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Die Kunstauffassung in Rilkes kunstkritischen Schriften

von Maria Endreva (Autor:in)
©2014 Dissertation 192 Seiten

Zusammenfassung

Die Untersuchung rekonstruiert Rilkes Kunstansichten in seinen Monographien, Aufsätzen, Tagebüchern und Briefen. Gegenstand der Analyse sind die frühen Tagebücher und die Kunstmonographien Worpswede und Auguste Rodin sowie Teile aus seinem Briefwerk, insbesondere Die Briefe über Cézanne und Die Briefe an einen jungen Dichter. Zu Beginn wird die Hypothese aufgestellt, dass Rilkes Kunstansichten eine Kontinuität aufweisen, deren Kern in den drei von der Kritik bestimmten Schaffensperioden im Großen und Ganzen unverändert bleibt. Die Untersuchung macht die konzeptuellen Ähnlichkeiten zwischen Rilkes Kunstansichten und dem Antiperspektivismus in der bildenden Kunst deutlich und behandelt die Hauptelemente der Rilkeschen Kunstansichten Einsamkeit, Ding, Armut und Arbeit.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Widmung
  • Danksagung
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Einleitung
  • Forschungsgegenstand
  • Ziel und Aufgaben
  • Methodische Vorgehensweise und Struktur
  • Die Dreiphasenteilung in Rilkes Schaffen
  • Forschungsstand
  • Die Forschungslage in Bulgarien
  • Kapitel I: Die Künstlergestalt. Biographischer Hintergrund von Rilkes Beschäftigung mit der Kunst
  • 1. Rilkes Verhältnis zur Autorschaft und Literatur
  • 1.1. Das autonome Kunstwerk
  • 1.2. Der stilisierte Autor
  • 2. Rilkes literarische Vorbilder
  • Kapitel II: Rilkes Kunstauffassung im Kontext moderner Kunsttheorien
  • 1. Zentralperspektivisches Denken in der Philosophie und zentralperspektivische Darstellung in der bildenden Kunst der Neuzeit
  • 2. Repräsentationstheorien
  • 3. Veränderte Repräsentation und die Nachahmung als künstlerisches Prinzip
  • 4. Rilkes Einstellung zur Reproduktion des Kunstwerkes
  • Kapitel III: Der Kunstbegriff in Rilkes frühen Monographien, Aufsätzen, Tagebüchern und Briefen
  • 1. Rilkes Verhältnis zur Ikone und seine Beziehung zur russischen bildenden Kunst
  • 1.1. Die Ikone als Kunst
  • 1.1.1. Die umgekehrte Perspektive in der Ikone
  • 1.1.2. Die Beziehung der Ikone zur Moderne
  • 1.2. Die Aufsätze über die russische Kunst
  • 1.3. Der Einfluss der bildenden Kunst auf Das Stundenbuch
  • 2. Rilkes Briefwerk
  • 2.1. Das Briefwerk als Schlüssel und Hilfe für das Verständnis vom literarischen Werk
  • 2.2. Das Briefwerk als selbstständiges Medium für den Ausdruck und Vorwegnahme bestimmter poetischer Reflexionen
  • 3. Die Tagebücher
  • 3.1. Das Florenzer Tagebuch
  • 3.1.1. Die Einsamkeit
  • 3.1.2. Das Ding
  • 3.1.3. Der Künstler
  • 3.2. Schmargendorfer Tagebuch
  • 3.2.1. Die Kunst
  • 3.2.2. Die Arbeit des Künstlers
  • 3.3. Das Worpsweder Tagebuch
  • 3.3.1. Entstehungsgeschichte
  • 3.3.2. Das Kunstverständnis im Worpsweder Tagebuch
  • 4. Das Worpswede-Buch
  • 4.1. Entstehungsgeschichte
  • 4.2. Die Künstlerkolonie
  • 4.3. Der Aufsatz Von der Landschaft
  • 4.4. Die Einleitung von Worpswede
  • 4.5. Fritz Mackensen
  • 4.6. Otto Modersohn
  • 4.7. Fritz Overbeck und Hans am Ende
  • 4.8. Heinrich Vogeler
  • 4.8.1. Der Artikel
  • 4.8.2. Die Monographie
  • 4.9. Rilkes späteres Verhältnis zu den Worpswedern und die Rezeption seines Werkes
  • Kapitel IV: Rilkes Kunstauffassung unter dem Einfluss von Auguste Rodin und Paul Cézanne
  • 1. Rilke und Rodin
  • 1.1. Persönliche Beziehung und Briefwechsel
  • 1.2. Die Monographie Auguste Rodin
  • 1.2.1. Das Ding bei Heidegger
  • 1.2.2. Ding, Oberfläche, Handwerk
  • 1.2.3. Die schöpferische Vorgehensweise
  • 1.2.4. Bewegung
  • 1.2.5. Literatur als Handwerk.
  • 1.2.6. Der Vortrag
  • 1.2.7. Zusammenfassung
  • Exkurs: Das Fragmentarische, das verlorene Ganze und die Neudefinierung der Kunst
  • 2. Rilke und Cézanne
  • 2.1. Cézannes Kunstansichten
  • 2.2. Rilkes Briefe über Cézanne
  • 2.2.1. Rilkes Kunstlektüre
  • 2.2.2. Objektivität des Dargestellten und der Arbeitsbegriff
  • 2.2.3. Die Farbe
  • 2.2.4. Die Natur und die Dinge
  • 2.2.5. Das sachliche Sagen
  • 2.2.6. Zusammenfassung
  • 3. Das Dinggedicht als Kunstding
  • Kapitel V: Rilkes Kunstbegriff in seinem Spätwerk
  • 1. Das Briefwerk nach 1914 und die späten Aufsätze
  • 2. Der dichterisch verwirklichte Kunstbegriff – Die Duineser Elegien und Die Sonette an Orpheus
  • 2.1. Die Duineser Elegien
  • 2.2. Die Sonette an Orpheus
  • 2.3. Das I/XIII Sonett
  • Schluss
  • Literaturverzeichnis

