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Arabische Sprache im Kontext

Festschrift zu Ehren von Eckehard Schulz

von Beate Backe (Band-Herausgeber:in) Thoralf Hanstein (Band-Herausgeber:in) Kristina Stock (Band-Herausgeber:in)
Andere 456 Seiten

Zusammenfassung

Den Eintritt in den «Ruhestand» von Eckehard Schulz, Professor für Arabische Sprach- und Übersetzungswissenschaft an der Universität Leipzig von 1993 bis 2018, haben nationale und internationale Fachkolleg*innen und Schüler*innen zum Anlass genommen, um in ihren Beiträgen aufzuzeigen, wie relevant die arabische Sprache und vor allem deren angemessene Beherrschung mittlerweile in den verschiedenen Bereichen von Wissenschaft und Praxis geworden sind. Unter Beachtung der aktuellen politischen und sozialen Gegebenheiten erstreckt sich der Kontext von den Teilgebieten der Linguistik – wie z.B. der Übersetzungswissenschaft, Grammatik und Dialektologie – über Politik- und Rechtswissenschaft sowie Didaktik und Ethnologie bis hin zu den Medienwissenschaften und zur Informatik.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Über die Redaktion
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Adel Karasholi: „Sprachübung“
  • Verena Klemm: Grußwort
  • Hans-Georg Ebert/Monem Jumaili: Laudatio (mit Werkübersicht)
  • Translatologie
  • Übersetzung der Werbesprüche „kinderfreundliche“ bzw. „familiengerechte Universität“ ins Arabische (Sultan al-Farsi)
  • Zwischen Ost und West – Erzählungen von Hassouna Mosbahi in deutscher Übersetzung (Regina Karachouli)
  • Arabische Literatur auf Deutsch: Translatorische Problemfelder und Lösungsansätze (Kristina Stock)
  • Von Aalen bis Zwickmühle. Translationeller Sprachwandel im Arabischen und die Praktikabilität des Morphology-Inverse-Models (MIM) beim Dolmetschen und Übersetzen (Masihiya al-Asa)
  • Grammatik
  • Idiomatic Phrasal Verbs in Arabic (Avihai Shivtiel)
  • المركبات في اللغة العربیة وأھمیتھا في الكتابة (Sukamta Said)
  • Sprachpragmatik
  • Die ma‘ānī al-kalām von Ibn Fāris. Illokutionäre Rollen in der arabischen balāġa (Maik Mehlhose)
  • „Gesundheit, oh Eselfohlen!“ – Sprechhandlungen im Ägyptisch-Arabischen (Charlotte Schmidt)
  • Politolinguistik
  • Reconciling the Iraqi Nation: A Rhetorical Analysis of Nūrī al-Mālikī’s Political Discourse (Kurstin Gatt)
  • States, terrorists and bandits: ḥirāba in jihadist ideology (Gunnar Weimann)
  • Orientalismus in den Medien: Zu den (sprachlichen) Strategien der Konstruktion des ‚Anderen‘ (Carola Richter)
  • Sprachdidaktik
  • Betrachtungen zum Arabischunterricht aus fachdidaktischer Sicht (Ingelore Goldmann)
  • Das neue Lehrwerk für modernes Arabisch. Entstehung, Konzept, Anwendung (Zakarya El Liazidi)
  • Lesestrategien im Arabischen als Fremdsprache. Eine qualitative Studie zum Einsatz von Strategien deutschsprachiger Lerner beim Leseverstehen arabischer Texte (Susanne Karam)
  • Sprachenpolitik
  • For God and Country: Code-switching and other bilingual strategies among the Yezidis in Northern Mesopotamia (Sebastian Maisel)
  • Zum Arabischen in Pakistan (Inam ul Haq Ghazi, Almut Besold)
  • Die neue Rolle des Arabischen in Deutschlands Sprachenlandschaft (Daniel Falk)
  • Dialektologie
  • Der arabische Sprachraum – Einheit in Vielfalt? (Roland Kühnel)
  • An Exploratory Analysis of a Small Corpus of Spoken Omani Arabic (Jonathan R. Schmid)
  • Arabic as a working language in international development cooperation: The challenges of teaching and learning Modern Standard Arabic and dialect (Nora-Elise Beck)
  • Fachsprachenforschung
  • Die gesetzliche Vertretung (an-niyāba aš-šar‘īya) im islamischen Familienrecht: Normen, Veränderungen und Herausforderungen (Hans-Georg Ebert)
  • Sprache im Kontext globaler Subkulturen. Ethnographische Beobachtungen (Ines Braune)
  • Exkurse
  • Die Südbewegung: Aden und die politischen Umbrüche im Südjemen (Anne-Linda Amira Augustin)
  • Der Stein von Rosetta – Fiktion, Fakten und eine Fahrt zum Fundort (Peter Schmitt)
  • Autor*innen des Bandes
  • Reihenübersicht

