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Bruderkampf in der Nordmark?

Zum gegenseitigen Verhältnis von Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und Roten Frontkämpferbund im Schleswig-Holstein der Weimarer Republik (1924–1933)

von Lennart Stolina (Autor:in)
©2023 Monographie 148 Seiten
Reihe: Kieler Werkstücke, Band 62

Zusammenfassung

Politische Kampfgruppen wie das Reichsbanner „Schwarz-Rot-Gold", der Rote Frontkämpferbund (RFB) oder die Sturmabteilung (SA) waren Schlüsselfiguren der Weimarer Republik. Mit gewalttätigen Agitationskampagnen prägten sie das politische Klima, besonders für Parteien wie die NSDAP. Dieser Band beleuchtet den Erfolg der NSDAP 1932 in der Provinz und erforscht erstmals die linke Opposition zu der SA in Schleswig-Holstein. Hierzu wird das komplexe Verhältnis zwischen dem Reichsbanner und dem RFB, zwei sich politisch vermeintlich nahestehenden Organisationen, betrachtet. Ein tiefgreifendes Verständnis dieses Verhältnisses ermöglicht neue Einsichten in die politische Dynamik dieser Zeit. Durch die Analyse von historischen Dokumenten und Archivmaterial offenbart das Werk bisher unbekannte Facetten des politischen Kampfes und der ideologischen Spannungen der Weimarer Republik.Politische Kampfgruppen wie das Reichsbanner „Schwarz-Rot-Gold, der Rote Frontkämpferbund (RFB) oder die Sturmabteilung (SA) waren eine typische Erscheinung der Weimarer Republik. Mit ihren Agitationskampagnen, die nicht selten gewaltsam endeten, politisierten sie die Bevölkerung im höchsten Maße. Sie waren für den politischen Erfolg einer Partei von großer Bedeutung. So auch für die NSDAP, die 1932 erstmals stärkste Kraft in der Provinz wurde. Ausgehend von ihrem Erfolg fragt dieser Band nach der in Schleswig-Holstein wenig erforschten linken Opposition zu der nationalsozialistischen SA. Hierzu wird das gegenseitige Verhältnis zwischen dem Reichsbanner und dem RFB, zwei sich politisch vermeintlich nahestehenden Organisationen, betrachtet.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Thematischer Aufriss
  • 1.2 Fragestellung und Vorgehen
  • 1.3 Quellenlage und Forschungsstand
  • 1.4 Erkenntnisziele
  • 2. Erste Gehversuche einer Republik
  • 2.1 Schleswig-Holstein nach dem Ersten Weltkrieg
  • 2.2 Die Organisierung der politischen Gewalt
  • 3. Formierung und Struktur von Reichsbanner und RFB in Schleswig-Holstein
  • Exkurs: Die kommunistische Einheitsfronttaktik
  • 3.1 Gemeinsame Wurzeln? – die Proletarischen Hundertschaften
  • 3.2 Kriegsteilnehmer, Republikaner! – das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold
  • 3.3 Hinein in die Rote Front! – der Rote Frontkämpferbund
  • 3.4 Zwischenfazit: Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Potenziale
  • 4. 1924–1929: Reichsbanner und RFB in der Phase der „relativen Stabilität“ der Weimarer Republik
  • 4.1 Konsolidierung und strukturelle Entwicklung in Schleswig-Holstein bis 1929
  • 4.1.1 Das Reichsbanner – im Fahrwasser sozialdemokratischer Strukturen
  • 4.1.2 RFB – Massenbewegung ohne organisatorisches Rückgrat
  • 4.2 Mobilisieren, organisieren, politisieren – die Arbeit in der Gesellschaft
  • 4.3 Politische Kooperationspotenziale und ihre Realisierungen
  • 4.4 Konfliktlinien – Faschismus, Militarisierung und Gewalt
  • 4.5 Zwischenfazit: Reichsbanner und RFB zwischen Konkurrenz, Kooperation und Konflikt
  • 5. 1929–1933: Reichsbanner und RFB im Zeitabschnitt der „großen Krise“ der Weimarer Republik
  • 5.1 Der offene Bruch – die Sozialfaschismusthese
  • 5.2 Zwischen Illegalität und Fortsetzung – das RFB-Verbot 1929
  • 5.3 Schleswig-Holstein in der Spirale der politischen Gewalt bis 1933
  • 6. Zusammenfassung und Fazit
  • 7. Quellen- und Literaturverzeichnis
  • 7.1 Quellen
  • 7.1.1 Ungedruckte Quellen
  • 7.1.2 Gedruckte Quellen
  • 7.2 Literatur
  • 7.3 Abkürzungsverzeichnis
  • 8. Orts- und Personenregister
  • 8.1 Ortsregister
  • 8.2 Personenregister
  • Reihenübersicht