← 12 | 13 → Einleitung

Forschungsgegenstand

Seinen Ruhm verdankt Rilke den Duineser Elegien, den Sonetten an Orpheus, den Neuen Gedichten und den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Weniger bekannt ist er als Autor von kunstkritischen Schriften. Sie umfassen die frühen Tagebücher und die Kunstmonographien Worpswede und Auguste Rodin sowie Teile aus seinem Briefwerk, insbesondere Die Briefe über Cézanne und Die Briefe an einen jungen Dichter, die selbständig herausgegeben wurden.

Die Popularität der lyrischen und Prosawerke und die Unpopularität der Monographien und der Aufsätze haben ihren Grund nicht zuletzt in der Intensität, mit der sich die Kritik mit ihnen beschäftigt hat. Die Untersuchungen über Rilkes Ästhetik anhand seiner Dichtung und Prosa aus den verschiedenen Phasen seines Schaffens sind seriös und fundiert.

Ein vertiefter Blick in die Sekundärliteratur zeigt, dass diesem ausgesprochen großen Forschungsinteresse an der Dichtung eine bruchstückhafte Auseinandersetzung mit dem Autor als Kunsttheoretiker gegenübersteht, was zum Teil auf die zweitrangige Stellung der kunstkritischen Schriften in der Rilke-Philologie zurückzuführen ist. Eine eingehende Untersuchung der sämtlichen ästhetischen Schriften des Dichters bleibt aus, was erstaunlich ist, zumal die ästhetisch-theoretischen Schriften wichtige Belege für die Entstehung und Festigung von Rilkes Kunstbegriff enthalten und wichtige Fragen nach Rilkes Poetik und der Aufteilung seines Schaffens erschließen können.

Diese Lücke in der Forschung und die wackelige Stellung der kunstkritischen Schriften in Rilkes Gesamtwerk bestimmte die Wahl gerade dieser Werke zum Forschungsgegenstand der vorliegenden Dissertation. Die ästhetischen Schriften werden in dieser Arbeit als eigenständige Werke (eine Ausnahme machen die Briefe) angesehen, die auch ohne Bezug auf das dichterische Werk des Autors untersucht werden können, was bisher nur selten der Fall war. Die thematische Ausrichtung der Untersuchung hat sich aus der Dominanz der Kunst als Thema nicht nur in Rilkes Werken über andere Künstler, wo der Dichter auch seine eigenen Kunstansichten an den Tag legt, sondern auch in seiner Dichtkunst, ergeben. Die Kunstproblematik, die sowohl in Rilkes „theoretischen“ als auch in seinen dichterischen Werken stark präsent ist, ← 13 | 14 → kann als ein verbindendes Element zwischen diesen „Teilen“ seines Schaffens funktionalisiert werden.

