Fankulturen und Fankommunikation
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Fankulturen und Fankommunikation – einleitende Anmerkungen (Stefan Hauser / Simon Meier-Vieracker)
- „One more cup of coffee ‘fore I go“. Anmerkungen zum Stand der Fanforschung (Thomas Schmidt-Lux)
- Messages for the Masses – Fankommunikation inter-/transmedial (Christiane Dahms)
- Nachrichtenfans. Fankommunikation in der interaktiven Nachbearbeitung von österreichischen Fernsehnachrichten auf Twitter (Daniel Pfurtscheller)
- Formen von Fanverhalten zwischen Beauty und Politik – Zur graduellen Einordnung von Fanpraktiken auf YouTube und Twitter (Dorothee Meer / Anastasia-Patricia Och)
- „ich heule Rotz und Wasser!“ – Metaperspektiven auf Online-Fan-Trauer1 (Karina Frick)
- Konflikt und Distinktion als Wissenskonstellation – Zur kommunikativen Konstruktion von Deutungshoheiten in Fankommunikationen am Beispiel von Hertha BSC (Michael Wetzels)
- Social Reading als Fankommunikation? Ein Blick auf den digitalen Austausch über Bücher (Anna Mattfeldt)
- „Trotzdem sollte man als Metalfan dieses Album besitzen.“ Online-Rezensionen auf Amazon als Form der Fankommunikation (Andreas Wagenknecht)
- Fancalls: Kommunikative Beziehungsgestaltung zwischen Stars und Fans im transmedialen Kontext (Simon Meier-Vieracker / Stefan Hauser)
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren
- Reihenübersicht
Stefan Hauser / Simon Meier-Vieracker
Fankulturen und Fankommunikation – einleitende Anmerkungen
Während die Kategorie „Fan“ in der soziologischen und medien- und kulturwissenschaftlichen Literatur schon seit geraumer Zeit viel Beachtung findet,1 hat sich die linguistische Forschung im deutschsprachigen Raum lange nur in vereinzelten Studien mit Fankulturen und Fankommunikation beschäftigt (z. B. Androutsopoulos 2001; Brunner 2007; Klemm 2012). Da sich aber die Ausdrucksformen des Fan-Seins auf einer grundlegenden Ebene in performativen Kommunikationsakten manifestieren, bietet es sich an, das Phänomen gerade auch aus linguistischer Perspektive umfassender in den Blick zu nehmen. In jüngerer Zeit zeigt sich in der medien- und kulturanalytisch orientierten Linguistik denn auch ein zunehmendes Interesse an Fans, Fanpraktiken und Fankulturen (z. B. Michel 2018; Frick 2019; Hauser 2019; Meier 2019; Meer / Staubach 2020; Meier-Vieracker 2021). In diesen Kontexten findet etwa der Umstand vermehrt Beachtung, dass Fantum an vielfältige individuelle und kollektive Erlebnis- und Inszenierungsformen gebunden ist, die in unterschiedlichen Medialitäten zur Darstellung kommen. Die Beobachtung, dass Fantum typischerweise im Verbund mit einer äußerlich manifesten emotionalen Involviertheit auftritt, wirft die Frage auf, welche Funktion unterschiedliche Performanzausprägungen für die Konstitution von Fankulturen haben. Wie auch die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes zeigen, gibt es unter Fans kommunikative Regeln und Rituale zur Sicherung der je persönlichen Fan-Identität einerseits und der Fan-Identität der Gruppe als Kollektiv andererseits. Fans sind Teil des rezipierenden Publikums und verfügen über charakteristische Praktiken der Medienaneignung (vgl. Fiske 1992: 30; Costello / Moore 2007; Jenkins 2006); um ihr Fan-Sein zu demonstrieren sind sie aber ihrerseits auf Publikum angewiesen. In dieser besonderen Akteurs- und ←9 | 10→Kommunikationskonstellation des Fantums haben sich verschiedenste Textsorten und kommunikative Praktiken herausgebildet (etwa Fanzines, Fanforen, Fanchoreographien, Fanfictions usw.), die es mit Blick auf ihre medialen Prägungen genauer zu untersuchen und zu verstehen gilt.