1. Einleitung

1.1 Thematischer Aufriss

Die braune Welle, die mit dem Wahlsieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) im Juli 1932 über den Reichstag hineinbrach, sie hatte die Provinz Schleswig-Holstein bereits wenige Monate zuvor bei den preußischen Landtagswahlen im April desselben Jahres erfasst. 50,8 % der Wähler gaben ihre Stimme den Nationalsozialisten.1 Dieses Wahlergebnis kam jedoch keineswegs ohne Vorwarnung, immerhin hatte die Hitlerpartei in der Provinz schon seit geraumer Zeit ein stetiges Wachstum vorweisen können.2 Gründete sich die erste NSDAP-Ortsgruppe Schleswig-Holsteins bereits 1925 in Neumünster, sollte es noch sieben Jahre dauern, ehe sich die Nazi-Partei die Vormachtstellung in der Provinz zwischen Nord- und Ostsee sichern konnte.3 Durch das geschickte Bedienen völkisch-nationaler Ressentiments gegen den Staat, das Judentum und Andersdenkende erwuchs Schleswig-Holstein 1932 zur braunen Hochburg heran. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an diesem Aufstieg hatte die Sturmabteilung (SA), die hauseigene Agitations- und Kampftruppe der NSDAP. Sie war die Einheit, die ideologische Kampfparolen wie „Blut und Boden“ und den völkisch-romantischen Mythos von Schleswig-Holstein als „Nordmark“ in die Bevölkerung trug bzw. weiter beschwor.4 Ein hohes Maß an Disziplin, Treue und Aktionismus zeichnete sie aus und machte sie für die nationalsozialistische Propaganda unverzichtbar.

Die SA war allerdings keine Ausnahmeerscheinung, sondern lediglich eine von vielen Kampforganisationen, die in der turbulenten und kurzen Lebenszeit der Weimarer Republik in Schleswig-Holstein entstanden sind. Zwei weitere dieser Kampforganisationen waren das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold (Reichsbanner), das als überparteiliche Republikschutztruppe von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), der Zentrumspartei (Zentrum, Z), der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) sowie den Gewerkschaften gegründet worden war, und der Rote Frontkämpferbund (RFB), der als Kampftruppe der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) agieren sollte. Ihre Aufgaben unterschieden sich von denen der SA im Kern nur durch die unterschiedlichen politischen Ziele. Auf kommunistischer Seite war dies die Schaffung der Einheitsfront von unten, die von der Kommunistischen Internationale (KI) in Moskau vorgegeben worden war. Sie sollte die Spaltung der Arbeiter in ein sozialdemokratisches und ein kommunistisches Lager revertieren und so den Weg für eine geeinte Arbeiterschaft im Kampf gegen das Großunternehmertum und den in Europa aufkommenden Faschismus ebnen. Das Reichsbanner wiederum sah seine Hauptaufgabe im Schutz der Republik. Es sollte die republikanischen Parteien und Bewegungen bestmöglich unterstützen und im Laufe der Jahre auch vor Angriffen von Antirepublikanern schützen.

Hierzu sollten beide Organisationen wichtige Agitationsarbeit5 in den Betrieben und auf den Straßen leisten, wie sie charakteristisch für die verschiedenen Kampfgruppen in der Zeit der Weimarer Republik war. In den Betrieben äußerte sich diese Agitationsarbeit hauptsächlich in der offenen Diskussion und damit einhergehender Politisierung unter den Arbeitern. Auf den Straßen waren hingegen Umzüge mit militärischer Disziplin sowie Musikkapellen, Fahnen, Fackeln und Gesang ein gängiges Agitationsmittel. Hinzu kamen große Versammlungen mit einem oder mehreren Rednern, die mit viel Leidenschaft und rhetorischem Talent zu den Massen sprachen. Nicht selten kam es bei diesen öffentlichen Veranstaltungen zu Reibereien mit Andersdenkenden. Diese Reibereien entwickelten sich sehr bald jedoch zu bewährten Störtaktiken, die auch an Brutalität und Gewalt zunahmen. Martialisch anmutende Namen einiger größerer Auseinandersetzungen, wie die „Blutnacht von Wöhrden“ im März 1929, der „Altonaer Blutsonntag“ am 17. Juli 1932 oder der „Blutmai“ Anfang Mai 1929 lassen bereits erahnen, dass die Aufeinandertreffen mitunter tödlich verliefen.6

