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Deutsch als Regionalsprache und Kontaktsprache

Varietäten- und medienlinguistische Beiträge zum historischen und aktuellen Sprachgebrauch in Rumänien

by Doris Sava (Volume editor) Ioan Lăzărescu (Volume editor)
©2023 Edited Collection 400 Pages

Summary

Vorliegender Sammelband ist der gegenwärtigen Variationsbreite des Deutschen gewidmet. Angesichts der fast vollständigen Aussiedlung der deutschsprachigen Bevölkerung nach der letzten Auswanderungswelle Anfang der 1990er-Jahre wurde das Fortbestehen der deutschen Sprache in Rumänien als gefährdet eingeschätzt. Trotz geschwächter Position in Kirche und Schule wird Deutsch weiterhin in den Medien und in der Literatur gebraucht. Der Band dokumentiert daher vornehmlich die gegenwärtige Sprachsituation und den veränderten Status des Deutschen als Minderheitensprache in Rumänien, wobei aus variations- und medienlinguistischer Sicht das Profil der rumäniendeutschen Standardvarietät erfasst wird.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Vorwort
  • Deutsch in seiner historischen und gegenwärtigen Variationsbreite
  • Zum Profil des Deutschen aus historischer, arealer, medialer und aktueller Sicht (Doris Sava und Ioan Lăzărescu)
  • Vom Standard im Standard. Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen Variation und standardsprachorientierten Normen (Doris Sava und Ioan Lăzărescu)
  • Deutsch als historische Regionalsprache und Kultursprache
  • An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen. Zum Status des Rumäniendeutschen aus variationslinguistischer Sicht (Doris Sava)
  • Also sprach der Josefstädta Franzi. Sprachkontakt und Sprachenmischung in der Temeswarer Umgangssprache (Alwine Ivănescu und Mihaela Şandor)
  • Ursachen des Wortuntergangs im gegenwärtigen Rumäniendeutschen (Maria Sânziana Iliescu)
  • Hybridbildungen im Siebenbürgisch-Sächsischen. Speisen und Gebäckarten als Fallbeispiele (Sigrid Haldenwang)
  • Der Einfluss des Französischen auf die deutsche Sprache am Beispiel deutschsprachiger Urkunden aus Siebenbürgen (17./18. Jahrhundert) (Ileana-Maria Ratcu)
  • Vermittlungswege deutscher Kultur in Siebenbürgen. Die Hermannstädter Tageszeitung Tribuna (Maria Sass)
  • „Deutsche Muttersprache und rumänische Vaterlandssprache“. Zur Sprachenpolitik an deutschen Schulen in Rumänien in den Jahren 1919 bis 1926 im Spiegel des Amtsblattes der Evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen (Gerhild Rudolf)
  • Deutsch als aktuelle Mediensprache
  • Die Printpresse der deutschen Minderheit in Rumänien vor und nach 1990 (Ioana Maria Cusin)
  • Negative Folgen der Digitalisierung. Zur sprachgebundenen Wissenspopularisierung in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien (ADZ) (Adriana Dănilă)
  • Bundes- und rumäniendeutsche Pressebeispiele in der kontrastiven korpusbasierten Nomenvalenzbeschreibung (Ana Iroaie)
  • Deutsch als Kontaktsprache
  • Kiezdeutsch als Kontaktsprache im Vergleich zu anderen Mischformen (Andrada Onu-Părchișanu)
  • Kiezdeutsch im Medium Film. Fack ju Göhte – Kiezdeutsch oder eher Kidsdeutsch? (Miryam Diko)
  • (Rumänien)Deutsch – intermedial, kontrastiv, trans- und interkulturell
  • Wunschformeln im Rumänischen, Deutschen und Rumäniendeutschen (Ioana Hermine Fierbințeanu)
  • Wer suchet, der findet ... Liebe per Inser@t. Kontaktanzeigen aus interkultureller und kontrastiver Perspektive (Doris Sava)
  • Ewig nah und digital danach… Trauergeschehen im digitalen Zeitalter (Cristina Mihail)
  • Zu guter Letzt und cu duiumul. Unikalia mit verdunkelter Basis im Phraseolexikon des Deutschen und Rumänischen. Eine korpusgestützte kontrastive Analyse (Mihai Crudu)
  • Reihenübersicht

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Vorwort

Auf das Profil des Rumäniendeutschen aus historischer und aktueller Perspektive ist vorliegender Sammelband ausgerichtet, der die Publikationsreihe des Zentrums für linguistische, literarische und kulturelle Forschung (ZLLKF)1 an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt (rum. Sibiu) fortsetzt und auch die Bandreihe des Forschungszentrums „Deutsch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ (FZ DiMOS) der Universität Regensburg ergänzt.

