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Rudolf von Seckendorff. Reichsgerichtspräsident und Gentleman

Zur Geschichte des Reichsgerichts im beginnenden 20. Jahrhundert

von Timo Görlitz (Autor:in)
©2023 Dissertation 356 Seiten
Reihe: Rechtshistorische Reihe, Band 501

Zusammenfassung

Mit dem Amt des Reichsgerichtspräsidenten war eine Schlüsselposition in der deutschen Justiz im späten Kaiserreich und der frühen Weimarer Republik verbunden. Richterbiographien sind jedoch generell und auch im Falle der Richter des Reichsgerichts selten. Der Autor folgt dem Lebensweg des heute nahezu unbekannten Juristen und entwirft vor dem Hintergrund der damaligen Methodendebatte ein u.a. auf die Analyse der Prozessakten des Reichsgerichts gestütztes Bild des Reichsgerichtspräsidenten und des Gerichtshofs im beginnenden 20. Jahrhundert. Der Autor zeichnet damit die – auch heute noch aktuelle – persönliche Dimension von Gerichtsentscheidungen aus der Glanzzeit des Reichsgerichts nach und bettet sie in die allgemeine Geschichte des Gerichtshofes ein.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Quellen- und Literaturverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einführung
  • A) Einleitung und Forschungsüberblick
  • B) Zur Fragestellung und zum Aufbau der Untersuchung
  • Erstes Kapitel: Familiäres Umfeld, Jugend- und Ausbildungszeit 1844–1879
  • A) Herkunft und Familie
  • I) Der Vater, der spätere Oberreichsanwalt, Eduard von Seckendorff
  • II) Spuren am Reichsgericht
  • B) Jugend- und Ausbildungsjahre
  • Zweites Kapitel: Zwanzig Jahre Reichsjustizamt 1879–1899
  • A) Die Berufung Seckendorffs in das Reichsjustizamt im Spiegel der Beamtenpolitik der Reichsverwaltung
  • I) Ernennungs- und Beförderungskriterien
  • II) Religionsspezifische Diskriminierung und politische Zuverlässigkeit
  • B) Seckendorffs persönliches Umfeld in Berlin
  • C) Qualifikation für das Reichsgericht – die Beteiligung Seckendorffs an Reformvorhaben und sonstige Tätigkeitsbereiche
  • I) Allgemeines
  • II) Politische Zuverlässigkeit in „schwierigen Fragen“– die Reform des Militärstrafverfahrens
  • 1) Die Reform des Militärgerichtswesens
  • 2) Seckendorffs (gewandelte) Haltung zur Reform des Militärgerichtswesens
  • 3) „Wissenschaftliche Autorität“ – zur Zulässigkeit eines eigenständigen bayerischen obersten Militärgerichts
  • III) Diplomatische Qualitäten – die Vertretung des Deutschen Reichs auf den Haager Konferenzen für internationales Zivilrecht 1893 und 1894
  • IV) Einblick in die Verhältnisse am Reichsgericht – die Zivilprozessnovelle von 1898
  • D) Auf dem Weg zum Reichsgericht? – Zusammenfassende Bemerkungen
  • Intermezzo: Im Preußischen Staatsministerium
  • A) Holprige Ernennung
  • B) Schlüsselstellung in der Verwaltung
  • C) Eine neue Verbindung zum Reichsgericht – Richter am Kaiserlichen Disziplinarhof
  • Drittes Kapitel: Am Reichsgericht 1905–1919
  • A) Die Ernennung zum Präsidenten des Reichsgerichts
  • I) Auswahlgrundsätze
  • II) Reichsgerichtspräsident Seckendorff, eine ungeeignete Wahl oder Kompromisslösung?
  • 1) Ein zivilrechtsferner Verwaltungsjurist?
  • 2) Seckendorff als Kompromisslösung?
  • III) Gründe für die Annahme des Amts des Reichsgerichtspräsidenten
  • IV) Ausblick
  • B) Rudolf von Seckendorff als Richter – praktisch und ‚gut‘?
  • I) Ein schwieriger Einstand – Gegenwind im Reichsgericht
  • II) Eine erste Bewährungsprobe – die Beendigung des lippischen Thronfolgestreits
  • 1) Zur Vorgeschichte und Brisanz des Verfahrens
  • 2) Das weitere Verfahren und seine Entscheidung
  • a) Die Sorgen der Reichsrichter vor „politischen Anfechtungen“
  • b) Der Schiedsspruch vom Herbst 1905 als Bewährungsprobe?
  • c) Ausblick
  • III) Seckendorff als Vorsitzender des IV. Zivilsenats
  • 1) Erwartungshorizont an den Reichsgerichtspräsidenten – Justizkritik und Drucksituation
  • a) Justizkritik
  • b) Das Anforderungsprofil für einen Reichsgerichtspräsidenten – der Erwartungshorizont der Reichsrichter
  • c) Der Reichsgerichtspräsident als Richter – Hinweise zur Urteilsanalyse
  • 2) Aufgaben und personelle Zusammensetzung des IV. Zivilsenats
  • 3) Urteilsbetrachtungen
  • a) Strenge Gesetzesanwendung?
  • aa) Keine bloße Praxisbezogenheit – die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs in RGZ 66, 30
  • bb) Eine rechtsfolgenorientierte Lösung – der „Verlöbnisfall“ in RGZ 80, 88
  • cc) Die zweckbestimmte Argumentation – der Ausschluss von Mitgliedern eines Vereins in RGZ 80, 189
  • dd) Der „Scheidungsfall“ in RGZ 85, 11 – bloß technische Anwendung der Normen?
  • ee) Die Entscheidung in RGZ 93, 142 – der „Gattungsschuldfall“ – praxisnahe Logik
  • b) Restriktive Tendenzen
  • aa) Die Berücksichtigung von Interessen – der Ausschluss der Tierhalterhaftung bei „Gefälligkeit“ in RGZ 65, 313 und RGZ 67, 431
  • bb) Zurechnungserwägungen in RGZ 69, 399 – ein weiterer Tierhalterfall
  • cc) Einzelfallgerechte Lösungen – die „Testamentfälscherfälle“ in RGZ 72, 207 und RGZ 81, 413
