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Quellen zur Justizgeschichte in der Nachkriegszeit (1945-1949)

Tagungen der Oberlandesgerichtspräsidenten, der Generalstaatsanwälte und der Landesjustizminister in der Britischen Zone. Interzonale Juristentagungen (1946-1948)

von Werner Schubert (Band-Herausgeber:in)
©2023 Monographie 670 Seiten
Reihe: Rechtshistorische Reihe, Band 502

Zusammenfassung

Der Band dokumentiert den Wiederaufbau der Justiz in der Britischen Zone von 1945-1949. Es werden wiedergegeben die Niederschriften der Tagungen der Präsidenten der Oberlandesgerichte (Kiel/Schleswig, Hamburg, Hannover, Celle, Oldenburg, Braunschweig, Hamm, Düsseldorf und Köln) und der Generalstaatsanwaltschaften bei diesen Gerichten. Es folgen die Protokolle der Konferenzen der Justizminister von Schleswig-Holstein, Hamburg, Oldenburg, Niedersachsen, Braunschweig und Nordrhein-Westfalen. Es folgen die Materialien zu den Interzonalen Juristentagen von 1946 bis 1948. Abgeschlossen wird der Band mit Hinweisen auf die Justizbesprechungen in der Sowjetischen Besatzungszone und drei Konferenzberichten. Themen der Beratungen waren u.a.: Probleme einer Justizreform, das Arbeitsgerichtsgesetz, die Juristenausbildung, die Revision des Strafgesetzbuchs und der Nürnberger Prozess gegen die NS-Juristen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil: Tagungen der Oberlandesgerichtspräsidenten der Britischen Zone
  • I. Niederschrift über die Besprechung der OLG-Präs. aus Hamburg, Celle, Braunschweig und Oldenburg am 27.9.1945 in Lüneburg (vgl. noch S. 663 ff.)
  • Anhang: Erklärung der Länder der Britischen und Amerikanischen Zone auf der Interzonenkonferenz vom 4./5.10.1946 zum Nürnberger Urteil.
  • II. Niederschrift über die Besprechung der OLG-Präs. im britischen Bezirk am 24.10.1945 in Lüneburg
  • Anhang: Niederschrift über die Besprechung der Referenten für die Gesetzgebung im britischen Bezirk am 14. u. 15.11.1945 in Bad Pyrmont
  • III. Niederschrift über die Besprechung der Oberlandesgerichtspräsidenten im britischen Bezirk am 5. und 6.12.1945 in Bad Pyrmont
  • Anhang: Niederschrift über die dritte Besprechung der Referenten für die Gesetzgebung im britischen Bezirk in Bad Pyrmont am 9. u. 10.1.1946
  • IV. Niederschrift über die 4. Besprechung der OLG-Präs. in der britischen Zone in Bad Pyrmont am 6.2.1946
  • V. Niederschrift über die 5. Besprechung der OLG-Präs. in der britischen Zone in Bad Pyrmont am 28.3.1946
  • VI. Niederschrift über die 6. Besprechung der OLG-Präs. in der britischen Zone in Bad Pyrmont am 13.–14.5.1946
  • VII. Bericht über die Tagung der OLG-Präs. in Pyrmont am 24. und 25.6.1946
  • VIII. Niederschrift über die 8. Besprechung der OLG-Präs. in der britischen Zone in Bad Pyrmont am 15. u. 16.8.1946
  • IX. Niederschrift über die 9. Besprechung der Oberlandesgerichtspräsidenten der britischen Zone in Bad Pyrmont am 28. u. 29.10.1946
  • X. Niederschrift über die 10. Besprechung der Oberlandesgerichtspräsidenten der britischen Zone in Bad Pyrmont am 25. u. 26.11.1946
  • a) Endgültige Fassung der Niederschrift
  • XI. Niederschrift über die Zusammenkunft der Oberlandesgerichtspräsidenten in Bad Pyrmont am 28./29.4.1947
  • XII. Niederschrift über die Besprechung der Oberlandesgerichtspräsidenten in der britischen Zone in Hamburg am 15./16.9.1947
  • XIII. Niederschrift über die Zusammenkunft der OLG-Präsidenten der britischen Zone in Bad Pyrmont am 10./11.11.1947
  • XIV. Niederschrift über die Zusammenkunft der Oberlandesgerichtspräsidenten der Brit. Zone in Bad Pyrmont vom 16./17.2.1948
  • XV. Niederschrift über die Zusammenkunft der Oberlandesgerichtspräsidenten der Brit. Zone in Bad Pyrmont vom 23./24.4.1948
  • XVI. Niederschrift über die Zusammenkunft der OLG-Präsidenten der Britischen Zone in Bad Godesberg vom 20./22.7.1948
  • XVII. Niederschrift über die Zusammenkunft der OLG-Präsidenten der Britischen Zone in Damme vom 5./6.10.1948
  • XVIII. Niederschrift über die Zusammenkunft von OLG-Präsidenten aus den drei Westzonen Deutschlands in Frankfurt a.M. am 18.10.1948
  • Entschließung des Präs. des Obergerichts für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone und der OLG Braunschweig, Bremen, Celle, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Freiburg, Hamburg, Hamm, Kiel, Koblenz, Köln, Oldenburg und Stuttgart.
  • XVI. Niederschrift über die Zusammenkunft der OLG-Präsidenten der Britischen Zone in Damme am 26.1.1949
  • XX. Niederschrift über die Zusammenkunft der OLG-Präs. der Britischen Zone in Hamm am 14.6.1949
  • 1. Tagung vom 8./9.10.1948 (DRZ 1948, S. 486 f.)
  • 2. Tagung vom 7./8.10.1949 (DRZ 1949, S. 496)
  • Zweiter Teil: Besprechungen der Generalstaatsanwälte der Britischen Zone
  • I. Protokoll der Besprechung am 22.11.1945 in Bad Pyrmont
  • II. Protokoll der Besprechung der Generalstaatsanwälte in Bad Pyrmont am 16. und 17.1.1946
  • III. Protokoll der Besprechung am 28. und 29.3.1946 in Bad Gandersheim
  • IV. Protokoll der Besprechung am 14.5.1946 in Bodenwerder
  • V. Protokoll über die Besprechung vom 8./9.7.1946 in 
Wolfenbüttel
  • VI. Protokoll der Besprechung am 11./12.9.1946 in Scharpenseel (Kreis Altena/Westf.)
  • VII. Protokoll der Besprechung am 13./14.11.1946 in Damme i.O.
  • VIII. Protokoll der Besprechung am 12./13.5.1947 in Wolfenbüttel
  • IX. Protokoll der Besprechung am 14./15.10.1947 in Braunschweig
  • X. Protokoll der Besprechung am 22./23.3.1948 in 
Damme (Oldbg.)
  • XI. Protokoll der Besprechung am 9./10.11.1948 in Bilstein (Sauerland)
  • XII. Protokoll der Besprechung am 10./11.5.1949 in Rhöndorf (Bad Honnef)
  • Dritter Teil: Konferenzen der Landesjustizminister der Britischen Zone
  • I. Protokoll der Tagung vom 5.2.1947 im Zentraljustizamt
  • II. Protokoll der Tagung vom 31.3. u. 1.4.1947 in Bad Pyrmont
  • III. Protokoll der Tagung vom 20./21.5.1947 in Bad PyrmontI. Teilnehmer:
  • IV. Protokoll der Tagung vom 30./31.10.1947 in Bad Pyrmont
  • V. Protokoll der Tagung vom 22./23.1.1948 in Bad Pyrmont
  • VI. Protokoll der außerordentlichen Konferenz der Landesjustizminister am 5.2.1948 im ZJA Hamburg
  • VII. Protokoll der Tagung vom 29./30.4.1948 in Bad Pyrmont
  • VIII. Protokoll der Tagung vom 8./9.7.1948 in Travemünde.
  • IX. Protokoll der Tagung vom 28./29.10.1948 in HornI.
  • X. Protokoll der außerordentlichen Konferenz am 6.12.1948 im ZJA in HamburgI.
  • XI. Protokoll der Tagung vom 3./4.3.1949 in HamburgI.
  • XII. Protokoll der (10.) Tagung vom 17./18.6.1949 in Bad Pyrmont
  • Vierter Teil: Interzonale Tagungen der Leiter der Justizverwaltungen 1946–1948
  • I. 1. Niederschrift über die Tagung der Chefs der obersten Justizbehörden der britischen und amerikanischen Zone in Bad Godesberg am 16. und 17.7.1946
  • II. 1. Niederschrift über die 2. Interzonale Tagung der Leiter des Justizwesens am 4.–6.12.1946 in Wiesbaden.
  • Berufung oder Revision gegen Urteile des LG in Zivilsachen?
  • 2. Bericht über die Wiesbadener Juristentagung (DRZ 1947, S. 27–30)
  • III. Interzonaler Konstanzer Juristentag (2.–5.6.1947)
  • 1. Programm (nach der Buchveröffentlichung v. 1947, S. 3–7): Sonntag, 1.6.: Eintreffen der Gäste
  • 2. Bericht über den Konstanzer Juristentag (DRZ 1947, S. 231–234):
  • 3. Bericht von Schiffer über den Konstanzer Juristentag (NJ 1947, S. 116 f.)
  • IV. Tagung deutscher Juristen Bad Godesberg (30.09.–1.10.1947)
  • 1. Tagung deutscher Juristen in Bad Godesberg, 30.9.–1.10.1947, Hamburg 1947, S. 4–8:
  • 2. Bericht über die Tagung in Bad Godesberg (DRiZ 1947, S. 373 f.)
  • V. Interzonaler Juristentag in München (1.–4.6.1948)
  • 1. Bericht in der SJZ 1948, S. 339–340:
  • 2. Bericht von Dr. Lewald (NJW 1947/48, S. 380):
  • 3. Bericht über die Tagung in der DRZ 1948, S. 247–249)
  • 4. Referat von Ehard (bayer. Ministerpräsident): Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptverbrecher und das Völkerrecht
  • 5. Vortrag von Charles M. La Follette, Direktor der Militärregierung für das Land Württemberg-Baden:
  • Fünfter Teil: Hinweise auf die Justizkonferenzen in der Sowjetischen Besatzungszone Zentralverwaltung der Justiz in der SBZ
  • I. Tagesordnungen der Länderkonferenzen (1946–1949)
  • II. Berichte über Juristenkonferenzen
  • 1. Bericht über die Konferenz vom 11./12.6.1948 (NJW 1947/48, S. 468 f.)
  • 2. Bericht über eine Arbeitstagung der leitenden Juristen bei der DJV am 15.1.1949 (NJ 1949, S. 1 ff.)
  • 3. Bericht über die Konferenz vom 25./26.3.1949 (NJ 1949, S. 89 ff.)
  • III. Tagung der GStA vom 25./26.4.1947 (BA Berlin DP 1/14)
  • IV. Juristenkonferenzen in den Ländern (Bundesarchiv Berlin)
  • Biografische Hinweise
  • Nachtrag
  • Sachverzeichnis und Quellennachweis