Im Rahmen des vorliegenden, interdisziplinär angelegten Sammelbandes gilt das Interesse besonders auch der Frage, welche Rolle den Sozialen Medien in den jüngeren Ausprägungen von Fankulturen zukommt. Auch für Fans bieten Soziale Medien zusätzliche Partizipations- und Performanzmöglichkeiten, die zur Konstruktion individueller und kollektiver Fanidentitäten beitragen. Daran lassen sich vielfältige Fragen anschließen, welche zugleich die klassischen Problemstellungen der Fanforschung (vgl. etwa die Beiträge in Roose et al. 2010) für die veränderten medienkommunikativen Verhältnisse aufbereiten: Welche Rolle spielen Soziale Medien für die von Fans praktizierten Distinktionsprozesse (etwa gegen den ‚Mainstream‘)? Wie verhält sich der oftmals subversive Charakter von Fanpraktiken zur Medien- und Unterhaltungsindustrie, die Fankulturen zu kommerziellen Zwecken reinszenieren? Inwiefern lässt sich Fangeschichte als eine Geschichte der Massenmedien und in neuerer Zeit eben auch der Sozialen Medien (vgl. Barton / Lampley 2014) beschreiben? Wie manifestiert sich aus einer kulturanalytischen Perspektive das Phänomen Fantum und worin besteht der spezifisch (medien)linguistische Beitrag zu einer Schärfung und Ausdifferenzierung bestehender Konzepte und Befunde der Fanforschung?
Zum einen kommen durch den Fokus auf Soziale Medien jüngere Phänomene der aktuellen Fankommunikation in den empirischen Blick und somit ein Thema, das in vorliegenden Überblicksdarstellungen zum Thema Fankommunikation bislang eher wenig beleuchtet wurde (vgl. erneut Roose et al. 2010). Zum anderen kann dies zu einer entsprechenden Theoretisierung des Gegenstandsbereichs genutzt werden, indem bestimmte Aspekte von Fankulturen und Fankommunikation in den digitalen Kommunikationssettings besonders gut sichtbar und beobachtbar werden. Der Sammelband vereint deshalb medienanalytische Beiträge verschiedener disziplinärer Provenienz, die sich empirisch und theoretisch mit unterschiedlichen Dimensionen aktuellen Fantums befassen. Mehrere Beiträge befassen sich auch mit der Verhältnisbestimmung von „klassischem“ Fantum und anderen Admirationskontexten. Als eine schwer zu operationalisierende ←10 | 11→Kategorie hat sich etwa die „leidenschaftliche Beziehung“ zum Fanobjekt erwiesen, die in der vielzitierten soziologischen Begriffsbestimmung von Roose / Schäfer / Schmidt-Lux (2010) als zentrales Merkmal von Fantum erscheint. Auch für die Medienlinguistik stellt sich die Frage, worin sich die besondere Beziehung von Fans zu ihrem Fanobjekt sprachlich und multimodal manifestiert. Obschon diese Frage auch mit den hier vorliegenden Beiträgen noch nicht abschließend geklärt sein mag, zeigt die Verbindung empirischer Medientext- und Mediendiskursanalysen mit theoretischen Überlegungen nicht nur den Reichtum fankultureller Praktiken, sondern führt auch den großen heuristischen Wert vor Augen, den dieser Gegenstand für die gegenwärtige Medienlinguistik haben kann.
Den empirischen Studien vorangestellt ist ein einführender Beitrag zum Stand der Fanforschung von Thomas Schmidt-Lux, der durch die Mitherausgabe des Bandes Fans. Soziologische Perspektiven (2010) der Fanforschung im deutschsprachigen Raum wichtige Anstöße geliefert hat. Der Beitrag skizziert aus soziologischer Sicht sowohl die Entwicklungen neuerer Fankulturen als auch die sich daraus ergebenden wissenschaftlichen Fragen. Mit der immer wichtiger werdenden Rolle des Internets und den sich hier ergebenden Möglichkeiten der Partizipation, aber auch mit der Ausdifferenzierung des Fanbegriffs und dem Fokuswechsel hin zu Fanpraktiken werden die Fäden ausgelegt, die dann in den empirischen Studien aufgegriffen werden.
Details
- Seiten
- 232
- Erscheinungsjahr
- 2022
- ISBN (PDF)
- 9783631867013
- ISBN (ePUB)
- 9783631867020
- ISBN (Hardcover)
- 9783631814215
- DOI
- 10.3726/b19029
- Open Access
- CC-BY
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2022 (Februar)
- Schlagworte
- Fans Emotionen Medienkommunikation Social Media Praktiken Publikumsforschung
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 232 S., 14 farb. Abb., 1 s/w Abb., 2 Tab.