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Die kündigungsrechtliche Stellung des Complaince-Beauftragten

von Qiankun Wang (Autor:in)
©2021 Dissertation 254 Seiten

Zusammenfassung

Heutzutage bestehen immer höhere Anforderungen an die Compliance in Unternehmen. Um eine wirksame Compliance in allen Bereichsebenen des Unternehmens gewährleisten zu können, sollte die Unternehmensleitung ihre Compliance-Aufgaben nachgeordneten Ebenen übertragen. Der Compliance-Beauftragte ist ein solcher Beauftragter, der aufgrund vertikaler Aufgabendelegation der Unternehmensleitung für compliancerelevante Sachverhalte innerhalb eines Unternehmens verantwortlich ist. Das Buch befasst sich mit Compliance und Compliance-Beauftragten. Nach der Darstellung der Grundlagen von Compliance und Compliance-Beauftragten konzentriert sich die Autorin auf die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten im Arbeitsrecht.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Kapitel 1 Einleitung und Gang der Darstellung
  • A. Einleitung
  • B. Gang der Darstellung
  • Kapitel 2 Die Figur der Compliance
  • A. Die Entstehung und Begriffsbestimmung von Compliance
  • I. Der Ursprung und die Entwicklung von Compliance
  • 1. Der Ursprung von Compliance
  • 2. Die Entwicklung von Compliance im angloamerikanischen Rechtskreis
  • 3. Die Entwicklung von Compliance in der Europäischen Union
  • II. Die Begriffsbestimmung von Compliance
  • 1. Definition von Compliance
  • 2. Die Differenzen zwischen Compliance, Corporate Governance und Risikomanagement
  • III. Zusammenfassung
  • B. Compliance in Deutschland
  • I. Verankerung in Deutschland
  • II. Die Entwicklungsstände im deutschen Rechtsraum
  • 1. Aktien- und Gesellschaftsrecht
  • 2. Bank- und Kapitalmarktrecht
  • 3. Handelsrecht.
  • 4. Kartell- und Ordnungswidrigkeitenrecht
  • 5. Versicherungsrecht
  • 6. Öffentliche Rechte
  • 7. Deutscher Corporate Governance Kodex
  • III. Zusammenfassung
  • Kapitel 3 Compliance im Unternehmen
  • A. Hintergrund
  • B. Die Pflicht zur Errichtung einer institutionalisierten Compliance-Organisation
  • I. Allgemeine gesetzliche Pflicht zur Errichtung einer institutionalisierten Compliance-Organisation
  • II. Unternehmerisches Ermessen
  • 1. Der Ermessensraum
  • 2. Maßgebliche Parameter des Ermessens
  • III. Zusammenfassung
  • C. Die Umsetzung der Compliance in der Unternehmenspraxis
  • I. Die entscheidenden Faktoren zur Umsetzung der Compliance
  • 1. Compliance-Kultur
  • 2. Das Compliance-Management-System
  • a) Die Schlüsselfaktoren des Aufbaus eines Compliance-Management-Systems
  • aa) Die Zuweisung der Verantwortlichkeit
  • bb) Compliance-Organisation
  • cc) Compliance-Programm
  • b) Die Aufgaben des Compliance-Management-Systems
  • aa) Die Präventionsaufgabe
  • bb) Die Kontrollaufgabe
  • cc) Die Reaktionsaufgabe
  • 3. Zusammenfassung
  • II. Die Werkzeuge der Umsetzung
  • 1. Compliance-Handbuch
  • 2. Schulung
  • 3. Whistleblowing-System
  • 4. Der Compliance-Beauftragte
  • 5. Zusammenfassung
  • III. Mitbestimmung des Betriebsrats
  • 1. Mitbestimmung bei der Aufstellung von Verhaltensrichtlinien
  • 2. Mitbestimmung bei der Einführung von Whistleblowing-Systemen
  • 3. Mitbestimmung bei Compliance-Kontrollmaßnahmen
  • 4. Mitbestimmung bei Compliance-Schulungen
  • 5. Zusammenfassung
  • Kapitel 4 Der Compliance-Beauftragte
  • A. Der Begriff und die Aufgaben des Compliance-Beauftragten
  • I. Die begriffliche Annäherung des Compliance-Beauftragten
  • 1. Der Compliance-Beauftragte ist kein Unternehmensbeauftragter
  • 2. Chief Compliance Officer und Compliance-Beauftragter
  • II. Die Aufgaben des Compliance-Beauftragten
  • 1. Der Ausgangspunkt der Aufgaben
  • 2. Gemeinsames Profil der Aufgaben
  • a) Implementierung eines Compliance-Management-Systems
  • b) Beratung für Unternehmensleitung und Mitarbeiter
  • c) Informationssteuerung
  • d) Schulung der Mitarbeiter
  • e) Kontrolle
  • f) Berichterstattung an die Unternehmensleitung und das Aufsichtsorgan