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Zum 65. Geburtstag von
Professor Dr. Eckehard Schulz
(geb. 03.09.1952)
Ein Leben für die arabische Sprache

Hans-Georg Ebert/Monem Jumaili, Leipzig/Pommlitz

Als der Student Eckehard Schulz im Herbst 1973 sein Studium an der damaligen Sektion Afrika- und Nahostwissenschaften der Karl-Marx-Universität Leipzig aufnahm, konnte er wohl kaum ahnen, dass er mit dieser Lehrstätte mehr als 44 Jahre verbunden sein würde, auch wenn ihn sein Fach und die Erfordernisse wissenschaftlicher Forschung und Lehre zeitweise in andere Länder und an andere Bildungseinrichtungen führen sollten. Als Kommilitone erinnere ich mich (H.-G. E.) jener aufregenden Zeit des Studienbeginns mit seinen neuen ungewissen Herausforderungen und Erwartungen, die so gar nicht typisch für das kleine Land zwischen Elbe und Oder waren.

Unter der Leitung von Professor Dr. mult. Lothar Rathmann, dem späteren Rektor der Universität, Professor Dr. Manfred Voigt, Professor Dr. Günter Barthel und Professor Dr. Wolfgang Reuschel (gest. 1991) bemühte sich das – wie es damals hieß – „Lehr- und Erzieherkollektiv“ (LEK) des Lehr- und Forschungsbereiches (LFB) Nordafrika/Nahost, eine ferne Welt in Sprache, Kultur und Gesellschaft den Studierenden nahe zu bringen.1 Nicht zuletzt die arabischen Kollegen, vor allem Dr. Adel Karasholi, Dr. Abed Samarraie und Dr. Mohamed Gharieb, begleiteten die Studierenden durch die Niederungen der arabischen Grammatik und Lexik und führten sie zu den ersten bescheidenen Erfolgen bei der Erfassung von Texten im Dolmetschen und Übersetzen. Eckehard Schulz profitierte dabei von seiner außergewöhnlichen Begabung, die arabische Sprache schnell zu erlernen, sie zu sprechen und ihre Systematik zu begreifen. Der im Jahre 1969 erstmals angebotene Studiengang Sprachmittler Arabisch/Englisch, den Eckehard Schulz von 1973 bis 1978 am LFB Nordafrika/Nahost belegte, gab ihm auch die Möglichkeit, die englische Sprache ← 15 | 16 und Literatur zu studieren und gewissermaßen als zweites Fach in seiner späteren wissenschaftlichen Arbeit nutzbar zu machen. Aber gehen wir zunächst einen historischen Schritt zurück in die Zeit vor Aufnahme des Studiums in Leipzig.

Eckehard Schulz wurde in eine Zeit hineingeboren, die keineswegs einfach war und in der die Wunden des Zweiten Weltkrieges noch längst nicht verheilt waren. Seine Eltern mussten als Umsiedler ihre ehemalige Heimat Schlesien im heutigen Polen verlassen und siedelten sich in Markersdorf in der Nähe von Görlitz an der Lausitzer Neiße an. Die Familie verlor dadurch praktisch ihr gesamtes Hab und Gut. Mit seinen Geschwistern lernte er schon frühzeitig die Pflichten des Lebens kennen. Aber gerade diese Erfahrungen haben ihn bis heute entscheidend geprägt: Auf sein Wort ist Verlass, er schwätzt nicht über Hilfe, sondern er hilft, er erkennt Hindernisse und Widerstände nicht als Grenze, sondern als Ansporn zur Überwindung. Der frühe Tod seines Vaters hat die Familie noch enger zusammengeschweißt. Nicht selten hat er darüber erzählt. Bis heute trifft sich die Familie regelmäßig aus Anlass von Geburtstagen u.dgl. Solche Termine sind für ihn verpflichtend, weil er daraus die Kraft für seine Arbeit und sein Leben insgesamt schöpft. So nimmt er regen Anteil am Leben seiner „Großfamilie“, die sich eben auch auf die weiteren Verwandten und Bekannten erstreckt. Hätte er ein anderes Fach studiert, würde niemand auf die Idee kommen, dass dies auch möglicherweise seinen Erfahrungen mit der arabischen Kultur geschuldet ist. Aber in Wirklichkeit ist es genau anders herum: Seine Einbindung in die Familie erleichtert ihm das Verständnis für die besondere Rolle, die aus der Herkunft erwächst, eine Auffassung, die er auf seinen zahlreichen Reisen in die islamischen Länder immer wieder beobachten und wertschätzen konnte.