Gegenstand der Analyse sind hauptsächlich Rilkes frühe Tagebücher, die Monographien über die Worpsweder Maler und Auguste Rodin sowie die Briefe über den französischen Maler Paul Cézanne.

Das Wort „Schriften“ im Titel wird hier im Sinne von Horst Nalewski, dem Herausgeber dieser Werke, als Verallgemeinerung für die diversen Gattungen verwendet. Die Schriften oder die Aufsätze, wie sie manchmal auch genannt werden, sind präziser ausgedrückt Monographien, Rezensionen, Vorträge, Aufsätze, offene Briefe, Gutachten, Notizen, Tagebucheintragungen oder Briefe. Aus diesem Grund wird nur der verallgemeinernde Begriff Schriften oder auch Aufsätze verwendet.

Rilkes sehr umfangreiche Korrespondenz, die er zwischen 1896-1926 mit vielen Zeitgenossen unterhielt, enthält einen wesentlichen Teil der Entfaltung seiner Ideen über die Kunst. Der Briefwechsel und die daraus als selbständige Werke herausgegebenen und schon als kunstkritische Einheiten etablierten Briefe, wie zum Beispiel die Briefe über Cézanne, die Briefe an einen jungen Dichter und andere, nehmen in der Untersuchung eine wichtige Stelle ein, obwohl manche nicht als einzelne „Werke“ anzusehen sind. Der Unterschied zu dem offiziell als „Werk“ etablierten Schreiben ist, dass der Brief im Gegensatz zu Artikeln und Aufsätzen vorwiegend für private Kommunikation und wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Rilkes Scheu und Unsicherheit, wegen seines nicht systematisch erlernten und zum Teil mangelhaften Wissens im Bereich der bildenden Kunst, mit seinen Ansichten über die bildende Kunst an die Öffentlichkeit zu treten, lässt sich auch nur rein quantitativ erschließen, indem man vermerkt, dass die brieflichen Aussagen über das Thema Kunst in seinen ästhetischen Schriften klar überhand nehmen. Rilkes drei Tagebücher, welche aus fiktionalen und nichtfiktionalen Stellen bestehen, enthalten auch wichtige Belege für die Kunstansichten in der frühen Phase seines Schaffens.

Die meisten frühen Aufsätze sind in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht worden. Für Rilke waren die kritischen Gattungen in mehreren Aspekten wichtig: erstens stellten sie eine bequeme Einnahmequelle dar, was für ihn am Anfang seiner dichterischen Laufbahn nicht ohne Bedeutung war; zweitens verhalfen sie ihm, sich einen Namen als Kunstkenner und Kunstliterat zu machen, was seine Künstlergestalt bis zu seinem Tode prägte. Drittens üben diese Schriften eine sehr wichtige Funktion im poetischen Werdegang des Dichters aus, indem sie sein eigenes Werk vorprogrammieren und als eine Art Versprechen für seine dichterische Leistung anzusehen sind.

← 14 | 15 → Der größte Teil der kunstkritischen Werke ist bis 1907 entstanden. Danach hat sich der Umfang der Aufsätze um das Vierfache reduziert. Daraus lässt sich schließen, dass Rilke sich in den kunstkritischen Gattungen versuchte, solange sein dichterisches Können nicht auf dem Niveau war, seinem Kunstideal eine dichterische Gestaltung zu verleihen. Der Aufsatz, im Unterschied zum Brief, war für ihn als Gattung nur in der Zeit wichtig, in der er noch keine große Anerkennung als Dichter gefunden hatte. Als seine poetische Meisterschaft ihm schon Erfolge brachte, vernachlässigte er die monographisch-essayistischen Gattungen, die in seiner frühen Phase eine häufig verwendete Möglichkeit für die Darlegung seiner Ideen boten.