  • g) Dokumentation
  • 3. Die durch den BundesverBand Deutscher Compliance Officer vorgeschriebenen Aufgaben des betrieblichen Compliance-Beauftragten
  • B. Die Einsetzung des Compliance-Beauftragten
  • I. Bestellungszwang
  • 1. In den speziellen Sektoren
  • 2. Für Unternehmen außerhalb regulierter Sektoren
  • II. Konkrete Ausgestaltung
  • 1. Hauptamtlich oder nebenamtlich
  • 2. Grundsätzliche Anforderungen
  • a) Fachliche Anforderung
  • b) Persönliche Anforderung
  • 3. Die Gestaltung des Arbeitsvertrags von Compliance-Beauftragten
  • C. Die Rechtsstellung des Compliance-Beauftragten
  • I. Arbeitsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten
  • 1. Position im Unternehmen
  • 2. Weisungsfreiheit
  • 3. Kündigungsschutz
  • II. Garantenstellung des Compliance-Beauftragten
  • 1. Die Feststellung des Urteils des Bundesgerichtshofes
  • 2. Die Herleitung der Garantenstellung des Compliance-Beauftragten
  • a) Das Mitglied der Unternehmensleitung als Compliance-Beauftragter
  • b) Der Arbeitnehmer als Compliance-Beauftragter
  • D. Die Befugnisse des Compliance-Beauftragten
  • I. Eskalationsrecht
  • 1. Die Unterschiede zwischen Eskalationsrecht und Berichtspflicht
  • 2. Eskalation gegenüber dem Aufsichtsrat
  • II. Weisungsbefugnisse
  • 1. Allgemein
  • 2. In den speziellen geregelten Geschäftsbereichen
  • Kapitel 5 Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor ordentlicher Kündigung
  • A. Begriff und Charakteristik des besonderen Kündigungsschutzes
  • I. Begriff des besonderen Kündigungsschutzes
  • II. Charakteristik des besonderen Kündigungsschutzes
  • B. Allgemeine Hinweise zur ordentlichen Kündigung
  • I. Begriff und Gründe der ordentlichen Kündigung
  • 1. Begriff der ordentlichen Kündigung
  • 2. Gründe der ordentlichen Kündigung
  • a) Personenbedingte Kündigungsgründe
  • b) Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
  • c) Betriebsbedingte Kündigungsgründe
  • C. Die ordentlichen Kündigungsgründe für Compliance-Beauftragte
  • I. Personenbedingte Kündigungsgründe
  • II. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
  • 1. Aufdeckung von Gesetzesverstößen gegen den Willen der Unternehmensleistung
  • 2. Der Zugriff auf rechtswidrige Mittel, um Compliance-Verstöße aufzudecken
  • III. Betriebsbedingte Kündigungsgründe
  • 1. Wegfall des Arbeitsplatzes des Compliance-Beauftragten
  • 2. Outsourcing der Funktion des Compliance-Beauftragten
  • 3. Rechtliche Verschmelzung des Unternehmens
  • D. Die Möglichkeiten des besonderen Kündigungsschutzes des Compliance-Beauftragten vor ordentlicher Kündigung
  • I. Gesetzlicher besonderer Kündigungsschutz
  • 1. Ausdrücklicher geschriebener besonderer Kündigungsschutz
  • 2. Ungeschriebener besonderer Kündigungsschutz
  • a) Besonderes Benachteiligungsverbot
  • b) Allgemeines Benachteiligungsverbot
  • II. Analogie zu gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • 1. Die gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • a) Der Immissionsschutzbeauftragte
  • b) Der Datenschutzbeauftragte
  • c) Der Störfallbeauftragte
  • 2. Voraussetzung der Analogie
  • 3. Die Möglichkeit der Analogie
  • a) Bestehen der Ähnlichkeit zwischen Compliance-Beauftragten und gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • aa) Die Ähnlichkeit der Aufgabe zwischen dem Compliance-Beauftragten und gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • bb) Die Ähnlichkeit der Janusköpfigkeit zwischen dem Compliance-Beauftragten und gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • cc) Die Ähnlichkeit der Garantenstellung zwischen dem Compliance-Beauftragten und gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • dd) Die mit dem gesetzlichen Unternehmensbeauftragten vergleichbare konfliktpotenzielle Lage
  • b) Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke
  • III. Kraft eines Arbeitsvertrags
  • 1. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung im ArbeitsvertrAG