Seiner sozialen Herkunft nach war für ihn ein Studium an einer Universität nicht vorgezeichnet. Wiederum verdankt er seinen Eltern und insbesondere seiner Mutter, zu der er bis zu ihrem Tode im hohen Alter ein sehr inniges Verhältnis hatte, dass sie die Begabungen und Fähigkeiten ihres Sohnes erkannt hatten und ihm einen solchen Weg unter Rückstellung ihrer eigenen Bedürfnisse ermöglichten. Nach der Polytechnischen Oberschule in Markersdorf und Görlitz wechselte Eckehard Schulz in der 9. Klasse in die sogenannte Erweiterte Oberschule in Görlitz, um dort das Abitur abzulegen und die Studienberechtigung zu erlangen. Sein Abschlusszeugnis war makellos: In allen Fächern erreichte er die Note 1, sodass das Abitur „mit Auszeichnung“ bestanden wurde. Er war zu jener Zeit noch nicht auf Arabistik oder Orientalistik fixiert, sondern hätte sich auch ein Studium der Naturwissenschaften vorstellen können. So sollte ihn eher der Zufall in die ← 16 | 17 → sprachliche Orientierung lenken. Vielleicht spielte aber auch das Fernweh eine Rolle, wobei er ja bis heute seiner Heimat in der Oberlausitz eng verbunden ist und in all seinen Lebensstationen seine regionale Verwurzelung als Kraftquell empfand und empfindet. Während der Schulzeit und des obligatorischen Wehrdienstes war er auch sportlich sehr aktiv. Besonders der Handball hatte es ihm angetan. Aufgrund seiner körperlichen Gegebenheiten fürchteten die Gegner seine Würfe und Tore. Körperliche Bewegung gehört bis heute zu seinen Hobbys, auch wenn ein Sportunfall Mitte der 1990er Jahre unsere (H.-G. E.) gemeinsamen Fußballspiele beendete. Eine gerissene Achillessehne ließ ihn fortan eher Begeisterung für das Wandern, Radfahren und Schwimmen entwickeln. So ist es bis heute geblieben.

Schon in der Schulzeit lernte Eckehard Schulz seine Frau Veronika kennen, mit der er seit mehr als 46 Jahren verheiratet ist. Die drei gemeinsamen Söhne Kai, Ulf-Gregor und Robert und deren Familien stehen für ihn immer im Mittelpunkt, so wie er es von seinen Eltern gelernt und erfahren hat. Seine Frau meistert mit ihm alle Lebensstationen. „Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau!“: Dieser bekannte Satz trifft sehr gut auf Veronika und Eckehard Schulz zu. Seitdem sie ihren Wohnsitz nach Leipzig verlegt hatten, waren und sind die beiden immer wieder freundliche Gastgeber. Kein Besucher kann sich dieser Gastfreundschaft entziehen, ja wird in das Familienleben gleichsam einbezogen.

