungen von Scale nicht erfüllen, können weiterhin im sog. Basic Board einbezogen bleiben, das jedoch nicht als gesondertes Transparenzsegment deklariert wird.50 Das Quotation Board ist indes unverändert geblieben.51

All dies darf jedoch nicht zu dem Fehlverständnis führen, die Unterteilung der Marktsegmente in Teilsegmente habe Auswirkung auf die Marktsegmente an sich; vielmehr verbleibt es rechtlich bei der gesetzlich vorgegebenen Segmentierung in regulierten Markt iSd. §§ 32 ff. BörsG und Freiverkehr iSd. § 48 BörsG, da die BörsO an dieser Normenkonzeption nichts zu ändern vermögen.52

Die Börsenpreisbestimmung gem. § 24 BörsG erfolgt im regulierten Markt und dem Freiverkehr unter Zugrundelegung der gleichen Maßstäbe, vgl. § 24 Abs. 1 S. 2 BörsG.53 Die Preisbestimmung hat unter Beachtung der Grundsätze des § 24 Abs. 2 BörsG zu erfolgen, wobei die konkrete Feststellung in den jeweiligen BörsO und den entsprechenden AGB für den jeweiligen Freiverkehr geregelt ist.54 Durch die Regulierung des Preises im Wege der staatlich überwachten ←32 | 33→Preisfindung wird in beiden Segmenten Vertrauen der Anlegerschaft in die zutreffende Abbildung des tatsächlichen Marktwerts geschaffen, indem das Zustandekommen des Preises – zumindest im Hinblick auf die Grundlagen des zu beachtenden Preisfeststellungsverfahren – einheitlich erfolgt.55

II. Der Begriff der Börsenzulassung

Bei der Börsenzulassung von Wertpapieren handelt es sich um „die öffentlich-rechtliche Erlaubnis, für den Handel in den betreffenden Wertpapieren in dem jeweiligen Marktsegment die Börseneinrichtungen zu nutzen“.56

Die gesetzliche Normierung der Zulassung ist in § 32 Abs. 1 BörsG erfolgt. Hiernach bedürfen Wertpapiere, die an einem regulierten Markt gehandelt werden sollen, der Zulassung oder Einbeziehung durch die Geschäftsführung. Von der Zulassung erfasst sind die Wertpapiere der betreffenden Gesellschaften, nicht etwa Letztere selbst, sodass bei einem Firmenwechsel oder einer Umwandlung in eine andere Rechtsform, bei der die bestehenden Aktien beibehalten werden, die erneute Zulassung obsolet ist.57 Die Zulassung der Aktien zur Börse ist des Weiteren von deren Emission und der Einführung der Aktien in die Börse sowie deren börsenrechtlicher Notierung zu unterscheiden:58 Unter Emission versteht man gemeinhin die Ausgabe von Aktien an die Anleger im Wege der Platzierung, sodass hiervon auch die – u. U. rein privatrechtliche – Ausgabe von nicht an der Börse zugelassenen Aktien umfasst ist. Eine Zulassung ist folglich kein zwingender Bestandteil einer Emission.59

Die Einführung wiederum ist nach der Legaldefinition des § 38 Abs. 1 S. 1 BörsG die „Aufnahme der Notierung der zugelassenen Wertpapiere im regulierten Markt“. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass die Einführung in die Börse eine zuvor erfolgte Zulassung bedingt.60 Die Notierung iSd. Börsenrechts ist die ←33 | 34→dann folgende Feststellung des Börsenkurses für das betreffende Papier.61 Erst nach Zulassung der Wertpapiere sind somit die Aufnahme der Börsennotierung im börsenrechtlichen Sinne und damit der Handel der Wertpapiere möglich.62

Es besteht weiterhin die Möglichkeit, Papiere an einer deutschen Börse zu handeln, wenn sie zuvor gem. § 33 Abs. 1 BörsG in den regulierten Markt einbezogen wurden.63 Dies kann sowohl auf Antrag des Emittenten als auch von Amts wegen aufgrund einer Entscheidung der Börsengeschäftsführung geschehen,64 wenn die Papiere bereits an einer anderen inländischen Börse (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 BörsG), an einem regulierten Markt innerhalb eines EU-Staats (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BörsG) oder an einem Markt in einem Drittstaat, dessen Zulassungsvoraussetzungen und Folgepflichten mit denen an deutschen Börsen vergleichbar sind und an dem der Informationsaustausch zwischen den Handelsüberwachungsstellen gesichert ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BörsG), zugelassen sind.65

