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„Es soll sein, wie es gewesen ist“

Auf den Spuren der ostgalizischen Konservativen in Altösterreich 1860–1914

by Teresa Stochel-Nabielska (Author)
©2025 Monographs 380 Pages

Summary

Dank des Kuriensystems genossen polnische Großgrundbesitzer eine privilegierte Stellung in Galizien. Ihre politischen Vertreter, die Konservativen, galten als Bewahrer dieses Zustands. Besonders ihr Flügel aus der Osthälfte des Kronlands, der im Schatten der Krakauer Konservativen stand und vor Veränderungen zurückschreckte, wurde kollektiv zum Inbegriff des engstirnigen Provinzialismus stilisiert. Mit dem Fortschreiten des parlamentarischen Lebens der alten Habsburgermonarchie geriet diese geschützte Position der Verwalter Galiziens ins Wanken. Die Arbeit zeigt, wie sich der politische Selbsterhalt einer zurückgehenden, keineswegs monolithischen Interessengruppe in der Zeit der aufkommenden Massenparteien und der gesellschaftlichen Emanzipation der Ruthenen zu einer nationalen Auseinandersetzung zuspitzte.

Table Of Contents

  • Abdeckung
  • Titelblatt
  • Copyright-Seite
  • Inhalt
  • Einleitung
  • KAPITEL 1 Agenor Graf Gołuchowski der Ältere – „ein Pole und doch notorisch ein guter Österreicher“
  • 1. Ein Bürokrat mit Macherqualitäten im Einsatz für die nationale Selbstverwaltung Galiziens
  • 2. Der österreichisch-ungarische Ausgleich und der polnische Balanceakt zwischen nationalem Egoismus und der Staatsräson
  • 3. Zwischen zwei politischen Extremen. Die Verfechter der Resolution von 1868 und ihre Opposition zur Politik der Utilitaristen
  • KAPITEL 2 Von der berechnenden Opposition bis zum Regierungsfaktor. Die Politik des Polenklubs unter Kazimierz Grocholski
  • 1. Die strenge Klubdisziplin – „Prinzip, Kraft und Basis des politischen Daseins nach innen und außen“
  • 2. In der Umklammerung des „Eisernen Rings“
  • 3. Strategische Überlegungen und moralische Verantwortung: Zentrum-Klub und Konservative Union im galizischen Landtag
  • KAPITEL 3 Der Visionär und Vordenker Wojciech Dzieduszycki und die „Jagiellonische Idee“ als gesellschaftliches Modell der Einheit in der Vielfalt
  • 1. Zwischen der Stimme des Gewissens und dem Diktat des Interesses
  • 2. Soziale und nationale Spannungen im Zusammenleben der Völker Galiziens
  • 3. Polnisch-ruthenische Beziehungen im Zeichen der Wahlreform
  • KAPITEL 4 Tadeusz Cieński und die neue Generation der Podolier: Oder wie die ostgalizischen Konservativen und die polnischen Nationaldemokraten immer mehr zueinanderfanden
  • 1. Alte Vorlagen in neuer Aufmachung. Ein Generationenwechsel bei den Podoliern und die Opposition zur Politik Bobrzyńskis
  • 2. Der Klerus und die Bauernbewegung – die Geschichte einer angespannten Beziehung
  • 3. Die höhere Kirchenhierarchie und der „Antiblock“ – eine Allianz mit Folgen
  • 3.1 Die Ausgangslage bei den Verhandlungen rund um die Wahlreform für den Landtag. Negative Begleitumstände
  • 3.2 Die Zentrumspartei – die Hardlinerin unter den polnischen politischen Gruppierungen
  • 3.3 Der Druck der Ruthenen
  • 3.4 Die polnischen Nationaldemokraten und die Emotionalisierung der ruthenischen Frage
  • 3.5 Die Bischöfe – das Zünglein an der Waage im Tauziehen um die Wahlreform
  • 4. So nah und doch so fern. Endspurt im polnisch-ruthenischen Ausgleich
  • Quellenangaben und Literaturverzeichnis
  • Archivmaterial
  • Gedruckte Quellen
  • Tagebücher und Erinnerungen
  • Sekundärliteratur
  • Zeitschriften
  • Anhang

Teresa Stochel-Nabielska

„Es soll sein, wie es gewesen ist“

Auf den Spuren der ostgalizischen Konservativen in Altösterreich 1860–1914

Berlin · Bruxelles · Chennai · Lausanne · New York · Oxford

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISSN 0947-2355

ISBN 978-3-631-94048-8 (Print)