Die Studienzeit von Eckehard Schulz am LFB Nordafrika/Nahost, dem Vorläufer des heutigen Orientalischen Instituts, ermöglichte ihm, sich über die eigentlichen Studienfächer hinaus ein breites interdisziplinäres Wissen anzueignen. Die ideologische Enge der damaligen Zeit überwand er durch die Hinwendung zur fremdsprachigen Literatur und durch die Beschäftigung mit sprachwissenschaftlichen Themen. Den Lehrkräften am LFB blieben seine Leistungen und Fähigkeiten nicht verborgen. Schon während der Studienzeit übernahm er Dolmetsch- und Übersetzungsarbeiten. Das von Professor Dr. Wolfgang Reuschel und Dr. Günther Krahl (gest. 1992) herausgegebene und 1974 erstmals erschienene „Lehrbuch des modernen Arabisch“, Teil 1 wurde für ihn ein besonderes Werk. Zum einen waren er und seine Kommiliton*innen selbst die ersten Nutzer, Kritiker und Probanden der Texte und Übungen, die vor der Drucklegung in hektographierter Form („Ormig“) existierten. Zum anderen wurde er damit selbst zum Zeitzeugen einer modernen Arabisch-Didaktik, die bislang kaum entwickelt war. Dies sollte sein wissenschaftliches Interesse bis heute entscheidend mitbestimmen. Die Vorlesungen und Seminare an der Sektion Afrika- und Nahostwissenschaften, in der 22. Etage des Universitätshochhauses untergebracht, fanden vor allem im Seminargebäude an ← 17 | 18 → der Universitätsstraße statt, welches seit 1973 genutzt wurde, aber auch in anderen Räumlichkeiten, so im Gebäude Peterssteinweg, wo sich heute die Polizeidirektion Leipzig befindet.

Mit der Diplomarbeit zum Thema „Die Komparation im modernen Arabisch“ schloss er 1978 sein Studium ab. Die Arbeit behandelt auf der Grundlage von etwa 1000 Beispielen aus der arabischen Literatur den Morphemtyp „afʿal“. Eckehard Schulz begann danach seine Tätigkeit als Assistent am LFB Nordafrika/Nahost. Seine ehemaligen Lehrer wurden unter Leitung von Professor Dr. Wolfgang Reuschel zu seinen neuen Kolleginnen und Kollegen. Der sogenannten Sprachabteilung innerhalb des LFB gehörten (neben den schon genannten Lehrkräften) Professor Dr. Dieter Blohm, Hans-Hermann Elsässer, Michael Langer, Dr. Ingelore Goldmann und Monem Jumaili sowie etliche weitere Mitarbeiter*innen an, von denen einige auch für die türkische und persische Sprache zuständig waren. Im Zimmer 1 der 22. Etage des damaligen Universitätshochhauses war damit ein Zentrum für Lehre und Forschung zur arabischen Sprache entstanden. Unter der maßgeblichen Leitung von Dr. Günther Krahl wurden neben Lehrbuch- auch Wörterbuchprojekte in Angriff genommen. Die anderen Bereiche des LFB (Literatur und Kultur, Wirtschaft, Recht, Geschichte, Religion) profitierten von dieser sprachlichen Orientierung, deren Ausgangspunkt bis auf die Gründerväter der Arabistik zurückgeführt werden kann und bisweilen als „Leipziger Schule“ bezeichnet wird. Johann Jacob Reiske (gest. 1774) und Heinrich Leberecht Fleischer (gest. 1888) hatten gewissermaßen den Grundstein für eine solche Sprachlehre und –forschung gelegt, die die arabische Sprache auch und besonders als gesprochene Sprache untersucht und vermittelt.2

Eben diese wissenschaftliche Orientierung machte es erforderlich, praktische Spracherfahrungen in der arabischen Welt zu sammeln. Die damalige VDR Jemen (Südjemen), die in jenen Jahren gute Beziehungen zur DDR unterhielt, benötigte zur Gestaltung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse Fachkräfte. So zog es Eckehard Schulz und seine Familie für mehrere Jahre nach Aden, um dort unter nicht immer leichten Bedingungen Dolmetsch- und Übersetzungsarbeiten zu leisten und zugleich sprachwissenschaftliche Forschungen zu betreiben. Dieser Aufenthalt hat Eckehard Schulz und seine Familie bis heute sehr geprägt. Sein Herz hängt immer an diesem Land und er leidet mit den Menschen im Jemen, die seit mehreren Jahren in einem ← 18 | 19 grausamen Bürgerkrieg, der von außen befeuert wird, Hunger und Entbehrungen erdulden müssen.

Nach seiner Rückkehr aus dem Jemen konzentrierte er sich auf den Abschluss seiner Dissertation zum Thema „Neologismen und Archaismen im gesellschaftspolitischen Wortschatz der Volksdemokratischen Republik Jemen“. Er konnte sich dabei auf die Untersuchungen „vor Ort“ stützen und in dieser Weise soziolinguistisches Neuland betreten. Die Arbeit wurde im Jahre 1983 erfolgreich verteidigt.