Mit Blick auf die gegenwärtige Sprachsituation belegt vorliegender Sammelband die Präsenz und den veränderten Status des Deutschen als autochthone Regional- und Minderheitensprache in den multiethnischen und multikulturellen Regionen Siebenbürgen und Banat, wobei auch die Rolle kultureller Infrastrukturen (Kirche, Schulwesen, Presse, Rundfunk, Fernsehen) der Rumäniendeutschen bei der Bewahrung ihrer kollektiven Identität in Sprachinsellage aufgezeigt wird.2

Der thematisch kompakte Band beinhaltet daher Beiträge zu den standardsprachlichen Besonderheiten des Rumäniendeutschen, zu Kulturkontakten und zum mediengebundenen Sprachgebrauch in der Presse der deutschen Minderheit in Rumänien. Über den regional geprägten und medial vermittelten Sprachgebrauch hinaus werden auch Misch-Varietäten des Deutschen aus historischer und aktueller Sicht berücksichtigt und Interferenzerscheinungen im heutigen (Rumänien)Deutsch beleuchtet, um empirisch fundierte Einblicke in die aktuelle Vielgestaltigkeit des Deutschen zu gewähren.

Ein Teil der aufgenommenen Beiträge gehen Spracherscheinungen aus (sprach)geschichtlicher oder kontrastiver Sicht nach und sind damit traditionellen Forschungsschwerpunkten der rumänischen Germanistik verpflichtet, die im Sprachvergleich Deutsch-Rumänisch (u.a. Valenz, kommunikative Praktiken ←11 | 12→und Textsorten, phraseologische Sonderausschnitte) eine ihrer wichtigsten Forschungsaufgaben sieht.

Die in diesem Sammelband aufgenommenen Beiträge zum historischen und aktuellen Sprachgebrauch in Alltag, Presse und in den Neuen Medien umreißen zeit- und transkulturell bedingte, domänen-, länder- und gebietsspezifische (kontakt)sprachliche, mediale sowie textuelle Interferenzen und Kongruenzen, die im Deutschen als historische Regionalsprache und Kontaktsprache inner- und außerhalb Rumäniens aufgekommen sind. Damit bietet vorliegende Publikation aus der Sicht der Variationslinguistik und ihres Beschreibungsinventars einen empirisch fundierten Einblick in die Systemhaftigkeit der Subsysteme und somit auch in die Vielgestaltigkeit des Deutschen in seiner geschichtlichen, sozialen, ethnischen und domänengebundenen Einbindung.

Wir danken allen Mitwirkenden3 und dem Verlag Peter Lang für das freundliche Entgegenkommen und die enge menschliche und fachliche Verbundenheit.

Doris Sava und Ioan Lăzărescu

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Doris Sava und Ioan Lăzărescu

Zum Profil des Deutschen aus historischer, arealer, medialer und aktueller Sicht

1. Vorbemerkungen

An der Schwelle zum neuen Jahrtausend hat sich in der Varietätenlinguistik und in der Wahrnehmung des „Rumäniendeutschen“ als Varietät des Deutschen vieles verändert. So ist Ende 2016 eine völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage (916 S.) des Variantenwörterbuchs des Deutschen (VWD)1 erschienen, das neben den bereits in der Erstauflage (2004) behandelten „Vollzentren“ – Deutschland, Österreich und die deutschsprachige Schweiz – und den jeweiligen „Halbzentren“ – Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol – nun auch die „Viertelzentren“2 – Rumänien, Namibia und die Mennonitensiedlungen in Übersee – aufgenommen hat. In diesem Nachschlagewerk wurden erstmals rund 80 sog. „Rumänismen“, d.h. nur im Rumäniendeutschen vorkommende typische Bildungen lexikografisch behandelt.3