Das Gros der Auseinandersetzungen ist auf den RFB und die SA zurückzuführen, die sich an dem linken bzw. rechten Rand des politischen Spektrums bewegten.7 Dass es hier bereits aufgrund der politischen Gegensätzlichkeit zu Konflikten kam, bedarf keiner weiteren Erklärung. Ähnliches galt auch für das Verhältnis zwischen dem Reichsbanner und der SA. Während das Reichsbanner für die Republik und die demokratische Grundordnung eintrat, lehnte die SA diese strikt ab und arbeitete stattdessen auf einen Staat unter der Führung der NSDAP hin. Auch ein Blick auf die Mitgliederzusammensetzung offenbart hier eine Gegensätzlichkeit der drei Kampforganisationen.

Das Reichsbanner, das offiziell überparteilich, de facto aber zunehmend von der SPD geführt wurde, bestand zum Großteil aus Mitgliedern des sozialdemokratischen Milieus der Arbeiterschaft.8 Die Mitglieder des RFB waren fast ausnahmslos Parteigänger der KPD oder Erwerbslose – meist ebenfalls aus der Arbeiterschaft der Industriestädte. Reichsbanner und RFB hatten demnach, als verlängerter Arm ihrer Trägerparteien, eine breite Basis in der sozialistischen Arbeiterbewegung.9 Die SA bzw. NSDAP rekrutierte ihre Mitglieder hingegen im nationalkonservativen bis rechtsextremistischen Lager. Es ist daher weniger überraschend, dass weder das Reichsbanner noch der RFB der NSDAP und ihrer SA Sympathien entgegenbrachten, sie sogar als Feind betrachteten. Mit dem Wissen um die bestehenden Antipathien sowie dem weiteren Fortgang der Geschehnisse ab 1932 bis 1945 drängt sich unweigerlich die Frage auf, wieso sich keine schlagkräftige linke Oppositionsbewegung zur rechtsextremen NSDAP bzw. SA mobilisieren konnte.

1.2 Fragestellung und Vorgehen

Aus den dargestellten Umständen ergibt sich für die vorliegende Untersuchung die übergeordnete Frage nach einer linken Oppositionsbewegung, genauer ihrem Nichtvorhandensein. Hierzu ist es notwendig, das Verhältnis zwischen dem Reichsbanner und dem RFB in Schleswig-Holstein zu analysieren. Die Frage nach dem Verhältnis der beiden Organisationen in Schleswig-Holstein zueinander stellt den Kern dieser Arbeit dar. Die Betrachtung des Verhältnisses erfolgt dabei über mehrere Zugänge. Diese sollen sowohl auf politischer als auch auf organisatorischer Ebene Vergleichspunkte schaffen und so ein umfassendes Bild erzeugen, auf dessen Basis das Verhältnis abschließend bewertet werden kann. Genauer fragt die Arbeit nach politischen und organisatorischen Zielen, Gemeinsamkeiten und Unterschieden, die mögliche Interaktionsspielräume eröffneten. Auch stellt sich die Frage nach dem Zustand und der damit zusammenhängenden Handlungsfähigkeit der Organisationen in Schleswig-Holstein. Anhand dieser Betrachtungen wird das Verhältnis zwischen dem RFB und dem Reichsbanner erörtert.

Den geografischen Rahmen dieser Arbeit bilden die Grenzen der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Mitunter wird auf die Gegebenheiten des benachbarten Hamburgs verwiesen, da die Hansestadt zusammen mit Schleswig-Holstein den Verwaltungsbezirk „Wasserkante“ der KPD bildete. Der zeitliche Rahmen der Betrachtung orientiert sich an dem Zeitraum des gleichzeitigen Bestehens der beiden Organisationen, der mit der Phase der „relativen Stabilität“ der Weimarer Republik (1924–1929) nahezu identisch ist. Nach seinem Verbot 1929 ist der RFB als Organisation spätestens 1930 nicht mehr greifbar, weshalb die Betrachtung hier faktisch ihr Ende findet.