  • dd) Ein Herausgabefall in RGZ 87, 56 – das „sittliche Wesen“ der Ehe und die Anbindung an die „Anschauungen des Volkes“
  • c) Erweiternde Tendenzen
  • aa) Die praxisorientierte Anwendung von Formvorschriften in RGZ 85, 308 („Dolmetscherfall“) und RGZ 64, 423 („Zahlendreherfall“)
  • bb) Das behutsame Herleiten von Analogien – das Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten in RGZ 73, 372
  • cc) Die flexible Anwendung des ‚Systems‘ – die wertgebundene Begründung der Analogie zu § 2285 BGB in RGZ 77, 165
  • dd) Der Vornamensfall in RGZ 87, 109 – eine politische Entscheidung?
  • 4) Schlussfolgerungen – der Erwerb juristischer Autorität
  • a) Arbeitsweise und Einfluss auf die Meinungsbildung des Senats
  • aa) Die Voten Seckendorffs: flexible und schöpferische Arbeitsweise – kein ‚unbedingtes‘ Festhalten an Wortlaut, System oder Historie des Bürgerlichen Gesetzbuchs
  • bb) Überzeugen der Kollegen – Durchsetzungsstärke gegenüber dem Berichterstatter
  • (1) Überzeugungskraft durch die wissenschaftliche Autorität der Logik
  • (2) Überzeugungskraft durch praxisnahe und verständliche Beispiele
  • cc) Autoritätsgewinn durch ‚Übereinstimmung‘ – Flexibilität, Absicherung und Grenzen der Rechtsanwendung
  • b) Autoritätssteigerung durch die Besprechung der Urteile in der Fachpresse – Stimmen aus dem Publikum
  • c) Zusammenfassende Bemerkungen
  • IV) „Voll unerzwungener Teilnahme für die Anwaltschaft“ – die ehrengerichtlichen Verfahren
  • 1) Der Vorsitz am Ehrengerichtshof
  • 2) Einleitendes
  • 3) Einblicke in die Urteilspraxis
  • a) Grundlagen
  • b) Der Reichsgerichtspräsident als Freund des Anwaltsstandes?
  • aa) Allgemeines zur Einflussnahme des Vorsitzenden auf das Beratungsergebnis
  • bb) Die Rechtsprechung des Ehrengerichtshof – mild, religionsneutral aber patriotisch
  • (1) Milderungsgründe
  • (2) „Zuviel Nachsicht“ – Kritik aus Anwaltskreisen
  • (3) Religionsneutrale Urteile
  • (4) Patriotismus – kriegsbedingte Veränderungen
  • (5) Zusammenfassung: Seckendorffs anwaltsfreundliche Haltung
  • 4) Ein Politikum – das Verfahren gegen Karl Liebknecht im Jahr 1908
  • a) Die politische Vorgeschichte – das Hochverratsverfahren 1907
  • b) Das Berufungsverfahren vor dem Ehrengerichtshof
  • aa) Ein faires Verfahren?
  • bb) Divergierende Voten – Seckendorff contra Berichterstatter
  • (1) Das Votum des Berichterstatters Bernhardi
  • (2) Das Votum des Reichsgerichtspräsidenten
  • (3) Das überraschende Urteil vom 10. Oktober 1908
  • α) Ablauf der Hauptverhandlung und das Schlusswort Karl Liebknechts
  • β) Entscheidungsgründe
  • γ) Überraschender Ausgang
  • (4) Der Reichsgerichtspräsident – ein „Sozialistentöter“?
  • C) Die Steuerung der Geschäftsverhältnisse am Reichsgericht
  • I) Geschäftslast und Reformvorschläge
  • II) Entlastung des Gerichts durch Selbstverwaltungsmaßnahmen?
  • III) Jedenfalls: Verbesserung des Arbeitsumfeldes?
  • IV) Zusammenfassung
  • Viertes Kapitel: Seckendorff, das Reichsgericht und Leipzig
  • A) Zunächst: „ein unbeschriebenes Blatt“, später: Ehrenbürger – die brüchigen Meinungen der Zeitgenossen
  • B) Die Beziehung Seckendorffs zu den Mitgliedern des Reichsgerichts – Integration durch Amtsführung?
  • I) ‚Fremdheitsgefühle‘ und mangelnde Integration am Reichsgericht
  • II) Moderne und vorbildhafte Amtsführung – verständnisvoll, liberal und religionsneutral
  • III) Anteilnahme am Leben seiner Kollegen
  • IV) Zusammenfassende Bemerkungen
  • C) Die Repräsentation des Reichsgerichts und das gesellschaftliche Umfeld des Reichsgerichtspräsidenten
  • I) Unvollkommene Repräsentation unter Reichsgerichtspräsident Oehlschläger und Repräsentationsmöglichkeiten
  • II) Coffebaum, soziales Engagement und Gesellschaften – Reichsgerichtspräsident und Reichsgericht im „gesellschaftlichen Mittelpunkt“ der Stadt
  • 1) Repräsentation ‚trifft‘ kulturelles und soziales Interesse
  • 2) Das soziale Netzwerk des Reichsgerichtspräsidenten – die Verknüpfung von beruflichen und außerberuflichen Gesellschaftskreisen durch die Mitgliedschaft in Vereinen und Gesellschaften
  • a) Clubleben in der „Leipziger Harmonie“
  • b) Vergrößerung der außerberuflichen Kontakte durch den Paulus
  • c) Das Reichsgericht im Mittelpunkt der Geselligkeit der Stadt – „heimisch werden“ durch Zusammenführen der Gesellschaftskreise
  • D) Leipzig als „wahre Heimat“ des Reichsgerichts – Ehrungen als Integrationsbeleg
  • I) Bloß „repräsentative“ Verleihung des Ehrenbürgerrechts?
  • II) Die Wertschätzung seiner Kollegen – Seckendorff als Integrationsfigur
  • E) Die „Beheimatung“ des Reichsgerichts
  • Fünftes Kapitel: Seckendorff, das Reichsgericht und die Revolution
  • A) Die allgemeine Situation in Leipzig während der Revolution
  • B) Seckendorff und die Republik
  • I) Entlassungsmöglichkeiten?
  • II) Das Verhalten Seckendorffs – Akzeptanz der Republik?
  • Sechstes Kapitel: Im Ruhestand
  • Zusammenfassung: Der „geborene Reichsgerichtspräsident“?
  • Anhang: Ausgewählte Kurzbiographien

