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Optionsanleihen im Recht der GmbH

von Jonas Pöttgen (Autor:in)
©2022 Dissertation 226 Seiten

Zusammenfassung

Seit Einführung des Instituts des genehmigten Kapitals in das GmbH-Recht ist der Einsatz von Wandelschuldverschreibungen durch Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH wiederholt Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses gewesen.
Trotz der wiederholten Thematisierung ist eine Vielzahl an Fragen – insbesondere im Zusammenhang mit der Begebung von Optionsanleihen – weiterhin ungeklärt.
Der Autor widmet sich diesen Fragestellungen, zeigt bestehende Problematiken auf und entwickelt praktische Lösungsansätze für den Einsatz von Optionsanleihen durch Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einführung
  • Kapitel 1 – Einleitung
  • Kapitel 2 – Gang der Untersuchung
  • Erster Abschnitt – Die Rechtsnatur aktienrechtlicher Optionsanleihen
  • Kapitel 1 – Grundlagen
  • § 1 Begriff und Gestaltungsformen
  • § 2 Die Ausgestaltung herkömmlicher Optionsanleihen
  • Kapitel 2 – Die Schuldverschreibung
  • Kapitel 3 – Die Rechtsnatur des Optionsrechts
  • Kapitel 4 – Schlussfolgerung
  • Zweiter Abschnitt – Optionsanleihen im Recht der GmbH
  • Kapitel 1 – Zum Erwerb neuer Geschäftsanteile berechtigende Optionsanleihen
  • § 1 Die Zulässigkeit der Ausgabe von Optionsanleihen durch eine GmbH
  • § 2 Ausgabevoraussetzungen
  • A. Optionen auf den Bezug neuer Geschäftsanteile
  • I. Überblick über den Ablauf einer Kapitalerhöhung
  • II. Pflichten der Gesellschaft aus dem Übernahmevertrag
  • 1. Vereinbarkeit der Pflicht zur Verschaffung der Mitgliedschaft mit dem Grundsatz der Satzungsautonomie
  • 2. Entstehung des Geschäftsanteils kraft Gesetzes
  • 3. Auslegung des Vertragsinhalts
  • III. Rechtsgeschäftliche Verpflichtung zum Abschluss eines Übernahmevertrages
  • 1. Vertretung der Gesellschaft
  • 2. Gesetzliche Beschränkungen des Zusicherns rechtsgeschäftlicher Bezugsrechte
  • a) Analoge Anwendung des § 187 Abs. 2 AktG
  • aa) Rechtslage im Aktienrecht
  • bb) Übertragbarkeit auf das GmbH-Recht
  • b) Analoge Anwendung des § 187 Abs. 1 AktG
  • aa) Rechtslage im Aktienrecht
  • bb) Übertragbarkeit auf das GmbH-Recht
  • (1) Planwidrige Regelungslücke
  • (2) Vergleichbare Interessenlage
  • 3. Zwischenergebnis betreffs rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen zum Abschluss von Übernahmeverträgen
  • IV. Auswirkungen auf das Gewähren von Optionsrechten
  • V. Zwischenergebnis betreffs des Gewährens von Optionen auf den Bezug neuer Geschäftsanteile
  • B. Ausgabevoraussetzungen von Schuldverschreibungen
  • C. Ausgabevoraussetzungen von Optionsanleihen
  • I. Ausgabevoraussetzungen nach allgemeinen Regeln
  • II. Ausgabevoraussetzungen von Optionsanleihen nach § 221 AktG
  • 1. Rechtslage im Aktienrecht
  • a) Überblick
  • b) Verhältnis zu § 187 AktG
  • aa) Verhältnis von § 221 Abs. 1 AktG zu § 187 Abs. 2 AktG
  • bb) Verhältnis von § 221 Abs. 4 AktG zur § 187 Abs. 1 AktG
  • c) Konsequenzen für die Ausgabe von Optionsanleihen
  • 2. Analoge Anwendung im GmbH-Recht