ISBN 978-3-631-94049-5 (E-PDF)

ISBN 978-3-631-94050-1 (E-PUB)

DOI 10.3726/b23037

Verlegt durch Peter Lang GmbH, Berlin (Germany)

Inhalt

Einleitung

KAPITEL 1 Agenor Graf Gołuchowski der Ältere – „ein Pole und doch notorisch ein guter Österreicher“

1. Ein Bürokrat mit Macherqualitäten im Einsatz für die nationale Selbstverwaltung Galiziens

2. Der österreichisch-ungarische Ausgleich und der polnische Balanceakt zwischen nationalem Egoismus und der Staatsräson

3. Zwischen zwei politischen Extremen. Die Verfechter der Resolution von 1868 und ihre Opposition zur Politik der Utilitaristen

KAPITEL 2 Von der berechnenden Opposition bis zum Regierungsfaktor. Die Politik des Polenklubs unter Kazimierz Grocholski

1. Die strenge Klubdisziplin – „Prinzip, Kraft und Basis des politischen Daseins nach innen und außen“

2. In der Umklammerung des „Eisernen Rings“

3. Strategische Überlegungen und moralische Verantwortung: Zentrum-Klub und Konservative Union im galizischen Landtag

KAPITEL 3 Der Visionär und Vordenker Wojciech Dzieduszycki und die „Jagiellonische Idee“ als gesellschaftliches Modell der Einheit in der Vielfalt

1. Zwischen der Stimme des Gewissens und dem Diktat des Interesses

2. Soziale und nationale Spannungen im Zusammenleben der Völker Galiziens

3. Polnisch-ruthenische Beziehungen im Zeichen der Wahlreform

KAPITEL 4 Tadeusz Cieński und die neue Generation der Podolier: Oder wie die ostgalizischen Konservativen und die polnischen Nationaldemokraten immer mehr zueinanderfanden

1. Alte Vorlagen in neuer Aufmachung. Ein Generationenwechsel bei den Podoliern und die Opposition zur Politik Bobrzyńskis

2. Der Klerus und die Bauernbewegung – die Geschichte einer angespannten Beziehung

3. Die höhere Kirchenhierarchie und der „Antiblock“ – eine Allianz mit Folgen

3.1 Die Ausgangslage bei den Verhandlungen rund um die Wahlreform für den Landtag. Negative Begleitumstände

3.2 Die Zentrumspartei – die Hardlinerin unter den polnischen politischen Gruppierungen

3.3 Der Druck der Ruthenen

3.4 Die polnischen Nationaldemokraten und die Emotionalisierung der ruthenischen Frage

3.5 Die Bischöfe – das Zünglein an der Waage im Tauziehen um die Wahlreform

4. So nah und doch so fern. Endspurt im polnisch-ruthenischen Ausgleich

Quellenangaben und Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

„Bequemer und billiger Opportunismus“, „Stumpfsinn“, „rückschrittliche Gesinnung“ oder „fanatischer Konservatismus, fast Obskurantismus“ – sind nur einige von den vielen wenig schmeichelhaften Etiketten, mit welchen man in Galizien des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts die Konservativen aus dem östlichen Teil des Landes zu behaften pflegte. Ob zu Recht? Politik ist die Kunst des Möglichen und richtet sich nach den Gegebenheiten. Außergewöhnliche Umstände erfordern oft außergewöhnliche Maßnahmen. Was die einen als Rückständigkeit und Selbsterhaltungstrieb angeprangert hatten, verstanden die anderen als Anerkennung der Kontinuität des historischen Prozesses und Respekt vor der Tradition. Was in der Auffassung der Kritiker zu viel Nachgeben der fremden Macht gegenüber aus opportunistischen Gründen war, rechtfertigten die des Wertes einer Kompromisspolitik bewussten Konservativen mit der Notwendigkeit der Anpassung der Bedürfnisse des Landes an die herrschenden Verhältnisse.

Es waren schließlich nicht nur die Polen, die sich in einem permanenten Balanceakt auf dem politischen Parkett der besagten Zeit befanden. Österreich war, um es mit Gregor von Rezzoris Metapher auf den Punkt zu bringen, eine „Biegungsanstalt“ in vielerlei Hinsicht. Es waren einige schwierige Spagate, die man hier zu bewerkstelligen versuchte: zwischen Loyalität dem Kaiser gegenüber und dem revolutionären Begehren im Jahre 1848, zwischen den Freiheitszielen der Revolution und den Bedürfnissen des Staates oder zwischen der Sicherung der Autonomie der Länder und der Einheit des Reiches. Für die Polen bedeutete es im letzten Fall, die nationalen Bestrebungen, die zwischen einer Sonderstellung für Galizien und dem Föderalismus schwankten, mit einer Verfassung in Einklang zu bringen, die zwar politische Freiheiten garantierte, aber dem zentralistischen Strukturprinzip entsprach.