  • 2. Durch die Konkretisierung der Anforderung an die ordentliche Kündigung in dem ArbeitsvertrAG eines Compliance-Beauftragten realisiert sich der besondere Kündigungsschutz vor ordentliche Kündigung
  • a) Die Wirksamkeit einer Kündigung knüpft an die vorherige Berichterstattung an das Aufsichtsorgan an
  • b) Erweiterung des Beteiligungsrechtes des Betriebsrats bei Kündigung des Compliance-Beauftragten
  • IV. Anknüpfung des Kündigungsschutzes des zentralen Compliance-Beauftragten an den Sprecherausschuss
  • 1. Der Begriff des leitenden Angestellten
  • 2. Der zentrale Compliance-Beauftragte als leitender Angestellter
  • 3. Die Kündigung knüpft an den Sprecherausschuss an
  • Kapitel 6 Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung
  • A. Allgemeine Hinweise zur außerordentlichen Kündigung
  • I. Die Definition der außerordentlichen Kündigung
  • II. Die allgemeinen Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung
  • B. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung
  • I. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung aus betriebsbedingten und personenbedingten Gründen
  • 1. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen
  • 2. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung aus personenbedingten Gründen
  • II. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen
  • 1. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen von ihm veranlasster Compliance-Kontrollmaßnahmen
  • a) Die Zulässigkeit der Compliance-Kontrollmaßnahme
  • b) Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen von ihm veranlasster Compliance-Kontrollmaßnahme
  • 2. Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen externen Whistleblowings
  • a) Der Begriffsinhalt des Whistleblowings
  • b) Die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers zum Whistleblowing
  • aa) Die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers zum internen Whistleblowing
  • bb) Die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers zum externen Whistleblowing
  • c) Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen externen Whistleblowings
  • aa) Externes Whistleblowing als Kündigungsgrund für außerordentliche Kündigung
  • bb) Die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen externen Whistleblowings
  • Kapitel 7 Zusammenfassung der Einzelergebnisse in Thesen
  • A. Zum Compliance-Beauftragten
  • I. Zu dem Begriff und den Aufgaben des Compliance-Beauftragten
  • II. Zum Bestellungszwang des Compliance-Beauftragten
  • III. Zur konkreten Ausgestaltung des Compliance-Beauftragten
  • IV. Zur Rechtsstellung des Compliance-Beauftragten
  • V. Zu den Befugnissen des Compliance-Beauftragten
  • B. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor ordentlicher Kündigung
  • I. Zu den ordentlichen Kündigungsgründen des Compliance-Beauftragten
  • 1. Personenbedingte Kündigungsgründe
  • 2. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
  • 3. Betriebsbedingte Kündigungsgründe
  • II. Zu den Möglichkeiten des besonderen Kündigungsschutzes des Compliance-Beauftragten vor ordentlicher Kündigung
  • 1. Gesetzlicher besonderer Kündigungsschutz
  • a) Geschriebener besonderer Kündigungsschutz
  • b) Ungeschriebener besonderer Kündigungsschutz
  • 2. Die Analogie des besonderen Kündigungsschutzes zum gesetzlichen Unternehmensbeauftragten
  • 3. Kraft einzelnen Arbeitsvertrags
  • 4. Knüpfung des Kündigungsschutzes des zentralen Compliance-Beauftragten an den Sprecherausschuss
  • C. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung
  • I. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung aus betriebsbedingten und personenbedingten Kündigungsgründen
  • II. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen
  • 1. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen von ihm veranlasster Compliance-Kontrollmaßnahmen
  • 2. Zur kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor außerordentlicher Kündigung wegen externen Whistleblowings
  • Literaturverzeichnis