  • a) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 1 AktG
  • b) Analoge Anwendung des § 221 Abs. 4 AktG
  • aa) Planwidrige Regelungslücke
  • bb) Vergleichbare Interessenlage
  • III. Ergebnis
  • § 3 Der Ermächtigungsbeschluss
  • A. Wirkung und Inhalt des Beschlusses
  • B. Form und Publizität des Beschlusses
  • I. Notarielle Beurkundung und Eintragung im Handelsregister analog §§ 53 Abs. 2 S. 1, 54 GmbHG
  • II. Publizitätspflichten analog § 221 Abs. 2 S. 2, 3 AktG
  • C. Kein Ermächtigungsbeschluss analog § 221 Abs. 2 S. 1 AktG
  • § 4 Das gesetzliche Bezugsrecht der Gesellschafter
  • A. Überblick
  • B. Ausübung des Bezugsrechts
  • C. Der Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts
  • I. Formelle Voraussetzungen
  • II. Materielle Voraussetzungen
  • III. Verletzung des gesetzlichen Bezugsrechts
  • § 5 Die Begründung der Rechte aus der Optionsanleihe
  • A. Überblick
  • B. Formgebundenheit des auf die Einräumung des Bezugsrechts gerichteten Vertrages
  • I. Formbedürftigkeit eines Vorvertrages im Allgemeinen
  • 1. Meinungsstand
  • 2. Stellungnahme
  • a) Wirkungen von Formerfordernissen
  • b) Zweiseitig verpflichtender Vorvertrag
  • c) Einseitig verpflichtender Vorvertrag
  • II. Formbedürftigkeit eines der Optionsanleihe zugrundeliegenden Vorvertrages
  • III. Formgebote bei der Begründung eines Optionsrechts im Allgemeinen
  • 1. Meinungsstand
  • 2. Stellungnahme
  • IV. Formgebote bei der Begründung eines Optionsanleihen zugrundliegenden Optionsrechts
  • V. Fazit
  • § 6 Die Übertragung der Rechte aus der Optionsanleihe
  • A. Die Übertragung des Anspruchs auf Rückzahlung des Anleihebetrages
  • B. Die Übertragung des Optionsrechtes
  • I. Überblick
  • II. Die Übertragbarkeit von § 15 Abs. 3, 4 GmbHG auf die Abtretung von Bezugsrechten
  • III. Die Übertragbarkeit der nach § 15 Abs. 5 GmbHG vorgesehenen Beschränkungen auf die Abtretung von Bezugsrechten
  • IV. Schlussfolgerung
  • § 7 Schutz vor einer Verwässerung der Bezugsrechte
  • A. Problemaufriss
  • B. Der gesetzliche Verwässerungsschutz
  • I. Gesetzlicher Verwässerungsschutz bei nomineller Kapitalerhöhung
  • II. Gesetzlicher Verwässerungsschutz bei effektiver Kapitalerhöhung
  • C. Der vertragliche Verwässerungsschutz
  • I. Das Verbot weiterer Kapitalmaßnahmen
  • 1. Verpflichtung der Gesellschaft
  • 2. Verpflichtung der Gesellschafter
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Vorzeitige Ausübung des Optionsrechts
  • III. Anpassung der Bezugsbedingungen
  • IV. Einräumung eines Bezugsrechts auf die neuen Geschäftsanteile
  • D. Fazit
  • § 8 Informationsrechte des Optionsberechtigten
  • A. Problemstellung
  • B. Gesellschafter als Optionsberechtigter
  • C. Geschäftsführer als Optionsberechtigter
  • D. Dritter als Optionsberechtigter
  • I. Gesetzliche Informationsrechte
  • II. Vertragliche Informationsrechte
  • § 9 Die Ausübung des Bezugsrechts
  • A. Grundlagen
  • B. Formerfordernisse bei Ausübung des Bezugsrechts
  • I. Die Formbedürftigkeit eines auf einem Vorvertrag beruhenden Hauptvertrages im Allgemeinen
  • II. Die Formbedürftigkeit des auf Grundlage des vorvertraglichen Anspruchs geschlossenen Übernahmevertrages