Ob nun der in der Sprach- wie in der Literaturwissenschaft am meisten verbreitete Terminus „Rumäniendeutsch“ verwendet wird, oder ob man den Begriffen „rumänisches Deutsch“ bzw. „Deutsch in Rumänien“ den Vorzug gibt, soll hier und jetzt nicht zur Diskussion stehen, zumal darüber anderenorts ausführlich debattiert wurde.4 Im Folgenden wird die Bezeichnung „Rumäniendeutsch“ in Verwendung stehen, da argumentenreich bewiesen wurde, dass der Anspruch der rumäniendeutschen Sprachvarietät auf Standardsprachlichkeit berechtigt ist.5

←15 | 16→Durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs (Enteignung, Deportation, Diskriminierung, Assimilationsbestrebungen), den in den 1970er-Jahren einsetzenden „Freikauf“ der Rumäniendeutschen – ein Sammelbegriff für diverse deutschsprachige Siedlergruppen6 (Siebenbürger Sachsen7, Zipser, Banater und Sathmarer Schwaben8, Landler, Bukowinadeutsche, Bessarabiendeutsche, Dobrudschadeutsche, Regatdeutsche9) – und den schmerzlichen Massenexodus nach dem Fall der Diktatur im Dezember 1989 ist die deutschsprachige Minderheit dramatisch geschrumpft. Mit der Auswanderung eines Großteils der Rumäniendeutschen – Lehrkräfte, Germanisten, Redakteure, Schriftsteller, Kulturvermittler und Pfarrer10 als Träger des schriftsprachlichen Standards und des Rumäniendeutschen – schien das Schicksal ihres geistigen Kulturerbes besiegelt zu sein. Unter gewandelten demografischen Bedingungen bot die neue Sprachsituation11 berechtigterweise Anlass, um die Vitalität und den langfristigen Erhalt deutschsprachiger Gemeinschaften in Rumänien zu bangen.12

←16 | 17→Die massive Abwanderung der deutschsprachigen Bevölkerung bedingte Umbrüche, die auch die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien (EKR), zu der sich die sog. Siebenbürger Sachsen bekennen, die Katholische Kirche der meisten Deutschen aus dem Banat und das gesamte deutschsprachige Schulnetz prägten.13

Ab 1990 hat das Interesse der Mehrheitsbevölkerung zum Erhalt des Deutschen in Rumänien beigetragen und das Überleben der identitätsstiftenden Institutionen dieser Minderheit gesichert. Schüler und Lehrende an deutschen Schulen in Rumänien waren bis zur Wende 1989/1990 fast ausschließlich Angehörige der deutschen Minderheit. Nach der Abwanderung der meisten Rumäniendeutschen wurden die in der Umgangssprache als „deutsche Schulen“ bezeichneten staatlichen Einrichtungen mit deutscher Unterrichtssprache mehrheitlich von Rumänischstämmigen besucht. Somit ist gegenwärtig Deutsch nicht mehr ausschließlich Verkehrssprache unten den Angehörigen deutschsprachiger Minderheiten Rumäniens, sondern es wird vorwiegend als Berufs- oder Bildungssprache von Personen ohne muttersprachlichen Hintergrund gesprochen, deren Erstsprache Rumänisch oder Ungarisch ist. Diese haben Deutsch an den traditionsreichen deutschen Schulen in Siebenbürgen – auch unter dem Namen „Transsilvanien“ (rum. Transilvania oder Ardeal, ung. Erdély) bekannt –, in Hermannstadt (rum. Sibiu), Kronstadt (rum. Brașov), Mediasch (rum. Mediaș), Mühlbach (rum. Sebeș) und Schäßburg (rum. Sighișoara), im westlichen Teil Rumäniens (im Banat; rum. Banat), in Temeswar (rum. Timișoara), Reschitz (rum. Reșița), Lugosch (rum. Lugoj) oder in der Landeshauptstadt Bukarest (rum. Bucureşti) erworben.

Im Folgenden werden entstehungsgeschichtliche Besonderheiten des Deutschen in Sprachinsellage und im mehrsprachigen Kontext in knappen Umrissen erhellt, um das historische und aktuelle Profil des Deutschen als Regionalsprache und Kontaktsprache in Rumänien aus varietäten- und medienlinguistischer Sicht – somit auch die aktuelle Sprachkultur und den Statuswandel von Deutsch in Rumänien – erfassen zu können.