Auf inhaltlicher Ebene wird mit einem kurzen Abriss der Geschichte Schleswig-Holsteins in der Weimarer Republik von 1918 bis 1923 begonnen. So soll dem Leser ein grundlegender Kontext in Bezug auf bedeutsame politische Ereignisse und sozioökonomische Besonderheiten der Provinz geboten werden, auf dem die Arbeit im weiteren Verlauf aufbauen wird. Ein Blick ins Reich ist an dieser Stelle mitunter unerlässlich. Daran anknüpfend erfolgt der Brückenschlag zu den zahlreichen Wehr- und Kampfverbänden in jener Zeit, an denen sich sowohl das Reichsbanner als auch der RFB stark orientierten. Ehe es dann zur Betrachtung der beiden Organisationen kommt, ist ein kurzer Exkurs notwendig, um den Leser über die kommunistische Strategie der Einheitsfront ins Bild zu setzen. Darauf aufbauend erfolgt die Betrachtung der beiden Organisationen von ihrer Gründung auf Reichsebene bis zu ihren ersten Schritten in Schleswig-Holstein. Ebenfalls wird hier ein Organisationsprofil erstellt, welches einen generellen Eindruck über die Ziele, das Auftreten und die Besonderheiten vermitteln soll. In einem Zwischenfazit werden diese Erkenntnisse dann zusammengefasst und mögliche Interaktionspotenziale herausgestellt.

Im Hauptkapitel erfolgt dann die Analyse des Verhältnisses zwischen Reichsbanner und RFB unter drei Gesichtspunkten, die sich unter den Schlagworten Konkurrenz, Kooperation und Konflikt zusammenfassen lassen. Hinter dem Schlagwort der Konkurrenz verbirgt sich einerseits die Betrachtung der generellen Entwicklung der Organisationen und andererseits die Darstellung der „Spielfelder“, auf denen sich Reichsbanner und RFB begegneten und wie sie auf diesen miteinander agierten. Der Gesichtspunkt der Kooperation betrachtet potenzielle Kooperationspotenziale, die sich eröffneten und wie diese genutzt wurden. Als Untersuchungsgegenstand dient hierzu primär die Kampagne zur Fürstenenteignung von 1926 und ferner die „Panzerkreuzer-Debatte“ von 1928. Den Abschluss des Hauptkapitels bildet der Gesichtspunkt des Konfliktes, unter dem die ideologischen Differenzen und Konfliktlinien, die sich mit der Zeit ergaben, dargestellt werden. Namentlich sind dies das Verhältnis zum Militarismus, die Deutung des Faschismusbegriffes und der Bezug zur Gewalt.

Im letzten Kapitel wird die Neuausrichtung des RFB unter der „Sozialfaschismusthese“ ab 1929 betrachtet. Nach einer kurzen Erklärung der Sozialfaschismusthese und ihrer Bedeutung für das Verhältnis zwischen Reichsbanner und RFB erfolgt dann die Darstellung des RFB-Verbots mitsamt seinen Versuchen, durch Neugründungen der endgültigen Auflösung zu umgehen. Ähnlich einem Ausblick wird abschließend der weitere Fortgang der Geschehnisse bis 1932 nachskizziert. Im Fazit werden dann alle Erkenntnisse prägnant zusammengefasst und ausgewertet, sodass es zu einer Beantwortung der eingangs gestellten Fragestellung kommen kann.

1.3 Quellenlage und Forschungsstand

Weder dem Roten Frontkämpferbund noch dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold ist in der Forschung für den schleswig-holsteinischen Raum bisher ein gesondertes Interesse entgegengebracht worden. Während über das Reichsbanner immerhin für die Regionen um Eckernförde10 und Eutin11 sowie eine oberflächliche Skizzierung des Reichsbanner-Gaues Schleswig-Holstein12 Arbeiten existieren, fehlen derlei Forschungen für den RFB-Gau Wasserkante nahezu gänzlich. Lediglich Werner Hinze beschäftigt sich in seiner Arbeit zur Bedeutung der Schalmei für die Agitationskultur des RFB in Hamburg mit dem kommunistischen Gau, richtet seinen Blick dabei jedoch primär auf die Stadt Hamburg.13