  • III. Die Formbedürftigkeit einer Optionserklärung im Allgemeinen
  • IV. Die Formbedürftigkeit der Optionserklärung des Inhabers einer Optionsanleihe
  • § 10 Die Verschaffung der Mitgliedschaft
  • A. Die reguläre Kapitalerhöhung gemäß § 55 GmbHG
  • I. Überblick und Problematik
  • II. Untaugliche Lösungsansätze
  • III. Praktikable Abwicklung
  • B. Das genehmigte Kapital
  • I. Der Ablauf einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital
  • 1. Die Schaffung des genehmigten Kapitals
  • a) Notwendige Bestandteile des Ermächtigungsbeschlusses
  • b) Fakultativer Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses
  • 2. Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals
  • C. Das bedingte Kapital
  • D. Fazit
  • § 11 Die Durchsetzbarkeit des Anteilserwerbsrechts
  • § 12 Die Einlageleistung
  • A. Grundsatz
  • B. Die wirtschaftliche Annäherung von Options- an Wandelanleihen
  • I. Die Schuldverschreibung als Gegenstand der Einlage
  • II. Die Unterscheidung zwischen Optionsanleihen bei Inzahlungnahme der Anleihe und Wandelanleihen
  • III. Verbreitete Gestaltungsformen in der Praxis
  • IV. Bedeutung und Reichweite des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
  • 1. Meinungsstand zur dogmatischen Einordnung der Vorschrift
  • 2. Die Stellung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG im Kapitalaufbringungsrecht
  • a) Forderungen gegen die Gesellschaft als Gegenstand einer Sacheinlage
  • b) Vereinbarkeit mit § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
  • V. Analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG
  • 1. Meinungsstand
  • 2. Stellungnahme
  • a) Stellungnahme auf Grundlage der Annahme, § 194 Abs. 1 S. 2 AktG habe deklaratorischen Charakter
  • b) Stellungnahme auf Grundlage der Annahme, § 194 Abs. 1 S. 2 AktG habe konstitutive Wirkung
  • VI. Ergebnis
  • Kapitel 2 – Zum Erwerb existierender Geschäftsanteile berechtigende Optionsanleihen
  • § 1 Überblick
  • § 2 Zuständigkeit für die Ausgabe der Optionsanleihen
  • A. Problemaufriss und Lösungsansatz
  • I. Zuständigkeit für den Erwerb eigener Geschäftsanteile
  • II. Zuständigkeit für die Veräußerung eigener Geschäftsanteile
  • III. Zwischenergebnis
  • B. Konsequenzen für die Ausgabe von zum Erwerb eigener Anteile berechtigende Optionsanleihen
  • § 3 Formerfordernisse bei der Begründung und Übertragung der Anteilserwerbsrechte
  • Kapitel 3 – Wahlrecht der Gesellschaft zwischen der Verschaffung neuer oder existierender Geschäftsanteile
  • Kapitel 4 – Selbständige Optionen auf den Erwerb von Geschäftsanteilen
  • § 1 Optionen auf den Erwerb neuer Geschäftsanteile
  • A. Vom vermeintlichen Meinungsstreit über die Zulässigkeit der Begebung von naked warrants
  • B. Anforderungen an das Gewähren reiner Optionsrechte auf den Bezug neuer Geschäftsanteile
  • I. Überblick
  • II. Meinungsstand
  • III. Stellungnahme
  • IV. Ergebnis
  • § 2 Optionen auf den derivativen Erwerb eigener Anteile der Gesellschaft
  • Kapitel 5 – Praktische Einsatzmöglichkeiten von Optionsanleihen im GmbH-Recht
  • Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis

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Einführung

Kapitel 1 – Einleitung

Seit nunmehr über 150 Jahren ist in Deutschland das Finanzierungsinstrument der Wandelschuldverschreibung bekannt.1 Dabei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG um „Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern oder der Gesellschaft ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird.“ Eine Schuldverschreibung, welche das Recht gewährt, die Schuldverschreibung in Aktien der Gesellschaft umzutauschen, wird nach allgemeinem Sprachgebrauch präzisierend als Wandelanleihe bezeichnet.2 Eine Schuldverschreibung, die ein Bezugsrecht enthält, fällt dagegen unter den Begriff der Optionsanleihe.3

Aktuell erfreuen sich Wandelschuldverschreibungen bei Emittenten und Investoren großer Beliebtheit.4 Die Kombination von Anleihe und Aktienerwerbsrecht gewährt dem Anleger sowohl die wirtschaftlichen Vorteile herkömmlicher Industrieobligationen als auch die eines Eigenkapitaltitels.5 So gewährleistet eine Wandelschuldverschreibung aufgrund der während der Laufzeit entstehenden Zinsansprüche einerseits eine feste Rendite. Andererseits bietet sie dem Anleger ob des Aktienerwerbsrechts die Möglichkeit zur Spekulation. Letzteres ist dem Umstand geschuldet, dass bereits bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen der Wandlungs- bzw. Optionspreis für die zu erwerbenden Aktien festgesetzt wird. Steigt während der meist langen Laufzeit ←17 | 18→der Wandelschuldverschreibung der Wert der zu erwerbenden Aktien über den zuvor festgesetzten Wandlungs- bzw. Optionspreis, wird der Anleger bei unterstellt ökonomisch sinnvollem Verhalten sein Wandlungs- bzw. Optionsrecht ausüben und Aktien der Gesellschaft zu einem unter ihrem Börsenkurs liegenden Preis erwerben. Auf diese Weise erlauben Wandelschuldverschreibungen dem Anleger, an einer positiven Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren, ohne jedoch das Risiko einer Eigenkapitalbeteiligung tragen zu müssen.6 Die Attraktivität von Wandelschuldverschreibungen für Anleger können sich die Emittenten wiederum insoweit zunutze machen, als eine hohe Investitionsbereitschaft die Kapitalaufnahme erleichtert.7

In Anbetracht der derzeitigen Popularität von Wandelschuldverschreibungen stellt sich die Frage, ob diese auch für Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH eine Alternative zur klassischen Eigen- oder Fremdkapitalfinanzierung darstellen.

Das GmbHG sieht die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nicht vor. In der Literatur ist in jüngerer Vergangenheit jedoch vermehrt der Frage nachgegangen worden, ob und unter welchen Voraussetzungen auch eine GmbH Wandelschuldverschreibungen ausgeben kann.8 Trotz der wiederholten Thematisierung ist eine Vielzahl an Fragen weiterhin ungeklärt. Insbesondere beziehen sich die bisherigen Beiträge stets auf Wandelschuldverschreibungen im Allgemeinen oder Wandelanleihen. Die Ausgabe von Optionsanleihen durch eine GmbH nach aktienrechtlichem Vorbild wurde hingegen bislang noch nicht eingehend beleuchtet. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diese Lücke zu schließen.

Die Abhandlung beschränkt sich dabei auf die gesellschaftsrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit der Begebung von Optionsanleihen. Bilanz-, steuer- und kapitalmarktrechtliche Fragen bleiben bei der Bearbeitung weitestgehend außer Betracht.

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Kapitel 2 – Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit ist in zwei Abschnitte gegliedert.

Im ersten Abschnitt der Arbeit gilt es, die Rechtsnatur des im Aktienrecht gesetzlich vorgesehenen Finanzierungsinstruments der Optionsanleihe zu beleuchten.

Auf Grundlage dieser Untersuchung widmet sich der zweite Abschnitt der Arbeit der Ausgabe von Optionsanleihen durch eine Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Gegenstand des ersten Kapitels des zweiten Abschnitts sind Optionsanleihen, welche zum Erwerb neuer Geschäftsanteile berechtigen. Zunächst wird dargelegt, dass entsprechende Optionsanleihen auch durch eine GmbH ausgegeben werden können. Sodann werden die einzelnen Ausgabevoraussetzungen bestimmt und gesellschaftsrechtliche Probleme, welche mit dem Einsatz der Optionsanleihen einhergehen, behandelt. Die im zweiten Kapitel vorzunehmende Untersuchung von Optionsanleihen, welche zum derivativen Erwerb eigener Anteile der Gesellschaft berechtigen, erfolgt nach dem gleichen Muster. Das dritte Kapitel befasst sich mit Optionsanleihen, bei denen der Anteilserwerbsanspruch sowohl durch die Verschaffung neuer als auch die Übertragung eigener Anteile erfüllt werden kann. Das vierte Kapitel erweitert die Abhandlung um die Untersuchung isolierter Optionen auf den Erwerb von Geschäftsanteilen. Abschließend wird im fünften Kapitel auf Basis der rechtlichen Ausführungen ein allgemeiner Überblick über praktische Begebenheiten gegeben, in denen der Einsatz der zuvor untersuchten Finanzierungsinstrumente zweckmäßig erscheint.

Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen.

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1 Vgl. Mackh, Wandelschuldverschreibungen, S. 11.

2 Statt vieler Hermanns, in: Henssler/Strohn, AktG, § 221 Rn. 4; Scholz, in: MHdB-GesR IV, § 64 Rn. 6; Seiler, in: BeckOGK-AktG, § 221 Rn. 3; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 221 Rn. 4.