Wenn dynastische Treue das politische Handeln der Polen Galiziens so stark bestimmte und die Krone auch bei anderen Völkern der Monarchie einen besonderen Stellenwert hatte, so lag es in erster Linie an den komplexen Verhältnissen in diesem politischen Gebilde, an der Spezifik der Umstände. Die These, die konservativen Kreise seien der Servilität der Teilungsmacht gegenüber verfallen, ist genauso vereinfacht wie die Behauptung, dass sich junge Krakauer Intellektuelle 1866 in einer Gruppierung formierten, um gegen die konspirative national-freiheitliche Tradition aufzutreten.

Beim Umgang mit politischen Kategorien ist man – damals wie heute – eben nicht zimperlich. Der Trend zum Denken in starren Mustern scheint anzuhalten: Die Bezeichnung „konservativ“ wird mit dem Erhalt des Stillstands assoziiert, „progressiv“ links der Mitte zwangsläufig mit rotem Radikalismus angehaucht und „gemäßigt“ oft als farb- und zahnlos abgestempelt. Wir sind geneigt, Dinge entweder zu zementieren oder auf den Kopf zu stellen und vergessen leicht, dass auch politische Gruppierungen keine Monolithe sind. Wie fließend politische Kategorien sein können, zeigte der eigenartige Ostrazismus alleine im konservativen Lager: Von der Opposition in Galizien wegen der verknöcherten Strukturen kritisiert, wurden manche seiner Vertreter in den eigenen Reihen als Demagogen und sogar Sozialisten angeprangert1. Auf dieselbe Weise ist der polnische Gutshof in Ungnade gefallen, weil seine Schuld am nationalen Leid schwerer wog als seine Verdienste im öffentlichen Leben.

Ebenso hat sich das Bild des „rückwärtsgewandten“ ostgalizischen Konservativen, des sogenannten Podoliers, in der polnischen Historiographie fest verwurzelt. Es ist ein Bild, das völlig überlagert wird von der Aura, wie sie die Stańczyken, die westgalizischen Konservativen, umgab und bis heute an gewisser Faszination nichts verloren hat. Im direkten Vergleich der Vertreter dieser Crème de la Crème, die sich aus alter Aristokratie zusammensetzte, mit den Besitzern großer ostgalizischer Landgüter (darunter Nachfahren der polnischen Kolonisten und Adelige etwas jüngeren Datums), die oft als Krautjunker bezeichnet wurden, vergisst man leicht, dass die letzteren ein wichtiger Faktor und Träger der polnischen Kultur in einer von den Ruthenen dominierten Region waren.

Auch bezüglich des geistigen Potentials der Vertreter des ostgalizischen Großgrundbesitzes kann man darüber streiten, ob sie „weniger klug“ waren als die Krakauer Konservativen mit ihrer vielseitigen, europäischen Bildung. Unter den Podoliern, die kollektiv zum Inbegriff des engstirnigen Provinzialismus stilisiert wurden, fanden sich zahlreiche Absolventen der heimischen Wiener, Krakauer und Lemberger Universitäten (u. a. Apolinary Jaworski, Antoni Golejewski, Agenor Gołuchowski der Jüngere, Kazimierz Grocholski und Wojciech Dzieduszycki) als auch ausländischer Lehranstalten (z. B. Leon Piniński, Stanisław Starzyński, Kornel Krzeczunowicz oder Włodzimierz Kozłowski). Von ihrer Umgebung hoben sich deutlich facettenreiche Persönlichkeiten mit weitsichtigen Konzeptionen ab (z. B. Wojciech Dzieduszycki), deren wissenschaftliche Abhandlungen, insbesondere aus dem Gebiet der Ökonomie oder Jurisprudenz, sogar im Ausland Anerkennung fanden (z. B. Leon Piniński2 oder der angesehene Verfassungsrechtler Stanisław Starzyński3). Zu den Großen ihrer Zunft gesellten sich Charaktere von ausgeprägter Individualität, politische Originale, die sich ungern von strengen Partei- und Organisationsstrukturen einengen ließen und an ideologische Theorien und Doktrinen gebunden fühlten.