Einführung

„Es könnte für das hohe und wichtige Amt des Präsidenten
des Reichsgerichts kein besserer Mann gefunden werden,
das ist die Ueberzeugung des Reichsgerichts, und diese
Ueberzeugung wird überall geteilt.“1

A)Einleitung und Forschungsüberblick

Im November 1932 versammelten sich in der großen Halle des Reichsgerichtsgebäudes mehr als achthundert Gäste zum Gedenken an den kurz zuvor verstorbenen ehemaligen Reichsgerichtspräsidenten Rudolf von Seckendorff.2 Anlässlich dieses „bedeutenden Ereignisses“ kamen neben den Mitgliedern des Gerichtshofs3 auch Vertreter der christlichen und der jüdischen Glaubensgemeinde zusammen.4 Vor dem Hintergrund der seit den 1890er Jahren auch in höheren Juristenkreisen zunehmend verbreiteten antisemitischen Geisteshaltung ist die Teilnahme eines Rabbiners an dieser Gedenkveranstaltung bemerkenswert.5

Umso überraschender ist die Tatsache, dass der erste langjährige Chefpräsident des Reichsgerichts im 20. Jahrhundert heutzutage nahezu unbekannt ist. So werden gerade die Jahre bis 1918 als „Glanzzeit des Reichsgerichts“ bezeichnet.6 Dies mag damit zusammenhängen, dass die Bedeutung des Reichsgerichts und der dort beschäftigten Richter nicht zuletzt aufgrund des Niederganges der Rechtsprechung im Dritten Reich und der anschließenden Auflösung des Reichsgerichts im Laufe der Zeit hinter der des Bundesgerichtshofes immer mehr zurückgetreten ist.7 Gleichwohl prägen die Richter und die Rechtsprechung des Reichsgerichts bspw. über die seit der Schuldrechtsreform kodifizierten Institute der „Culpa in Contrahendo“ und der „Positiven Vertragsverletzung“ die Rechtsprechung und Lehre noch heute.8

Allerdings sind Richterbiographien generell und auch im Fall der Richter des Reichsgerichts selten.9 Seit längerem ist zwar bereits eine von einem Enkel des ersten Reichsgerichtspräsidenten verfasste biographische Abhandlung über Eduard von Simson vorhanden. Aufgrund der Lebensgeschichte Eduard von Simsons bildete dessen Tätigkeit am Reichsgericht indes nicht den Schwerpunkt der Untersuchung. Soweit sich der Biograph der Tätigkeit des ersten Reichsgerichtspräsidenten am Gerichtshof widmet, betrifft dies eher die allgemeine Institutionengeschichte.10 Vergleichbares gilt für die von Horst Gründer verfasste Biographie über einen Nachfolger Seckendorffs, Walter Simons. Diese befasst sich nur am Rande mit der Tätigkeit Simons am Reichsgericht.11 Im Jahr 2006 wurde eine familiengeschichtliche Abhandlung über den unmittelbaren Amtsvorgänger Seckendorffs, Karl Gutbrod, verfasst.12 Dort wird unter Verwertung von persönlichen Briefen anschaulich das gesellschaftliche Leben eines Reichsgerichtspräsidenten beschrieben. Das Arbeitsfeld des Reichsgerichtspräsidenten als Richter, d.h. u.a. die konkrete Mitwirkung an Entscheidungen des Reichsgerichts, nimmt demgegenüber mit Ausnahme einer ausführlicheren Darstellung des lippischen Erbfolgestreites nicht viel Raum ein.13 Gleichwohl bietet das Werk auch für diese Untersuchung wertvolle Beschreibungen des damaligen Leipziger Umfelds.