Einleitung

Seit 1945/47 fanden in der Britischen Zone mit Genehmigung der Besatzungsmacht selbständige, regelmäßige Treffen der OLG-Präsidenten, der GStA und der Justizminister statt, eine Tradition, die Vorbild war für die seit 1949/50 stattfindenden Tagungen der Justizminister, OLG-Präsidenten und Generalstaatsanwaltschaften der Bundesrepublik (für die Zeit von 1948–1973 sind die Niederschriften der Tagungen der GStA wiedergegeben bei W. Schubert [Hrsg.], Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland und in Berlin [West], 2 Bde., Berlin 2021).

Die vorliegende Edition bringt die Niederschriften/Protokolle der Tagungen der OLG-Präsidenten von Kiel, Hamburg, Oldenburg, Celle, Braunschweig, Hamm, Düsseldorf und Köln, der Tagungen der GStA bei den genannten OLG und die Protokolle der Tagungen/Konferenzen der Landesjustizminister von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg (Justizverwaltung). Nicht einbezogen in die Edition wurden die „Besprechungen der Referenten für die Gesetzgebung im Britischen Bezirk“ mit Ausnahme der Niederschriften vom 14./15.11.1945 und vom 09./10.11.1946. Von einem weiteren Abdruck der Niederschriften des Gesetzgebungsausschusses wurde abgesehen, da die Beratungen im Wesentlichen nur Fragen der Gesetzgebung betreffen.

Teil 4 enthält die Protokolle/Niederschriften der interzonalen Juristentage vom Juli 1946 (Bad Godesberg) und von Wiesbaden (Dez. 1946) sowie Berichte über die Tagungen von Konstanz (Juni 1947), deren Niederschrift in Buchform vorliegt, sowie von Juni 1948 in München. Wiedergegeben auch die Referate über die Nürnberger Prozesse von Ehard und La Follette.

Teil 5 bringt Hinweise auf die übergreifenden Juristentagungen in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) mit den Landesjustizministern und auf regionalen Juristenkonferenzen in den Ländern. Eine Einbeziehung dieser Materialien in die vorliegende Edition war wegen des Umfangs der Materialien nicht möglich.

I. Über die Wiederherstellung der Justiz in der britischen Zone unterrichtet umfassend Joachim Reinhold Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 bis 1949, Königstein (Ts.) 1979 und in einem breiteren Zusammenhang Siegfried Großekatzhöfer, Besatzungsherrschaft und Wiederaufbau: Staatlichen Strukturen in der britischen Zone 1945–1949 Göttingen; 2016 (unter besonderer Berücksichtigung von Niedersachsen und des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, der. sog. Bizone), und auf Matthias Etzel, Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), Tübingen 1992.

Für die in den Beratungsprotokollen erwähnten Gesetze und Verordnungen sei auf folgende Gesetzessammlungen verwiesen:

Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland,

Gesetzblatt der Verwaltung für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, 1947–1949,

Verordnungsblatt für die Britische Zone, 1947–1949,

Zentraljustizblatt für die Britische Zone, 1947–1949,

Amtsblatt der Verwaltung für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, 1947–1949,

Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, 1946–1949,

Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Schleswig-Holstein, 1947–1949,

Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 1946–1949,

Hamburgisches Verordnungsblatt, 1945,

Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 1947–1949.

Die Themen der Beratungen der OLG-Präsidenten und GStA und der Justizminister sowie der Juristentage (4. Teil der Edition) werden erschlossen durch das Sachregister und betreffen insbesondere das Dienstalter und die Altersgrenze der Richter, die Wiedereinführung von Laienrichtern, die Juristenausbildung, die Eingliederung der Flüchtlingsjuristen, das Wohnungsrecht, das Verhältnis der StA zur Polizei, Gnadensachen, Strafvollzugsrecht, Schwarzmarkt, Jugendgerichtsbarkeit, Kontrollratsgesetz Nr. 10 (u.a. Denunziationen). Den OLG-Präsidenten stand als Justizzentralausschuss bis Herbst 1946 das Gesetzesinitiativrecht zu, das ab Ende 1946 wieder auf die Länder und Justizministerien überging. Die Protokolle der Tagungen der OLG-Präsidenten und der GStA wurden „absichtlich“ so inhaltsarm wie möglich abgefasst (hierzu Wenzlau, S. 168). Zur weiteren Erschließung der Beratungsgegenstände sind die übrigen Überlieferungen der OLG-Präs. und GStA in den jeweils zuständigen Landesarchiven heranzuziehen. – Im Anhang zum er-sten Teil werden wiedergegeben die Berichte über die Tagungen der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 1948 und 1949.