Die existierenden Betrachtungen der zwei Kampforganisationen in Schleswig-Holstein beschränken sich meist auf wenige Zeilen im Kontext größerer Untersuchungen gesamter Regionen. Eine detaillierte Analyse steht hier nicht im Fokus des Interesses und erfolgt daher auch nicht.14 Für andere Regionen Deutschlands wurde diese Arbeit zum Reichsbanner und dem RFB hingegen geleistet.15 Gesamtdarstellungen auf Reichsebene lassen sich hingegen zu beiden Organisationen finden.16 Hervorzuheben sind hier noch immer Kurt Schusters Darstellung des RFB, die auch nach 50 Jahren nach ihrer Veröffentlichung noch immer die umfangreichste und detaillierteste Arbeit zum kommunistischen Kampfbund ist, sowie Sebastian Elsbachs 2019 veröffentlichte Dissertation zum Reichsbanner, die Karl Rohes Darstellungen von 1966, nicht nur aufgrund ihrer Aktualität, sondern auch aufgrund tiefgehender und umfangreicherer Betrachtung, als Klassiker in der Reichsbannerforschung ablöst.17

Eng mit den beiden Kampforganisationen verwoben sind auch ihre Trägerparteien. Für den Gau Wasserkante der KPD, der mit dem RFB-Gau Wasserkante identisch war, gibt es bis dato lediglich die Darstellung von Ingo Bleikamp, die im Rahmen seiner Examensarbeit 1977 erschienen ist und den hier zu behandelnden Zeitraum nur teilweise abdeckt.18 An dieser Stelle wird auf regionale Studien als Mosaiksteine ausweichend zurückzugreifen sein, die zusammengesetzt einen Überblick über die Aktivität der KPD in Schleswig-Holstein ermöglichen.19 Auch wenn das Reichsbanner keine reine Organisation der SPD, sondern der republikanischen Parteien war, stand sie der SPD doch am nächsten, weshalb die Betrachtung der schleswig-holsteinischen SPD-Ortsgruppen hier wichtige Erkenntnisgewinne erbringen kann – ihre Geschichte ist hinreichend dargestellt.20

Die als bestenfalls spärlich zu bezeichnende Forschungslage zum Thema erlaubt nicht nur den Rückgriff auf zahlreiche Quellen, sondern verlangt es sogar. Die Quellenlage präsentiert sich hierbei jedoch als ergiebig. Im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig finden sich zahlreiche Akten, die Quellenmaterialien zum RFB und dem Reichsbanner bereithalten.21 Ergänzt werden diese hauptsächlich durch das Aktenmaterial zur KPD sowie zu der SPD in Schleswig-Holstein. Auch in den Beständen der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO-BA) in Berlin-Lichterfeld finden sich einige aufschlussreiche Quellen zur Thematik.22

Die Zusammensetzung der Akten präsentiert sich als heterogen und mitunter willkürlich, sodass sich gesamte Zeitungsausgaben sowie einzelne Artikel, interne Organisationsschreiben, Polizeiberichte und Verwaltungsschreiben in ihnen finden. Das Gros stellen dabei die Berichte der Behörden und die internen Organisationsschreiben dar, die zusammen etwa 90 % des zur Verfügung stehenden Materials darstellen. Die chronologische Sammlung der Quellen in den Akten erleichtert mitunter zwar die Recherche, kann jedoch keinerlei Anspruch auf Kohärenz, geschweige denn Vollständigkeit erheben. Daher sei an dieser Stelle anzumerken, dass so, trotz der großen Menge an Quellen, dennoch Lücken bleiben, sodass die Analyse an mancher Stelle nicht so tief greifen kann wie erhofft. Generell ist hierzu festzustellen, dass sich der Großteil des vorhandenen Quellenmaterials mit dem RFB bzw. der KPD befasst, weshalb die nachfolgende Betrachtung zu großen Teilen auf der Basis dieser Quellen stattfindet und das Verhältnis zum Reichsbanner überwiegend aus kommunistischer Perspektive beleuchtet.

Details

Seiten
148
Jahr
2023
ISBN (PDF)
9783631908129
ISBN (ePUB)
9783631908136
ISBN (Hardcover)
9783631908051
DOI
10.3726/b21152
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (November)
Schlagworte
Roter Frontkämpferbund Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Weimarer Republik Schleswig-Holstein Kampfgruppe Agitation Einheitsfront Sozialfaschismus Wehrverbände Krisenjahr
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 148 S., 1 s/w Abb., 1 Tab.

Biographische Angaben

Lennart Stolina (Autor:in)

Lennart Stolina studierte Politikwissenschaft und Geschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und an dem Institut d’études politiques de Rennes (Sciences Po Rennes).

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