Allen diesen Biographien ist gemeinsam, dass diese nicht (auch) unter „juristischer Perspektive“ verfasst sind. Diese Arbeiten beinhalten dementsprechend keine oder doch kaum juristische Analysen von Urteilen oder Gutachten, d.h. eine Untersuchung über die konkrete richterliche Tätigkeit des jeweiligen Reichsgerichtspräsidenten.14 Entsprechendes gilt für die autobiographischen Zeugnisse einzelner Reichsgerichtsmitglieder.15 Diese beinhalten kaum oder gar keine auf der Analyse von Prozessakten basierende Urteilsanalysen und beschäftigen sich dementsprechend auch nicht mit methodischen Fragen.16 Durch eine solche Analyse würden sich aber möglicherweise Einstellungen und Überzeugungen der Beteiligten herausarbeiten lassen.17 Eine gewisse Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang die umfangreiche Untersuchung Kolbes über den letzten Reichsgerichtspräsidenten Erwin Bumke. Teilweise wird dort mithilfe einer Analyse der Rechtsprechung des III. Strafsenates die Hinwendung Bumkes zum nationalsozialistischen Regime beschrieben.18

Es fehlt also bislang eine (auch) auf einer umfassenden Analyse der Prozessakten des Reichsgerichts basierende Richterbiographie. Dies ist bemerkenswert, weil Kiefner schon vor einigen Jahren darauf hingewiesen hat, dass die Rechtsprechung des Reichsgerichts nicht als „Monolith“ betrachtet, sondern dass vielmehr auch die Besonderheiten der jeweiligen Senate einschließlich ihrer Vorsitzenden näher beachtet werden sollten.19 Ähnliche Ausführungen finden sich in der Arbeit von Glöckner, der sich u.a. mit dem Einfluss bestimmter Berichterstatter auf die Urteilsfindung auseinandersetzte.20

Nichtsdestoweniger liefert die bisherige Forschung über die Rechtsprechung des Reichsgerichts, die sich bislang eher Teilbereichen der Rechtsprechung oder aber einer Institutionengeschichte widmete, größtenteils ein vergleichbares Bild. So haben u.a. Schröder21, Klemmer22, Schmalhorst23, Glöckner24 oder Lakenberg25 in ihren Abhandlungen Teilbereiche der Rechtsprechung untersucht. Diese Forschungsliste lässt sich fortsetzen.26 Soweit die Institutionengeschichte betroffen ist, ist einerseits die „Geschichte des Reichsgerichts“ von Kaul27 zu nennen, die allerdings lediglich die Jahre 1933 bis 1945 betrifft. Zum anderen hat Müller vor einigen Jahren mit seiner Institutionengeschichte des Reichsgerichts bis 1918 wertvolle Beiträge geliefert.28 Die von Schubert29 herausgegebene umfangreiche Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Zivilsachen gibt weitere Einblicke in die Rechtsprechungspraxis des Reichsgerichts, da diese Sammlung sowohl die in den Entscheidungssammlungen abgedruckten als auch die dort nicht abgedruckten Entscheidungen enthält.30 Soweit im Übrigen diese und andere Autoren die Rechtsprechung des Reichsgerichts näher untersuchten, geschah dies – soweit ersichtlich – lediglich auf der Basis der (veröffentlichten und unveröffentlichten) Entscheidungen des Reichgerichts. Eine Ausnahme bildet indes die Arbeit von Lakenberg über die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, der sich nahezu zeitgleich mit dem Verfasser der Analyse der jeweils einschlägigen Prozessakten widmete.31 Naturgemäß fand daher bislang kaum eine Auseinandersetzung mit den konkreten Einwirkungsmöglichkeiten eines Richters auf das Urteil und damit mit der Entscheidungsfindung im Senat statt.

Die Person Rudolf von Seckendorff findet mit Ausnahme der Kurzbiographie in der Institutionengeschichte von Müller32 und der soeben angesprochenen Untersuchung von Lakenberg – die die Mitwirkung des Reichsgerichtspräsidenten an einer der bedeutenderen Entscheidungen in der Entwicklungsgeschichte des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter betrifft33 – in der (neueren) Forschung kaum Beachtung und wird nur am Rande erwähnt.34 Die Ursachen dafür dürften nicht zuletzt auch darin liegen, dass die Zuständigkeit des (präsidialen) IV. Zivilsenat damals hauptsächlich das Familien- und Erbrecht betraf.35 Aufgrund dieser Zuständigkeiten war der IV. Zivilsenat von vornherein nicht oder lediglich selten mit den (meist) konfliktträchtigen Konstellationen befasst, die die rasante Entwicklung der wilhelminischen Gesellschaft mit sich brachte und nahm diesbezüglich nur eine untergeordnete Rolle ein.36 Exemplarisch sei hier die eingehende Analyse von Schröder über die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Arbeitskampf genannt. Die für diese Fälle zuständigen Zivilsenate37 haben die wirtschaftlichen und damit letztlich auch politischen Arbeitskämpfe prinzipiell anders gelöst, als die mit denselben Fragen befassten Strafsenate des Reichsgerichts. Während die Zivilsenate gewisse Formen des Arbeitskampfes grundsätzlich erlaubten, stellten dieselben Handlungen nach der Rechtsprechung der Strafsenate zugleich strafbare Handlungen dar. Die Strafsenate sahen sich damit dem (berechtigten) Verdikt der Klassenjustiz ausgesetzt.38 Aus diesem Umstand dürfte sich auch erklären, dass mit den Abhandlungen über die Reichsgerichtspräsidenten Eduard von Simson, Walter Simons oder Erwin Bumke bislang eher die politischen Personen ihren Biographen gefunden haben.