II. Ob in der amerikanischen Zone Besprechungen des bayer. Justizministers mit den obersten Justizbehörden zwischen 1946 und 1949 stattgefunden haben, lässt sich nicht mehr feststellen. Überliefert sind lediglich Unterlagen in StA Bamberg über eine Besprechung der OLG-Präsidenten mit Vertretern des Justizministers in Fürth 1948.

Gut überliefert sind die Arbeiten des Länderrats des amerikanischen Besatzungsgebiets (hierzu Lia Härtel, Der Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes, Stuttgart u. Köln 1951; Anton Pfeiffer, Der Länderrat der Amerikanischen Zone, seine Geschichte und staatsrechtliche Würdigung, München 1948, und Antje Mohr, Hessen und der Länderrat des amerikanischen Besatzungsgebietes: Möglichkeiten und Grenzen länderübergreifender Kooperation in den Jahren 1945 bis 1949, Frankfurt a.M. 1999). Der Rechtsausschuss des Länderrats hat u.a. bearbeitet: Angleichung der Gesetzgebung und der Rechtspflege in den Ländern, Reinigung der übernommenen Rechtsordnung von nationalsozialistischem Gedankengut, Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen und Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen anderer Ausschüsse, Überwachung der Durchführung der erlassenen Gesetze und Verordnungen in den Ländern, Stellungnahme zu Gesetzentwürfen der Militärregierung und des Kontrollrats sowie Ausarbeitung von Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen (vgl. Härtel, S. 115 ff.).

III. Für die französische Zone (Oberlandesgerichte Freiburg und Koblenz) lassen sich keine zentralen Beratungen mit dem Justizministerien oder der Besatzungsmacht nachweisen.

IV. Der vierte Teil der Edition bringt die Protokolle und sonstigen Materialien der Interzonalen Juristentage sowie Tagungsberichte aus juristischen Zeitschriften. Die erste, vom Düsseldorfer OLG-Präs. Lingemann organisierte Tagung fand in Bad Godesberg vom 16./17.7.1946 statt. Wiedergegeben wird die Niederschrift der Tagung, an der außer der Justizverwaltung der Amerik. Zone vornehmlich Juristen aus der Brit. Zone teilnahmen. Umfangreiche Vorträge hielten der Kölner OLG-Präsident Schetter über das Problem der Justizreform, der Celler OLG-Präsident v. Hodenberg über das neue Arbeitsgerichtsgesetz und der Kieler OLG-Präs. Kuhnt über die Juristenausbildung.

Vom 4.–6.12.1946 fand in Wiesbaden der 2. Internationale Juristentag statt, an dem aus der Ostzone auch der Leiter der ostzonalen Justizverwaltung Schiffer (Reichsjustizminister von 1919/21) und der Vizepräsident Melsheimer teilnahmen. Themen der Wiesbadener Tagung waren die Revision des StGB, das Ausbildungswesen, die Rechtsmittel gegen Urteile des Landgerichts in Zivilsachen, internationale Rechtsfragen (insbes. gegenseitiger Rechtshilfeverkehr) sowie die Durchführung des Kontrollratsgesetzes 18 (Wohnungsgesetz).

Der nächste interzonale Juristentag fand vom 2.–5.6.1947 in Konstanz statt, dessen Protokoll noch 1947 veröffentlicht wurde (Der Konstanzer Juristentag [2.–5. Juni 1947], Ansprachen/Vorträge, Diskussionsreden, Tübingen 1947). Auch an dieser Tagung nahmen wiederum aus der Ostzone Schiffer und Melsheimer teil. Wiedergegeben wird außer einem Tagungsbericht in der DRZ auch ein Beitrag von Schiffer zum Konstanzer Juristentag in der „Neuen Justiz“. Die wichtigsten Themen der Referate betrafen die „Wiedergesundung des heutigen Rechtslebens“, Verfassungsformen „unseres Zeitalters“, die Bestrafung der nationalsozialistischen Verbrechen (KRG 10), die durch Aufhebung des Reichserbhofgesetzes geschaffene Rechtslage und die Beteiligung des Volkes an der Rechtspflege.

Zu letzterem Thema stellte Melsheimer fest, „das, was wir mit diesem politischen Richter (unter dem Nationalsozialismus) in diesen 13 Jahren erlebt haben, darf sich nie wiederholen. Infolgedessen ist Voraussetzung, dass jede Reform der Justiz in Deutschland die politische Erziehung der Richter wieder in die Hand nehmen muss. Es gibt manche Wege, die dahin führen könnten. Mir scheint, dass der Weg, der heute hier besprochen worden ist, der Weg über die Auswahl der Laienrichter, der Weg über die fachliche Schulung der Schöffen und Geschworenen nicht der richtige ist. Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist, dass die Schöffen und Geschworenen politisch geschult werden.

Ob das allein der richtige Weg ist, die deutsche Justiz zu einer Justiz des Volkes zu machen, will mir allerdings zweifelhaft scheinen, solange es in der Justiz maßgebliche Personen gibt, die diese Erkenntnis zwar haben, aber nicht richtig demokratisch denken können. und deshalb sind wir in der Ostzone neue Wege gegangen. Wir haben in der Ostzone Schöffen herangezogen, wir haben eine weitere Beteiligung des Laienelements in der Justiz seit langem wieder eingeführt. Ich darf Ihnen sagen, dass beispielsweise unsere Schöffengerichte, bei denen außer einem Richter Schöffen saßen, beachtliche Erfolge erzielt haben. Zurzeit haben wir wieder die Organisation, wie sie vor 1933 gewesen ist. Wir haben Schöffengerichte, Strafkammern und Schwurgerichte, letztere in der Besetzung 3 zu 6. Aber nicht das ist das Wesentlichste einer Demokratisierung der deutschen Juristen; das Wesentlichste ist, dass ein neuer Geist in die Richter einzieht. Ich habe gestern bereits Gelegenheit gehabt, Ihnen zu sagen, wie ernst wir es in der Ostzone mit der Denazifizierung genommen haben. Wir haben es uns zum Prinzip gemacht, auch nicht irgendeinen Menschen mit kleinstem Rostfleck zu beschäftigen. Wir haben dadurch einen großen Mangel an Richtern gehabt. Nun sind wir im Osten einen Weg gegangen, der mit der bloßen Laienbeteiligung in der Rechtsprechung sich nicht begnügt, sondern wir haben neue Richter geschaffen. Wir haben in allen möglichen Provinzen unserer Zone Richterschulen eingerichtet auf den ausdrücklichen Befehl des Marschalls Schukow, und diese Richterschulen sind interne Schulen, in denen die Menschen, die dahin kommen, neun Monate ausschließlich auf ihre Ausbildung verwenden. Diese Richterschulen werden beschickt aufgrund von Vorschlägen der Parteien und anderer demokratischer Organisationen, und in diesen Schulen sitzen Männer und Frauen aus dem Volk, Menschen, die in ihrem Leben als Verfolgte erfahren haben, was die Justiz des nationalsozialistischen Reiches verbrochen hat. Das sind Menschen, die eine andere Art haben als manche Richter alter Schule, die von einem Reich ins andere hinübergeschliddert sind und sich auch dem Dritten Reich gebeugt haben. Diese Menschen werden in neun Monaten ausgebildet. Es sind in diesen neun Monaten keine Juristen aus ihnen zu machen; das ist klar, dass ein Mensch, der als Gewerkschaftssekretär oder auch als Vorsteher eines Anwaltsbüros zur Schule kommt, dass er nicht im Handumdrehen zu einem Volljuristen gemacht werden kann. Aber diese Menschen bringen vieles mit an Wert und Lebenserfahrung.“ (Tagungsband, S. 173 ff.)

