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Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung

von Severin Sarfert (Autor:in)
©2023 Dissertation 174 Seiten

Zusammenfassung

Start-ups in Deutschland beteiligen ihre Mitarbeiter vermehrt über sog. virtuelle Anteile (auch bekannt als Phantom Stocks oder Virtual Shares). Die Arbeit beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen und Folgen einer Einführung solcher virtueller Beteiligungsprogramme. Außerdem werden prozessrechtliche Zusammenhänge erörtert und steuer- und sozialversicherungsrechtliche Gesichtspunkte aufgezeigt. Im Mittelpunkt stehen dabei neben der AGB- und AGG-rechtlichen Zulässigkeit der Regelungen, deren Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Analysiert werden sog. Vesting- bzw. Leaver-Klauseln und Voraussetzungen und Höhe von Zahlungsansprüchen aus virtuellen Beteiligungen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Title
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • § 1 Einleitung
  • § 2 Grundlagen
  • A. Gang der Untersuchung
  • B. Begriffliche Klärungen
  • C. Historische Entwicklung der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland
  • I. Mitarbeiterbeteiligung bis zur Nachkriegszeit
  • II. Zeit der gesetzlichen Förderung
  • D. Nutzen der Mitarbeiterbeteiligung
  • I. Bedeutung auf Unternehmensseite
  • II. Chancen für Arbeitnehmer
  • III. Haltung der Interessenvertreter
  • E. Start-ups in Deutschland
  • F. Aktueller Diskurs und Reform
  • I. Politische Kommunikation der Start-up-Branche
  • II. Das Fondsstandortgesetz
  • 1. Inhalt
  • 2. Resonanz in der Gründerszene
  • § 3 Notwendigkeit virtueller Beteiligungsprogramme
  • A. Formen klassischer Mitarbeiterbeteiligung
  • I. Allgemeine Erwägungen
  • II. Beteiligung am Eigenkapital
  • 1. Belegschaftsaktien
  • 2. Aktienoptionen
  • 3. GmbH-Anteile
  • III. Fremdkapitalbeteiligung
  • 1. Mitarbeiterdarlehen
  • 2. Forderungsverzicht
  • IV. Mischformen
  • 1. Genussrechte
  • 2. Stille Beteiligung
  • 3. Schuldverschreibungen
  • B. Erfordernis virtueller Mitarbeiterbeteiligung für Start-ups
  • I. Struktur deutscher Start-ups
  • 1. Lebenszyklus
  • 2. Rechtsformwahl bei der Unternehmensgründung
  • a) Aktiengesellschaft
  • b) Personengesellschaften
  • c) Gesellschaft mit beschränkter Haftung
  • d) Unternehmergesellschaft
  • II. Mangelnde Praktikabilität klassischer Beteiligungsformen für Start-ups
  • 1. Beteiligung durch Aktien
  • 2. Beteiligung durch GmbH-Anteile
  • a) Rechte der Gesellschafter
  • aa) Stimmrechte
  • bb) Informationsrechte
  • b) Administrativer Aufwand
  • c) Dry-Income-Problematik
  • 3. Andere Beteiligungsformate
  • 4. Zwischenergebnis
  • III. Virtuelle Beteiligungsprogramme als Lösung
  • 1. Grundprinzip
  • 2. Beweggründe
  • a) Exit als primäres Ziel
  • b) Einfluss der Venture Capital Investoren
  • c) Rekrutierung neuer Mitarbeiter
  • 3. Auswirkungen des Fondsstandortgesetzes
  • C. Zwischenergebnis
  • § 4 Rechtliche Ausgangslage
  • A. Vorüberlegungen
  • B. Allgemeine rechtliche Aspekte
  • I. Beteiligung der Gesellschafterversammlung
  • II. Verhältnis zu anderen Rechtsinstituten
  • 1. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft
  • 2. Analoge Anwendung der handelsrechtlichen Vorschriften
  • III. Mindestlohn
  • C. Prozessuale Aspekte
  • I. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen
  • 1. Rechtsweg
  • a) Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit
  • b) Beschluss des Hessischen LAG
  • c) Schiedsgerichts- und Mediationsklauseln
  • 2. Zulässigkeit einer Stufenklage