Gleichwohl steht diese durch die bisherige Forschung dokumentierte Nichtbeachtung der Person des Reichsgerichtspräsidenten im auffälligen Gegensatz zu der Wertschätzung, die Seckendorff in den – auch den ersten Ansatzpunkt für diese Untersuchung bildenden –zeitgenössischen Quellen fand. Einen besonderen Beleg für diese Wertschätzung geben die im Jahr 1932 im Brockhaus Verlag herausgebrachte Gedächtnisschrift39 und der Nachruf in der Deutschen Richterzeitung40. Nähere Informationen lieferte auch die von Lobe41 herausgegebene Abhandlung über die Geschichte des Reichsgerichts. Entsprechendes gilt für die in den Erinnerungen von Ludwig42 und Erich Ebermayer43 enthaltenen Aussagen über Seckendorff. Daraus ergaben sich erste, wenn auch eher allgemein gehaltene Hinweise auf das Rechtsverständnis des Reichsgerichtspräsidenten und sein Leben in Leipzig.

Die von Müller für die Kurzbiographie des Reichsgerichtspräsidenten verwendeten Aussagen der Zeitgenossen erwecken den Eindruck, Seckendorff sei „der geborene Präsident“44 also gewissermaßen eine Symbolfigur45 für das Amt gewesen – Prädikate, die sonst üblicherweise dem ersten Reichsgerichtspräsidenten Eduard von Simson zugeschrieben werden46 – und aus diesem Grund zum Reichsgerichtspräsidenten ernannt worden.47 Welche Gründe aber letztlich zur Auswahl eines Kandidaten für das Amt des Reichsgerichtspräsidenten führten, wurde bislang nicht näher untersucht.

So zeigen die zunächst schwierig aufzufindenden Aktenbestände über den Ernennungsvorgang48, dass Rudolf von Seckendorff diese herausgehobene Stellung unter seinen Kollegen zunächst nicht besaß. Vielmehr gab es gegenüber seiner Kandidatur und Ernennung zum Reichsgerichtspräsidenten im Kollegium erhebliche Vorbehalte. Rudolf von Seckendorff war damals fast „unbekannt“ im Kollegium49 und nicht annähernd eine Symbolfigur. Seine zukünftigen Kollegen sahen in ihm eher einen Kandidaten, dem die „neueste Rechtsentwicklung“, insbesondere das neue Bürgerliche Gesetzbuch, fremd geblieben sei.50 Dessen ungeachtet wurde er im Jahr 1905 zum Reichsgerichtspräsidenten ernannt. Letzten Endes ist es daher einigermaßen erstaunlich, dass Seckendorff für seine Kollegen wenige Jahre später eine „achtungsgebietende Persönlichkeit“ war.51 Trotz der eingangs angesprochenen Bemerkung, es handele sich bei den Jahren bis 1918 um die „Glanzzeit des Reichsgerichts“, dürfte die soeben angesprochene Skepsis der Reichsrichter nur vor dem Hintergrund der damaligen massiven Justizkritik richtig einzuordnen sein. Zur damaligen Justizkritik und der damit einhergehenden Methodendebatte liegen jedoch u.a. durch die Forschungen von Wilhelm umfangreiche Studien vor.52 Vergleichbares gilt für die Forschungen über das in den gleichen Zeitraum fallende Ende des Zweiten Kaiserreiches53 und die damaligen Verhältnisse in Leipzig.54 Für die allgemeine Haltung der Richter zur anschließend gegründeten Weimarer Republik kann nach wie vor auf die Arbeit von Simon verwiesen werden.55

B)Zur Fragestellung und zum Aufbau der Untersuchung

Mit der vorliegenden Arbeit möchte der Verfasser versuchen, diesen „Bruch“ in der Fremdwahrnehmung zu erklären. Die Untersuchung folgt der Grundannahme, dass die Ursache für diese spätere Wertschätzung in der juristischen und der damit verbundenen persönlichen Autorität Seckendorffs begründet ist. Vor dem Hintergrund der ablehnenden Haltung seiner Richterkollegen und der allgemeinen Justizkritik kommt daher der juristischen Arbeitsweise Seckendorffs, d.h. den von ihm verfassten Gutachten, Urteilsanmerkungen oder Voten erhebliche Bedeutung zu. Die Arbeit besteht aber nicht nur aus dieser juristischen Analyse. Die Untersuchung beinhaltet ebenso die Darstellung des Lebensweges Seckendorffs, wenn und soweit dieser für die zuvor genannte Grundannahme relevant ist. Lücken in der Biographie Seckendorffs sollen dabei möglichst geschlossen werden. In diesem Zusammenhang wird daher auch ein Einblick in die Verhältnisse am Gerichtshof und damit in die Justizgeschichte „im Kleinen“ gewährt.