Die folgenden Jahre widmete Eckehard Schulz nicht nur der Sprachwissenschaft und Lehre, sondern er wurde aufgrund seiner Sprach- und Landeskenntnisse immer wieder zur Tätigkeit als Dolmetscher im In- und Ausland herangezogen. Diese Erfahrungen, auch in schwierigen Situationen, in denen die Gesprächspartner in Streit und Besserwisserei verfallen, ein nicht nur sprachlicher Vermittler zu sein, haben ihn auch in der Zeit, da mit der deutschen Einheit Veränderungen in der Universität Leipzig unumgänglich waren, vor voreiligen Entscheidungen und Aktionismus bewahrt. Im Gegenteil, er setzte seine wissenschaftlichen Arbeiten intensiv fort, sammelte Lehrerfahrung an anderen deutschen und ausländischen Universitäten und legte im Jahre 1992 seine Habilitationsarbeit zum Thema „Lexikalische Synonymie im Arabischen. Eine Untersuchung zu Synonymiekonzepten arabischer Nationalgrammatiker und Lexikographen des 8. bis 11. Jahrhunderts“ vor. Diese Hinwendung zu den „klassischen“ arabischen Grammatikern unterstreicht auch das breite sprach- und übersetzungswissenschaftliche Feld, welches Eckehard Schulz in Forschung und Lehre vertritt. Seine langjährigen Lehrer und späteren Kollegen Professor Dr. Wolfdietrich Fischer (Erlangen; gest. 2013), Professor Dr. Dieter Bellmann (gest. 1997) und Professor Dr. Dieter Blohm waren die Gutachter in diesem Habilitationsverfahren.

Aufgrund seiner fachlichen Leistungen und seiner persönliche Integrität wurde Eckehard Schulz im Jahre 1993 zum Professor für Arabische Sprach- und Übersetzungswissenschaft am Orientalischen Institut der Universität Leipzig ernannt. Diese Professur steht damit in der aufgezeichneten Traditionslinie der Leipziger Arabistik. Besonders bis zur Jahrtausendwende hat er sich im Zusammenwirken mit Professor Dr. Dieter Bellmann für eine zukunftsweisende Struktur des Orientalischen Instituts mit den Schwerpunktbereichen Sprache, Geschichte und Literatur sowie Islamisches Recht eingesetzt, eine Struktur, die den Herausforderungen der modernen Zeit in Forschung und Lehre gerecht werden sollte. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Sprachabteilung, die auch andere orientalische Sprachen (Türkisch, Persisch, Indonesisch) einbezieht und heute folgende Mitarbeiter*innen umfasst: Dr. Mazin Mosa, Dr. Kristina ← 19 | 20 → Stock, Elmar Friedriszik, Charlotte Schmidt, Fayçal Hamouda, Elham Jamshidipour, Esie Hanstein, Dr. Almut Besold (beurlaubt bis 2018), Gülseren Schimmelpfennig und Vicdan Özbay.3 Die Studiengänge am Orientalischen Institut tragen seine Handschrift und sind ohne ihn nicht denkbar, insbesondere die neu entwickelten Studiengänge MA Konferenzdolmetschen Arabisch/Deutsch und MA Fachübersetzen Arabisch/Deutsch (binationaler Studiengang in Kooperation mit der ‘Ain-Šams-Universität in Kairo und dem Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie [IALT] der Universität Leipzig).

Eckehard Schulz hat im Laufe seines wissenschaftlichen Lebens zahlreiche Länder der islamischen Welt bereist und zu vielen Universitäten, Hochschulen und anderen Einrichtungen Verbindungen geknüpft, die den Studierenden und dem Institut insgesamt zugutekommen. Man kennt seinen Namen in den arabischen Ländern, schätzt sein Werk und seine durchaus auffällige Persönlichkeit.

Eckehard Schulz hat stets die Verbindung von Forschung, Lehre und Praxis als wichtiges Element universitärer Ausbildung betrachtet. Die von ihm publizierten Lehr- und Sprachwerke bilden heute nicht nur in Leipzig und anderen deutschen Universitäten die Basis des Arabisch-Unterrichts, sie haben durch die Übersetzung in andere Sprachen (Englisch, Indonesisch, Persisch, Urdu, Malaiisch) eine große internationale Beachtung erfahren. Einige seiner Werke seien an dieser Stelle genannt:

       Krahl/Reuschel/Schulz: Lehrbuch des modernen Arabisch, München, Langenscheidt 1995, 629 S.