3 Eing. zur Terminologie Schumann, Optionsanleihen, S. 15 f.; ferner Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 24; Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 221 Rn. 4.

4 So hat jüngst etwa die TUI AG Wandelanleihen mit einem Gesamtnennbetrag von ca. 400 Millionen Euro ausgegeben, vgl. Kotowski, TUI erhält Investorengeld, FAZ v. 12.04.2021, S. 19. Ende vergangenen Jahres hatte bereits die Deutsche Lufthansa AG eine Wandelanleihe mit einem Gesamtvolumen von 600 Millionen Euro begeben, vgl. Kotowski, Lufthansa holt sich Investorengeld, FAZ v. 11.11.2020, S. 23.

5 Florstedt, in: KölnerKomm, AktG, § 221 Rn. 60 f.; 71; Seiler, in: BeckOGK-AktG, § 221 Rn. 11; Schumann, Optionsanleihen, S. 48; Mackh, Wandelschuldverschreibungen, S. 21 f. jew. dort auch zum folgenden Text.

6 Florstedt, in: KölnerKomm, AktG, § 221 Rn. 62.

7 Vgl. Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 10; Kuthe/Görtz, BG 2/2021, 34.

8 Vgl. Fest, in: Hopt/Seibt, AktG, § 221 Rn. 746 ff.; Maidl, NZG 2006, 778; Helmreich, GWR 2011, 561; Bormann/Trautmann, GmbHR 2016, 37; Milch, BB 2016, 1538; Mackh, Wandelschuldverschreibungen, passim; Reiner-Pechtl, Das genehmigte Kapital im System des GmbH-Rechts, S. 195 ff.; wohl erstmals Boesebeck, GmbHR 1962, 2.

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Erster Abschnitt – Die Rechtsnatur aktienrechtlicher Optionsanleihen

Kapitel 1 – Grundlagen

§ 1 Begriff und Gestaltungsformen

Der heute gemeinhin verwendete Begriff der „Optionsanleihe“ ist dem Gesetz fremd. Die nach allgemeinem Sprachgebrauch als Optionsanleihen bezeichneten „Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern […] ein […] Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird“, definiert das Gesetz in § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG vielmehr als Wandelschuldverschreibungen. Als solche bezeichnet das Gesetz in § 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG jedoch auch „Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern […] ein Umtauschrecht […] auf Aktien eingeräumt wird.“ Diese vom Gesetz vorgenommene Zusammenfassung von Schuldverschreibungen mit einem Bezugsrecht einerseits und solchen mit einem Umtauschrecht auf Aktien andererseits unter dem Oberbegriff der Wandelschuldverschreibung gilt jedoch seit langem als verfehlt und überholt.9 Zur Präzisierung und Vermeidung von Missverständnissen differenziert man nach heutigem Sprachgebrauch daher zwischen Wandelanleihen bzw. Wandelschuldverschreibungen im engeren Sinne (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG) und Optionsanleihen (§ 221 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG).

Wandel- und Optionsanleihen haben in ihrer ursprünglichen Konzeption gemein, dass sie eine Kombination aus Schuldverschreibung und Aktienerwerbsrecht darstellen.10 Sie unterscheiden sich jedoch grundsätzlich durch das Schicksal der Schuldverschreibung bei Ausübung des Aktienerwerbsrechts.11 Während der Inhaber einer Wandelanleihe berechtigt ist, Aktien im „Umtausch“ gegen die Schuldverschreibung zu erwerben, erfolgt der Aktienerwerb bei ←21 | 22→Optionsanleihen unabhängig von dem Schicksal der Schuldverschreibung gegen Zahlung eines Optionspreises.12

Neben dieser herkömmlichen Gestaltungsform einer Optionsanleihe hat der Gesetzgeber im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2016 eine weitere Gestaltungsvariante gesetzlich normiert. So sind von § 221 Abs. 1 S. 1 AktG nunmehr auch Schuldverschreibungen umfasst, „bei denen […] der Gesellschaft ein […] Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird“. Durch diese äußerst missverständliche Formulierung soll nicht – obwohl dies der Wortlaut suggeriert – eine Optionsanleihe beschrieben werden, welche die Gesellschaft zum Bezug eigener Aktien berechtigt. Vielmehr soll zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Anwendungsbereich des § 221 AktG auch Optionsanleihen unterfallen, die der Gesellschaft das Recht einräumen, Gläubiger zum Bezug von Aktien zu einem zuvor festgesetzten Optionspreis zu verpflichten (sog. „umgekehrte Optionsanleihe“).13