Zum Abschluss der Tagung stellte Schiffer fest, der Chef du Contrôle de la justice allemande Bourthoumieux habe „uns Deutschen einen Spiegel vorgehalten, dass wir zu viel an Systematik und Konstruktion haben. Er hat uns entgegengehalten das Bild seines eigenen Volkes, das in höherem Grade auf dem festen Boden der Tatsachen stehe und sich mehr leiten lasse von den Mächten des Gefühls. Er mag recht haben. Aber ist dieser Widerspruch vielleicht nicht der Widerspruch, der im menschlichen Geschlecht überhaupt vorhanden ist? Lebt er nicht in jedem einzelnen Menschen und in jedem Herzen? Und hat nicht jede Menschenseele – und jede Nation – die Aufgabe, das Gleichgewicht zwischen beiden Mächten herzustellen? Wenn wir früher vielleicht zu viel nachgedacht haben, so hat uns jetzt ein hartes Schicksal auf den festen Boden der Tatsachen gestellt. Der Herr Präsident hat ein Zitat aus Hamlet zitiert: dass zwischen Himmel und Erde Dinge sind, von denen die Schulweisheit nichts weiß. Ich möchte ein anderes Wort anführen: Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage. Nach einem Winter von unsagbarer Härte stehen wir noch immer im Kampf ums Dasein. Selten nur fällt in dieses harte Leben ein Strahl der Sonne und der Hoffnung. Einen solchen Sonnenstrahl stellen diese Tage von Konstanz dar. In dem wundervollen Rahmen dieser schönen alten Stadt am Ufer des Bodensees haben wir unvergessliche Stunden erlebt. Wir haben uns auf verschiedenen Gebieten der Rechtswissenschaft reiche Anregung und Belehrung mitgenommen. Die Tagung hat uns klargemacht, dass eine Rechtspflege nicht möglich ist ohne Rechtseinheit; denn die Rechtseinheit ist die Grundlage für jede wirtschaftliche Einheit. Ein straffer und freier Wirtschaftsverkehr ist nicht möglich ohne die Grundlage eines gemeinsamen Rechts. Alle Militäradministrationen haben noch etwas anderes getan, als sie uns hierher eingeladen haben. Die Einladung war mehr als eine liebenswürdige Geste. Sie gab uns die Möglichkeit einer Annäherung, die über die Grenzen des Reiches hinausgeht. Das deutsche Volk steht sehr allein und verlassen in der Welt. Wir drängen uns niemandem auf. Aber wir sind unendlich dankbar, wenn uns eine Hand entgegengestreckt wird, um uns aus der Vereinsamung zu erlösen. Ich wiederhole es, wir werden diese sonnigen Tage in einem dankbaren Herzen bewahren.“ (Tagungsband, S. 208 f.)

Von der Tagung deutscher Juristen in Bad Godesberg vom 30.9.–1.10.1947 liegen als Sonderveröffentlichung des Zentraljustizblatts für die Britische Zone die Reden und Vorträge in Buchform vor. Eine Diskussion war nicht vorgesehen. Wie die Teilnehmerliste (S. 256 ff.) ergibt, nahmen außer Vertretern der Justiz in der Britischen Zone auch Juristen der amerikanischen und französischen Zone teil, nicht mehr jedoch aus der Ostzone. Die Themen der Vorträge waren u.a.: Staatsrechtliche Probleme des bizonalen Aufbaus, die „Freiheit und Gebundenheit des englischen Richters“ (Ernst Wolff), Fragen des Enteignungsrechts und der Wiedergutmachung, Recht und Pflicht des Richters zur Prüfung der Gültigkeit des Strafgesetzes, die Unabhängigkeit der Rechtspflege (Eberhard Schmidt) sowie Fragen des Strafverfahrens und des Zivilprozessrechts. Einen kurzen Überblick über die Tagung bringt der in der Edition wiedergegebene Tagungsbericht in der DRZ.

Der letzte Interzonale Juristentag fand in München vom 1.–4.6.1948 statt, über den eine vollständige Niederschrift nicht vorliegt. Es werden wiedergegeben die Tagungsberichte aus der SJZ, der NJW (von Dr. Lewald) und der DRZ. Überliefert sind das Referat des bayer. Ministerpräsidenten Ehard über den „Nürnberger Prozess und das Völkerrecht“, HStA München (auch in der DRZ 1948 S. 8) und der Vortrag von Charles M. La Follette (Direktor der Militärregierung für das Land Württemberg-Baden) über den Nürnberger Juristenprozess. Das Referat lag zunächst auf Englisch vor (diese Fassung ist in den Akten nicht enthalten); wiedergegeben wird die den Teilnehmern zugänglich gemachte deutsche Übersetzung des Vortrags, der seiner Länge wegen nicht vollständig vorgetragen werden konnte. Mit seinem Vortrag wollte La Follette helfen, „das Gute im deutschen Volk wieder aufzubauen“ und wollte nicht „zu seinem künftigen Elend beitragen“. Dies sei der Grund, warum ich „so hart gerungen habe“.

Der 5. Teil der Edition enthält Hinweise auf die archivalischen Quellen zu den Besprechungen der Zentralverwaltung der Justiz der sowjetischen Besatzungszone (hierzu Hermann Wenther, Justiz in der SBZ/DDR 1945–1953. Transformation und Rolle ihrer zentralen Institutionen, München 2001). Zunächst werden mitgeteilt die Tagesordnungen der Länderkonferenzen vom 11.3.1946–25.–26.3.1949. Präsident der Zentralverwaltung war bis Mitte 1948 der ehemalige Reichsjustizminister Eugen Schiffer, dessen Stellvertreter (Vizepräsident) war bis Mitte 1948 Ernst Melsheimer (1897–1960), der anschließend bis 1960 Generalstaatsanwalt der DDR war. Unter II. werden mitgeteilt Berichte über die Konferenzen vom 11./12.6.1948, 15.1.1949 und vom 25./6.3.1949. Unter III. wird dokumentiert eine Tagung der GStA der Länder am 25./26.4.1947. Es folgen unter IV. Hinweise auf Juristenkonferenzen in den Ländern. Inwieweit diese Angaben vollständig sind, müsste noch anhand der Bestände der Landesarchive der neuen Bundesländer überprüft werden. Hingewiesen sei noch auf folgende Tagungsberichte: Interzonentagung der Juristen des VVN in Schönberg/Taunus vom 20.–22.3.1948 (NJ 1948, S. 56–58; Hilde Benjamin, Die Zonenkonferenz der Kontrollkommissionen und Kontrollausschüsse [NJ 1949, S. 118 f.]) und auf die erste internationale Tagung der Vereinigung demokratischer Juristen am 16.7.1949 in Berlin (NJ 1949, S. 166–168, Dr. Hans Loch, Justizminister in Thüringen).

Erster Teil: Tagungen der Oberlandesgerichtspräsidenten der Britischen Zone

I. Niederschrift über die Besprechung der OLG-Präs. aus Hamburg, Celle, Braunschweig und Oldenburg am 27.9.1945 in Lüneburg (vgl. noch S. 663 ff.)