       Krahl/Reuschel/Schulz: Lehrbuch des modernen Arabisch, 3. überarbeitete Auflage, Langenscheidt 1999, 636 S.

       Krahl/Reuschel/Jumaili: Modernes Arabisch für Fortgeschrittene, durchges. und herausgegeben von Eckehard Schulz, Langenscheidt 1999, 595 S.

       Schulz/Krahl/Reuschel: Standard Arabic – An Elementary - Intermediate Course, Cambridge University Press 2000, 641 S.

       Schulz, Eckehard: A Student Grammar of Modern Standard Arabic, Cambridge University Press 2004, 248 S.

       Schulz, Eckehard: Modernes Hocharabisch. Grammatik, Reichert Verlag, Wiesbaden 2004, 251 S. ← 20 | 21

       Krahl – Reuschel – Jumaili: Modernes Arabisch für Fortgeschrittene, durchges. und überarbeitet von Eckehard Schulz, Reichert Verlag, Wiesbaden 2004, 446 S.

       Krahl – Reuschel – Schulz: Lehrbuch des modernen Arabisch. Neue Ausgabe, Langenscheidt 2005, 636 S.

       Schulz, Eckehard: Modernes Hocharabisch. Lehrbuch mit einer Einführung in Hauptdialekte, Edition Hamouda, 2013, 737 S.

Schon seit Beginn der immer schnelleren Einführung elektronischer Medien und digitaler Technik auch im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften hat Eckehard Schulz konsequent die damit verbundenen grundlegenden Veränderungen in Lehre und Forschung erkannt. Mitte der 90er Jahre, als noch Disketten hin und her getauscht worden sind, erinnere ich mich (H.-G. E.) an eine kleine Begebenheit, die den Menschen und Gelehrten Eckehard Schulz sehr gut kennzeichnet. Ein noch auf Diskette abgespeichertes Programm zum islamischen Erbrecht war „abgestürzt“ und auf dem Computer spurlos verschwunden. Da gab es nur eine Lösung: Einen telefonischen Hilferuf an Eckehard Schulz. Und tatsächlich: Er ließ alles stehen und liegen, begab sich auf die Suche in meinem Computer und konnte das Programm zur großen Erleichterung wieder herstellen. Natürlich ist die Nutzung der Elektronik mit dem Zauberwort „Digital Humanities“ längst auf einem anderen Niveau. Die Lehre erfolgt heute unter Nutzung der Online-Angebote zum Lehrbuch4. Das im Jahre 2010 von Eckehard Schulz gegründete und geleitete „Al-Arabiyya-Institute“ ermöglicht auf der Basis von UNICERT-Standards entsprechende Tests der Sprachkompetenz.5 Über von ihm auf den Weg gebrachte Mailinglisten werden Studierende, Mitarbeiter*innen und Alumni des Orientalischen Instituts über aktuelle und interessante Themen informiert. Von den zahlreichen großen und kleinen Projekten, die Eckehard Schulz in den vergangenen Jahren initiiert und geleitet hat, und die viele Millionen Fördergelder für die Universität Leipzig eingespielt haben, sei hier nur das Aramaic-Online-Project in Zusammenarbeit mit der Universität Bergen, der Freien Universität Berlin, der University of Cambridge und der Syrisch-Orthodoxen Kerk von Antiochië genannt.6 ← 21 | 22

Die wenigen Seiten dieses Aufsatzes genügen wohl kaum, die Leistungen von Eckehard Schulz zu würdigen oder gar einigermaßen vollständig zu erfassen. Aber dies ist auch nicht das Ziel der Ausführungen. Vielmehr geht es darum, einen verdienstvollen Kollegen nicht nur als Wissenschaftler darzustellen. Als die Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 zu eskalieren drohte, war er einer derjenigen, die nicht tatenlos zuschauten, sondern durch konkrete Maßnahmen im Rahmen der Möglichkeiten des Orientalischen Instituts Hilfe organisierten, sei es durch die Vermittlung von Tandem-Sprachlerngruppen, die Organisierung von Übersetzungsangeboten oder die Einführung des Moduls „Community Interpreting“.