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2. Zur Verankerung des Rumäniendeutschen als Varietät des Deutschen in der internationalen Fachgemeinschaft nach der Jahrtausendwende14

Erfreulicherweise wurde das Rumäniendeutsche nicht nur in Spezialwörterbüchern wie das VWD dokumentiert. Exemplarisch sei hier auch auf das Wörterbuch zu den Ähnlichkeiten zwischen dem Rumäniendeutschen und dem Österreichischen von Lăzărescu/Scheuringer (2007) hingewiesen. Dieses Wörterbuch gehört mit seinen rund 6.100 Einträgen und 624 Seiten zu den großen Austriazismen-Wörterbüchern. Das Vorwort erläutert die Merkmale des Rumäniendeutschen und die Ursachen dessen Nähe zum österreichischen Deutsch. Dieses Wörterbuch ist das erste Werk, dass sich der lexikografischen Erfassung der Rumäno-Austriazismen widmet. Die österreichisch-rumäniendeutschen Gemeinsamkeiten werden im Wörterbuch mit einem hochgestellten Kürzel (RO) markiert, das rechts vom Lemma in runden Klammern erscheint.

Zur historischen Einbettung des Deutschen und zur deutschen Standardsprache in Rumänien aus variationslinguistischer Sicht liegen bereits mehrere Sammel- und Tagungsbände15 vor, die in der Publikationsreihe des Forschungszentrums „Deutsch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ (FZ DiMOS) der Universität Regensburg seit 2013 neben anderen Veröffentlichungen zum Deutschen im mittel-, ost- und südosteuropäischen Sprachraum erschienen sind16 bzw. von anderen Verlagen herausgegeben wurden.17 Die einzelnen Bände der umfangreichen DiMOS-Buchreihe sind seit Oktober 2021 auch elektronisch auf dem Publikationsserver der Universitätsbibliothek Regensburg abrufbar18:

Ab Band 6 erscheint die Buchreihe als Open Access Schriftenreihe der Universität Regensburg. Bis dato sind erschienen:

Unter der Leitung von Hermann Scheuringer bemüht sich das Forschungszentrum DiMOS um die Erforschung der deutschen Sprache und Kultur im mittleren, östlichen und südöstlichen Europa. Ab 2023 wechselt die Einrichtung zum Forschungs- und Kooperationszentrum Mittel-, Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa (FORUMOST) der Universität Augsburg. Im Namen aller Germanisten Rumäniens, die an den vom FZ DiMOS angeregten und finanzierten Veranstaltungen, Gaststipendiatenprogrammen und Buchpublikationen beteiligt waren und davon beruflich wie menschlich profitiert haben, möchten wir Hermann Scheuringer und den Mitarbeitern von FZ DiMOS auch an dieser Stelle herzlich danken. Es ist eine überaus freudige Erkenntnis, dass sich ein Konzept tatsächlich nicht nur auf dem Papier bewährt hat, sondern auch organisatorisch vorbildlich umgesetzt wurde. Die vom FZ DiMOS betreuten Veranstaltungen und das von dieser Einrichtung aufgebaute Forschernetzwerk hatten Resonanz und einen weiteren erfreulichen, nicht minder wichtigen Nebeneffekt: Die bessere Wahrnehmung der kleinen Germanistiken in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.

Die traditionelle und an wechselnden Orten stattfindende DiMOS-Tagungsreihe bietet zudem einen regionsübergreifenden Überblick zum Deutschen in arealer und zeitlicher Abgrenzung, zu seinem Status im aktuellen oder historischen Sprachgebrauch inner- und außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachraums, zu den Bemühungen um den Erhalt von Deutsch als Minderheitensprache und zur Förderung deutschsprachiger Gemeinschaften in diesem Areal.

Mit der Initiierung von Fachpublikationen, Tagungssektionen21 und Konferenzen im In- und Ausland durch Ioan Lăzărescu und Hermann Scheuringer ←20 | 21→steht das Rumäniendeutsche zusätzlich und bereits seit fast zwei Jahrzehnten verstärkt im Fokus der fachlichen Öffentlichkeit.