Anwesende:

OLG Hamburg: OLG-Präs. Dr. Kiesselbach

OLG Celle: OLG-Präs. Frhr. v. Hodenberg, OLG-Rat Dr. Benefeld;

OLG Braunschweig: OLG-Präs. Dr. Mansfeld, OLG-Rat Dr. Fricke

OLG Oldenburg: OLG-Präs. Dr. Koch, AG-Rat Langenbach.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach gab eine Übersicht über die Entwicklung des Rechtswesens in Hamburg seit der Besetzung. Er wies darauf hin, dass offenbar seitens der Besatzungsmächte eine Zentralisierung der Justizverwaltung erstrebt würde, und zwar sei das letzte Ziel die Errichtung einer Zentrale in Berlin unter Beteiligung aller Besatzungsmächte; nebenher bestehe aber in der von den Briten besetzten Zone auch der Plan, die Verwaltung in Oeynhausen zu zentralisieren. Als das von deutscher Seite zu erstrebende Ziel bezeichnete Präs. Dr. Kiesselbach die Schaffung einer deutschen Zentrale. Solange diese für das gesamte Deutschland nicht möglich sei, sei zu erstreben, wenigstens in der englischen Zone eine solche zu bilden. Aus diesem Grunde sei es wünschenswert, dass zunächst die fünf nordwestdeutschen OLG, nämlich Hamburg, Kiel, Celle, Braunschweig und Oldenburg miteinander in Verbindung treten. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach schlägt vor, dass regelmäßige Zusammenkünfte der Präsidenten für diese Gerichte zum Zwecke des einheitlichen Vorgehens stattfinden sollten.

OLG-Präs. Frhr. v. Hodenberg tritt diesen Ausführungen bei, meint aber, dass eine Zentrale in Berlin zurzeit wohl noch nicht wünschenswert sei, da zu befürchten wäre, dass von russischer Seite eigene Wege eingeschlagen würden. So viel er wisse, würden in der russischen Zone die Richter bisher wie Angestellte behandelt. Es werde gesagt, dass in Greifswald ein Maurergeselle Präsident des LG geworden sei. Zu erstreben sei deshalb zunächst eine einheitliche Zentrale in der gesamten englischen Zone, vielleicht mit Einschluss der amerikanischen. – Bis dieses Ziel erreicht sei, empfiehlt OLG-Präs. v. Hodenberg regelmäßige Zusammenkünfte der Präs. aller OLG in der britischen Zone, also auch der Präs. der OLG Köln, Hamm und Düsseldorf. Besonders eilbedürftige Sachen würden allerdings wohl nur mit dem jeweils sofort erreichbaren Präs. gemeinsam besprochen werden können.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach glaubt auch, dass das zuletzt zu erstrebende Ziel eine Zentrale für das gesamte britische und amerikanische Gebiet sei, ist aber der Ansicht, dass zunächst eine Beschränkung der Zusammenkünfte auf die von ihm angeführten OLG, nämlich die heute vertretenen vier und Kiel erfolgen solle. Später müsse dann erstrebt werden, auch die drei anderen OLG-Bezirke hinzuzuziehen, vorläufig werde ein schriftlicher Verkehr aufgenommen werden können.

OLG-Präs. Dr. Mansfeld berichtet aus Braunschweig, dass dort vorläufig wohl nur die AG wieder eröffnet werden könnten, da es für die Eröffnung der anderen Gerichte an Richtern fehle. In Braunschweig seien bisher nur 15 (20 %) der Richter, die der Partei angehört hatten, zugelassen worden. Es sei hierbei, wie OLG-Präs. Dr. Mansfeld näher darlegt, absolut schematisch verfahren, so dass das Ergebnis sehr unbefriedigend sei.

Es wurde besprochen, zunächst über die Frage über die Entlassung der Richter zu sprechen.

OLG-Präs. v. Hodenberg gab an, dass die Verhältnisse in Celle besser als in Braunschweig wären. Die schematische Regelung sei zunächst aufgegeben, scheine aber wieder eingeführt werden zu sollen. Er schlägt vor, dass eine gemeinsame Aktion der OLG-Präs. zur Darlegung der Untragbarkeit des bisher eingeschlagenen Modus vorgenommen werde.

OLG-Präs. Dr. Koch tritt dem Vorschlag bei. Die Erfahrungen in Oldenburg seien allerdings bisher besser gewesen.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach stimmt gleichfalls zu, meint aber, dass man vorsichtig vorgehen solle, es sei vielleicht ratsam, zunächst eine Besprechung mit Oberst Carton vorzunehmen.

OLG-Präs. v. Hodenberg ist hiermit einverstanden, glaubt aber, dass schon jetzt eine Eingabe, die später an die Militärregierung gehen solle, vorbereitet werden solle. – So viel er wisse, werde in Hamm bei den abgelehnten Richtern die Gründe angegeben und es sei ein Einspruch der Richter möglich.

Es wurde beschlossen, dass die Herren OLG-Präs. v. Hodenberg und Dr. Mansfeld eine Eingabe aufsetzen und vorbereiten sollen. Auf Anregung von OLG-Präs. Dr. Kiesselbach wurde weiter beschlossen, dass diese Eingabe Oberst Carton vorgelegt werden soll, und zwar bei einer gemeinsamen Besprechung der OLG-Präs., zu der Oberst Carton zu bitten sein wird. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach sagt ferner Herrn OLG-Präs. Dr. Mansfeld zu, dass er Oberst Carton von dem Wunsch von OLG-Präs. Dr. Mansfeld in Kenntnis setzen wolle, dass Oberst Carton einmal nach Braunschweig käme oder aber OLG-Präs. Dr. Mansfeld ihn in Hamburg aufsuchen könne. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach wird auch mit Oberst Carton wegen der Eingabe und seiner Teilnahme an der gemeinsamen Besprechung reden. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach bittet ferner, in der Eingabe darauf hinzuweisen, dass bei den auswärtigen Bewerbern, soweit sie aus dem russ. Gebiet kämen, die Qualifikation ihrer Parteizugehörigkeit usw. nur sehr schwer festzustellen wäre.

OLG-Präs. v. Hodenberg berichtet, dass in Celle folgendes Verfahren bei der Bewerbung auswärtiger Richter angewandt würde: Zurückgewiesen würden politisch Belastete, ferner diejenigen, die aus dem Justizdienst seit längerer Zeit bereits ausgeschieden waren, und endlich diejenigen, die ihren Wohnort in einem anderen OLG-Bezirk der von den Engländern und Amerikanern besetzten Zonen hätten. Von den übrigen Bewerbern würden die in der Russ. Zone wohnhaften besonders berücksichtigt, wobei auf ihre Qualifikation, die Zahl der Kinder usw. sowie darauf, ob sie mit dem Bezirk besonders verbunden seien, Rücksicht genommen wird. Endlich würden natürlich die Kriegsbeschädigten besonders berücksichtigt. – Es sei damit zu rechnen, dass die Bewerber sich auch in anderen Bezirken wahrscheinlich gleichzeitig bewerben würden, hieran sei aber nichts zu ändern. – OLG-Präs. v. Hodenberg regt dann die Frage an, ob die Zulassung auswärtiger Anwälte in allen Bezirken gleichmäßig vorgenommen werden könne.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach wies darauf hin, dass sich noch gar nicht absehen lasse, wie die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Bezirken sich gestalten und wie daher die Aussichten für Anwälte in ihnen sein würde. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach ist der Ansicht, dass bei der Zulassung der Anwälte in erster Linie die Bedürfnisfrage maßgebend sein muss.

Bezüglich der entlassenen Richter teilt OLG-Präs. Dr. Kiesselbach mit, dass nach Angabe von Oberst Carton diese als Syndici, ferner aber auch bei anderen Behörden beschäftigt werden könnten. Ob die Entlassenen eine Entschädigung erhalten sollen, steht noch zur Verhandlung, ebenso wie die Frage, ob sie Anspruch auf ihren Titel beibehielten.

OLG-Präs. Dr. Mansfeld berichtet, dass in Braunschweig teilweise Wohnung und Möbel den Entlassenen fortgenommen wären.