Von großer Bedeutung ist das deutlich selbstreflexive Element in diesen kritisch-feuilletonistischen Werken, in die Rilke das Wesen seiner eigenen Kunst einzubringen versuchte. Später versetzte er den Ort seiner Reflexion über das Wesen der Kunst in sein dichterisches Werk, was in den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und in den beiden berühmtesten Gedichtzyklen Duineser Elegien und Sonette an Orpheus zu sehen ist. So erfüllen die ästhetischen Schriften bei Rilke sozusagen eine komplementäre Funktion auf dem Weg zum eigenen großen Künstlertum. Sie versuchen, die noch nicht zustande gekommene Behauptung als Dichter im Bereich des Künstlerischen durch absichtlich philosophisch orientierte Reflexionen zu kompensieren.

Ziel und Aufgaben

Das Ziel der Untersuchung ist, Rilkes Kunstbegriff anhand seiner kunstkritischen Schriften herauszuarbeiten und somit manche Ungereimtheiten in der Phasenteilung seines Schaffens zu beheben. Es wird am Anfang die Hypothese aufgestellt, dass Rilkes Kunstansichten eine relative Kontinuität aufweisen, deren Kern in den drei von der Kritik bestimmten Schaffensperioden im Großen und Ganzen unverändert bleibt. Die Untersuchung eines der klarsten Indizien für diese Beständigkeit – die konstant bleibende Bevorzugung der antiperspektivischen Kunst in der Malerei – nimmt einen großen Platz in der Untersuchung ein. Sie legt viele Züge des Rilkeschen Kunstbegriffes offen und gibt starke Argumente für die Beständigkeit seiner Kunstauffassung.

Zur Behandlung der Kunstproblematik schafft sich Rilke ein breites Spektrum von Begriffen, die seine Kunstansichten auf eine nicht immer eindeutige Art bruchstückhaft darlegen. Aus diesem Grund wird der Kunstbegriff in Rilkes kunstkritischen Schriften terminologisch nie präzise definiert. Diese unsystematische Art, theoretische Positionen auszudrücken, bedeutet nicht, dass Rilke keinen festen Kunstbegriff hatte. Aufgrund des gestellten Ziels soll Rilkes ← 15 | 16 → kunsttheoretisches Profil anhand von kunstkritischen Schriften rekonstruiert und mit seinem Dichter-Bild in Verbindung gesetzt werden. Es sollen dabei verschiedene Aspekte des Rilkeschen Kunstbegriffs aufgedeckt und trotz der mangelnden systematischen Darlegung in seinen Schriften als ein einheitliches und gut durchdachtes theoretisches Konzept aufgezeigt werden.

Die bildende und die plastische Kunst mit ihrem Einfluss auf Rilke sind ein wichtiges Element von der Rekonstruktion des Rilkeschen Kunstbegriffs und aus diesem Grund nehmen sie eine zentrale Stellung in der Arbeit ein. Die Wechselbeziehungen zwischen der bildenden Kunst und der Poesie, insbesondere die Absicht des Autors, Dichtung mit Mitteln der bildenden Kunst zu schaffen, bilden einen wesentlichen Bestandteil seiner Kunsttheorie, der in dieser Untersuchung nachgegangen wird.

Methodische Vorgehensweise und Struktur

Wie schon betont wurde, ist der Untersuchungsstoff nur selten Gegenstand einer gründlichen literaturwissenschaftlichen Forschung gewesen. Aus diesem Grund ist die methodologische Herangehensweise an die behandelten Werke zum größten Teil deskriptiv-rekonstruierend.

Im Zuge der Forschung ergab sich folgende Arbeitsstruktur als sinnvoll:

Details

Seiten
192
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653050851
ISBN (ePUB)
9783653975567
ISBN (MOBI)
9783653975550
ISBN (Paperback)
9783631657621
DOI
10.3726/978-3-653-05085-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (September)
Schlagworte
Kunsttheorie Dingtheorie Briefe Tagebücher
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 192 S.

Biographische Angaben

Maria Endreva (Autor:in)

Maria Endreva studierte Deutsche und Bulgarische Sprache und Literatur an der Universität Plovdiv (Bulgarien). Zurzeit unterrichtet sie am Lehrstuhl für Germanistik und Skandinavistik an der Universität Sofia Kulturgeschichte der deutschsprachigen Länder und Deutschsprachige Literatur.

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