In den ersten Kapiteln der Arbeit wird im Rahmen der Darstellung seines (familiären) Umfeldes und beruflichen Werdeganges ein Augenmerk darauf gelegt, welche Qualitäten Seckendorff schließlich für das Amt des Reichsgerichtspräsidenten mitbrachte und wie sich diese in seinem vorherigen Lebensweg ausgedrückt hatten.

Dabei darf sein Religionsbekenntnis nicht unberücksichtigt bleiben. Die Forschung hat gezeigt, dass Andersgläubige wie Juden oder Katholiken aufgrund der protestantischen Personalpolitik der Behörden in Preußen56 und im Reich üblicherweise nur geringe Chancen auf eine Stelle im höheren Staatsdienst hatten.57 Hatte sich daher seine katholische Religion hemmend auf seine Karriere ausgewirkt? Umgekehrt wird an geeigneten Stellen der Frage nachgegangen, inwieweit sich möglicherweise seine adelige Herkunft förderlich auf seinen beruflichen Lebensweg ausgewirkt hat. Schließlich war Seckendorff einer der wenigen Adligen in der Reichs(-justiz)verwaltung.58 Trotz der vielfältigen, für die Adelswelt im 19. Jahrhundert eintretenden und oft durch drohenden Verlust von Privilegien gekennzeichneten Änderungen, hat die Adelsforschung mittlerweile gezeigt, dass es dem Adel im Laufe des Jahrhunderts in vielfacher Weise gelungen ist, seine Führungsposition im Staatsapparat zu verteidigen.59 So war der Adel bestrebt, sich jedenfalls die Kernbereiche der staatlichen Machtausübung bspw. durch die Besetzung von „glänzenden“ und/oder „repräsentativen“ Stellen zu erhalten. Eine Beschäftigung als Richter am obersten Gericht des Reiches stellte zweifellos eine solche „glänzende Position“ dar.60 Spielte also seine soziale Herkunft eine Rolle bei Seckendorffs Berufseinstieg und/oder den späteren Beförderungen?

In einem weiteren Schritt wird auf die Auswahlkriterien für einen Reichsgerichtspräsidenten eingegangen und im Speziellen nach Erklärungsansätzen dafür gesucht, aus welchem Grund Rudolf von Seckendorff zum Präsidenten des Reichsgerichts ernannt worden ist. Dort haben, soviel sei vorweggenommen, wahrscheinlich religiöse Fragen eine Rolle gespielt.

In den anschließenden Kapiteln wird seine Tätigkeit am Reichsgericht aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Es wird nach Erklärungsansätzen dafür gesucht, wie es ihm gelingen konnte, sich den – nicht nur juristischen – Respekt seiner Kollegen und Wegbegleiter am Reichsgericht zu verdienen. Ein Kernbereich der Arbeit wird dementsprechend die Rechtsprechung des präsidialen – im Falle Seckendorffs des IV. – Zivilsenates anhand ausgewählter Beispiele näher beleuchten, da die Stellung des Reichsgerichtspräsidenten im Gerichtshof auch von dessen juristischer Autorität abhing bzw. durch dessen Fähigkeiten geprägt wurde. Besondere Beachtung verdient dieser Aspekt auch deshalb, weil mancher Zeitgenosse in ihm „keinen großen Juristen“ sah.61

Einen näheren Einblick in die jeweiligen juristischen Fertigkeiten eines Reichsgerichtspräsidenten können u.a. die von diesem verfassten Gutachten, Voten oder Urteilsanmerkungen sein. Für die Stellung und das Ansehen des Reichsgerichtspräsidenten im Kollegium dürfte es nicht zuletzt vor dem Hintergrund der damaligen scharfen Justizkritik62 entscheidend gewesen sein, welche Argumente Seckendorff bei der Lösung von Rechtsfragen nutzte bzw. wie überzeugend seine Argumente für die Senatskollegen waren. Es werden daher im Rahmen einer Fallanalyse die Rechtsansichten des Reichsgerichtspräsidenten näher in den Blick genommen. Dazu wertete der Verfasser ausgewählte Urteile einschließlich der Prozessakten aus.63

Mit seinen Urteilen tritt der Senat zwar einheitlich nach außen auf, d.h. es gibt nur eine einzelne tragende Begründung, die zur Entscheidung des Falles führt.64 Aus den Urteilsgründen ergeben sich daher keine Diskussionen und/oder abweichende Voten, die innerhalb des Senats oder zwischen den Senaten im Vorfeld der Entscheidung eine Rolle spielten.65 Mithilfe der Prozessakten, die sich zu vielen Urteilen noch im Bundesarchiv befinden66, lässt sich jedoch ein differenzierteres Bild der (senatsinternen) Rechtsprechung abbilden. Diese Akten enthalten in der Regel das Sitzungsprotokoll, die Voten des Berichterstatters und (gegebenenfalls) weiterer Mitglieder des Senats einschließlich des Vorsitzenden. Mit diesen Prozessakten lässt sich also nicht nur nachvollziehen, wie die Senate zu ihren Entscheidungen gelangt sind. Da jeder Rechtsstreit Parteien mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammenführt, bieten diese Akten (teilweise) auch die Möglichkeit, die Hintergründe einer Entscheidung einschließlich der ggf. darin einfließenden Motive der Richter und – soweit die vorliegende Untersuchung betroffen ist – die im Einzelfall bestehende Motivation des Reichsgerichtspräsidenten näher herauszuarbeiten. Dabei verkennt der Verfasser der Arbeit natürlich nicht, dass es schwierig für Biographen ist, Eindeutiges über die Motivationslage anderer Menschen herauszuarbeiten, da diese oft nicht mehr befragt werden und bei längeren Zeitablauf auch direkte Zeitzeugen nicht mehr vorhanden sind.67 Diese Schwierigkeit schließt es allerdings nicht aus, sich behutsam mit den Argumenten Seckendorffs und dessen möglicher Motivation auseinanderzusetzen, ohne zugleich in Spekulationen und Unterstellungen zu enden. Für diese Betrachtung ist es hilfreich, sich mit der Lebenssituation des Reichsgerichtspräsidenten bzw. der Richter(-schaft) allgemein auseinanderzusetzen.68 Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass sich die damaligen Umstände nicht in jedem Fall bis ins letzte Detail klären lassen und der Verfasser an verschiedenen Stellen der Arbeit zum Teil auf Plausibilitätserwägungen angewiesen ist.