Die Galerie der führenden Persönlichkeiten im Lager der ostgalizischen Konservativen, die wichtige Positionen innehatten – vom Obmann des Polenklubs im Wiener Reichstar über das Amt des Statthalters von Galizien bis hin zu den Vorständen in wichtigen wirtschaftlichen Landesinstitutionen –, rundeten zu guter Letzt diejenigen unter ihnen ab, die sich trotz einer niedrigeren Bildung durch ihre Erfahrung im Gemeinwesen und durch ihren unermüdlichen Einsatz emporgearbeitet haben. Dazu gehörte etwa Dawid Abrahamowicz, Fachmann in wirtschaftlichen Belangen, langjähriger Vizepräsident und seit 1897 Präsident des Wiener Abgeordnetenhauses. Hier trafen also unterschiedliche Arten des politischen Temperaments aufeinander, die in unterschiedlichen Formen des Agierens auf dem parlamentarischen Parkett ihren Ausdruck fanden.

In der Nachforschung über den polnischen Großgrundbesitz wurden nicht alle Aspekte ausführlich behandelt. Das ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass die Familienarchive zum Großteil während des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach zerstört worden waren und die Dokumente, die erhalten werden konnten, über mehrere Standorte verstreut sind (z. B. Sammlungen der Familie Cieński). Nur wenige Arbeiten beleuchten diese gesellschaftliche Schicht von der soziokulturellen Seite. Bedauerlich ist auch, dass im Gegensatz zum Krakauer Flügel der Konservativen bei den Podoliern Tagebücher und Memoiren fehlen. Mehr Einblicke in die damalige Welt aus dieser Sicht würden die Pauschalurteile bei der Charakteristik dieses politischen Lagers mit Sicherheit erschweren. Nichtsdestotrotz wagen sich in letzter Zeit vor allem polnische Forscher auf dieses wenig bekannte und von Stereotypen nicht freie Terrain heran: Karol Daszyk richtete seine Aufmerksamkeit auf Wojciech Dzieduszycki, Adam Wątor widmete sich Tadeusz Cieński und Artur Górski beleuchtete die Aktivitäten und Verdienste der wichtigsten Vertreter der ostgalizischen Konservativen in den lokalen Organisationen und auf der Ebene der Landespolitik.

Auch diese Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, das politische Lager der Konservativen Ostgaliziens näher zu beleuchten und die Motive, die hinter dem Handeln unserer Akteure steckten, kritisch zu hinterfragen. Ihre Gruppierung mit kaum erkennbaren Parteistrukturen im herkömmlichen Sinne war bei Weitem kein monolithischer Block. Trotz der herrschenden Tendenz zur Verallgemeinerung lassen sich hier kleine Differenzen im politischen Empfinden und in der Art und Weise, in der die Podolier auf wichtige Themen herangingen, erkennen.

Im Focus der Betrachtungen stehen vier große Persönlichkeiten und ihre Reaktionen auf einschneidende politische Ereignisse, die die feinen Nuancen in der Weltanschauung der Podolier erst sichtbar machen: Agenor Gołuchowski der Ältere, der einen enormen Spagat zwischen seiner Loyalität und Anhänglichkeit dem österreichischen Kaiser gegenüber und seinem lokalen nationalen Patriotismus zustande brachte; Kazimierz Grocholski, unter dessen Kommando der Polenklub zum wichtigen Bestandteil im Wiener Reichsrat wurde; Wojciech Dzieduszycki mit seinen visionären Betrachtungen und scharfsinnigen Kommentaren zu politischen Entwicklungen und Tadeusz Cieński, der in der nationalen Politik zumindest in der Wahl der Mittel zur Umsetzung der begehrten Ziele der Konservativen weit über den gewohnten programmatischen Rahmen seines politischen Lagers hinausging.

Eine möglichst objektive Beurteilung der maßgebenden Persönlichkeiten und der von ihnen vertretenen politischen Linie wäre nicht möglich ohne eine umfassende Analyse der wichtigsten Momente der österreichischen Innen- und Außenpolitik als auch der sozioökonomischen Lage Galiziens und ihrer Auswirkung auf die Haltung der politischen Gruppierungen sowohl im Landtag als auch im Wiener Reichsrat. Um das Wesen der ostgalizischen Konservativen besser verstehen zu können, ist es nötig, eine Reihe von Mosaiksteinchen aneinanderzureihen. Dazu gehören die wichtigsten Stationen in der politischen Geschichte des Polenklubs, seine Entscheidungen samt Beweggründen als auch die Schnittpunkte im politischen Zusammenspiel mit den Vertretern anderer Nationalitäten der Monarchie. Nicht mindererforderlich ist auch der Blick hinter die Kulissen der großen Politik, wo wichtige kurz- als auch langfristige Kompromisse zustande kamen.