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Kapitel 1 Einleitung und Gang der Darstellung

A. Einleitung

Das Thema Compliance ist längst bekannt, steht in jüngerer Zeit im Fokus internationaler rechtswissenschaftlicher Debatten und wird ernstzunehmend untergesucht. Als Fachbegriff kommt Compliance ursprünglich aus dem amerikanischen Recht und wird als Einhaltung und Befolgung bestimmter Gesetze und Regeln verstanden.1 Compliance hat in den 1960er-Jahren in den USA rechtsterminologische Bedeutung erfahren2 und sich dann im angloamerikanischen Rechtskreis durch eine Reihe von Gesetzen und Regelungen gut entwickelt. Hinsichtlich der Entwicklung der Compliance im angloamerikanischen Recht und diverser Finanzskandale hat die Europäische Union ab 2003 eine Reihe mit Compliance zusammenhängender Rechtlinien verkündet. Danach erwachsen den Mitgliedstaaten erhebliche Folgen für die Compliance-Praxis. Seit Anfang der 1990er-Jahre ist die Compliance nach einer Reihe von Affären mit stetig zunehmender Bedeutung in der deutschen Rechtslandschaft verankert. Die Entwicklung der Compliance im deutschen Rechtsraum ist ein fortschreitender Prozess.

Bei Compliance geht es nicht allein darum, die bestehenden Gesetzesvorschriften einzuhalten, sondern um die weitergehende Anforderung, Maßnahmen zu ergreifen, die ein vorschriftsmäßiges Verhalten innerhalb eines Unternehmens gewährleisten.3In den letzten Jahren haben die globalen Unternehmen zunehmend Finanzkrisen, Korruptionsaffären, unlauteren Wettbewerb und Umweltskandale erfahren. Dem Ruf und den Interessen der betroffenen Unternehmen wird Schaden zufügt und auch eine Strafverfolgung der eigenen Mitarbeiter bis hin zur Unternehmensleitung droht. Obgleich mangels ausdrücklicher gesetzlicher Normierung die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung der Compliance ←17 | 18→im Unternehmen nicht völlig eindeutig geschaffen wird, ist sie als ein wichtiger Bestandteil einer „Good Corporate Governance“ im Unternehmen nicht wegzudenken.

Um eine wirksame Compliance in allen Bereichsebenen des Unternehmens gewährleisten zu können, sollte die Unternehmensleitung ihre Compliance-Aufgaben nachgeordneten Ebenen übertragen.4 Der Compliance-Beauftragte ist ein solcher Beauftragter, der aufgrund vertikaler Aufgabendelegation der Unternehmensleitung für compliancerelevante Sachverhalte innerhalb eines Unternehmens verantwortlich ist.5 Obwohl die Compliance-Aufgabe in deutschen Unternehmen bislang meistens als Nebentätigkeit wahrgenommen wird, existiert heute ein erstzunehmendes Erfordernis eines eigenständigen Beauftragten für Compliance. Er ist ein typisches Element eines Compliance-Management-Systems. Außerhalb des geregelten Geschäftsbereichs existieren keine genormten Aufgaben, Befugnisse und Rechtsstellungen des Compliance-Beauftragten. Dies ermöglicht nur eine subjektive Betrachtung. Eine umfassende Untersuchung des Compliance-Beauftragten kann nicht geleistet werden. Daher ist Hauptziel dieser Arbeit, seine Rechtsstellung bzw. kündigungsrechtliche Stellung zu beschreiben und im Vergleich zu ähnlichen Beauftragten zu bewerten.

B. Gang der Darstellung

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt darauf, vor dem Hintergrund der zunehmenden Erfordernisse der Compliance in Unternehmen die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten zu untersuchen. Es erscheint unerlässlich, zunächst eine Auseinandersetzung mit dem Begriff und der Grundlage der „Compliance“ anzustellen, um schließlich in den Kapiteln 5 und 6 den Schwerpunkt dieser Arbeit zu erreichen. In Kapitel 2 soll zuerst der Begriff bestimmt und dann die rechtliche Grundlage der Compliance im angloamerikanischen Rechtskreis und der Europäischen Union beleuchtet werden. ←18 | 19→Anschließend ist auf die Verankerung und Entwicklung der Compliance in Deutschland einzugehen.

Kapital 3 verschafft einen kursorischen Überblick über die Umsetzung der Compliance im Unternehmen. Es geht um die Frage, ob eine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Errichtung einer institutionalisierten Compliance-Organisation anzuerkennen ist. Hinzu werden die entscheidenden Faktoren zur Umsetzung der Compliance im Unternehmen und die maßgeblichen Umsetzungswerkzeuge dargelegt. Schließlich erfolgt eine Beschreibung des Beteiligungsrechts des Betriebs zur Umsetzung der Compliance. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Ausführung des Compliance-Beauftragten. Um eine bessere Entfaltung des Schwerpunkts dieser Arbeit zu gewährleisten, soll die Figur des Compliance-Beauftragten gezeichnet werden. Zunächst erfolgt die Begriffsdefinition des Compliance-Beauftragten. Danach werden seine Aufgaben behandelt. Die Bearbeitung erstreckt sich auf den Ausgangspunkt und das gemeinsame Profil seiner Aufgaben. Anhand der Aufgaben des Compliance-Beauftragten wird sein EinSatz in Unternehmen beschrieben. Diesbezüglich stellen sich die folgenden Fragen: Zum einen ist zu klären, ob ein Bestellungszwang des Compliance-Beauftragten existiert; zum anderen soll darauf eingegangen werden, wie er planend gestaltet wird. In einem nächsten Schritt wird die Rechtsstellung des Compliance-Beauftragten betrachtet. Diese Untersuchung versucht, seine arbeitsrechtliche Stellung und Garantenstellung zu beleuchten. Schließlich wird der Frage nachgegangen, welche Befugnisse die Compliance-Beauftragten besitzen.