Es wurde sodann über Fragen der Gesetzgebung gesprochen. Die neue StPO und das GVG sind an alle Anwesenden gegangen. OLG-Präs. v. Hodenberg gibt an, dass nach der ihm erteilten Auskunft auch bereits eine neue ZPO vorläge, die aber vorläufig nicht gedruckt werden könne. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach erstattet Bericht über die in Hamburg bisher auf dem Wege der Gesetzgebung geleistete Arbeit. Die Hamburger VO über die Wiedereröffnung der Gerichte wurde verlesen. Abschrift von ihr sowie der VO über die erweiterte Vertragshilfe mit dem Anschreiben an die Militärregierung wurde allen anwesenden OLG-Präs. ausgehändigt. Es wurde ferner zugesagt, dass in Zukunft regelmäßig an die fünf nordwestdeutschen Bezirke Abschriften aller erlassenen VO sowie auch Mitteilung über sonstige wichtige Fragen gelangen solle. Um ein gemeinsames Zusammenarbeiten bei der gesetzgeberischen Tätigkeit und auch bei sonstigen Fragen zu erzielen, wurde beschlossen, dass außer der Zusammenkunft der Chefpräsidenten regelmäßige Zusammenkünfte der Referenten bei den einzelnen OLG stattfinden sollten. Vorbereitet werden diese Referentenbesprechungen durch den vorherigen Schriftwechsel.

Es wurde angeregt, dass möglichst eine Disziplinarkammer für die gesamte englische Zone geschaffen werde.

Es wurde sodann über das juristische Studium und die Ausbildung der Referenten gesprochen. Die einstimmige Meinung ging dahin, dass die Zeiten abgekürzt werden sollten, und zwar sei es ratsam, dass das Studium auf zwei Jahre, die Referendarzeit auf zweieinhalb Jahre verkürzt werde. Diese Abkürzung der Ausbildungszeit soll aber nur dann erfolgen, wenn bei der Zulassung zur ersten Prüfung der Kandidat eine ordnungsmäßige Schulausbildung mit Abschlussprüfung und drei Jahre Kriegsdienst hinter sich hat, bei der zweiten Prüfung, wenn der Kandidat ein Referendarexamen nach Friedensbedingungen abgelegt hat, er mindestens drei Jahre im Krieg war und endlich nach seinen Zeugnissen geeignet erscheint.

OLG-Präs. v. Hodenberg hat Zweifel, ob die Universitäten mit der Abkürzung des Studiums einverstanden sein würden, Göttingen sei bisher ablehnend. OLG-Präs. Dr. Kiesselbach versprach, die Ansicht der juristischen Fakultät in Hamburg über die Frage in Erfahrung zu bringen. Wegen der Prüfungen ging die Meinung der Versammelten dahin, dass es ratsam wäre, eine Prüfungsstelle für die zweite juristische Prüfung für die vertretenen OLG einzurichten. Das OLG Hamburg ist zurzeit die einzige bestehende Prüfungsstelle. Es wurde vom OLG-Präs. Dr. Koch angeregt, dass eine Prüfungsstelle eingerichtet werden sollte, dass diese aber jeweils bei den verschiedenen OLG tagen möge. Eine Zuziehung von Richtern sämtlicher OLG wird in Aussicht genommen.

Bezüglich des Unterhaltszuschusses an die Referendare geht die Meinung dahin, dass die Bestimmungen reformbedürftig seien. Es wird zu erwägen sein, ob nur gut Qualifizierte den Zuschuss erhalten sollen, und zwar auch nur dann, wenn sie bedürftig sind. Alte Kriegsteilnehmer müssten natürlich besonders berücksichtigt werden. Nach weiterer Besprechung wurde beschlossen, den Präs. des Bremer LG vorläufig nicht zu den Zusammenkünften hinzuzuziehen, weil die Verhältnisse in der amerikanischen Zone anders liegen. Ebenso wurde abgelehnt, dass die GStA teilnehmen sollten. Es erscheint aber wünschenswert, wenn auch sie Zusammenkünfte vereinbaren, und zwar möglichst an demselben Ort und an demselben Tag wie die Besprechungen der OLG-Präs.

Als Tag der nächsten Tagung der OLG-Präs. wurde vorgesehen Mittwoch, d. 24.10.1945, 10.30 Uhr in Lüneburg.

Anhang: Erklärung der Länder der Britischen und Amerikanischen Zone auf der Interzonenkonferenz vom 4./5.10.1946 zum Nürnberger Urteil.

Die in Bremen versammelten Chefs der deutschen Länder und Freien Städte der Brit. und Amerik. Zone [4./5.10.1946] geben zu dem Urteil des Internationalen Militärtribunals einstimmig folgende Erklärung ab:

Das Internationale Militärtribunal in Nürnberg hat aufgrund seines Statuts über die Tatbestände des internationalen Rechts entschieden, die in dem Statut enthalten sind.

Über die Schuldfrage dem deutschen Volk gegenüber unter Zugrundelegung bestehenden deutschen Rechts ist damit noch nicht entschieden. Diese Schuldfrage muss von deutschen Gerichtsinstanzen alsbald geprüft und entschieden werden.

Die Ministerpräsidenten haben am 26.3.1946, also zu einer Zeit, in der das Ergebnis des Nürnberger Prozesses noch nicht zu übersehen war, zu dieser grundsätzlichen Frage in einer gemeinsamen, dem Kontrollrat zugeleiteten Erklärung wie folgt Stellung genommen: „Die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes verabscheut und verurteilt diese Verbrechen, deren Opfer fremde Völker und Staaten geworden sind und billigt die Bestrafung der Schuldigen.

Gleichzeitig fordert das deutsche Volk aber mit aller Entschiedenheit, dass die Führer des Nationalsozialismus und ihre Helfershelfer wegen der ungeheuren Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, die sie gegen das deutsche Volk in seiner Gesamtheit und unzählige einzelne Deutsche begangen haben. Diese gegen das eigene Volk gerichteten Freveltaten, die aus sicher wohlerwogenen Gründen in der Anklage nahezu unerwähnt geblieben sind, sind ebenfalls von gewaltigen Ausmaßen gewesen. Das deutsche Volk hat bereits vor den anderen Völkern unter der verbrecherischen Tätigkeit der Nationalsozialisten und damit länger als diese zu leiden gehabt.

Ein von einem deutschen Gericht gefälltes Urteil wird sich auf das deutsche Volk politisch in einer Weise auswirken, wie es durch den Spruch eines Internationalen Militärtribunals niemals mit gleicher Wirksamkeit möglich wäre. Im Hinblick auf die Entwicklung einer gesunden deutschen Demokratie in den kommenden Jahren, kann die politische Bedeutung eines solchen Vorgehens, das auf die endgültige Reinigung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus größten Einfluss haben wird, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Man verhindert dadurch das Entstehen der Legende, dass die Kriegsverbrecher zwar von einem Internationalen Gerichtshof, aber nicht vom deutschen Volke für schuldig befunden wurden.

Wir halten dafür, dass vor der Welt das Schuldmaß sich in seinem vollen Umfang erst dann erweisen wird, wenn auch die Untaten, die die Kriegsverbrecher gegenüber dem deutschen Volke begangen haben, durch den Spruch eines deutschen Gerichtes ihre Sühne finden.“

Wir bekennen uns erneut zu diesen in der oben genannten Entschließung niedergelegten Grundsätzen und geben gleichzeitig dem Wunsche Ausdruck, dass es dem deutschen Volke ermöglicht wird, für das ganze deutsche Gebiet einen Gerichtshof zu bilden, vor dem diese dem deutschen Volke gegenüber begangene und noch nicht gesühnte Schuld festgestellt und abgeurteilt wird.