3. Die historische und aktuelle Einbettung der deutschen (Standard)Sprache in Rumänien als Forschungsgegenstand rumänischer Germanisten22

3.1 Deutsch als historische Regionalsprache und Kultursprache

Die deutschsprachige Bevölkerung Rumäniens ist außer in Siebenbürgen (rum. Transilvania oder Ardeal), geografisch in der Zentralregion Rumäniens gelegen, im westlichen Banat um Temeswar (rum. Timişoara) und Reschitz (rum. Reşiţa), im Nordwesten um Sathmar (rum. Satu Mare), im Norden in der Maramuresch (rum. Maramureș) sowie im Süden der Bukowina (rum. Bucovina) und in der Landeshauptstadt Bukarest (rum. București) konzentriert. Kleinere deutsche Siedlungen gibt es auch in den Regionen Dobrudscha (rum. Dobrogea) und in Bessarabien (rum. Basarabia).

Die deutsche Minderheit Rumäniens ist nach 1945 vor Herausforderungen gestellt worden, die ihre Existenz bedrohten: Deportationen, Enteignungen, Verstaatlichungen, Assimilierung, Diskriminierung, Massenauswanderungen. Die historischen Ereignisse hatten schwerwiegende Auswirkungen auf das Selbstverständnis der noch in Rumänien verbliebenen Deutschen und das Weiterbestehen ihrer identitätsstiftenden Infrastrukturen.

Die spezielle, historisch gewachsene Sprachsituation in Siebenbürgen bzw. im Banat, wo Deutsch als historische Regionalsprache über Jahrhunderte im Gebrauch war, hat as Aufkommen einer für Rumänien spezifischen Standardvariante des Deutschen bedingt, wobei die andauernde Schriftfähigkeit des Deutschen im öffentlichen Sprachbereich (Kirche, Schule, Medien, Theater und Literatur) das wichtigste Kriterium für die Anerkennung des Rumäniendeutschen als regionale Standardvarietät und als Viertelzentrum des Deutschen darstellt.

←21 | 22→Aufgrund weitreichender historisch-gesellschaftlicher Umbrüche und des demografischen Wandels ist aus synchroner Sicht das in Rumänien gesprochene Standarddeutsch, das Rumäniendeutsche, heute nicht mehr ausschließlich überregionale Kommunikationssprache von Deutschstämmigen, sondern wird vermehrt von der rumänischen Mehrheitsbevölkerung als Bildungssprache gepflegt. Die damit einhergehenden Besonderheiten treten auf allen sprachlichen Ebenen auf, wodurch sich die rumäniendeutsche Standardsprache von den anderen regionalen und nationalen Varietäten des Deutschen abhebt.

Nach der Machübernahme der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP) und der ab Mitte der 1960er-Jahre einsetzenden, später vom Ceaușescu-Regime betriebenen Assimilations- und Minderheitenpolitik, die zu einer graduellen Auflösung der bis dahin relativ geschlossenen deutschsprachigen Siedlungsgebiete führte, die Kommunikationsanlässe restringierte und den öffentlichen Sprachgebrauch in der Muttersprache einschränkte, ist ein Wandel in der Kommunikationspraxis – Diglossie (Dialekt-Standard) vs. Bilingualismus – und damit ein sukzessiver Domänenverlust des Deutschen in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Schule und Kirche festzustellen.

Details

Pages
400
Year
2023
ISBN (PDF)
9783631889268
ISBN (ePUB)
9783631889275
ISBN (Hardcover)
9783631882757
DOI
10.3726/b20175
Language
German
Publication date
2023 (February)
Published
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 400 S., 2 farb. Abb., 1 s/w Abb., 21 Tab.

Biographical notes

Doris Sava (Volume editor) Ioan Lăzărescu (Volume editor)

Doris Sava studierte Germanistik und Rumänistik an der Universität Bukarest und promovierte im Fachbereich Linguistik. Sie ist Professorin für Germanistische Linguistik an der Lucian-Blaga-Universität in Hermannstadt. Ioan Lăzărescu studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Bukarest und promovierte im Fachbereich Linguistik. Er ist emeritierter Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Bukarest.

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