Kapital 5 und 6 bilden den Schwerpunkt der Arbeit. Hier erfolgt die Untersuchung der titelgebenden kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten. In Kapitel 5 wird seine kündigungsrechtliche Stellung vor einer ordentlichen Kündigung erörtert. Um ein besseres Verständnis der nachfolgenden Erörterung sicherzustellen, wird vor allem die Rechtsnatur des besonderen Kündigungsschutzes dargelegt. Anschließend ist zu behandeln, welche möglichen ordentlichen Kündigungsgründe für den Compliance-Beauftragten existieren. In der Folge geht es um die Möglichkeiten des besonderen Kündigungsschutzes des Compliance-Beauftragten. Die Darstellung erstreckt sich auf die Auseinandersetzung der Existenz des gesetzlichen besonderen Kündigungsschutzes, die Analogie zu gesetzlichen Unternehmensbeauftragten, die Anlehnung an den einzelnen ArbeitsvertrAG und die Anknüpfung an den Sprecherausschuss. Abschließend setzt sich Kapitel 6 mit der kündigungsrechtlichen Stellung des Compliance-Beauftragten vor einer außerordentlichen Kündigung auseinander. Zunächst werden ←19 | 20→allgemeine Hinweise zur außerordentlichen Kündigung gegeben. Des Weiteren ist die kündigungsrechtliche Stellung des Compliance-Beauftragten vor der außerordentlichen Kündigung aus personenbedingten und aus verhaltensbedingten Gründen zu erörtern. Die Arbeit schließt sodann mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.


1 Hauschka/Moosmayer/Lösler, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, 3. Aufl. 2016, § 1 Rn. 2; Dendorfer-Ditges, in: Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2017, § 35 Rn. 4; Kreitner, in: Küttner, Personalbuch, 26. Aufl. 2019, Compliance, Rn. 1.

2 Eufinger, CCZ 2012, 21 f.

3 Bürkle, BB 2005, 565; Dreher, ZWeR 2004, 75, 78; Hauschka, NJW 2004, 257; Kiethe, GmbHR 2007, 393, 394; Kort, NZG 2008, 81; U.H. Schneider, ZIP 2003, 645, 646.

4 LSG Baden-Württemberg, NZS 2013, 462; Auerbach/Jost, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Handbuch Corporate Governance, 2. Aufl. 2009, S. 663; Hauschka, in: Verbraucherschutz im Kreditgeschäft Compliance in der Kreditwirtschaft, BankrechtstAG 2008, S. 127; Schäfer, BKR 2011, 188.

5 Gößwein/Hochmann, BB 2011, 965 ff.; Hauschka, NJW 2004, 259; Kiethe, GmbHR 2007, 397; Kraft/Winkler, CCZ 2009, 31.

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Kapitel 2 Die Figur der Compliance

A. Die Entstehung und Begriffsbestimmung von Compliance

Der Compliance-Beauftragte ist Element einer Compliance-Funktion und somit unzertrennlich mit dem Thema Compliance verbunden. Um das Institut des Compliance-Beauftragten zu begutachten, ist es notwendig, die Compliance als Rahmengeber für jede Aufgabe eines Compliance-Beauftragten eingehend zu erläutern.

I. Der Ursprung und die Entwicklung von Compliance

1. Der Ursprung von Compliance

Die Annäherung an die Begriffsbestimmung der Compliance erfordert zunächst eine Präzisierung des Ursprungs. Als Fachbegriff kommt die Compliance ursprünglich aus dem Medizinbereich6 und bezeichnet das therapiegerechte Verhalten bzw. das „sich fügen“7 des Patienten, der die Anweisung der ärztlichen Ratschläge und Verordnungen korrekt befolgt.8 In der ursprünglichen Bedeutung wird die Compliance nicht ausschließlich in einer juristischen Dimension verwandt, sondern stellt vielmehr ein Verhaltenskonzept dar. Bei der fachlichen Zugehörigkeit der modernen Compliance in der Rechtswissenschaft handelt sich eine angloamerikanische Rechts- und Wirtschaftsterminologie9 und einen Rechtsimport aus den USA.10

Die ersten Ansätze von Compliance zeichneten sich bereit in den 1950er-Jahren in amerikanischen Unternehmen ab. Seinerzeit folgte die Initiierung der Compliance nur der betriebswirtschaftlichen Idee.11 Als die Compliance in den USA in den 1960er-Jahren rechtsterminologische Bedeutung erfahren hat, stand das Kartellrecht im Zentrum der Betrachtungen.12 Aber es handelte sich nur ←21 | 22→um die Beachtung von bußgeldbewährten Vorschriften und die Dimension der modernen Compliance war noch nicht erreicht.13 Danach haben sich die USA zum „Mutterland der Compliance“ weiterentwickelt. 14