In der Praxis sind umgekehrte Optionsanleihen jedoch nicht von allzu großer Bedeutung.14 Werden Finanzierungsinstrumente ausgegeben, welche der Gesellschaft das Recht einräumen, Gläubiger zum Bezug von Aktien zu verpflichten, handelt es sich in aller Regel um umgekehrte Wandelanleihen (sog. reverse convertible bonds).15 Diese gewähren der Gesellschaft das Recht, auf die Rückzahlung des Anleihebetrages zu verzichten und dem Gläubiger stattdessen meist junge Aktien der Gesellschaft zu verschaffen, wobei der ursprünglich auf die Anleihe geleistete Betrag als Einlage gilt. Die Gesellschaft kann auf diese Weise Schulden in Eigenkapital transferieren.16 Damit wird mithilfe der Ausgabe umgekehrter Wandelanleihen ein Debt-Equity-Swap auf Vorrat angelegt, der in einer Notsituation geräusch- und problemlos vollzogen werden kann.17 Umgekehrte Wandelanleihen stellen in Anbetracht dessen ein wichtiges Sanierungsinstrument dar.18

←22 | 23→

Da die praktische Bedeutung umgekehrter Optionsanleihen nicht annähernd an die umgekehrter Wandelanleihen heranreicht, bleiben umgekehrte Optionsanleihen bei den nachstehenden Untersuchungen außer Betracht. Gleiches gilt für zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente, die zwar mitunter als Optionsanleihen bezeichnet werden, nicht aber den in § 221 Abs. 1 S. 1 AktG normierten gesetzestypischen Grundformen entsprechen.19 Mithin sind allein herkömmliche Optionsanleihen Gegenstand der nachstehenden Untersuchungen.

§ 2 Die Ausgestaltung herkömmlicher Optionsanleihen

Jedwedes als herkömmliche Optionsanleihe betiteltes Finanzierungsinstrument gewährt dem Inhaber neben dem Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung des Anleihebetrages das Recht, innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem festgesetzten Preis eine bestimmte Menge an Aktien zu erwerben.20

Klassischerweise berechtigen Optionsanleihen zum Erwerb junger Aktien der emittierenden Gesellschaft.21 Die aus Vereinfachungsgründen gemeinhin gewählte Bezeichnung als Aktienerwerbsrecht ist in diesem Zusammenhang insoweit missverständlich, als der Optionsrechtsinhaber mit Ausübung des Optionsrechts nicht unmittelbar Aktien der Gesellschaft erwirbt. Vielmehr hat er lediglich einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages zu den zuvor in den Optionsbedingungen festgesetzten Konditionen.22 Der Zeichnungsvertrag begründet noch keinerlei Mitgliedschaftsrechte, sondern legt lediglich die Grundlage für den späteren Erwerb der Mitgliedschaft. Die Mitgliedschaft entsteht erst mit Abschluss der Durchführung einer Kapitalerhöhung.23

←23 | 24→

Damit die Gesellschaft gewährleisten kann, bei Ausübung der Optionsrechte schnell und flexibel eine Kapitalerhöhung durchzuführen, wird die Ausgabe von Optionsanleihen in aller Regel mit der Schaffung eines bedingten Kapitals (§§ 192 ff. AktG) verbunden.24 Das bedingte Kapital ist speziell auf die Sicherung der Umtausch- und Bezugsrechte von Wandel- und Optionsanleihen zugeschnitten (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) und ermöglicht eine bedarfsabhängige Ausgabe junger Aktien. Grund dafür ist der Umstand, dass die Hauptversammlung zwar eine Erhöhung des Grundkapitals beschließt, diese aber nur insoweit durchgeführt wird, als von den Optionsrechten Gebrauch gemacht wird.