II. Niederschrift über die Besprechung der OLG-Präs. im britischen Bezirk am 24.10.1945 in Lüneburg

Bei Beginn der Sitzung waren anwesend:

OLG Braunschweig: OLG-Präs. Dr. Mansfeld, OLG-Rat Dr. Fricke;

OLG Celle: OLG-Präs. Dr. Frhr. v. Hodenberg, OLG-Rat Dr. Benefeld, OLG-Rat Dr. Tasche;

OLG Hamburg: OLG-Präs. Dr. Kiesselbach, LG-Dir. Villers, AG-Dir. Dr. Vogler;

OLG Hamm: OLG-Präs. Dr. Hermsen, OLG-Rat Dr. Adrian;

OLG Kiel: OLG-Präs. Dr. Kuhnt, OLG-Rat Dose, OLG-Rat Schmidt;

OLG Oldenburg: OLG-Präs. Dr. Koch, OLG-Rat Beitzel;

außerdem:

Oberst Carton von der britischen Militärregierung, Hamburg.

OLG-Präs. Dr. Harmsen aus Hamm entschuldigte das Ausbleiben der OLG-Präs. aus Köln und Düsseldorf, die erst gestern von der Sitzung Nachricht bekommen hätten und daher vielleicht mit Verspätung eintreffen würden.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach eröffnete die Sitzung und begrüßte besonders Herrn Oberst Carton, sowie die OLG-Präs. aus Hamm und Kiel, die zum ersten Mal an der Sitzung der Präsidenten teilnahmen. Er legte dar, dass der Gedanke der Zusammenkunft der OLG-Präs. sich daraus entwickelt habe, dass zunächst die Bezirke Kiel und Hamburg, später auch Celle miteinander in Verbindung getreten seien. Aus dieser Fühlungnahme habe sich dann der Plan einer ständigen Zusammenkunft der Präsidenten entwickelt, der auch von der britischen Militärregierung begünstigt sei, wofür vor allem Herrn Oberst Carton der Dank ausgesprochen werden müsse. Ziel der Beratungen sei in erster Linie die Säuberung des Rechts von NS-Geist und die Einstellung des Rechts auf die besonderen Zeitumstände. Dagegen sei es noch nicht an der Zeit, eine Reform der Gesetzgebung auf anderen Gebieten vorzunehmen, das müsse der Zukunft vorbehalten bleiben. Es sei zu hoffen, dass sich aus den Zusammenkünften allmählich eine Zentrale für die Gesetzgebung für die britische Zone, hoffentlich später auch für die anderen Zonen und für ganz Deutschland gestalten werde. Gesetzvorschläge sollten in Zukunft in der Weise der Militärregierung unterbreitet werden, dass sie bei den Zusammenkünften verbreitet und dann, wie sie von der Mehrheit beschlossen seien, eingereicht würden. Erstrebenswert sei, dass nur ein Vorschlag, höchstens aber zwei Vorschläge eingebracht würden, wobei aber natürlich abweichende Meinungen zu einzelnen Punkten ebenfalls zur Kenntnis der Militärregierung gebracht werden können. Jedenfalls solle aber nicht jeder Bezirk für sich allein Vorschläge einbringen, soweit diese über lokale Belange hinausgingen.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach betonte nochmals, dass der von ihm entwickelte Plan in vollem Umfange die verständnisvolle Billigung von Herrn Oberst Carton gefunden habe.

Herr Oberst Carton dankte für die Einladung und erklärte, dass er an der Zusammenkunft lediglich als Gast, nicht aber etwa kontrollierend oder sonst wie beeinflussend teilnehme.

Er habe das Bestreben der Präsidentenzusammenkünfte gefördert in der Hoffnung, dass in dieser Weise die Leitung der Justiz in unabhängige Hände kommen werde. Für die Militärregierung hätten sich folgende Möglichkeiten bezüglich der Gerichtsbarkeit in Deutschland ergeben:

1. Man hätte die deutsche Justiz ganz ausschalten und die Justiz in die Hände der Militärregierung legen können;

2. man hätte die Justiz von den NS-Elementen reinigen und dann den Deutschen überlassen können;

3. Man könnte versuchen, durch Zusammenarbeit der deutschen Justizbehörden mit der britischen Militärregierung ein wirksames Ergebnis zu erreichen.

Dieser dritte Weg sei von der Militärregierung gewählt und er habe die Hoffnung, dass er ein gutes Ergebnis bringen werde. Herr Oberst Carton verlas dann einen Erlass, den der Kontrollrat der vier Mächte über die deutsche Justiz vor zwei Tagen veröffentlicht habe und der demnächst in den deutschen Zeitungen erscheinen würde.

Herr Oberst Carton äußerte endlich die Hoffnung, dass die Militärregierung Vertrauen zu der deutschen Justiz fassen werde, und dass man dann daran denken könnte, ein Justizministerium einzurichten, zu dessen Vorbereitung die Zusammenkünfte dienen sollen.

OLG-Präs. Dr. Kiesselbach dankte Herrn Oberst Carton zu seinen Erklärungen. – Es wurde alsdann in die TO eingetreten.

Punkt 1 der TO (Eingaben) wurde von der Verhandlung abgesetzt, da Richtlinien über die Frage der Zulassung zu erwarten seien.

Herr Oberst Carton teilte mit, dass die obersten Provinzialbeamten der Militärregierung in den acht OLG-Bezirken der britischen Zone das Recht hätten, Richter zuzulassen mit Ausnahme der Präsidenten. Es seien in dieser Beziehung gewisse Richtlinien maßgebend. – Herr Oberst Carton teilte endlich noch mit, dass in Zukunft der Briefverkehr zwischen den OLG-Bezirken über die Militärregierung gehen könne, so dass eine Beschleunigung eintreten würde.

Folgende Punkte wurden alsdann besprochen:

1. OLG-Präs. Dr. Kuhnt nahm zu dem Vorschlag Celle Stellung: Das Studium soll sechs Semester dauern. Für Kriegsteilnehmer ist eine Abkürzung unter gewissen Voraussetzungen zulässig, und zwar auf fünf Semester. Fraglich sei, wie weit Staatsrecht gelehrt werden solle. Im Referendarexamen solle sich die Prüfung auf bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Strafrecht – StPO – und gewisse Nebenmaterien beschränken, das Verwaltungsrecht müsse zurücktreten. Für die Prüfungskommission schlägt OLG-Präs. Kuhnt drei Prüfer vor, wobei der Vorsitzende Richter sein müsse, die Beisitzer könnten Richter oder Professoren sein.

OLG-Präs. Dr. Frhr. v. Hodenberg schlägt vor, das Studium für Kriegsteilnehmer auf fünf Semester abzukürzen. Er ist der Meinung, dass Staatsrecht weiter gelehrt werden müsse, und zwar das Staatsrecht der anderen großen Völker. Auch Kirchenrecht sei weiter zu dozieren. Für die Prüfungskommission schlägt er vier Prüfer vor, nämlich zwei Richter und zwei Professoren, Vorsitzender ein Richter.

Es erschienen die OLG-Präs. von Köln, Dr. Schetter; von Düsseldorf, Dr. Lingemann.

OLG-Präs. Dr. Koch stimmt den Anregungen des OLG-Präs. Dr. Frhr. v. Hodenberg zu. Herr Oberst Carton war der Ansicht, dass das römische Recht weiter zu lehren sei, aber vorläufig nicht geprüft werden solle, weil die Kenntnisse der jetzigen Studenten im Lateinischen zu gering wären. Staatsrecht müsse weiter gelehrt und geprüft werden. Empfehlenswert würde sein, besonders auch das englische Staatsrecht zu betreiben. Dauer des Studiums im Regelfalle sechs Semester, Lehrbücher und Lehrgang des Studiums seien zu prüfen und zu überholen.