2. Die Entwicklung von Compliance im angloamerikanischen Rechtskreis

1977 wurde der Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) als Bundesgesetz als Reaktion auf Korruption im ausländischen Geschäftsverkehr in den USA verkündet. Das US-amerikanische Justizministerium und die Securities and Exchange Commission sind Vollzieher des FCPA. Grundsätzlich zielt der FCPA auf die Verhinderung von Korruption. Durch den FCPA ist sowohl natürlichen als auch juristischen Personen jede Handlung verboten, die eine Vorteilsgewährung an einen Amtsträger, eine politische Partei oder einen Kandidaten außerhalb der USA durch Geldzahlungen oder Vorteile jeder Art fördert, wenn sie den Zweck verfolgt, das jeweilige dienstliche Verhalten dieser Person zu beeinflussen oder sie zu verleiten, ihren Einfluss auszunutzen, um das Unternehmen zu unterstützen, Geschäfte neu abzuschließen oder bestehende Geschäfte fortzuführen oder Geschäfte mit einer bestimmten Person durchzuführen oder auf sonstige Weise dem Unternehmen einen unangemessenen Vorteil zu verschaffen oder zu sichern.15 Der FCPA besteht aus Antibestechungsregeln sowie Rechnungslegungs- und internen Kontrollvorschriften. In diesen Normen sind die Forderungen an die Aufstellung von Compliance erstellt worden. In den 1980er-Jahren hat eine umfangreiche Diskussion zu Compliance in der Banken-und Finanzwelt in den USA begonnen,16 danach ist sie in der Praxis der Behörden und Gerichte aufgenommen worden und Compliance-Programme werden bei der Strafverfolgung und Sanktionierung von Unternehmen als wichtiges Element berücksichtigt. Spätestens mit Beginn der 1990er-Jahre haben die US-amerikanischen Unternehmen die Compliance-Programme mit dem Ziel eingeführt, dass die Organmitglieder und die Mitarbeiter sich normativen Geboten und Verboten entsprechend verhalten.

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Die Compliance im juristisch-betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch wird erstmals durch die Organisational Sentencing Guidelines der United States Sentencing Commission, die im Jahr 1991 in Kraft getreten ist, erwähnt. Nach herrschender Meinung sind die US-Sentencing Guidelines unverbindliche Richtlinien,17 die aber die Beurteilung der Wirksamkeit eines Compliance-Management-Systems ermöglichen und von Gerichten im US-Prozess bei der Bemessung des Strafmaßes verwendet werden.18 Eine „effektive“ Compliance kann die Begehung von Straftaten verhindern und die Höhe der Sanktion gegen Unternehmen mildern. Die Guideline weist in allgemeinen Grundsätzen eines effektiven Compliance-Programms darauf hin, dass dieses ein ethisches Verhalten und die Einhaltung des Rechts fördern soll.19 Obwohl die US-Sentencing Guideline teilweise konkrete Anforderungen an ein Compliance-Management-System stellt und den Bewertungsmaßstab für die unternehmensinternen Compliance-Programme bildet,20 bleibt sie in den meisten Teilen auf einer relativ abstrakten Anforderungsebene und es fehlen Ausführungen zu den Notwendigkeiten und Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems.21 Nach Erlass im Jahr 1991 wurde diese Guideline mehrfach verschärft und im Jahr 2004 wesentlich überarbeitet, die jüngste Änderung der Guideline trat in 2012 in Kraft. Nach der geänderten Guideline sind Leitung und Kontrolle des Compliance-Systems Sache des Topmanagements, die Anpassung des Compliance-Systems ist der wesentlichste Punkt.

Durch die spektakulären Finanzskandale namentlich Enron 2001 und Worldcom 2002 und die damit verbundenen schweren wirtschaftlichen Schäden wurde in den USA das Vertrauen der Anleger in die Wirksamkeit von unternehmensinternen Kontrollmechanismen erheblich erschüttert. Als Reaktion der Politik wurde der Sarbanes-Oxley Act (im Folgenden auch „SOA“) am 30.7.2002 amtlich bekannt gemacht. Der SOA ist ein verbindliches Regelwerk der internen Kontrolle des Unternehmens und gilt für jedes Unternehmen, dessen Aktien an den US-amerikanischen Börsen notiert sind oder das bei der US Securities Exchange Commission (im Folgenden auch „SEC“) registriert ist oder verpflichtet ist, ←23 | 24→Berichte bei der SEC einzureichen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um ein US-amerikanisches Unternehmen handelt. Schwerpunkte des Sarbanes-Oxley Act sind Corporate-Governance-Regelungen, er sieht verschärfte Regelungen für Unternehmen vor und gibt die Richtung bei Fragen der Verantwortlichkeit des Managements für die Organisation der inneren betrieblichen Steuerungs- und Überwachungssysteme vor.22 Das Ziel des SOA ist, das Vertrauen der privaten und institutionellen Anleger in dem US-Kapitalmarkt durch verbesserte interne Kontrollen der betreffenden Unternehmen zurückzugewinnen und die Kapitalmärkte zu stabilisieren.23 Um das oben genannte Ziel zu realisieren, stellt er erhebliche Anforderung an die Gesellschaften und führt dadurch zu einer starken Sensibilisierung in Bezug auf das Thema „Compliance“. Die Compliance-Anforderungen waren bis zum Inkrafttreten des SOA im Jahr 2002 unscharf. Die Section 404 SOA – Management Assessment of Internal Control hat diesen Sachverhalt geändert. Sie verpflichtet das Management, ein internes Kontrollsystem zur Sicherstellung einer effektiven Finanzberichterstattung zu etablieren. Oberstes Ziel dieser Section ist, die Fehlinformationen der Finanzberichterstattung aufgrund mangelhafter interner Kontrollen des Unternehmens zu vermeiden. Ethikrichtlinien und Whistleblowing als Bausteine der Compliance sind ebenfalls ein wesentlicher Inhalt. Um eine umfassende Information der Securities Exchange Commission, der US-amerikanischen Börsenaufsicht, sicherzustellen, wird die Einrichtung von Whistleblowing-Verfahren konkret vorgeschrieben. Gem. Section 301 SOA besteht für die Unternehmen die Verpflichtung zur Einrichtung eines internen Prüfungsausschusses. Die Aufgabe der Bestellung und Überwachung der externen Wirtschaftsprüfer fällt dem Prüfungsausschuss zu, daneben muss dieser ein System etablieren, mittels dessen Mitarbeiter in anonymer Weise Fehlverhalten melden können, sog. Whistleblowing.24 Um Section 301 zu flankieren, schafft Section 806 SOA eine ausdrückliche Schutzvorschrift des Whistleblowers gegen Benachteiligung. Der Arbeitnehmer, der gegen seinen Arbeitgeber in Bezug auf wirkliches oder vermeintliches Fehlhalten gegen den Sarbanes-Oxley Act oder andere Bundesgesetze, die dem Anlegerschutz dienen, Anzeige erstattet oder belastende Informationen liefert, darf nicht gekündigt, erniedrigt, versetzt, bedroht oder in anderer Art benachteiligt werden. Der Schutz ist jedoch nur für Beschäftigte in den USA einschlägig.