  • II. Zwangsvollstreckung in virtuelle Anteile
  • 1. Pfändung virtueller Anteile vor deren Fälligkeit
  • 2. Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen
  • D. Steuerliche Einordnung
  • I. Einkunftsart
  • II. Besteuerungszeitpunkt
  • III. Steuerliche Privilegierung
  • 1. Steuerfreibetrag
  • 2. Gebrauch der sog. Fünftelregelung
  • IV. Betriebsausgaben
  • E. Sozialversicherungsrechtliche Folgen
  • F. Rückstellungen
  • § 5 Möglichkeiten und Gefahren einer virtuellen Beteiligungsvereinbarung
  • A. Vertragliche Ausgangslage
  • B. AGB-rechtliche Einordnung
  • I. Anwendbarkeit des AGB-Rechts
  • 1. Kein Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts
  • 2. Vorformulierte Vertragsbedingungen
  • 3. Keine Individualvereinbarung
  • 4. Einbeziehen der AGB in den Vertrag
  • II. Inhaltskontrolle
  • III. Kontrollfähigkeit
  • IV. Prüfungsmaßstab
  • 1. Verbraucherverträge
  • a) Arbeitnehmer als Verbraucher
  • b) Geschäftsführer als Verbraucher
  • 2. Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten
  • V. Zwischenergebnis
  • C. Exit-Vergütung
  • I. Der Exit als Fälligkeitszeitpunkt
  • II. Definition eines Exits
  • 1. Share Deal und Asset Deal
  • 2. Teil-Veräußerung
  • 3. Formwechsel in eine Aktiengesellschaft
  • 4. Tausch
  • 5. Ratenzahlung
  • 6. Das LAG Baden-Württemberg zum „Veräußerungserlös“
  • a) Darstellung der Entscheidung
  • b) Einordnung
  • III. Berechnung der Anspruchshöhe
  • 1. Transparenzgebot
  • 2. Berechnungsformel
  • D. Ergebnis-Vergütung
  • I. Beteiligung an Gewinnausschüttungen
  • II. Verdeckte Gewinnausschüttung
  • III. Berechnung der Anspruchshöhe
  • E. Vesting-Periode
  • I. Einführung
  • II. Angemessenheit
  • III. Mittelbare Altersdiskriminierung
  • 1. Anwendungsbereich
  • 2. Benachteiligung i.S.d. AGG
  • 3. Rechtmäßiges Ziel
  • 4. Erforderlichkeit und Angemessenheit des Mittels
  • IV. Vesting-Hemmung
  • 1. Ausgangslage
  • 2. AGB-rechtliche Zulässigkeit
  • 3. Arbeitsrechtliche Zulässigkeit
  • a) Kurzarbeit und Krankheitsfall
  • b) Mutterschutz
  • aa) Diskriminierung nach dem MuSchG
  • bb) Diskriminierung nach dem AGG
  • cc) Rechtsfolgen
  • dd) Verstoß gegen Unionsrecht
  • c) Elternzeit
  • aa) Diskriminierung nach dem AGG
  • bb) Diskriminierung nach dem BEEG
  • cc) Verstoß gegen Art. 157 AEUV
  • dd) Sonderfall: Elternteilzeit
  • V. Zwischenergebnis
  • F. Leaver-Klauseln
  • I. Grundlagen
  • II. AGB-rechtliche Zulässigkeit
  • 1. Unmittelbare Benachteiligung
  • 2. Angemessenheit
  • a) Rechtsprechung
  • b) Stellungnahme
  • III. Diskriminierung nach dem AGG
  • 1. Benachteiligung
  • 2. Rechtfertigung
  • a) Legitime Ziele
  • b) Angemessenheit und Erforderlichkeit der Mittel
  • 3. Rechtsfolge
  • IV. Zwischenergebnis
  • G. Betriebsübergang
  • I. Virtuelle Anteile als Rechte aus dem Arbeitsverhältnis
  • 1. Übertragung der für Aktienoptionen entwickelten Auffassungen
  • 2. Entscheidung des LAG München
  • 3. Stellungnahme
  • II. Accelerated Vesting und Double Trigger Vesting
  • § 6 Bewertung
  • A. Vorteile virtueller Beteiligungsprogramme
  • I. Schuldrechtliche Vertragsfreiheit
  • II. Einsparung von Personalkosten
  • III. Ein Instrument zur Krisenbewältigung
  • B. Schwächen virtueller Beteiligungsprogramme
  • I. Keine gesellschaftsrechtlichen Sicherheiten
  • II. Prozessrisiko
  • III. Geringe Verständlichkeit
  • IV. Beratungsaufwand
  • V. Spekulationserwartungen
  • C. Steuerrecht
  • D. Internationaler Vergleich
  • § 7 Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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§ 1 Einleitung

