Ein «jüdisches» Mäzenatentum für moderne französische Kunst?
Das Fallbeispiel der Nationalgalerie im Berlin der wilhelminischen Ära (1882–1911) – Eine kultur- und sozialhistorische Studie
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Johanna Heinen
Diese Studie wurde mit dem Dissertationspreis der Deutsch-Französischen Hochschule ausgezeichnet.
2. Das Verhältnis der Mäzene zum Kaiser, zur alten Elite und zum preußischen Regime
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Oftmals wurde das Mäzenatentum moderner französischer Kunst für die Nationalgalerie als Affront eines selbstbewussten Bürgertums gegen den Kaiser und das preußische Regime interpretiert. Da insbesondere Juden von der alten Elite ausgeschlossen und unter den Mäzenen in großer Anzahl vertreten waren, wurde darüber hinaus vermutet, dass vor allem diese das Kunstmäzenatentum als ein politischliberales Statement nutzten. Dennoch findet man auch innerhalb des Samples eine Reihe an adligen Kaufmännern, Industriellen und sogenannten Kaiserjuden, die mit Wilhelm II. als Berater und Gesprächspartner in persönlichem Kontakt standen, was die genannten Thesen infrage stellt.
Die folgende Analyse wird anhand von Fallstudien zu den Mäzenen des Samples aufzeigen, welches Verhältnis diese zum Kaiser, zur alten Elite und zum preußischen Regime pflegten. Dabei soll in einem ersten Schritt die allgemeine Bedeutung preußischer Orden und Titel für die Mäzene herausgestellt sowie die Voraussetzungen und Prozedere der Vergabe dieser Auszeichnungen erörtert werden. In einem zweiten Schritt wird untersucht, inwieweit auch die Konditionen für die „allerhöchsten Gnadenbeweise“, darunter die Erhebung in den Adelsstand, von den Mitgliedern des Samples erfüllt werden konnten und inwiefern diese angestrebt wurden. In einem letzten Punkt wird aufgezeigt, wie das Mäzenatentum zugunsten moderner französischer Kunst in den Akten des Berliner Polizeipräsidenten bewertet wurde.
2.1. Die Bedeutung preußischer Orden und Titel
Innerhalb des Samples an Mäzenen ist eine regelrechte Anhäufung an...
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