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Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung

Theorien – Konzepte – Empirie

by Mark Bechtel (Volume editor) Tom Rudolph (Volume editor)
©2022 Conference proceedings 188 Pages

Summary

Die Reflexionskompetenz gilt als vermeintlicher Schlüssel zur Professionalisierung auch von Fremdsprachenlehrkräften. Der Sammelband enthält zum einen Beiträge, die unterschiedliche theoretische Zugänge und Modelle zu einer fachspezifischen Reflexionskompetenz zur Diskussion stellen. Zum anderen gibt er Einblicke in empirische Studien zur Förderung von Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung. Hierbei wird jeweils verdeutlicht, welches Verständnis von Reflexionskompetenz zugrunde liegt, welche Ziele damit verbunden sind, über welche Gegenstände reflektiert werden sollte, welche Lehr-Lern-Formate zum Einsatz kamen und welcher Forschungszugang gewählt wurde.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung – eine Einleitung (Mark Bechtel/Tom Rudolph)
  • Reflexion und professionelle Flexibilität im (berufs)biographischen Entwicklungsprozess von Fremdsprachenlehrenden (Dagmar Abendroth-Timmer)
  • Fremdsprachendidaktische Reflexion als Interimsdidaktik: Ausgewählte Aspekte einer Qualitativen Inhaltsanalyse von Interviews mit Studierenden des Fachs Französisch in der Diskussion (Birgit Schädlich)
  • (Implizites) Wissen in der fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung – oder: Worüber reflektieren wir eigentlich, wenn wir reflektieren? (David Gerlach)
  • Ein Reflexionsmodell in der Fremdsprachenlehrkräfteausbildung zur Einschätzung fachspezifischer Reflexionskompetenz (Georgia Gödecke)
  • Eigene und lernendenseitige Mehrsprachigkeit systematisch reflektieren – Aufbau und erste Ergebnisse einer Intervention im Lehramtsstudium romanischer Schulfremdsprachen nach den Prinzipien des Design-Based Research (Svenja Haberland)
  • Reflexion von Fremdunterrichtsvideos in der Französischlehrer*innenbildung – inwiefern rekurrieren Studierende auf fachdidaktisches Theoriewissen und Beliefs? (Tom Rudolph)
  • Lehrphilosophien als Reflexionsinstrument: Berufsbezogene Überzeugungen angehender Deutsch als Zweit- und Fremdsprachenlehrkräfte zwischen Wunsch und Wirklichkeit (Tanja Fohr)
  • Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Ein Forschungsansatz zur Reflexion über Mündlichkeit in der videobasierten fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung (Benjamin Inal)
  • Die Autorinnen, Autoren und Herausgeber
  • Reihenübersicht

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Mark Bechtel/Tom Rudolph

Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung – eine Einleitung

Der „reflective practitioner“ ist zum Leitbild einer Profession geworden (vgl. Helmke 2010: 114), die vor dem Hintergrund der prinzipiellen Unvorhersehbarkeit von Unterricht (vgl. Combe/Helsper 1996, Helsper 2016) auf die Reflexion des eigenen Handelns angewiesen ist. Daher verwundert es nicht, dass im Zuge der curricularen Verankerung der Kompetenzorientierung in der Lehrer*innenbildung (KMK 2004, 2019) Reflexivität als vermeintlicher Schlüssel zur Professionalisierung herausgestellt wurde (vgl. Combe/Kolbe 2008: 589) und seither der Förderung von Reflexionskompetenz eine besondere Bedeutung zukommt. Das gilt auch für die fremdsprachlichen Fächer. Dabei ist festzustellen, dass die Professionalisierungsforschung von Fremdsprachenlehrpersonen zwar vermehrt in den Blick kommt (z. B. der Band von Burwitz-Melzer/Riemer/Schmelter 2018), die empirische Professionalisierungsforschung in den Fremdsprachendidaktiken jedoch vergleichsweise wenig ausgeprägt und die Fachspezifik der fremdsprachlichen Fächer im eher allgemein-pädagogisch dominierten Diskurs zu Reflexionskompetenz wenig präsent ist.