Kurz vor der Jahrtausendwende lebte Bonnie Brown nach einer Scheidung bei ihrer Schwester in Kalifornien.1 Auf der Suche nach Arbeit stieß die gelernte Massagetherapeutin auf eine Zeitungsannonce eines kleinen Start-ups im Silicon Valley mit etwa 40 Mitarbeitern2. Gesucht wurde eine Teilzeitkraft, deren Aufgabe darin bestehen sollte, die Mitarbeiter gelegentlich zu massieren. Schnell war sie sich mit den Gründern des Start-ups einig, zehn Stunden in der Woche für das Unternehmen tätig zu werden. Frau Brown erhielt zusätzlich zu ihrem Lohn laufend einige Anteile an dem Start-up. Sie freute sich über die Geste, obwohl sie davon ausging, die Anteile seien nur wenige Cent wert.

Das Start-up hieß „Google“. Frau Brown ist aufgrund ihrer Anteile an einem der mittlerweile wertvollsten Unternehmen mehrfache Millionärin. Im Jahre 2008 veröffentlichte sie eine Autobiografie mit dem Titel „Giigle: How I Got Lucky Massaging Google“.

Wäre Google nicht im Silicon Valley, sondern beispielsweise im deutschen „Start-up-Hotspot“ Berlin gegründet worden, hätte diese märchenhafte Geschichte nie stattgefunden. Google wäre dann wahrscheinlich als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach deutschem Recht verfasst und die Übertragung von Geschäftsanteilen erschiene aufgrund der hohen bürokratischen Hürden und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen wenig praktikabel. Um dennoch Mitarbeiter an ihren Start-ups beteiligen zu können und Lebensgeschichten im Stile von Frau Brown zu ermöglichen, greifen immer mehr Gründer auf das Modell der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung zurück. Die virtuelle Mitarbeiterbeteiligung bildet die Übertragung von Geschäftsanteilen schuldrechtlich ab und ist Gegenstand der nachfolgenden Arbeit.

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§ 2 Grundlagen

A. Gang der Untersuchung

Zunächst werden die Grundlagen der Mitarbeiterbeteiligung, also deren Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck, sowie insbesondere der aktuelle Diskurs um die gesetzliche Modifikation der Mitarbeiterbeteiligung dargestellt, bevor der Bedarf für virtuelle Beteiligungsprogramme in deutschen Start-ups erläutert wird. Dabei werden zuerst die gängigen Formen der Mitarbeiterbeteiligung beschrieben. Es wird untersucht, warum diese Modelle für Start-ups nicht geeignet sind, und gerade Unternehmen in ihrer Gründungsphase auf Mitarbeiterbeteiligungen angewiesen sind. Anschließend wird die virtuelle Mitarbeiterbeteiligung als möglicher Weg aus diesem Dilemma untersucht.

Daraufhin wird auf die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen der virtuellen Beteiligungen an einer GmbH eingegangen. Insbesondere werden die rechtlichen Voraussetzungen und Folgen der Einführung eines virtuellen Beteiligungsprogramms beleuchtet. Im Rahmen dessen werden auch prozessrechtliche Zusammenhänge erörtert und die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkte aufgezeigt.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Untersuchung gängiger virtueller Beteiligungsverträge, deren Klauseln bisher weder in Rechtsprechung noch Literatur näher überprüft wurden. Im Mittelpunkt der Prüfung stehen neben der AGB- und AGG-rechtlichen Zulässigkeit der Regelungen, deren Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen. Analysiert werden unter anderem sog. Vesting- bzw. Leaver-Klauseln und Voraussetzungen und Höhe der Zahlungsansprüche aus virtuellen Beteiligungen. Abschließend wird die Einführung virtueller Beteiligungsprogramme bewertet und deren Stärken und Schwächen erörtert.

Ziel der Arbeit ist es, die virtuellen Beteiligungsprogramme eingehend rechtlich zu begutachten, die Risiken gängiger Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen und eine Orientierung für die anwaltliche Beratung und die richterliche Überprüfung von Regelungen in den diesbezüglichen Verträgen zu schaffen. Das Thema hat gerade durch die gegenwärtigen Reformen, die für Mitarbeiterbeteiligungen in jungen Unternehmen Verbesserungen erreichen sollen, erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen.

Da sich in der Diskussion um die virtuelle Mitarbeiterbeteiligung fortlaufend neue Umstände und Gesichtspunkte ergeben, sei darauf hingewiesen, dass ←17 | 18→alle Tatsachen, Rechtsprechung und Literatur nur bis Januar 2022 berücksichtigt wurden.

B. Begriffliche Klärungen

Für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, die keine dinglichen Gesellschafteranteile einräumen, sondern diese nur schuldrechtlich abbilden, gibt es in der Praxis und im Schrifttum eine Vielzahl unterschiedlicher Bezeichnungen. Schwierigkeiten bei der richtigen Zuordnung der Begriffe ergeben sich vor allem durch den starken Einfluss der englischen Sprache.

Details

Seiten
174
Jahr
2023
ISBN (PDF)
9783631899229
ISBN (ePUB)
9783631899236
ISBN (Hardcover)
9783631711651
DOI
10.3726/b20721
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Mai)
Schlagworte
Vesting-Klauseln Leaver-Klauseln Phantom Stocks
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023, S. 174.

Biographische Angaben

Severin Sarfert (Autor:in)

Severin Sarfert, geboren 1992 in Bonn, ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Er studierte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und absolvierte sein Referendariat am Landgericht Köln. Er promovierte an der Universität zu Köln.

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Titel: Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung
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