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Angesichts der unübersichtlichen Rechtslage und zahlreichen Gesetzeslücken Großbritanniens in Korruptionsangelegenheiten hat das britische Parlament am 8.4.2010 mit parteiübergreifender Mehrheit den UK Bribery Act (im Folgenden auch „UKBA“) beschlossen. Das ist ein in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvolles Gesetz zur internationalen Antikorruption und trat zum 1.7.2011 in Kraft.25 Das Gesetz normiert eine strenge Haftung bei Korruptionshandlungen der natürlichen und juristischen Personen. Die unbegrenzten Geldstrafen und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen können als mögliche Sanktionen gegen die den Verstoß begehenden Unternehmen verhängt werden. Natürliche Personen können mit Haftstrafen bis zu zehn Jahren bedacht werden. Das Gesetz hat beachtliche Auswirkungen auf Compliance. Nach § 7 des Gesetzes ist das Unternehmen haftbar, wenn dieses Unternehmen versäumt, Präventivmaßnahmen zur Verhinderung von Korruption zu ergreifen. Das Unternehmen kann sich jedoch exkulpieren, wenn das Bestehen eines „adäquaten“ Compliance-Programms nachgewiesen werden kann.26 In materiellrechtlicher Hinsicht hat die Statuierung des Verteidigungsgrunds durch den UKBA hervorstechende Eigenschaft. In der Historie spielt das Compliance-Programm nach Einstellung der EU-Kommission keine Rolle,27 dies hat der UKBA insofern geändert, als er eine Vielzahl von auslegungsbedürftigen Begriffen nennt und eine immense Belastung für Unternehmen schafft. Aus diesem Grund hat das britische Justizministerium im März 2011 eine entsprechende Leitlinie erlassen, die mit sechs Prinzipien das für die strafrechtliche Exkulpation erforderliche „adäquate“ Compliance-Programm von Unternehmen konkretisiert.28 Die sechs Prinzipien lauten: Proportionate Procedures, Top-level Commitment, Risk Assessment, Due Diligence, Communication and Monitoring and Review. Damit können betroffene Unternehmen in Großbritannien und anderen Ländern den neuen Anforderungen gerecht werden. Das Compliance System darf nicht nur auf dem Papier existieren, sondern muss im tatsächlichen Tagesgeschäft eine Rolle spielen. Das betroffene Unternehmen soll nach dem konkret bestehenden Korruptionsrisiko verhältnismäßige Präventivmaßnahmen durchführen. Die Leitungsebene verpflichtet sich, eine adäquate Unternehmenskultur zu schaffen und zu fördern, in der Bestechung zu keiner Zeit und zu keinem Zweck toleriert ←25 | 26→wird.29 Ebenso wie die meisten internationalen Verträge sieht auch das dritte PrinZIP von Leitlinien die Risikobewertung als notwendigen Grundstein für ein aktives Compliance-System an. Das jeweilige Unternehmen muss alle aktuellen internen und externen Risikofaktoren für Korruption im Rahmen der Geschäftstätigkeit regelmäßig analysieren. Die Leitlinie legt auch ein Hauptgewicht auf die Auswahl und die Überwachung aller Geschäftspartner. Wenn ein Unternehmen frühzeitig eine sorgfältige Durchsicht und Überwachung aller Beteiligten gewährleistet, kann es entweder potenzielle Risiken vollständig vermeiden oder zumindest ausreichende Vorkehrungen zur Behandlung der Korruption treffen.30 Das „Communication“-PrinZIP erfordert, dass das Unternehmen Antikorruptionsmaßnahmen nach innen wie nach außen zum Ausdruck bringt. Zunächst bedeutet dies, dass das Unternehmen die eigenen gesetzten Ziele und die beschlossenen Präventivmaßnahmen eindeutig artikulieren soll. Im zweiten Schritt soll es Kanäle schaffen, über die Missstände frühzeitig und effektiv aufgedeckt werden können.