Mit dem Ziel, empirische Forscher*innen aus den verschiedenen fremdsprachendidaktischen Disziplinen in einen Austausch zu bringen, die das Thema „Reflexionskompetenz“ in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung als inhaltlichen Fixpunkt verbindet, wurde am Arbeitsbereich „Didaktik der romanischen Sprachen“ des Instituts für Romanistik/Latinistik der Universität Osnabrück ein Symposium mit dem Titel „Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenbildung – Theorien, Konzepte, Empirie“ ausgerichtet. Es fand am 17. und 18.09.2020 unter Pandemiebedingungen als Hybridveranstaltung statt. Sieben Teilnehmer*innen waren unter entsprechenden Hygienevoraussetzungen an der Universität Osnabrück in Präsenz anwesend, elf Teilnehmer*innen folgten dem Symposium mittels Videokonferenz. Trotz der räumlichen Distanz und den technischen Rahmenbedingungen konnte ein themenbezogener fachlicher Austausch in Gang gesetzt werden.

In einem ersten Teil stellten drei Impulsvorträge eine theoretische Rahmung her und gaben einen inhaltlichen Input über abgeschlossene Projekte. Für die Impulsvorträge konnten mit Prof. Dr. Dagmar Abendroth-Timmer (Siegen), ←7 | 8→Prof. Dr. Birgit Schädlich (Göttingen), Prof. Dr. David Gerlach (Marburg) drei ausgewiesene Expert*innen im Bereich der fremdsprachendidaktischen Professionalisierungsforschung gewonnen werden. Im zweiten Teil wurden acht kürzlich abgeschlossene bzw. derzeit laufende empirische Projekte zu Reflexionskompetenz in der Fremdsprachenlehrer*innenausbildung zur Diskussion gestellt, die Einblicke in verschiedene Frage- und Zielstellungen, Forschungsdesigns und Daten boten. Als Referent*innen beteiligt waren Dr. Georgia Gödecke (Bremen), Dr. Tanja Fohr (Kassel), Tom Rudolph (Osnabrück), Dr. Carolyn Blume/Prof. Dr. David Gerlach/Dr. Bianca Roters/Prof. Dr. Torben Schmidt (Marburg, Soest, Lüneburg), Alexandra Kemmerer (Frankfurt), Gitte Köllner/Prof. Dr. Torben Schmidt (Lüneburg), Dr. Benjamin Inal (Paderborn) und Svenja Haberland (Münster). Damit waren die drei großen Fachdisziplinen Didaktik der romanischen Sprachen, Didaktik des Englischen und Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache gleichermaßen auf dem Symposium vertreten. Die Beiträge des vorliegenden Sammelbands beruhen auf den im Rahmen des Symposiums gehaltenen Vorträgen und den sich anschließenden Diskussionen.

Befasst man sich mit Reflexionskompetenz in der fremdsprachlichen Lehrer*innenbildung, stellen sich nicht nur Fragen nach dem theoretischen Konstrukt, sondern auch Fragen nach den damit verbundenen Zielen, den Gegenständen, über die reflektiert werden soll, sowie nach geeigneten Lehr-Lern-Formaten zur Förderung von Reflexionskompetenz. Darüber hinaus interessiert die Frage, welche Forschungszugänge zur empirischen Untersuchung von Reflexionskompetenz sich als geeignet erweisen.

1. Reflexionskompetenz als Konstrukt

Allgemeingültige Begriffsdefinitionen der nahestehenden Konzepte der Reflexion, der Reflexivität und der Reflexionskompetenz in der Lehrer*innenbildung existieren im Forschungsdiskurs nicht. Im Gegenteil stellen Hatton/Smith (1995: 33) fest, „that the terms are often ill-defined, and have been used rather loosely to embrace a wide range of concepts and strategies“. Für Collin/Karsenti/Komis (2013: 104) behindert diese mangelnde theoretische Untermauerung des Reflexionsbegriffs seine Operationalisierung, empirische Weiterentwicklung und Implementierung in die Lehrer*innenbildung.