Auch diejenigen Studierenden, die nicht in der Lage sind, sehr gute Leistungen zu erbringen, werden von Eckehard Schulz nicht missachtet, sondern in ihren Möglichkeiten gefördert. Nur eines mag er nicht: Täuschung und Unwahrheit. In solchen Fällen, die auch an einer großen Universität gelegentlich vorkommen, ist nicht mit seiner Toleranz zu rechnen.

Natürlich können sich die Autoren dieses Aufsatzes nicht sicher sein, dass ihm der Text vor der Drucklegung verborgen bleibt, denn Eckehard Schulz kennt sehr viele Kolleg*innen an der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften, zu der auch das Orientalische Institut gehört. So ist die Frage berechtigt: Was wird er zu diesem Text sagen? Wird er ihn gut finden, als zu kurz, zu lang, zu unausgewogen oder gar zu lobhudelnd bewerten? Vermutlich reagiert er aber ganz anders, nämlich folgendermaßen: „Kennst du den (Witz)? Treffen sich zwei Freunde auf dem Leipziger Hauptbahnhof. Sagt der eine: ‚Eben habe ich einen Ausländer getroffen. Der hat mir eine Frage in sechs verschiedenen Sprachen gestellt‘. Der andere daraufhin: ‚Und – was hat es ihm genützt?‘“ ← 22 | 23 →


1        Vgl. dazu Richter, I., Karl-Marx-Universität Leipzig: Ein Zentrum der Nordafrika- und Nahostwissenschaften. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Leipzig 34(1985)6, S. 513–529.

2        Vgl. Preißler, H., „Arabistik in Leipzig vom 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts“, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, Leipzig 28(1979) 1, S. 28–105.

3        Stand: 05.09.2017.

4        Vgl. die URL https://modern-standard-arabic.net/eedition-uebersicht/ (zuletzt abgerufen: 25.10.2017).

5        Vgl. die URL http://www.test-arabic.com/de/start (zuletzt abgerufen: 05.09.2017).

6        Siehe dazu die Websites http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/semiarab/semitistik/ Aktuelles/aramaic-online-project.html und http://www.uib.no/fremmedsprak/94307/aramaic-online-project (beide zuletzt abgerufen: 05.09.2017).

Übersetzung der Werbesprüche „kinderfreundliche bzw. familiengerechte Universität“ ins Arabische

Sultan al-Farsi, Ibri

Jens: Die Universität Leipzig ist eine kinderfreundliche Universität.
Ahmed: Was, gehen hier Kinder zur Uni?
Jens: Nein!
Ahmed: Werden hier Forschungen über Kinder durchgeführt?
Jens: Auch nicht!
Ahmed: Was haben denn Kinder dann mit der Uni zu tun?
Jens: Es heißt mehr oder weniger, dass die Uni sich auch um Studenten mit Kindern bemüht.
Ahmed: Das ist doch nicht die Aufgabe der Uni, oder?! Oder ist das hier in Deutschland anders?! 1

Vorwort

Mithilfe des Dialogs zwischen zwei Studenten, Jens, der sein Studium in Leipzig absolvierte und ausländische Studenten an der Universität Leipzig willkommen heißt, und Ahmed, der sein Studium in Deutschland beginnen möchte, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Erläuterung kulturgebundener Begriffe bzw. Bezeichnungen, wie „kinderfreundlich“ und „familiengerecht“, und versucht, eine angemessene und verständliche Übersetzung für den arabischen Rezipienten zu finden, der nicht über die kulturellen Hintergründe des Begriffes verfügt. Da diese Begriffe in Werbesprüchen auftauchen, lässt sich die Frage stellen, ob durch eine angemessene Übersetzung die gleiche Botschaft der Werbesprüche ins Arabische übertragen werden kann. Dafür wird im ersten Kapitel auf die Begriffe als Werbung, ihre Bedeutung, Zielgruppe und Wirkung eingegangen. Das darauf folgende Kapitel untersucht die sprachliche Bedeutung der Begriffe in der deutschen Sprache mithilfe des Dudens. Der Leser kann die verschiedenen Bedeutungen der einzelnen Komponenten innerhalb der Komposita ← 23 | 24 „kinderfreundlich“ und „familiengerecht“ und dann die Gesamtbedeutung der beiden Komposita kennenlernen. Daran anschließend sollen die Werbesprüche in der deutschen und arabischen Kultur diskutiert werden, d.h. welche Assoziationen sie möglicherweise hervorrufen und wie Hindernisse bei der Übersetzung überwunden werden können. Eine Darstellung verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten rundet die Arbeit ab. Zum Schluss werden dem Leser verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten präsentiert und diese dann daraufhin analysiert, inwiefern sie als angemessene Übersetzung verwendet werden können. Es sei darauf hingewiesen, dass in dieser Arbeit auf die Golfregion als geschlossenem Kulturraum mit der dortigen Familien- und Universitätssituation sowie auf die in den betreffenden Ländern mit den jeweiligen Begriffen assoziierten Bedeutungen Bezug genommen wird.