Anhand der Prozessakten lässt sich sodann auch die These Glöckners untersuchen, dass die in den Prozessakten vorhandenen Voten regelmäßig mit den (abgedruckten) Entscheidungsgründen übereinstimmten.69 Die vorliegende Arbeit beschränkt sich daher nicht nur auf die untersuchten Urteilstexte, sondern bezieht v.a. auch die in den Akten befindlichen Voten des Reichsgerichtspräsidenten und der Berichterstatter in die Untersuchung mit ein.70

Die ebenfalls im Bundesarchiv vorhandene – leider unvollständige – „Entscheidungssammlung des Reichsgerichts“ hilft bei alledem nicht weiter, da diese die Voten ebenfalls nicht enthält.71 Einen ersten Blick in die Rechtsansichten des Reichsgerichtspräsidenten gewährt im Übrigen die 1932 im Brockhaus Verlag herausgegebene Gedächtnisschrift mit einer darin abgedruckten Äußerung Seckendorffs über die Aufgaben eines Reichsrichters bzw. des Reichsgerichts – „Es ist meines Erachtens eine der schönsten Aufgaben des obersten Gerichtshofs für eine der allgemeinen Rechtsanschauung entsprechende Anwendung des Gesetzes Raum zu schaffen, sofern dies mit dessen Wortlaut und Absicht irgend vereinbar ist.“72

Da der Reichsgerichtspräsident zugleich den Vorsitz eines Senates des Ehrengerichtshofs für deutsche Rechtsanwälte übernahm73, erstreckte der Verfasser die Untersuchung auf die Beteiligung und Voten Seckendorffs in diesem Wirkungsbereich. Von besonderer Bedeutung für die politischen Ansichten des Reichsgerichtspräsidenten waren dabei u.a. die Verfahren gegen den Rechtsanwalt Karl Liebknecht.74

Zeitgenössische Stimmen behaupteten, Seckendorff habe das Reichsgericht in Leipzig heimisch gemacht75 und „keinen einzigen Feind“ im Gericht besessen.76 Angesprochen waren damit nicht nur die Beziehungen zur Stadt Leipzig, sondern auch die (zwischenmenschlichen) Kontakte im Reichsgericht. Diese Verbindungen waren damals von nicht zu unterschätzender Bedeutung, da – dies legen die bereits erwähnte Abhandlung über Karl Gutbrod77 und andere Quellen78 nahe – der Zusammenhalt der Reichsgerichtsmitglieder79 zu Beginn des Jahrhunderts geschwächt war. Dieses Beziehungsgeflecht dürfte Seckendorffs Stellung und persönliche Autorität im Kollegium im Hinblick auf die anfangs gegenüber ihm bestehenden Vorbehalte80 maßgeblich mitbeeinflusst haben, sodass in einem Teil der Arbeit der Fokus hierauf gelegt wird.

In Seckendorffs Amtszeit am Reichsgericht fielen die politischen Veränderungen des Spätherbstes 1918. Der Verfasser untersuchte daher u.a. an Berichten aus der (überregionalen) Presse Seckendorffs Verhalten und die damaligen Geschehnisse in Leipzig. Blieb das Reichsgericht unberührt von der Revolution? Aus welchem Grund wurde der Reichsgerichtspräsident 1918 nicht entlassen bzw. suchte dieser nicht um seine Entlassung nach? Immerhin war eine Distanz zur Weimarer Republik innerhalb der Richterschaft weit verbreitet.81

Auf die persönlichen bzw. (gesellschafts-)politischen Ansichten des Reichsgerichtspräsidenten wird deswegen an geeigneten Stellen der Arbeit näher eingegangen, um ein (mögliches) Gesamtbild zu entwerfen. War Seckendorff ein „unpolitischer“ Richter, der gleichwohl, wie viele seiner Zeitgenossen streng monarchisch war und blieb oder konnte er den Übergang in die Republik akzeptieren?

