Bühler, Patrick: Schule als Sanatorium. Pädagogik, Psychiatrie und Psychoanalyse, 1880–1940, (Reihe Historische Bildungsforschung, Band 12), 224 S., Zürich (Chronos Verlag) 2023, 38.- Euro.
5 Seiten
Open Access
Journal:
Pädagogische Rundschau
Band 79
Ausgabe 1
Erscheinungsjahr 2025
pp. 87 - 91
Zusammenfassung
Ausgangs des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich in der Schweiz die Pädagogik und die Psychiatrie intensiv mit ‚kranken‘ Kindern. Die Signatur dieses bemerkenswerten Prozesses am Fin de Siècle waren neugegründete ‚Kinderkuranstalten‘/‚Kinderheilstätten‘ in einem sich allmählich pädagogisierenden Gesundheitssystem – was die Schule in der Folge dieses ‚kurativen turns‘ zum ‚Schulsanatorium‘ machte. Mit der Einführung von Schulärzten und der Entstehung der Sonderpädagogik entstanden insbesondere in der Stadt Basel, ‚Hilfsklassen‘ und ‚Hilfsschulen‘ als Mittelglied zwischen den öffentlichen Anstalten. Die sich daraus ergebenden Zuteilungsprobleme führten zu systematischen körperlichen Untersuchungen von Schulkindern und zu vielerlei Versuchen, körperliche und ‚psychische Störungen‘ zu diagnostizieren. Weil technisch objektivierbare Krankheitszeichen fehlten und sich biologische Marker schlecht nachweisen ließen, setzte man auf die Analyse von Zeichnungen und Intelligenztests. Weil zudem verlangt wurde, somatische und psychische Ursachen von Störungen bei Schulkindern seien voneinander abzugrenzen, beschäftigten sich Pädagogik und Psychiatrie mit der damals neuen Erkenntnis, pädagogische, insbesondere schulische Schwierigkeiten könnten beides, somatisch und psychosozial bedingt sein. Allerdings: Obwohl ausgangs des 19. Jahrhunderts nicht bezweifelt wurde, dass es ‚anormale Kinder‘ gab, blieb unklar, wie ihre ‚Anormalität‘, gerade auch den dazu zählenden Befund ‚Nervosität‘ zu kennzeichnen und zu diagnostizieren war. So referierte 1903 der Neurologe Hermann Oppenheim an der Versammlung des Vereins für Kinderforschung in Halle «Über die ersten Zeichen der Nervosität des Kindesalters». Er konzedierte, er habe die mittlerweile zu Signaturen der Epoche avancierten Termini ‚nervös‘ und ‚Nervosität‘ früher zwar bereits verwendet, aber ohne sie exakt zu bestimmen und ohne ihre Charakteristika oder die damit verbundenen krankhaften Zustände umfassend zu erklären. Zwar verzichtete der Referent 1903 auch in Halle wieder auf eine präzise Terminologie, zählte jedoch ausführlich zahlreiche Symptome auf, unter denen Kinder leiden konnten.
Details
- Seiten
- 5
- DOI
- 10.3726/PR012025.0008
- Open Access
- CC-BY
- Erscheinungsdatum
- 2025 (Februar)
- Schlagworte
- bühler patrick schule sanatorium pädagogik psychiatrie psychoanalyse reihe historische bildungsforschung band zürich chronos verlag euro
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