1     „Kinderfreundlich“ und „Familiengerecht“ als Werbesprüche

Hochschulen und Ausbildungsinstitutionen in Deutschland betonen in ihrer Werbung mannigfaltige Dienstleistungen und Studienangebote, um eine Vielzahl von Studenten aus verschiedenen Gruppen der Gesellschaft anzusprechen. Da diese Institutionen versuchen, so viele Studenten wie möglich anzuziehen, entwickeln sie die unterschiedlichsten Werbestrategien, um sie je nach Zielgruppe einsetzen zu können. Zu diesem Zweck „[sollte] Werbung […] möglichst positive Begriffe benutzen bzw. für Dinge positive und aufwertende Begriffe (er-)finden“2.

Eine dieser von den Hochschulen und Ausbildungsinstitutionen angesprochenen Gruppen sind werdende Mütter und Väter bzw. Studierende mit Kindern. Um das Studium für diese Gruppe attraktiver zu machen, werben die Institutionen für sich mit dem Prädikat „Familiengerechte Hochschule“3 bzw. „kinderfreundliche Universität“.4 So stößt der Leser in den an diese Zielgruppe gerichteten Werbesprüchen auf Wörter wie „Familie“ und „Kind“, die in Gesellschaft und Kultur wertvoll sind und beim Empfänger positive Assoziationen auslösen. Diese Werbung wird also im Rahmen eines gesellschaftlich und kulturell wichtigen Diskurses eingesetzt, um diese Gruppe positiv anzusprechen. Laut der Werbungswissenschaft spielen Gesellschaft und Kultur, neben Wirtschaft, eine ← 24 | 25 bedeutende Rolle für eine Werbung: „Anscheinend hat Werbung zwar Auswirkungen auf Umsatz, aber nur in Kombination mit anderen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren.“5

Details

Seiten
456
ISBN (PDF)
9783631749166
ISBN (ePUB)
9783631749173
ISBN (MOBI)
9783631749180
ISBN (Hardcover)
9783631741344
DOI
10.3726/b13516
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Februar)
Schlagworte
Arabische Sprache Übersetzungswissenschaft Arabische Grammatik Dialektologie Sprachdidaktik Lexikologie Sprachpragmatik Politolinguistik Soziolinguistik Sprachenpolitik Rechtslinguistik
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 456 S., 1 farb. Abb., 13 s/w Abb., 30 Tab., 2 Graf.

Biographische Angaben

Beate Backe (Band-Herausgeber:in) Thoralf Hanstein (Band-Herausgeber:in) Kristina Stock (Band-Herausgeber:in)

Beate Backe wurde 1980 in Dresden geboren. Sie studierte Arabistik und Erziehungswissenschaften an der Universität Leipzig und promoviert derzeit am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle/Saale. Thoralf Hanstein wurde 1970 in Sondershausen geboren. Er studierte Arabistik, Religionswissenschaft und Betriebswirtschaftslehre. Seine Promotion erfolgte 2001 zum islamischen Ehe- und Familienrecht in Indonesien. Er ist Fachreferent für Arabistik, Islamwissenschaft und Osmanistik an der Staatsbibliothek zu Berlin. Kristina Stock wurde 1962 in Altenburg geboren. Sie ist Diplomsprachmittlerin für Arabisch und Französisch, promovierte 1988 in arabischer Sprach- und Übersetzungswissenschaft und ist seitdem in der arabistischen Lehre und Forschung tätig.

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Titel: Arabische Sprache im Kontext
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