Sowohl der geschäftliche Bereich eines Unternehmens als auch seine Größe und Struktur können mit der Zeit verändert werden, das adäquate Compliance-Programm soll eine regelmäßige Kontrolle des Antikorruptionsansatzes unterstützen.

Das UK Office of Fair Trading als zuständige Behörde für den Wettbewerb legt auch entsprechende Anforderungen an Compliance-Programme nieder. Ende Juni 2011 hat das UK Office of Fair Trading (im Folgenden auch „OFT“) ein Bündel an Leitlinien und Informationen veröffentlicht, die angemessene Compliance-Maßnahmen und konkrete Optionen der Gewährleistung kartellrechtlicher Compliance aufzeigen. Der wesentliche Inhalt dieser Dokumente ist das vom OFT entwickelte Compliance Wheel. Mit einer grafischen Darstellung hat die OFT fünf Elemente als Schlüssel zur kartellrechtlichen Compliance im Unternehmen angeführt. Das sog. Commitment to Compliance steht im Zentrum. Dieses Herzstück bedeutet, dass sich die Leitungsebene unmissverständlich zur kartellrechtlichen Compliance bekennen muss.

3. Die Entwicklung von Compliance in der Europäischen Union

Auf den Sarbanes-Oxley Act und diverse Finanzskandale hat die EU-Kommission ebenfalls reagiert. Im Mai 2003 legte die EU-Kommission einen ←26 | 27→Aktionsplan zur Verbesserung der Corporate Compliance in der EU vor. Als wesentliche Richtlinien hat der Rat der Finanzminister der Europäischen Union im Oktober 2005 die vom Europäischen Parlament vorgelegte Neufassung der 8. EU-Richtlinie, die Abschlussprüferrichtlinie, verabschiedet.31 Die Richtlinie legt eine verstärkte Beaufsichtigung des Prüfungsgewerbes und gemeinsame Grundsätze für die öffentliche Aufsicht fest, wodurch sichergestellt werden soll, dass sich Investoren und andere interessierte Kreise auf die Korrektheit der geprüften Unternehmensabschlüsse verlassen können. Gemäß Artikel 53 der Abschlussprüferrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Vorschriften bis zum 29.6.2008 in nationales Recht transformieren. Gleichzeitig hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten empfohlen, die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder zu stärken.32 Am 25.4.2006 hat der Europäische Rat die zusammenfassende Abschlussprüferrichtlinie angenommen, welche drei Richtlinien (84/253, 83/349, 78/660) beinhaltet. Die Abschlussprüferrichtlinie bezweckt die Verbesserung der Qualität und Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfung, indem die Tätigkeiten von Abschlussprüfern und Wirtschaftsprüfergesellschaften transparenter werden sollen. Gemäß Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jeder Abschlussprüfer und jede Wirtschaftsprüfergesellschaft in einem elektronischen Register verzeichnet und unabhängig von der Geschäftsführung der zu prüfenden Firma ist. Eine damit zusammenhängende Pflicht der Mitgliedstaaten ist, die gesetzlichen Regelungen zu schaffen, die zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche oder strafrechtliche Sanktionen beinhalten. Zwischenzeitig wurde eine konsolidierte Fassung der Abschlussprüferrichtlinie neu veröffentlicht, in der die (Änderungs-)Richtlinie 2014/56/EU vom 16.4.2014 (EU-Amtsblatt vom 27.5.2014) eingearbeitet ist.33

Details

Seiten
254
Jahr
2021
ISBN (PDF)
9783631866719
ISBN (ePUB)
9783631870044
ISBN (MOBI)
9783631870051
ISBN (Paperback)
9783631868898
DOI
10.3726/b19378
DOI
10.3726/b19276
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (November)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2021. 254 S.

Biographische Angaben

Qiankun Wang (Autor:in)

Qiankun Wang studierte Rechtswissenschaft an der Nankai Universität, an der chinesischen Renmin Universität sowie an der Universität zu Passau. Sie promovierte an der Universität Passau. Ihre Forschungsschwerpunkt sind bürgerliches Recht und Arbeitsrecht.

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Titel: Die kündigungsrechtliche Stellung des Complaince-Beauftragten