Der Verfasser untersuchte – abgesehen von der einschlägigen Literatur – im Rahmen des Projekts hauptsächlich die Bestände des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde und diejenigen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem. Hinzu kamen die Archivalien des Stadtarchivs Leipzig sowie die Bestände des dort befindlichen Stadtgeschichtlichen Museums. Abgerundet wurde die Untersuchung durch die Bestände des Thüringer Staatsarchivs in Altenburg, in dem sich Teile des Seckendorffschen Familienarchivs befinden. Schwierigkeiten bestanden dabei vor allem in dem Umstand, dass manche der untersuchten Archivbestände schwer auffindbar gewesen bzw. bisher nicht oder kaum erschlossen sind.


1 Anonym, DJZ 1915, Sp. 1103, 1104. Die Hervorhebung stammt vom Verf.

2 NLZ, Nr. 328, vom 23.11.1932, S. 3.

3 NLZ, Nr. 329, vom 24.11.1932, S. 4.

4 BArch, R 3002, PA Nr. 790, Bd. 1, Bl. 58 ff.

5 Vgl. Ormond, Richterwürde und Regierungstreue, Dienstrecht, politische Betätigung und Disziplinierung der Richter in Preußen, Baden und Hessen 1866–1918, S. 335, 492 ff., der dort allerdings über die preußischen Verhältnisse berichtet; Hinweise finden sich auch bei Müller, Der Hüter des Rechts, S. 133 f. In einem dort wiedergegebenen Schreiben aus dem Jahr 1906 wird von „Strömungen“ im Reichsgericht berichtet, die „dem Eindringen jüdischer Elemente in das Richterkollegium entschieden widerstreben“. Auch sonst wird in „weiten Kreisen“ die Auffassung vertreten, „jüdische Elemente sollten, wenn auch nicht von den Gerichten überhaupt, doch von den obersten und darum maßgebenden Stellen in der Justiz ferngehalten werden.“

6 Müller, Der Hüter des Rechts, S. 16.

7 Der Untergang des Reichsgerichts und der Niedergang der Rechtsprechung während des Dritten Reiches sind nicht nur am Beispiel des letzten Reichsgerichtspräsidenten Erwin Bumke gut erforscht, vgl. Dieter Kolbe, Reichsgerichtspräsident Dr. Erwin Bumke. Literaturnachweise finden sich u.a. auch bei Buschmann, Reichsgericht, S. 132, Fn. 1.

8 Vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 516 ff.; Müller, a.a.O., S. 16.

9 Vgl. bspw. die Angaben bei Vortmann, Meibom Lebenserinnerungen, S. 4; Kern, Simson, S. 26.

10 Wolff, Eduard von Simson, S. 69 ff. zum Reichsgericht. Im Übrigen ders. Der erste Präsident des Reichsgerichts. Bernd-Rüdiger Kern und Klaus-Peter Schroeder (Hrsg.), Eduard von Simson (1810–1899), „Chorführer der Deutschen“ und erster Präsident des Reichsgerichts. Bei letzterem handelt es sich aber eher um eine Aufsatzsammlung.

11 Horst Gründer, Walter Simons als Staatsmann, Jurist und Kirchenpolitiker.

12 Karl Gutbrod, Das Leben von Karl Konrad von Gutbrod und seiner Frau Antonie, geb. Bareiß.

13 Gutbrod, Lebensgeschichte, S. 73 ff.

14 So ausdrücklich Gründer, a.a.O., S. 239, Fn. 1.

15 Nicht zuletzt enthalten Seckendorffs eigene „Lebenserinnerungen“ dazu keine näheren Angaben, vgl. ThStA, FA Seckendorff, Nr. 1595; Hartung, Jurist unter vier Reichen; Zeiler, Meine Mitarbeit; Segelken, Amor Fati; im Übrigen Vormbaum, Meibom Lebenserinnerungen.

16 Vgl. Binder, Otto Bähr (1817–1895); Wirth, Adelbert Düringer; Seidel, Die Tragödie des „kleinen Kayser“; Herbe, Hermann Weinkauff (1894–1981); Gehrlein, Schäfer Juristenleben; Staufer, Ludwig Ebermayer.

17 Vgl. Glöckner, Positive Vertragsverletzung, S. 28.

18 Dieter Kolbe, Reichsgerichtspräsident Dr. Erwin Bumke, S. 266 ff.

19 Kiefner, Zur Divergenzjudikatur des Reichsgerichts S. 585 ff., S. 623.

20 Vgl. Glöckner, a.a.O., S. 28.

21 Die Entwicklung des Kartellrechts und des kollektiven Arbeitsrechts durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts vor 1914.

22 Gesetzesbindung und Richterfreiheit, Die Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen während der Weimarer Republik und im späten Kaiserreich.

23 Die Tierhalterhaftung im BGB von 1896. Die Entstehung und Änderung des § 833 BGB sowie eine Analyse der Rechtsprechung des Reichsgerichts bis 1908.

24 Positive Vertragsverletzung.

Details

Seiten
356
Jahr
2023
ISBN (PDF)
9783631905852
ISBN (ePUB)
9783631905869
ISBN (Hardcover)
9783631899717
DOI
10.3726/b21044
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2024 (Februar)
Schlagworte
Richterbiographie Methodendebatte Amtsführung Revolution Justizgeschichte Leipzig Reichsgericht
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2023. 356 S., 3 b/w Abb.

Biographische Angaben

Timo Görlitz (Autor:in)

Timo Görlitz studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Referendariat erfolgte die Promotion am Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität in Frankfurt/Main.

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Titel: Rudolf von Seckendorff. Reichsgerichtspräsident und Gentleman