Das Aktiengesetz hingegen geht in § 3 Abs. 2 AktG davon aus, dass eine Gesellschaft dann börsennotiert iSd. Aktienrechts ist, wenn ihre „Aktien zu einem Markt zugelassen sind, der von staatlich anerkannten Stellen geregelt und überwacht wird, regelmäßig stattfindet und für das Publikum mittelbar oder unmittelbar zugänglich ist“. Es kommt also für die Börsennotierung im aktienrechtlichen Sinne und die daran anknüpfenden Pflichten darauf an, dass die Aktien an einem regulierten Markt, mithin also gem. der §§ 32 ff. BörsG, zugelassen oder in diesen einbezogen worden sind.66 Es genügt insofern auch, wenn die Aktien an einem regulierten Markt zugelassen sind, der Handel mit diesen jedoch an einem weniger regulierten Markt stattfindet.67 Nicht ausreichend ist hingegen lediglich die Einbeziehung in den Freiverkehr iSd. § 48 BörsG.68 Es ←34 | 35→genügt im Hinblick auf die Reg-Begr.69 wiederum jedoch die Handelbarkeit an einem vergleichbaren ausländischen Markt,70 also einem solchen, der staatlich reguliert ist und entsprechend überwacht wird.71

III. Rechtsnatur der Zulassung und Voraussetzung ihrer Erteilung

Die Zulassung zum Handel am regulierten Markt erfolgt nach jeweiliger Prüfung im Einzelfall und stellt nach zustimmungswürdiger allgemeiner Ansicht einen begünstigenden Verwaltungsakt iSd. § 35 S. 1 VwVfG dar.72

Entscheidungsbefugt ist gem. §§ 32 Abs. 1, 15 Abs. 1 BörsG die Börsengeschäftsführung.73 Die formellen Anforderungen für einen ordnungsgemäßen Antrag sind in den §§ 48 ff. BörsZulVo geregelt.74 Es handelt sich bei dem in § 32 Abs. 1 BörsG normierten Zulassungserfordernis dogmatisch um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt.75 Durch dieses Erfordernis ist zum einen der Anlegerschutz und zum anderen – aus kollektiv-ökonomischer Perspektive – u. a. die Gewährleistung eines ordnungsgemäß funktionierenden Börsenhandels bezweckt.76 Liegen die Zulassungsvoraussetzungen des § 32 Abs. 3 BörsG vor,77 ist die Börsengeschäftsführung in ihrer Entscheidung über die Erteilung ←35 | 36→gebunden und muss die Zulassung gewähren. Eine Ausnahme hiervon besteht nur in Fällen des § 32 Abs. 4 BörsG, in denen der Börsengeschäftsführung ein entsprechendes Ermessen zusteht.78

Details

Seiten
306
Jahr
2019
ISBN (PDF)
9783631790755
ISBN (ePUB)
9783631790762
ISBN (MOBI)
9783631790779
ISBN (Paperback)
9783631780046
DOI
10.3726/b15654
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Juli)
Schlagworte
Delisting Downlisting Downgrading Börsenrückzug Abfindungsregelung
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 306 S.

Biographische Angaben

Samuel Frommelt (Autor:in)

Samuel Frommelt ist seit 2016 als Rechtsanwalt zugelassen und derzeit in einer internationalen Wirtschaftskanzlei in München tätig. Nach seinem Jurastudium in Passau absolvierte er sein Referendariat in Düsseldorf und Tokio. Während seines Studiums war er am Lehrstuhl von Prof. Dr. Altmeppen tätig.

Zurück

Titel: Das neue börsengesetzliche Regulierungskonzept für den Rückzug aus reguliertem Markt und Freiverkehr de lege lata und de lege ferenda
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
308 Seiten