Konsens besteht darin, dass die in den empirischen Arbeiten zugrunde gelegten Definitionen von Reflexion sämtlich konzeptionell auf den philosophischen Ansätzen nach Dewey (1933) und/oder Schön (1983) beruhen (vgl. Schädlich 2019: 31, Leonhard/Abels 2017: 46).←8 | 9→

Leonhard et al. (2010: 113) subsumieren das Verständnis von Reflexion als ein „komplexes Aggregat metakognitiver Fähigkeiten, eigener Überzeugungen, Selbstregulationsfähigkeiten und in wesentlichen Teilen auch theoretischen pädagogischen, (fach-)didaktischen und fachlichen Wissens“. Das Spektrum des Begriffsverständnisses reicht dabei vom rein philosophischen critical thinking im Sinne Deweys (1933) bis hin zu einem operationalisierten Konstrukt, das einzelne (oder mehrere) Aspekte der Domänen des Wissens, der Überzeugungen/Einstellungen und der eigenen Biografie fokussiert, auf ihre gedankliche Verflechtung abzielt und in unterschiedlichem Maße zudem auf eine praktische Umsetzung bzw. Erprobung im Sinne einer Handlungskompetenz (vgl. z. B. Schädlich 2019), die sich aus Reflexion ergibt, ausgerichtet ist. Offen ist dabei, inwiefern Reflexionskompetenz eine bloße ‚Fähigkeit‘ zu Reflexion als einem internalen und per se nicht beobachtbaren Prozess darstellt oder inwiefern das Zeigen von Bereitschaft und die Verbalisierung reflexiver Gedanken eine unbedingte Voraussetzung für die Erreichung von Reflexionskompetenz ist (vgl. Leonhard et al. 2010: 113–114).

Bei der Frage nach dem Konstrukt ist es das Anliegen des Sammelbandes, Arbeitsdefinitionen und Begriffsverständnisse von Reflexion bzw. Reflexionskompetenz aus Sicht verschiedener fremdsprachendidaktischer Forschungsprojekte, die in verschiedenen Fächern angesiedelt sind und sich auf verschiedene Phasen der Lehrer*innenbildung beziehen, explizit zu machen. Die begriffliche Offenheit und die Existenz einer Vielzahl von Definitionen für die beiden Konstrukte sowie deren fehlende Fachspezifik stellen dabei eine besondere Herausforderung dar. Eine weitere Herausforderung besteht darin zu bestimmen, wie sich das Konstrukt der Reflexionskompetenz konzeptuell zu anderen Konzepten wie der professionellen Unterrichtswahrnehmung (professional vision) (Seidel/Blomberg/Stürmer 2010) oder Modellierungen aus dem Theorie-Praxis-Diskurs (Schädlich 2019: 147 ff.) und der Biografieforschung (Abendroth-Timmer 2017: 109 ff.) verhält.

Details

Pages
188
Year
2022
ISBN (PDF)
9783631878347
ISBN (ePUB)
9783631878354
ISBN (Hardcover)
9783631828878
DOI
10.3726/b19745
Language
German
Publication date
2022 (July)
Keywords
Fremdsprachendidaktik Reflexive Lehrerbildung Reflexion Lehrerbildung Professionalisierung
Published
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 188 S., 2 farb. Abb., 11 s/w Abb., 5 Tab.

Biographical notes

Mark Bechtel (Volume editor) Tom Rudolph (Volume editor)

Mark Bechtel ist Professor für Didaktik der romanischen Sprachen am Institut für Romanistik/Latinistik der Universität Osnabrück. Tom Rudolph ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Didaktik der romanischen Sprachen an der Universität Osnabrück.

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