Im Einzelnen vollzieht sich die bedingte Kapitalerhöhung dergestalt, dass zunächst in einem satzungsändernden Beschluss ein Höchstbetrag festgelegt wird, bis zu dem das Grundkapital durch die Ausgabe von Bezugsaktien erhöht werden kann.25 Inhalt des Beschlusses muss nebstdem der konkrete Zweck der Kapitalerhöhung und der Kreis der Bezugsberechtigten sein (§ 193 Abs. 2 AktG). Nur zu dem festgesetzten Zweck dürfen die Bezugsaktien gemäß § 199 AktG von dem Vorstand ausgegeben werden. Daher sind die Schuldverschreibungen, deren Inhaber bezugsberechtigt sein sollen, im Hauptversammlungsbeschluss zu bezeichnen.26 Wird der gefasste Beschluss gemäß § 195 AktG im Handelsregister eingetragen, ist die Satzungsänderung vollzogen und das bedingte Kapital steht bereit.27 Die tatsächliche Erhöhung des Grundkapitals steht jedoch unter der Bedingung des Aktienbezuges durch die Inhaber der Optionsanleihen.28

Der Aktienbezug erfolgt durch die Abgabe einer Bezugserklärung i.S.v. § 198 AktG. Diese hat die gleiche Wirkung wie eine Zeichnungserklärung (§ 198 Abs. 2 S. 1 AktG), sodass mit einer korrespondierenden Willenserklärung der ←24 | 25→AG ein Zeichnungsvertrag zustande kommt.29 Der Zeichnungsvertrag verpflichtet den Inhaber der Optionsanleihe zur Leistung der Einlage. Der Einlagebetrag zuzüglich des zu leistenden Agios spiegelt den Optionspreis wider.30 Klassischerweise sehen die Optionsbedingungen den Abschluss eines Zeichnungsvertrages vor, nach welchem eine Bareinlage zu erbringen ist.31 Zwingend ist dies jedoch nicht. Auch besteht die Möglichkeit, die Optionsbedingungen in der Weise auszugestalten, dass eine Sacheinlage zu erbringen ist. Hat der vormals Optionsberechtigte seine Einlage geleistet, kann er von der AG auf Grund des Zeichnungsvertrages die Ausgabe der Bezugsaktien verlangen (vgl. § 199 Abs. 1 AktG).32 Bereits mit der Ausgabe der Aktien wird die Erhöhung des Grundkapitals wirksam (vgl. § 200 AktG). Die abschließend vorzunehmende Eintragung der Ausgabe in das Handelsregister (vgl. § 201 AktG) hat nur deklaratorische Bedeutung.33

Erforderlich ist die Unterlegung von Optionsanleihen mit einem bedingten Kapital indes nicht. In Betracht kommt auch, mit Ausgabe der Optionsanleihen ein genehmigtes Kapital (§§ 202 ff. AktG) zu schaffen, welches dazu dient, nach Ausübung der Optionsrechte junge Aktien auszugeben.34 Die Abwicklung gestaltet sich in diesem Fall jedoch weitaus umständlicher.35 So besteht etwa die Schwierigkeit, dass die Ermächtigung von Vorstand und Aufsichtsrat ←25 | 26→zur Erhöhung des Grundkapitals auf maximal fünf Jahre beschränkt ist (§ 202 Abs. 1 AktG). Optionsanleihen weisen jedoch regelmäßig längere Laufzeiten auf, sodass das genehmigte Kapital während der Laufzeit der Optionsanleihe mittels eines abermaligen Hauptversammlungsbeschlusses erneuert werden muss.36 Hinzu kommt, dass Vorstand und Aufsichtsrat im Falle der Ausübung der Optionsrechte stets einen Beschluss über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu fassen haben, um in einer Vielzahl von Tranchen Aktien auszugeben.37 Dabei wäre jedes Mal erneut das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen (vgl. §§ 203 Abs. 1 S. 1, § 186 AktG), da ein Bezugsrechtsausschluss dem genehmigten Kapital im Gegensatz zum bedingten Kapital nicht immanent ist.38

Details

Seiten
226
Jahr
2022
ISBN (PDF)
9783631889640
ISBN (ePUB)
9783631889657
ISBN (MOBI)
9783631889664
ISBN (Paperback)
9783631887271
DOI
10.3726/b20173
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Oktober)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 226 S.

Biographische Angaben

Jonas Pöttgen (Autor:in)

Jonas Pöttgen studierte Rechtswissenschaften an der Universität Passau. Anschließend war er dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht tätig. Dort erfolgte auch seine Promotion.

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