Als Quellen wurden bei diesen Recherchen vornehmlich Memoiren, private Korrespondenz, Interviews, Nachrufe, Zeitschriften, Sitzungsprotokolle des galizischen Landtags und des österreichischen Reichsrats herangezogen aber auch Sekundärliteratur und bibliographische Angaben über das Leben und die politische Tätigkeit der Protagonisten der damaligen Zeit durchforstet. Der Blick richtete sich dabei sowohl auf die politischen Verbündeten als auch auf die Gegenspieler der Podolier.

Neben den Archivmaterialien und diversen Aufzeichnungen wissenschaftlichen Charakters hat auch die Literatur einer etwas leichteren Art einen besonderen Stellenwert bei der Untersuchung des besagten Themas. Die Erinnerungen von Kazimierz Chłędowski verdienen hier eine besondere Erwähnung. Der Autor, der in seiner Tätigkeit als Statthalter von Galizien einen aktiven Anteil am politischen Leben des Landes hatte, sparte in seinen Betrachtungen leider beinahe zur Gänze den politischen und wirtschaftlichen Aspekt aus. Nichtsdestotrotz lassen sich aus dieser interessanten Gesellschaftsstudie, besonders durch die Hinweise auf die politischen Befindlichkeiten der führenden Persönlichkeiten nach dem Prinzip „wer mit wem gut konnte“ und durch die Schilderung der persönlichen Machtkämpfe um politische Ämter hinter den Kulissen, auch diesbezüglich wichtige Informationen gewinnen.

Noch mehr Einblicke in das gesellschaftliche Leben und das Klima der Donaumonarchie – allerdings aus einer anderen zeitlichen Perspektive und einer anderen sozialen Position – gewähren die Erinnerungen eines ostgalizischen Großgrundbesitzers mit armenischen Wurzeln, Marian Rosco Bogdanowicz.4 Sein anekdotisch aufgefasstes Porträt der galizischen und österreichischen Adelswelt des 19. Jahrhunderts ist eine spannende, jedoch wegen der subjektiven Empfindungen des Autors mit Vorsicht zum Genuss empfohlene Ergänzung zu anderen politischen Memoiren und historischen Dokumenten.

In der bisherigen Literatur über Galizien wurden unterschiedliche Schwerpunkte behandelt. Die Annäherung an die polnischen Ultrakonservativen in Ostgalizien und die politische Geschichte des Landes in der konstitutionellen Ära Altösterreichs soll ein weiterer kleiner Beitrag zur Erkundung dieses Winkels am östlichsten Rande der alten Monarchie sein.

Zu danken habe ich all jenen, die mir eine fundierte und ausgiebige Recherche ermöglicht haben: Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Archive und Bibliotheken in Krakau, hier allen voran der Polnischen Akademie der Wissenschaften und der Handschriftenabteilung der Jagiellonen-Bibliothek, als auch der Archive in Wien. Besonderer Dank gebührt dem kompetenten und hilfsbereiten Personal der Österreichischen Nationalbibliothek, in der ich mich seit Jahren heimisch fühle. Hier möchte ich insbesondere Edwin Tobias erwähnen, der dafür sorgte, dass auch manch „verschollene“ Buch den Weg zu mir gefunden hatte.

Zum Dank verpflichtet bin ich Lothar Höbelt für das Lesen des Manuskripts, sein Fachwissen, wertvolle kritische Anmerkungen und zahlreiche Gespräche über „unsere“ Podolier. Ich möchte mich auch bei meiner Tochter Natalia für ihre Hilfe bei der Erstellung der Grafik und bei Piotr Galler für seinen Einsatz bei jeglichen Problemen mit der modernen Technik herzlich bedanken.

Wien, im Frühjahr 2024

Teresa Stochel-Nabielska

Details

Pages
380
Publication Year
2025
ISBN (PDF)
9783631940495
ISBN (ePUB)
9783631940501
ISBN (Hardcover)
9783631940488
DOI
10.3726/b23037
Language
German
Publication date
2025 (November)
Keywords
Galizien Politisches System Partei Polen Geschichte 1860-1914
Published
Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2025. 380 S., 1 farb. Abb.
Product Safety
Peter Lang Group AG

Biographical notes

Teresa Stochel-Nabielska (Author)

Teresa Stochel-Nabielska wurde in Polen geboren und studierte Germanistik sowie Geschichte an der Universität Wien, wo sie auch im Fach Geschichte zum Dr. phil. promovierte. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem polnischen Parteienspektrum in Galizien vor 1914.

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