Die Versammlung definierte den Begriff Kriegsteilnehmer dahin, dass als solche Leute anzusehen seien, die wenigstens drei Jahre in der Wehrmacht oder im Arbeitsdienst bzw. Notdienst gewesen sind. – Bezüglich der Länge des Studiums wurden von der Versammlung allgemein sechs Semester als Studiumsdauer bezeichnet, während für Kriegsteilnehmer die Dauer des Studiums fünf Semester dauern solle.

Die Versammlung beschloss ferner, dass die Kommission entsprechend dem Vorschlage des OLG-Präs. Dr. Frhr. v. Hodenberg aus vier Prüfern bestehen solle. OLG-Präs. Dr. Kuhnt schlug vor, dass im Examen eine große Arbeit von vier Wochen und drei, vielleicht vier Klausuren verlangt werden müssten.

Die Versammlung stimmte dafür, dass die alten Prädikate über die Beurteilung im Examen beibehalten würden und dass drei Klausuren zu verlangen wären. – Es wurde ferner beschlossen, dass die erste Prüfung am Sitz des zuständigen OLG stattzufinden habe, wobei aber den einzelnen OLG-Bezirken überlassen bleibe, sich mit einem anderen Bezirk dahin zu einigen, dass dieser die Prüfung übernehme.

Bezüglich der zweiten Prüfung wurde beschlossen, dass die Dauer der Ausbildung drei Jahre sein solle, die aber für Kriegsteilnehmer auf 27 Monate durch den zuständigen OLG-Präs. abgekürzt werden könne, mindestens aber jetzt noch sechs Monate dauern müsse. – Im Examen sei eine Relation (vier Wochen Zeit) und drei Klausuren zu verlangen. Die Prüfung solle durch drei Richter abgenommen werden, die aus den verschiedenen Bezirken zu bestellen seien.

Als Prüfungsstellen wurden die OLG Hamburg und Hamm festgesetzt. – Dem OLG-Präs. bleibt es überlassen, ob er in der Ausbildungszeit die Station des OLG durch eine Verwaltungsstation im Einzelfall ersetzen will, ebenso die Dauer der Beschäftigung bei einem kleinen AG.

Es wurde beschlossen, dass die Präs. von Celle, Kiel und Oldenburg gemeinsam eine neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung aufgrund der Ergebnisse der heutigen Besprechung ausarbeiten und den einzelnen Bezirken zuschicken sollen.

Die Frage der Unterhaltszuschüsse für Referendare wurde nicht weiter erörtert, da es sich letzten Endes um eine Angelegenheit der Finanzverwaltung handelt.

2. Die Aussprache über das Testamentsgesetz usw. wurde für die Referentenbesprechung zurückgestellt.

3. § 18 GVG: LG-Dir. Willers berichtete, dass Herr Oberst Carton eine Mitteilung gemacht habe, dass folgende Grundsätze anzuwenden seien:

1. Bei Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sei in jedem Fall die Einwilligung der Militärregierung einzuholen.

2. Bei Kapitalgesellschaften sei die Genehmigung der Militärregierung einzuholen, wenn diese Gesellschaften von Angehörigen der alliierten Staaten kontrolliert würden.

Herr Oberst Carton habe zugesagt, dass dies Grundsätze noch schriftlich mitgeteilt würden; LG-Dir. Willers versprach, den einzelnen Bezirken dieselben dann sofort zuzusenden. Von den oben erwähnten Einschränkungen abgesehen, könne das den Präsidenten zugegangene Votum über die Auslegung des § 18 GVG als zutreffend angenommen werden. Herr Oberst Carton erklärte hierzu, dass Anträge über die Durchführung von Klagen usw. gegen Angehörige aus den alliierten Staaten nicht von der Partei, sondern nur durch den OLG-Präs. der Militärregierung vorgelegt werden sollten. Die Vorlage und die Genehmigung seien nicht nötig, wenn bereits ein Treuhänder von der Militärregierung eingesetzt worden sei.

4. Zustellung: Die Präs. von Köln, Celle und Kiel teilten mit, dass in ihren Bezirken bereits wieder Zustellungen in alter Form möglich sind.

5. Dauer des Stillstandes der Rechtspflege: Es muss den einzelnen OLG-Bezirken überlassen bleiben, diese durch Lokalverordnung festzusetzen.

6. Zurückstellung aufgrund § 1 der VO vom 12.5.1943: Eine besondere Aufhebung ist nicht nötig.

7. Eintragungen in das Grundbuch bei beschlagnahmtem Vermögen: Es wurde darüber geklagt, dass in dieser Beziehung noch große Unklarheiten herrschen. Es wurde der Vorschlag gemacht, dass die Präs. der Oberfinanzämter die Anträge auf Eintragung stellen sollten, weil diesen ja die einzelnen Umstände bekannt sind.

Es wurde beschlossen, diesen Punkt der Referentenbesprechung zur Verhandlung zu überlassen. Alle OLG-Präs. werden vorher ihre Vorschläge nach Hamburg berichten, wo der Entwurf einer in der Referentenbesprechung zu behandelnden VO gemacht werden soll.

8. Abgrenzung der Befugnisse der OLG-Präs. und der RegPräs.: Nach ausführlicher Aussprache gab die Versammlung ihrer Meinung dahin Ausdruck, dass die früheren Befugnisse des JMin. auf die OLG-Präs. übergegangen sind, die also jeweils allein oder zusammen mit den Stellen, welche anstelle der früheren Ministerien getreten sind, Gesetzesvorschläge zu bearbeiten haben. Der OLG-Präs. Dr. Frhr. v. Hodenberg wird einen Entwurf in diesem Sinne ausarbeiten und vorlegen.

9. Ehefähigkeitszeugnisse und Ehedispense: Herr Oberst Carton teilte mit, dass Angehörige der alliierten Nationen von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses nicht befreit werden dürften. – Bezüglich des Ehedispenses teilte Oberst Carton mit, dass der LG-Präs. des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Antragstellers an die Stelle des im Gesetz bezeichneten LG-Präs. treten solle. – Entsprechende VO ist zu erlassen.

Zum Schluss wurde über den zukünftigen Tagungsort gesprochen. – Es wurde beschlossen, dass die Tagungen in Zukunft in Bad Nenndorf stattfinden sollten, und zwar an zwei aufeinander folgenden Tagen.

Die nächste Referentenbesprechung wird am 14. u. 15.11.1945, die Präsidentenbesprechung am 28. u. 29.11.1945 in Bad Nenndorf stattfinden.

gez. Willers, LG-Dir.

Anhang: Niederschrift über die Besprechung der Referenten für die Gesetzgebung im britischen Bezirk am 14. u. 15.11.1945 in Bad Pyrmont

Anwesend:

OLG Braunschweig: OLG-Rat Dr. Fricke

OLG Celle: OLG-Rat Dr. Taschke, LG-Rat Dr. Erdsiek

Details

Seiten
670
Jahr
2023
ISBN (PDF)
9783631907207
ISBN (ePUB)
9783631907214
ISBN (Hardcover)
9783631907061
DOI
10.3726/b21106
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (November)
Schlagworte
Adalbert Rückerl Justizministerkonferenz Bundesrepublik Deutschland Erich Nellmann Erwin Schüle Israel Nationalsozialistische Gewaltverbrechen Polen Sonderkommissionen der Kriminalpolizei der Bundesländer Tschechoslowakei Verjährung von NS-Straftaten Wolfgang Haußmann Zentrale Stelle Ludwigsburg
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 670 S.

Biographische Angaben

Werner Schubert (Band-Herausgeber:in)

Werner Schubert war bis 2001 Inhaber eines Lehrstuhls fur Römisches Recht, Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Rechtsgeschichte der Neuzeit an der Universität zu Kiel.

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Titel: Quellen zur Justizgeschichte in der Nachkriegszeit (1945-1949)